Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, December 03, 1891, Page 7, Image 7

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    Deutsch« «oranachrtchtei^
Provinz Brandenburg.
Im Dorfe Pohlo hat eine im Gehöft
de» Bauern Groß ausgekrochene FeuerS
brunst 14 Wirthschaften eingeäschert.
Zwei Kinder des Groß und ein Mann,
Welcher einen Versuch zu ihrer Rettung
unternahm, sind verbrannt. Der
Bankier Hermann Pick in Landsberg
o. W., welcher seine Zahlungen einge
stellt und viele kleine Leute um ihre
Ersparnisse gebracht hatte, wurde in
Hast genommen. Die Bücherrevisiou
iveist einen Fehlbetrag von 482,000 M.
mach. Der Sohn deS Hausbesitzer»
'Bartusch zu Pi«Skow hat in der Trun
kenheit seinen Vater, d«r ihm Vorwürs:
machte, mit einem Besenstiel erschlagen.
In Luckenwalde seierten die srüher
Bäckermeister Schmidt'schen Eheleute
die diamantene Hochzeit. 112 In
Perleverg Oekonomie-CommissionSralh
a. D. Gericke, der drei Tage zuvor init
feiner Ehesrau Johanna, geb. Rixdorf,
die diamantene Hochzeit gefeiert hatte.
Die verehel,chte BauernhofSbesitzer
Langkabel zu Bergholz bei Boitzenburg
hat ihren Ehemann mit einem Messer
stich in die linke Brust getödtet. Der
Postdireltor in Pritzwalk, Rittmeister
a. D. Lehmann ist wegen Unterschla
gung im Amte verhaftet und in das
Untersuchungsgefängniß znNeu-Ruppiu
abgeführt worden.
Provinz Ostpr«uß«n.
In Jnsterburg ist infolge eine» Jagd
Unglücks der Buchdruckereibesietzr Karl
Wilhclmi um's Leben gekommen.
Der Rentier Otto Hillgruber in Jn
sterburg. der seit dem Frühjahr von
seiner Ehefrau getrennt lebt, hat sich
«rschoss.'n. Wegen Unterschlagung im
Amt und Urkundenfälschung wurde der
Postsecretär Kehrer daselbst zu drei
Jahren Zuchthaus verurtheilt. DaS
Gutsbesitzer Bülcher'sche Ehepaar in
Eterieninken seierte die diamanten«
Hochzeit. In dem Orte Kisken lebt
«ine Frau Marie G., welche, obschon sie
bereits in drei Monaten ihr 103. Le
bensjahr vollendet haben wird, noch
heute ihrem Erwerbe nachgeht. Noch
vor süns Jahren soll die damals 97jäh
rige Frau aus hohe Bäume geklettert
fi ,n. um junge Krähen, die sie sich als
Speise zubereitete, aus ihren Nestern
zu nehmen. In Lasdehnen ist das
Haus des Kaufmannes Schmidt nieder
gebrannt. Der Schaden wird aus
150,000 Mk. geschätzt. Die Wittwe
deS AltsitzerS Grickszus aus Schille
ninzken, welche wegen Vergiftung ihres
Ehemannes und des AusgedingerS
Hvssiiiailil zum Tode verurtheilt worden
war, ist jetzt durch den Scharsrichter
Reindel aus Magdeburg im Hose des
Memeler GerichtsgefangnisseS hinge
richtet worden.
Provinz West Preußen,
fln Danzig: Der Kaufmann Lud
wig Muck und der Polizeicommissarins,
Lieutenant a. D. Heinrich. In Oliva
Frau Apotheker Helene Blumhoff, geb.
Hahn. Concurse: Kaufmann Eugen
O. Krüger; Schuhmachernieister Karl
August Blank; Möbelhändler Karl A.
Uhrmacher Wilh. Schönherr;
Fabrikbesitzer Joh. Zimny. Einen
jähen Tod fand der Administrator und
Amtsvorsteher Herm. Heinze in Neu
preußendorf. Nach seiner Rückkehr von
Deutsch-Krone, wo die Uebergabe der
Güter an den neuen Besitzer ersolgt
war, unterließ er es beim Schlafen
gehen, den Wachsstock auszulöschen.
Dieser entzündete umliegende brenn
bare Stosse, und in dem dichten Rauch
ist Herr Heinze erstickt. Der Rech
nungsrath und Hauptmann a. D. Sud«
und seine Schwester in Elbing haben
sich in Elbing erhängt. Der srüher
sehr verinögende Rittergutsbesitzer Ar
thur Moldzio von Stangnitten, welcher
durch Börsenspeculation über eine halbe
Million verlor und schließlich Concur»
anmelden mußte, wurde wegen straf
bare Difserenzgejchäste zu 4 Monaten
Gefängniß verurtheilt. Den Kauf
mann luliu» Freundlich von Pr. Fried
land verurtheilte di« Könitz«« Straf
kammer wegen Wucher» zu 1 Monat
Gefängniß. Der Premier-Lieutenant
Siebenbürgen vom Infanterie-Regiment
Graf Schmerin (3. pommerscheS) No 14,
commaiidirt zur Dienstleistung b«im 2.
Bataillon in Graudknz, hat sich er
schossen.
Provinz Pommern.
Am Geburtstage des verstorbenen
Kaisers Friedrich wurde das in Pencun
rrichlete Kaiser- und Kriegerdenkmal
«itrlich enthüllt. Superintendent Hilde
gund hielt die Enthüllung?-, Prediger
Wahren die Festrede. GerichtSaktuar
Ncalilmann in Pollnow, welcher der
lnterschlagung amtlicher Gelder ver
Ȋchtig war, hat sich im Walde erschos
e». Unter dem Verdachte der Brand
iistung ist der Gutsbesitzer Mallwitz
n Freienselde verhaftet worden.—Der
Rechtsanwalt und Notar, Justizrath
Zindemann in Swinemünde, seierte sein
ojährigeS Jubiläum. —In dem Dorfe
s>agenow ist der Altsitzer Braatz er
rosselt worden. Da die Schwieger
ochter, welche schon längere Zeit mit
«in Ermordeten in Uneinigkeit gelebt
aben soll, hart im Verdachte steht, den
Kord begangen zu haben, ist dieselb«
ebst ihrem Manne verhaftet worden.
