Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, November 26, 1891, Page 6, Image 6

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    v
»«t„« Z«»t.
ES gibt Leute, welche sehr angestrengt
beschäftigt sind, sich aber trotzdem immer
etwas Zeit sür einen vernünftigen Le
bensgenuß und kleine Gefälligkeilen sür
Andere zu erübrigen wissen, und solch«,
die weit weniger mit Arbeite» geplagt
sind und doch nie Zeit zu irgend etwas
haben.
Letztere Eigenschaft scheint eine Art
amerikanischer Nationalkrankheit zu sein
und erstreckt sich nicht allein aus die
Männer, sondern auch aus die Frauen;
ja sogar die Kinder sangen an, sür
Dieses oder Jenes „keine Zeit" mehr zu
haben.
Fragen und untersuchen wir, ob dies
Alles so sein muß, so lautet die Ant
wort: „Keineswegs, denn in anderen
Ländern macht man auch riesige Ge
schäsle, welche in dl« Millionen gehen,
baut auch tausende von Meilen Eisen
bahnen, etablirt Dampser-Linien, welch«
alle Meere der Welt befahren u. s w
und behält doch Zeit sür einen gewissen
Grad von Behäbigkeit über .In Ame
rika allein kann man sich, wie e» scheint,
noch immer nicht daran gewöhnen, eine
regelmäßige Abwechselung zwischen Ar
beit und Erholung eintreten zu lassen.
D" meisten Leute haden eben „keine
Zeit".
Und doch ließe sich selbst bei dem
großen Arbeits Pensum, welches sich
hier ein Jeder stellt, beziehungswr-i«
ihm von den Verhältnissen aufgebürdet
wird, eine gewisse Muße herausschla
gen, wenn wir ersten« nicht versuchen
würden, eine Arbeit von 20 Stunden
in g zu verrichten nnd zweitens unser«
Zeit planmäßig eintheilen würden.
Mit denjenigen, welche selbst aus die
Gefahr ihrer Gesundheit und ihre»
Lebe«» schnelle Carrieren machen oder
im Handumdrehen reich werden wollen,
ist natürlich nicht zu reden, obwohl
ihnen so mancher von einem Nerven
schlag getroffene oder plötzlich ganz
Hinweggerasste zur Warnung dienen
sollte. Sie sind eben von dem allgemei
nen Fieber schon so sehr angesteckt, daß
fie nicht ruhen, bis es zu spät ist und die
überarbeitete Constitution di« Dienst«
versagt.
Dagegen lȧt sich mit den Anderen,
welche nur deshalb nie .Zeit haben",
weil sie ihre Arbeit nicht richtig einln
theilen wissen, schon eher ein Wörtchen
spiechen und wenn diese Zeilen dazu
dienen, einige der sreundlichen Leser
vor Uebcrarbeilung zu bewahren, so
haben sie ihren Zweck erfüllt.
M'r können innerhalb de» beschränk
ten 8. iimes eines Feuilletons natürlich
nicht alle Fälle decken. Doch ist dies
wohl auch nicht nöthig. Es genügt,
wenn wir an einem aus dem praktischen
Leben genommenen Beiipirl zu illu
striren suchen, was wir meinen.
Als eingeschaltete Bemerkung wollen
wir nur erwähnen, daß in sehr großen
Bank, Export- und Import Geschäften
u. s. w. die ganze Maschinerie so ausge
zeichnet geordnet ist, daß der Ches mit
den Details überhaupt nicht belästigt
wird, sondern dem ganzen Getriebe nur
seinen Geist zu leihen braucht, um eS im
Gang zu erhalten. Dabei ist es noch
n cht einmal nöthig, daß er an jedem
Tag des Jahres selbst eingreift. E»
genügt, wenn er das Ganze von Zeit
zu Zeit übersieht und gründlich revidirt.
Ist dies geschehen, so kann er eventuell
aus Monate verreisen und der OrganiS
mus seines Hauses arbeilet doch weiter,
wenn vielleicht auch nicht so lebhaft, al»
wenn er selbst da wäre. Natürlich kann
auch ein solcher Mann sich in so colos
sale und überhastete Speculationen stür
zen. daß auch er .keine Zeit" bat. Bis
her war dies auch bei den meisten unse
rer Millionäre der Fall. Jemehr sie
jedoch nach Europa reiien und sehen,
wie die reichen Leute daselbst ihr Leben
zu genießen wissen, desto mehr von un
sern Nabobs ziehe» sich von den Ge
schäften zurück und lassen endlich auch
sicki selbst Zeit und geben jüngere» Leu
ten Gelegenheit, ebensalls vorwärts zu
kommen.
Da die Millionäre jedoch leider nu»
einen kleinen Bruchtheil der Bevölke
rung bilden, so wollen wir unseren Vor
wurf lieber aus der großen Masse der
kleineren Geschäftsleute, besser situirlen
Anqeslelllen, Vorleuten u s. w. nehmeil
und versuch n, ob wir ihnen durch einige
Winke nicht etwas Zeit sür ihren per
sönlichen Gebranch iparen können.
Vor Allem müssen wir, wie schon oben
onqedkutet. uns den Gedanken abgewöh
nen, daß wir eine volle Tagesarbeit in
ein paar Stunden verrichten können,
denn wer dies versucht, reibt sich selbst
in kürzester Zeit so auf, daß er. wenn
die Zeit zum Genuß der Früchte seiner
Tkätigkeii kommt, und sehr ost schon
lange vorder, ein unheilbarer Invalide
ist. Ferner muß die Idee weg, daß
irgend «ine wenn auch noch so große
Arbeit geraoe bi< zu einem gewissen
Moment sertig sein muß. Nicht daß
wir den alten Ipruch: „Morgen, mor
gen, nur nicht heute, sagen alle faulen
Leute," oder überhaupt der leidigen
Gewohnheit, Alles aus die lange Bant
zu schieben, das Wort reden wo len.