-Der Kaufmann Gustav Krüger, in
KkMlünoe,gegen den die Untersuchung
>egen Urkundenfälschung eingeleitet
»irde, ist flüchtig geworden und wird
itzt steckbrieflich versolgt.—ln Brietzig
bei Pyritz) wurN durch «in Feuer,
»elcheS mit Streichhölzern spielende
'inder verursacht hatten, 3 Bauernge
vfte und S Scheunen in Asche gelegt,
u Bulgrin bei Nassow brannte das
)ohnhauS des Tischler« Wilh. Teß
ann nieder. In Gorkow (bei Löck
tz) wurden die Gebäude der Besitze«
ul. Wittkow und Gust. Broecker ein
aub der Flammen. In Gr«is«nha
n zerstörte eine Feuer»brunst da» Ge
st de» Ackerbürger« Schreiber; in
l. Schlatikow 10 Wohnhäuser, darun
c da«» des Bauern Zühlke; in Stral
nd da» Jsrael'sch« große Kohlenla-
Ger am Hasen und da» Magazin^
Spediteurs Faust.
Provinz Schlesien.
1° In Breslau der außerordentlich«
Professor und Direktor de? Technolo
gische» Instituts an der BreSlauer Uni
versität Dr. Victor v. Richter. Der
nach Unterschlagung von 5000 Mari
von Breslau durchgebrannte Buchhal
ter der Firma M. Bloch, Joh, Busse,
welcher während des „Wetzelfiebers" in
Stralsund festgenommen worden war,
wurde jetzt zu 9 Monaten Gefängniß
verurtheilt. Im Gerichtshofe erschoß
sich in Breslau der Stellenbesitzer Linke
au; Stabelwitz. weil er wegen falscher
Denunciation zu 8 Monaten Gefängniß
verurtheilt worden war. Der in
Breslau verstorbene Rentier W, Kun
ze! hat dem Frankensteiner Progym
nasium 160,000 Mark vermacht, mit
deren Zinsen arme christliche Schüler
unterstützt werden sollen. In Schön
heide beging der frühere Stellenbesitzer
Karl Neumann mit seiner Ehefrau das
Fest der diamantenen Hochzeit. Der
königliche Oberförster Liegniß in Nes
felgrund, der seit längerer Zeit von
Schwermuth und Tiessinn ergriffen
war, hat sich erschossen. Der Land
wirth Wilh. Zehn iu Pürschen, welcher
als Fleischerbeichauer ein von dem
Bauergutsbesitzer Wilh. He'.se in
Würchland geschlachtetes Schwein für
trichinensrei erklärte, während nach dem
Genusse von dem Fleische die Frau und
der 17jährige Sohn HerseS an der
Trichinose starben, wurde wegen fahr
lässiger Tödtuug zu 1 Jahr Gefängniß
verurtheilt. Am Jahrestage der
Kapitulation von Metz fand in Görlitz
in feierlicher Weise die Enthüllung des
aus dem BlockoauSplateau eriichteten
Friedrich Kart-Denkmals statt. Mit
der Einstellung Bahnbeamten
im Außendienst die Görlitzer
Bahnverwaltung den Anfang; sie sucht
terinnen" mit einem AnfmigSlohn I
Mark siir den Tag. Die Anwärterinnen
dürsen nicht unter zwanzig Jahre alt
sein.
Provinz Posen.
DaS Hausbesitzer Klingelbeil'scheEhe
paar inßromberg feierte das Fest seiner
goldenen Hochzeit. Der seit einigen
Tagen verschwundene Gastwirth Meye
rer aus Jagdschütz ist jetzt als Leiche in
der Brahe aufgefunden worden. Einige
Verwundungen an dem Körper, welche
anscheinend von Knüttelschläzen herrüh
ren, lassen auf ein Verbrechen schließen.
In der Kathedrale zu Gnesen fand
die Beisetzung der Leiche des früheren
Weihbischoss Janiszewski statt. Ein«
über 20 Gebäude ein. In den An
lagen des Posener Centralbahnhoses
erschoß sich der Gastwirth Endlich von
Kletzko. DaS Schwurgericht in
Ostrowo verurtheilte den Bürgermeister
und Postverwalter Vincent Hubert in
Raschkowo wegen Unterschlagung amt
licher Gelder und Urkundenfälschung zu
S Monaten Gefängniß.
Provinz Sachsen.
112 In Magdeburg der Geheime Re
gierungs- und Provinzialschulrath Dr.
Bernhard Todt, 1829 in Dünow bei
Stolp geboren. Zu seinem Nachfolger
ist der bisherige Provinzialschulrath
Polte in Posen ernannt worden.
112 In Azmannsdorf Bürgermister Sitz.
Der in Dietendorf stationirte Bahn
assistent L. Schmidt wurde in seinem
Bureau vom Herzschlag getroffen, der
den sofortigen Tod zur Folge hatte.
s In Giebichenstein der frühere lang
jährige Bertreter der beiden ManSsel
der Kreise im Abgeordnetenhause, der
Rittergutsbesitzer Botho Marge in
Volkstedt bei EiSleben. Der als Land
wirth und landwirthschastlicher Groß
industrielle bekannte Fabrikbesitzer Karl
Nagel-Trotha. Der Großgrundbe
sitzer Dr. Phil. Hochheim aus Schaf
ftet ist zu 1000 Mk. Geldstrafe, event,
drei Monaten Gefängniß verurtheilt
worden, weil er fortgesetzt Milch vo»
an der Maul- und Klauenseuche er
krankten Kühen in den Verkehr gebracht
hatte. Der wegen seiner Betrüge
reien in letzter Zeit mehrfach genannte
Privatsekretär Dietzmann in Heiligen
stadt, ist auf Antrag verschiedener
Gläubiger verhaftet worden, Rent
ner Hahn hat nach dem Willen seiner
vor Kurzem in Wiesbaden verstorbenen
Gattin dem Magistrat von Langen
salza 30,000 Mark überwiesen, die sür
die Zwecke des SiechenhauseS verwendet
werden sollen. Der von Merseburg
flüchtig gegangene Buchhalter Eick
mann, welcher in einem Nordseebade
festgenommen wurde, hat seinen Chef
im Lank« mehrerer Jahre durch raffi
nirte Fälschung der Bücher um circa
00,000 Mark geschädigt.—Kommerziell,
rath Mahr in Naumburg schenkte zum
Bau eines Brausebades SO.OOO Mark.
—ln Auerstedt feierten die Karl Weise«
'schen Eheleute die diamantene Hochzeit.
DaS diamantene Doktor-Jubiläum
feierte Herr SanitätSralh Dr. Kortum
in Siolberg.
Provinz Hannover.
112 In Celle der Lieutenant Scheller.
Der Verstorbene kämpfte am IS. Sept.
1813 unter General Wallmoden in dem
siegreichen Gefechte der Göhrde. I«
Einbeck erhängte sich unmittelbar vor
seiner Hochzeit der Weber Grohe.
Der Arbeiter Janssen au» Groß-Mib»
lum hat seinen Bruder erstochen und
wurde verhaftet. Auf den Pastor
Kranz in Bredelem wurde ein Mord
attentat verübt. Erst wurde ein dicker
Stein durch» Fenster in seine Stube ge
worfen, zwei Secunden nachher ein
Schuß hineingefeuert. Di» Ladung muß
nach der angerichteten Verheerung einen
Sprengstoff enthalten haben. Pastor
Kranz blieb unverletzt. Der Alten
theiier Meyer au» Bockleben, welcher
wegen Anstiften» zur Brandstiftung zu
vier Jahren Zuchthaus verurtheilt wor
den war, wurde in seiner Gefängnißzelle
erhängt aufgefunden. —Nienburg, die
zur Zeit Sboo Seelen zählt, weist acht
Gesangvereine auf. Zu Geldstrafen
siegen Beleidigung wurden in Wil
helmShaven ein Hausbesitzer und dessen
Tochter verurtheilt, welche beide von
ihrem Fenster au» gegen ihren Nach
barn das Zeichen deS Halsabschneiden»
(durch wiederholtes Hin- und Herbe
wegen d«r Hand am Halse) gemacht
hatten.
Rheinprovinz.
1- Fräulein Katharina Junggeburth.
eine bekannte Wohlthäterin der Armen
und Nothlcidenden, und der emeritirt«
Pastor Herm. Viedebantt, früher Pastor
in Berlin; beide in Barmen. —Di«
„Bonner Zeitung", im Jahre 1808 von«
Buchdrucker Peter Neußer begründe!
und seitdem ununterbrochen im Besitz
der Familie, ist jetzt eingegangen.
Große Ausregung herrscht in Coblenz
infolge der fortgesetzten Ȋchttichen
Brandstiftungen. Neuerdings ist das
Holzlager der Firma Douque k Alden
Hoven mit den angrenzenden Gebäulich
leiten abgebrannt, seit Kurzem de,
sechste von Frevlerhand angelegt«
Brand. Die Regierung hat sür Ent
deckung des Brandstifters eine Beloh
nung von 1000 Mk. ausgesetzt. Di«
traurige Lage unserer leider nur allzu
einseitigen Industrie übt einen verhäng
nißvollen Einfluß aus das gesammte Er
werbsleben CreseldS und dessen Um
gegend auS; Tausende von Webern sind
arbeitslos und sehen mit Furcht und Za
gen dem Winter entgegen. Der Fach
verein der Textilarbeiter veröffentlicht
statistische Erhebungen über die hiesig«
mechanische Saninietfabrikation. Da
nach sind von 2819 Webstühlen bei 28
Firmen nur 1603 im Betrieb. Di«
frühere Arbeitszeit von 10 Stunden ist
wesentlich beschränkt und sogar bis 6j
Stunden herabgesetzt worden. Aus
sehen erregte in Creseld die Verhaftung
des bekannten Seidenhändlers und
Shlipssabri!antcn P. St. Jnfolg«
Explosion einer Petrolrumlampe wa,
in seinem Lagerraum ein Brand aus
gebrochen. Es ist erwiesen, daß der
Verhaftete von hiesigen wie auswar
tigen Fabrikanten für ca. 55,000 Mk.
Seidenwaaren bezogen, dieselben abe,
heimlich an verschiedenen Stellen unter
gebracht und alsdann Feuer angelegi
hat, um die hohen Summen, zu wel
chen dies» Waaren bei der Aachener nnd
Münchener Feuerversicherung versichert
waren, einzustreichen. Die Firniß-
und Lacksabrik de FrieS in Dinslaken
ist zum größten Theil niedergebrannt
1- In Fischeln der durch seine nieder
rheinische Geschichtsforschung bekannte
Schriftsteller I. P. Lentzen. Di«
«in gut Stück fortgeschritten; jetzt ist
der israelitische Handelsmann und Metz
ger Buschas mit Frau und Tochter als
der That, bezw. des Wissens um die
selbe dringend verdächtig verhaftet
worden. Ferner wurde in Mayen ein
gewisser Mathias Degen festgenommen,
welcher gleichfalls der Betheiligung ao
dir Mordthat verdächtig erscheint.
Thüringische Staaten.
Herr Schäfer in Linderbach, welche,
vor 1H Jahren provisorisch an Stell«
des verstorbenen Bürgermeisters Ritte,
in das Amt eines Orlsvorstehers getre
ten war, ist jetzt zum Bürgermeister ge
wählt worden. Beim Beackern seines
Feldgrundstückes gerieth der Landwirth
Walther in Stockhausen unter die eiserne
Ringelwalze, die ihn überrollte und sei
nen Kopf völlig zermalmte. Der
durch die Manöver angerichtete Flur
schaden ist im Bezirk Ebeleben voin
fürstlichen Landrath aus 100,000 M.
abgeschätzt worden. Zum Bürger
meister in Leutenberg wurde Amtssekre
tär Straußenbruch aus Döllnitz bei
Halle gewählt.
H e s s en -Da r m st a dt.
DaS Ehepaar Johann Lauth in Als
heim seierte das Fest der goldenen Hoch
zeit. In einem Anfalle von Schwer
muth hat sich der Schlächtermeister
Adam Schmidt in Auerbach erhängt.
DaS Erträgniß der diesjährigen Wein
lese in Bingen dürste in Bezug aus
Quantität kaum ein Viertel eines nor
malen Herbstes überschreiten, in Qua
lität dagegen noch mehr zu wünschen
übrig lassen. 112 In Gießen der Ge
heime Hofrath Dr. Hermann Hoffmann,
ordentlicher Prosessor der Botanik an
der Landesuniversität. Wegen fal
scher Beurkundung wurde der Stadt
rechner Lauber in Gießen zu 3 Mona
ten Gefängniß verurtheilt. L., der
gleichzeitig Armenkasscnrechner und Ku
rator in etwa 25 Vormundschaften war,
hatte in einer Vormundschaftssache den
Rückempfang von zwei Geldbeträgen
zur Armenkasse bescheinigt, während die
Rückzahlung damals nicht, sondern erst
später erfolgt war.— Auf dem Wege
von Frankfurt nach Mörfelden ist der
Fuhrmann-Peter Arndt aus letzterem
Ort in feinem Wagen ermordet und sei
ner Baarschast von ca. 120 Mark be
raubt worden. Der muthmaßliche Thä
ter, ein Schuhmacher Christian Kuh
michel aus Schierstein, befindet sich de
reitS in Haft.
Königreich Bayers.
Der 20jähr. Kommi» Mathias Kun
d«rmann von Fürth, welcher sich im
heurigen Frühjahre in Dollnstein als
praktischer Arzt niederließ und bis zu
seiner Verha'tung auch ärztliche
Praxis ausübte, wurde vom hiesigen
Landgericht wegen süns Vergehen (Be
trug, Diebstahl, Unterschlagung, Ueber
tretung der Gewerbeordnung durch un
besugt« Ausübung der ärztlichen Praxi»
und süns Vergehen wider da» Leben
«in von ihm behandeltes Kind starb),
zu einer Gesammtgesängnißstras« von 1
Jahr und 20 Tagen Hast verurtheilt. —
In Fürth macht sich der schon seit Mo
naten bestehende flaue Geschäftsgang
namentlich in für den Export arbeiten
den Fabriken jetzt recht fühlbar, in
dem die Fabriken sich veranlaßt sehen,
entweder einen Theil ihrer Arbeiter zu
entlassen, oder die Arbeitszeit sehr we
sentlich zu reduciren. Am stärksten leidet
unter dieser Kalamität die Pinsel- und
Möbelindustrie. In der Kasse des
Hahfurter Credit-Verein» wurde ein De
ficit vou 210,000 Mark entdeckt und
infolge dess«n der Kasstrer und der Con
troleur bei der Staatsanwaltschaft zur
Anzeige gebracht. In Weißenhaid
wurde der AuSzügler Schmidt in seinem
Bette liegend erhängt vorgefunden. Es
wurde eine Untersuchung eingeleitet und
die Schwiegertochter des Schmidt als
des Mordes dringend verdächtig letzt
in Haft genommen. 112 In Augsburg
der k. Regierungsdirector von Schwa
ben-Neuburg Dr. Jos. von Schroh.
Der Musiker Mohr von Oberleinbach,
der in betrunkenem Zustande das Ge
ständnis machte, im Jahre 1833 den
großen Brand in Billingshausen ver
ursacht zu haben, wurde letzthin in
Würzburg zu 10 Jahren Zuchthaus
verurtheilt. Bei dem Brande wurden
50 Gebäude mit einem Schaden vo»
1,700,000 Mk. eingeäschert.—'Nachdem
erst kürzlich der Viehhändler Lehmann
Reinhold von Kleineibstadt mit Hinter
lassung von angeblich 70,000 Marl
Schulden ein besseres Klima ausgesucht
hat, ist demselben noch ein anderer
OrtSnachbar, nämlich der in dortiger
Gegend wohl bekannte Handelsmann
und Krämer Säckel Kohl eiligst nach
gefolgt, wie es heißt, unter Mitnahme
von 150,000 Mk. Viele kleine Leute
verlieren alle ihre Ersparnisse. Kohl
zahlte hohe Procente und genoß bei
Bauern unbedingtes Vertrauen. —Eine
zärtliche Gattin wurde in Kempten in
der Person der Söldnerseheirau Trun
zer von Tietmannsried gefänglich ein
Mann durch Aushängen um's Leben zu
bringen.—Der verstorbene Privatmann
Anton Bauer in Bad Kissingen, welcher
nahezu eine Million Mark hinterließ,
vermachte den 7. Theil hiervon Wohl
ihätigkeitsanstaiten; so erhielt allein der
Knabenhort 75,000 M.
Königreich Württemberg.
Das Korbmacher Bauer'sche Ehepaar
in Neckarsulm beging die Feier der gol
denen Hochzeit. —In vielen Gemeinden
des Hartsseldes herrscht gegenwärtig
wieder empfindlicher Wassermangel.
Manche Genieinden müssen sich Wasser
4, ja 8 Kilometer weit herbeiführen.
Kaufmann Metzger, Agent der württ.
Iparvereinskasse in Oehringcn, hat
diese um 6000 'Mk. betrogen. Auch in
VflegschastSsachen solj derselbe sich grö
ßere Betrügereien zu Schulden haben
Straßengraben ausgesundene Selbst
mörder ist als d«r verheirathete Maga
zinier Waldberger von Mieterkiugen,
Träger der Leiche plötzlich vom Schlag«
getroffen und stürzte entseelt zu Boden.
Der im Streit vom Uhrmacher Tho
mas Dussuer von Schöuwald durch
Messerstiche in den Unterleib verwun
dete junge Kaufmann Andreas Bürk in
Schwenningen ist seinen Verletzungen
ertegen,—f In Tübingen Prosessor de>
kathol. Theologie Dr. Fehr.
Großherzogthum Baden.
Aus dem Heimwege r» > Mückenloch
nach DarSderg stürzte die Frau des hie
sigen Bürgermeisters von der Böschung
in den Neckar nnd ertrank.—lm Streit
hat in Daxlanden der Maurer Kühn
seinen Schwager, Landwirth Weber,
erstochen. DaS Herbsten in den Reb
aeländen der Freiburger Gemarkung
hat begonnen. DaS Erträgniß ist, ins
besondere am Schloßberg, sehr gering,
die Qualität dürste besriedigend aus
fallen. — Am Königsstuhl wurde die
Leiche eines Mannes gefunden, der sei
nem Leben durch Erschießen ein Ende
gemacht hatte. Bei ihm wurde ein
Zettel gesunden, aus dem geschrieben
stand: „Dies ist besser als Koch'sche
Lymphe." Der Selbstmörder war
wahrscheinlich von der Schwindsucht be
sallen. In Zinken wurden in diesem
Sommer 50,000 und in Hügelheim so
gar 80,000 Feldmäuse getödtet. —Der
unlängst in Konstanz verstorbene kin
derlose Freiherr Jacob von Mayenfisch
hat außer zahlreichen Vermächtnissen
an Verwandte nahezu 150,000 Mark
der Stadtgenieinde zu milden und ge
meinnützigen Zwecken vermacht. —Einen
Traubenherbst werden wir dieses Jahr
nicht haben, da die Quantität sehr ge
ring ist. Infolge dieses Umstände« ist
das Obst dieses Jahr theuer. Bezahlt
wird sür Mostobst bi» zu 5 Mk., sür
Tafelobst bis zu 8 Mi. In den Reb
orten Altschweier, Kappel, Affenthal
und Bühlerrhal liefert die Weinlese
einen Mittelertrag. DaS rothe Ge
wächs in Affenthal wird den letztjähri
gen weit übertreffen.
AuS der Rheinpfalz.
Anläßlich «ines ehelichen Zwiste»
hat die Frau de» Maurers Bechtel in
Eldigheim ihrem Leben durch Erträn
ken ein Ende gemacht. 112 In Geins
heim da» älteste Mitglied unsere» Chor
sängeroereinS, Johann Kästel. Der
Hansirer Philipp Edinger, in Kaisers
lautern wohnhaft, gerieth mit seiner
Frau in Streit und warf derselben
einen eisernen Tops mit solcher Wucht
gegen den Leib, daß die Frau nach kur
zer Zeit verstorben ist. Die Frau
deS VictualienhändlerS M. Sauer in
LudwigShasen hat infolge eines häus
lichen Wortwechsels den Tod im Rhein
gesucht und gesunden. Die Frau des
Schuhmacher« Jakob Herrmann in Ro
dalben beschenkte ihre» Mann mit Dril
lingen zwei Mädchen und ein Büb
chen Mutter und Kinder sind wohl.
DaS gesammte Anwesen deS Post
halter» und Expeditor» Huber in
Trippstabt mit Ausnahme d«r Wirth
schaft ist abgebrannt.
Elsa ß-L »thringen.
Während er einem über dem Dorfe
schwebenden Lustballon nachsah, wurde
der ledige 79 Jahre alte Gervasius
Ehrler >n Obersaashiim von einem des
WezeS kommend«« Fuhrwerke überfah
ren und getödtet. Der von Pfaffen
bexn g«bürtig«, «rst kürzlich nach Süd-
Amerika gereiste Ingenieur Eugen Hihi
ist in Rio de Janeiro innerhalb 24
Stunden vom gelben Fieber dahinge
rafft worden. Durchgebrannt ist der
Briefträger Dielenfchneider von Psaz
burg. Eine Summe von 2700 M, Hai
er mitgehen heißen. Die Weinernt«
in Thann ergab dieses Jahr nur etwa
1200, gegen »405 und 2500 Böttiche in
den beiden Vorjahren.
Schweiz.
Die Weinlese im Kanton Waadt Hai
begonnen und die Preise haben eine un
erwartete Höhe erreicht. In Bier,
(Bezirk Aubonne) galt der Liter 69j
bis 70 Rp., in Nyon S6j Rp. und ir
Nolle wurde ein Verkauf zu 05 Rp. pe,
Liter abgeschlossen. Dieneue Univer
sität Lausanne, deren Course begonnen
haben, blüht. Namentlich sind die tech
nischen Wissenschaften, die von jehei
eine Pflanzschule der Ingenieure waren,
sehr besucht. Der weiß« Wallisei
wird mit durchschnittlich 67 Rp. pe,
Liter von der Presse weg bezahlt. Di«
Rothweine von Bourgogne und Bor
deaux gelten 25 Rp. bis 1 Fr. der Li
ter. Seit Menschengedenken ist der
Herbst in Wallis nie so verspätet einge
treten wie dies Mal. Bi» zum 18.
October hat der Bahnhos Sitten 95
Fässer mit 78,845 Liter Wein beför
dert, da» letzte Jahr um die gleiche
Jahreszeit 954,980 Liter.
-1- Baumeister Derivaz in St. Gin
golph, Mitglied des Großen Rathes.
In Cortaillod hat die Weinlese letzthin
begonnen. Der Weißwein wurde für
61j bi» 04 Fr. per Hektoliter verkausl
(durchschnittlich etwa 8 Fr. theurer als
letztes Jahr); der Rothwein galt 76
bi» 80 Fr. per 100 Liter (etwa 18 mehr
al» 1890). In Neustadt variiren die
Preise zwischen 50 und 60 Fr. per Hek
toliter. 112 In Neuenburg Hr. I. P.
Jsely, Vater, Professor der Mathema
tik am kantonalen Gymnasium in Neuen
burg. Die diesjährige Weinerte des
Kanton» Neuenburg in Auvenier wurde
zu 63 Frc». per Hektoliter, diejenige
de» Spital» von Solothurn zu S 7 Fr.
per Hektoliter verkauft. Der Gemeinde
von Pefeux wurde sür ihren Wein 50
Frc». sn Kloo geboten. Ein von
Straßburg au» der Stadt Basel zuge
dachte» Denkmal ist ein Ehrengeschenk
von Baron v. Gruyer in Straßbnrg.
Al» Ausstellungsplatz wurde der Cen
tralbahnhosSplatz bestimmt. Behufs
Zwangsversorgung verwahrloster Kin
der soll das Gut Klosterfiechten erwor
ben werden.
In Mendrisio ereignete sich ein traurio
ger Vorfall. Der Apotheker Earlr
Buzzi, ein junger, geachteter liberaler
und beliebter Mann, befand sich in deo
Bierhall Galli. Die Brüder Carl-
und Pietro Ortelli und andere Indivi
duen, welche schon an anderen Blut
thaten Theil genommen hatten, bisher
aber ungestraft geblieben waren, ließen
heimlich die Thüre öffnen, kaum
recht eingetreten, stürzten sie auf
Buzzi los und versetzten ihm acht
Dolchstiche, an welchen dieser starb.—
Major Scazziga. in Tessin, der aus sei
nen Onkel, ven berühmten Advokat
Viktor Scazziga, mit seiner Jagdflinte
schoß, hat sich dem Untersuchungsrichter
gestellt; er soll an Verfolgungswahn lei
den.—Paul BernaSconi, Präsident des
Musikiorps von Riva bei Mendrisio,
wurde von seinem Schwager Anton
BernaSconi, Bruder des Gerichtspräsi
denten, ermordet.—DaS milde Herbst
wetter zeitigte allerlei Seltenheiten so
u. A. auf den lieblichen Höhen St.
Antons, (in der „Bäumen") an einem
jungen Apfeltrüeter di» schönsten Blü
then, während gleichzeitig vom gleichen
Bäumchen die reife Frucht gepflückt
wurde. Auch die Frühlingszeitlose ist
nicht selten dort zu treffen. Die ge
nannte Gegend ist überhaupt ein herr
licher Fleck Erde. Ringsum die schönste
Aussicht in die Berge und in»
Thal, und die Erde, aus der man
steht, mit Frühlings schmuck geziert.
Seit einer Reihe von Jahren hat der
Viehstand im Halbtanton Appenzell
J.-Rh. in Folge allmäliger Verar
mung der bäuerlichen Bevölkerung in
bedenklichem Maße abgenommen. Eine
große Zahl von Bauern ist nicht im
Stande, Vieh zu halten und es müssen
die Betreffenden ihre Arbeit lediglich
aus die Bodenkultur und die Einsamm
lung des JahreSnutzen» beschränken.
Daß ein solcher „Heubauer", der ledig
lich vom Ertrage seiner Liegenschaft
mit seiner Familie leben und eine
drückende Zinslast bewältigen muß,
auch mit bestem Willen und angestreng
ter Thätigkeit sich nicht emporzuschwin
gen vermag, liegt aus der Hand. Au»
diesem Grunde wird von der sort
schrittlich gesinnten Bevölkerung das
Institut der Viehverpsändung ange
strebt und der Volksverein nahm diese»
Postulat in sein volkSwirthschastliche»
AuS Troppau inOester
reich wird geschrieben; Im Walde
nächst Taschendorf bei Odrau er
schlug der dortige Häusler Anton
Weimann seinen Schwiegervater, den
HäuSler-Ausgedinger Leopold Poppe
mit einer Holzhacke, um sich desselben zu
entledigen, weil er in Folge der heuri
gen Mißernte nicht in der Lage war,
seinem Schwiegervater da» demselben
zukommende Ausgedinge zu leisten.
Die Einzelheiten der verbrecherischen
That Weimann zerschmetterte dem
75 Jahre alten Poppe zuerst mit der
Holzhacke den Arm und dann den Kops
sind an und sür sich schon grauener
regende. Zudem hat Weimann in sei
nem Geständnisse auch ausgesagt, daß
sein Weib, die Tochter deS Ermordeten,
da» Verbrechen anstiftet«. Die Tochter
wurde in Folge dessen oerhastet.
Die Influenza hat sich nunmehr in ganz
Galizien verbreitet. In Lemberg hat
die Epidemie in den zwei letzten Tagen
eine solche Ausdehnung genommen, daß
säst in jedem Hause sich mehrere In
fluenzakranke befinden. Die Aerzte sind
sehr stark beschäftigt und in den Apo
theien ist das Personal bereit» ganz er
schöpft. In der Bukowina hat sich die
i Influenza-Epidemie «bensall» erneuert.
satschrett«r.
Ueber „Falschreiter" bringt anläßlich
des Wiener Turfskandal» das „Neue
Wiener Tageblatt" einen interessanten
Aufsatz, dem wir die bemerkenswerthe
sten Stellen entnehmen Auf allen
Rennplätzen der Welt gibt es Leute,
welche zu Jockeys, zu Trainern ?c., Be
ziehungen unterhalten. In Paris bei
fpielSweife sind die Verbindungen ge
wisser Damen zu Jockeys offenkundige
und wer eiil Auge dafür hat, kann mit
unter die Zeichensprache beobachten, in
welcher sich elegante Koketten mit den
Jockeys auf den Rennplätzen vor Be
ginn eines entscheidenden Item» ver
ständigen. Er reitet langsam zum
Probegalopp an die Barriere heran; sie
winkt mi: dem Fächer einmal, zweimal,
dreimal viermal immer den
Blick aus ihn gerichtet. Jetzt, bei dem
sünsten Fächer schlage nickt er mit dem
Kopse und nun stürmt sie sort, zum
Bookmaker oder zum Totalisateur und
setzt aus No. 3....0 der der Jockey
weiß ganz bestimmt, daß nicht No. 5,
sondern No. 10 gewinnt, hat aber mit
seiner Freundin die Abmachung getrof
fen, daß sie zu der Zahl der Fächer
schläge, welche er sie markiren läßt, stets
noch die Zahl 5 hinzu zu addiren habe,
um die richtige Nummer de» Siegers
herauszubekommen.
Der Held einer der sensationellsten
Tursaffairen war Joe Barker, einer der
besten Stepple - chase - Reiter der Welt.
Und dieser Joe Barker mißbrauchte bei
einem Rennen in Spaa seine Beliebtheit
in ganz schändlicher Weise. Er ritt ein
Pserd Namens „Blanche", welches mit
Recht erster Favorit war und alle Geg.
ner weit überragte. Aber da» Pferd
unterlag. Der Skandal war ein gro
ßer, die Renngesellschaft leitete eine
Untersuchung ein und Joe Barker
wurde vorgeladen, sich ob diese» räth
selhaften Rittes zu rechtfertigen. Er
war so ehrlich, auf die englische Ge
sandtschaft zu gehen und sich dort reu
müthig als Falschreiter zu bekennen.
Ein bekannter SportSmann hatte ihn
verleitet, sein Pferd zu Verhalten, um
Wetten aus den Gegner abzuschließen
und Joe Barker war an diesen Wet
ten betheiligt. Trotz seiner Tüchtig
keit und seiner langjährigen Verdienste
wurde Joe Barker von allen Renn
plätzen ausgeschlossen und verlegte sich
dann aus die Pferdezucht.
Ein eigenthümlicher Fall von Tripo
tage ereignete sich auch in Pau im Sü
,en Frankreichs bei einem Rennen,, in
welchem der französische Jockcy Ronau
ein Pferd „Hvllandaise", ein t'.efflicheS
Thier, Eigenthum eines He/rn La
haince, ritt. Das Pserd wurdü geschla
gen und Ronau beschuldigt, diese» Re
sultat durch ein künstliches Mittel her
beigeführt zu haben. Man diSqualisi
cirte den Jockey und ebenso wurde der
Tigenthüiner des Pferdes, Herr La
haince, von der Rennbahn verwiesen.
Soubeyran, der bekannte französische
Financier, hielt sich in seinen glänzend
sten Tagen einen Rennstall, und ein
ausgezeichneter englischer Jockey, Na
mens Bridgeland, stand in seinen
Diensten. Bei einem Rennen in Long
hamps waren Soubeyrans Farben
durch Bridgeland vertreten, der aus
„Gognard" saß. Ungeachtet der außer
ordentlichen Kraft und Stärke, über
velche dieses Pserd versügte, dessen
.Papierform" die glänzendste war,
vurde es geschlagen. Im Publikum
herrschte große Ausregung darüber.
Soubeyran selbst konnte diese Nieder
lage nicht verschmerzen. Er betrach
;ete sie al» seine eigene und war unauf
hörlich bestrebt, hinter die Ursachen
dieses Unglückes zu kommen. Als
pfiffiger Mann gerieth er endlich aus
folgende Idee;
Er lieh sich von dem Eigenthümer
des Siegers, der sein Pferd geschlagen
hatte, Pferd und Jockey aus, setzte aus
'einen „Goznard" den Jockey de»
Negner» und auf das Pferd deS Geg
rers den Jocke) Bridgeland. Also
varen die Rollen vertauscht, beide Pferde
»urchmaßen noch einmal dieselbe Strecke,
Iber unter anderen Reitern. Schon
„ach kurzer Frist stellte sich die Ueber
legenheit „Gognards" in eklatanter
Weise heraus. Soubeyran machte die
Anzeige und Bridgeland wurde für
immer diSaualificirt.
Die Fälle, daß man einem Jockey
deutlich zu verstehen gibt, seine Truc»
durchschaut und er solle sich
Hüten, in Hinkunft noch auf di« Gut
inüthigkeit des Publikum» zu fpeculiren,
sind so selten nicht, namentlich in
Zrankreich. Tom Lane ist der Pariser
Meister-Jockey, und doch rrhielt er vor
Kurzem nach einem Rennen in Long
champ» einen deutlichen „Wink", man
bearbeitete seinen Rücken mit Stöcken
ganz gehörig, man nannte ihn einen
Dieb, ihn, den Liebling des Pariser
Jockeyclubs, den Günstling so vieler
Kavaliere.
Denn eS war wiederholt sein „Un
glück", daß. wenn er einen Favorit ritt,
ein Pferd siegte, auf welchem gerade
einer seiner untergebenen Trainer saß;
oder umgekehrt, wenn einer dieser
Freunde den Favorit ritt, dann kam
Tom Lane als Sieger an.. .Dergrößte
Theil der Wettenden baut auf die Ehr
lichkeit aller Vorgänge auf dem Renn
platze. Viele aber sind überzeugt, daß
eS gewisse Machenschaften bei den Ren
nen gieot, sie suchen die Geheimnisse deS
Turfs zu erforschen, sie glauben auch,
dahinter gekommen zu sein, und ihre
Enttäuschung beginnt erst dann, wenn
sie erfahren, daß sie, obwohl sie sich sür
„eingeweiht" hielten, doch »ur die Ge
narrten waren.
Die Spezi«S d«r .Turfspitzeln" ist
auf allen Rennplätzen zahlreich vertre
ten. Wie aber auch diese „Tursspitzeln"
—in England nennt man sie -tout"—
reinfallen können, da» bewie» ein Vor
fall, der sich erst vor Kurzem anläßlich
eines bedeutenden Rennen» in New
market zutrug. Diese "wuts" lagen in
»nein Gebüsche auf der Rennbahn ver
steckt und sahen bei dem Probegalopp
am Tage vor dem Rennen, daß der Nase
de» Favorit» plötzlich ein Blutstrom
entquoll. Raschen Laufes eilten sie
nach der Stadt und verkündeten den
Wettbureaux, in deren Diensten sie stan
den, das Ereigniß. Der Favorit, der
4:1 stand, verlor seine Wettchancen
gänzlich, er sank aus 50:1 und da»
Publikum setzte sein Geld aus andere
Pferde. DaS Rennen aber gewann
trotzdem der Favorit. Der Jockey
hatte dem Thiere während deS Rennen»
einen blutgetränkten Schwamm in die
Nüstern gesteckt und auf diese Weise di«
"touts" irregeführt. Das sind die be
trogenen Betrüger deS Rennplatzes
den Falschreitern sind auch sie nicht ge
wachsen!
Schwäbische G-mitthlichtett.
Anläßlich deS TodeS deS König»
Karl von Württemberg ist vielsach di«
Rede gewesen von der patriarchalisch
gemüthlichen Art des Verkehrs zwischen
den schwäbischen Fürsten und ihrem
Volke, »nd mancherlei Anekdoten sind
darüber wieder in Umlauf gefetzt wor
den. Eine der gelungensten, die unseres
Wissens in weiteren Kreisen noch nicht
bekannt ist, dürste die folgende sein, di«
vom König Wilhelm handelt und di«
wir in der Form wiedergeben wollen, di«
der badische Schriftsteller HanSjakob im
ersten Bande seiner „dürren Blätter"
in die Beschreibung einer Reise durch
Schwaben eingeflochten hat. Er erzähl!
nämlich:
Als König Wilhelm einmal da»
Cannstatter Fest besuchte nnd ihm ein
Rielenschwein gezeigt wurde, erkundigte
er sich nach der Heimath des Besitzers.
Dieser, ein oberschwäbischer Dorsfchult
heiß aus der Nähe von Friedrichshafen,
wo der König vor und nach dem Volks
fest Residenz hielt, erklärte ihm, er habe
noch ein größeres Schwein zu Hause,
aber er habe wegen dessen allzugroßer
Fettigkeit sür sein Leben gefürchtet bei
einem so weiten Transport und es des
halb zu Hause gelassen. Der König,
neugierig das Thier zu sehen, versprach
dem Schultheißen, bald einmal auf sei
nen Hos zu kommen. Er hielt Wort.
Eines schönen Morgens ritt König
Wilhelm mit einigen Herren seiner Um
gebung hinaus in das Dorf und zum
glücklichen Schwememäster. Dieser,
hocherfreut über die Herablassung, bat
den König, er möge jetzt mit seinen Be
gleitern nur außen an den „Sauhos"
sich stellen; das Schwein liege in dem
Stall und er wolle es in den Hof trei
ben. Als die Herren die richtige Po.
sition eingenommen hatten, ging der
Schultheiß in die Behausung des Mast
vieh», stieß das schwere Thier mit dem
Fuß an und rief: „No, Alte, stand auk,
dei allergnädigster LandeSvater ischt
drouße »n will de au sehe!" Unter
dem herzlichsten Lachen des Königs kam
dann die Alte, um sich „ihrem Lande».
Vater" vorzustellen.
Man glaubt vielleicht, fügt HanSjakob
bei, der Schwabe habe da in aller Nai
vetät einen schlechten Witz gemacht.
Durchaus nicht; er wollte nur in echter,
altwürttembergischer Unlerthanentreue
damit sagen: „Alles ist dem König Un
terthan »nd er der Landesvater von
Allem, was da lebt und schwebt im
Ichwabeland." Wie tief diese Anschau
ung noch im schwäbischen Volke wurzelt
„und wie glücklich der echte Schwabe sich
fühlt, in irgend einem DienstverhSltniß
zu seinem König zu stehen," davon er
zählt HanSjakob noch ein Beispiel. Er
traf einmal vor dem könglichen Schlosse
in Friedrichshasen einen armen Lein
weber, der sich die Residenz des König?
aufmerksam betrachtete. Und warum ?
„Wisset Se, Herr, i will an mol schaue,
wo iser König wohnt, denn mei Sohn
isch Kronbiamter." HanSjakob staunt«
darüber, daß der dürstige Mann einen
Sprößling unter den Kronbeamten
haben sollte, und erkundigte sich nach
her. WaS erfuhr er? Daß der Sohn
Schreiber war auf einer königlichen Do
mänenkanzlei. Und das war der „Krön
biamte".
Unser« Masche«.
Bi» zu dem Altare, da kos't Ihr und
küßt
Euch schmeichelnd und streichelnd die
Wangen,
Da kommt nun der Eh'stand wa»
nun Ihr genießt,
Voll Seligkeit bald ist'S vergangen!
Und leise gewittert» bald hier und bald
dort
Und kälter werden die Blicke
Bald fällt auch das erste verletzende
Wort,
Nicht» hält jetzt den Sturm mehr zu
rücke.
Dem rauschenden Winde folgt wilder
Orkan
In Zwietracht verwandelt der Fried«! —
All«in lebt da» Weibchen, allein lebt
der Mann,
DaS ist dann das Ende vom Lied« >
Die Prüderie der eng
tischen Damen ist bekannt. Leider nun
enthält das Jnstruktionsbuch des
1. Garde-Dragoner-Regiments Königin
von England nicht» über den in der
Gegenwart von Lad««» zulässigen und
nicht zulässigen Wortschatz, und so war
d«r englische Sittenkodex auch der nach
London befohlenen Abordnung de»
Regiment» ein Buch mit sieben Siegeln.
Al» sie an Ort und Stelle bei großem
Empfang einer Hohen Dame vorgestellt
wurde, fiel dieser so erzählt der
»Deutscht Soldatenhort" die Hünen
gestalt de» einen Unterosfieier» auf,
dessen Pferd wohl au» den Kürassier-
Remonten ausgesucht werden mußt,
und sie fragte ihn, ob er sich kürzlich
habe wiegen lassen. „Zu Befehl,"
war die Antwort. „Nun, wie viel
wiegen Sie?" fragte die Hohe Frau
wieder. Und mit echt preußischer Ge
nauigkeit erwiderte der Unterofficier:
„24 Ij Pfund in » Hemde!"
„s>i<zclii»°s," flüsterten die Damen, tzje
sich entsetzt abwandten. Unsere Garde-
Dragoner aber waren vor weiteren
Fragen sicher.
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