Im Gegentheil, wa« man sich ein
mal vornimmt soll auch dnrchgesührl
werden; man srll sicheb.n nicht
die größer ist. al« die Kräfte,
um sie zu bewälliqen, so muß eben mehr
Zeil verwendet werken. Ge chiehr dies
nicht, io verschafft sich un» Hai die ab
gehetzte Natur sckon sehr ost in einer
Weile Ruh« geschaffen, die un« um so
weniger gesällt, je thätiger wir srüher
Der KSrper bedarf einer gewissen
Zeil, um die durch die Arb.it. sei sie
»örverlich oder geistig, abiorbirien
Krisle mieder zu sammeln. Wer i'.im
keine Gelegenheit zur Erhalung giebt,
gleich, dem Schntzen, der seinen Bogen
immer geipannl hätt.
>l).a» mache sich daher vor Allem eine
feste Regel: so viele Zeit >ür Arbeit
und so viele sür Ruhe »nv Unleraal
tuug, und gehe nur in den zwingendsten
Ausnahmefällen davon ab. Ein weitere»
Erforderniß, um gelegentlich auch etwas
Zeit sür sich selbst zu haben, ist die
planmäßige Eintheilung der Arbeit
selbst und strikt« Ordnung im Großen,
wie im Kleinen.
Wir wollen versuchen, eine derartig«
Tagesordnung zu schildern. Während
des Frühstücks verschlingt der civilisirt«
Mensch seine Morgenzeitung, d. h. liest
da» Wichligsie, oder richtiger ausge
drückt, sür ihn Interessanteste heraus.
Der Rest hat Zeit bis später; denn da«
Lesen im Eisenbahnwagen ist, wie jedei
Arzt bestätigen wird, schädlich für die
Angen. Dagegen hat man während
der Fahrt Zeit, ein allgemeine» Tages
Programm zu entwerfen. Vormittags
Office-Arbeit, 'Nachmittags Ausgänge
oder umgekehrt, wie eS eben das Ge
schäft verlangt.
Im Bureau angekommen, ist es woh!
bei jedem Geschäftsmann, groß od«
klein, das Erste, die Post zu durchsehen
Ist ein Correspondent oder ein Buch
Halter da, welcher gleichzeitig als solche«
sungirt, so gib ihm Alles, was nichl
unbedingt von dir selbst beantworte!
werde» muß. Wenn man einen Mann
einmal zu seinem Mitarbeiter gewähk
hat, so soll man ihm auch soviel Ver
trauen zeigen, daß man ihn die Inte
ressen de« Hauses wahren läßt, ohn«
ihn wie einen Schuljungen zu beansiich
tizen. Das „Selbst-Allesthunwollen'
kostet Zeit und nützt schließlich doch
Nichts; denn gerade, wenn sich etwa«
besonders Wichtiges ereignet, kann man
ja doch nicht überall sein.
Ueberhaupt ist das rasche und richtige
DiSponiren und Vertheilen der Arbei.
auf die Schultern der einzelnen Ange.
stellten eine der Hauptaufgaben
Chefs, wenn er möglichst viel Zeit für
sich haben will. Natürlich muß er da
bei auf die Arbeitskräfte seiner Unter
gebenen ebensoviele Rücksicht nehmen,
wie auf seine eigene, und keinem meh<
aufbürden, als er bei gewissenhafte«
Thätigkeit während der ihm gegebe
nen Zeit leisten kann. Verlangt man
mehr, als dieses, so wird entweder
die Arbeit schlecht gemacht, oder ma«
rninirt einen anderen Mann, der dem
Hause werthvvlle Dienste hätte leisten
können
Vorausgesetzt, daß wir gegen S Uhi
unsere Office erreichen, so kann die Post
gelesen und die reguläre Routine-Arbei»
bis etwa 10 Uhr ausgegeben sein
Geht man dann, ohne sich in Detail»
zu verlieren, gleich an die Erledigung
der eigenen Correspondenz und beflei,
Bigt sich bei aller Höflichkeit »n der Form
einer möglichst kurzen Diction in de»
Sache, so müßte eS schon eine außerge
wöhnlich große Post sein, wenn si«
nicht bis etwa 12 Uhr erledigt sein
kann. Kommt vielleicht einer oder der
andere Geschäftsfreund dazwischen, so
wird e» also Essenszeit sein, wenn Alle»
in Ordnung gebracht ist.
Da» Mittagessen oder der .Lunch"
ist bei den meisten Menschen hier ein«
Arbeit und keine Erholung. Jeder
stopft in möglichst kurzer Zeit irgend
ein unverdauliches, absolut keinen Nähr
werth besitzendes Zeug hinunter und
rennt wieder fort aus die Jagd nach dem
allmächtigen Dollar. Gestörte Verdau
ung, die amerikanische Nationaltrank
heit, DySpepsia, gereizte Stimmung.
Nervosität und Bedürfniß nach Stimu
lantien sind das Resultat. Als ob sich
nicht eine Stunde zum Mittagessen er
übrigen ließe, ohne daß die Welt dar
über zu Grunde geht.
Man ledt in Europa doch auch,
macht auch große, mindestens ebenso
große Geschäfte, wie hier, ohne sich in
der uns eigenthümlichen Weise abzn
Hetzen und sich sogar die zu den Mahl
zeiten nöthige Zeit und Ruhe zu miß
gönnen.
Die Art, wie hier geluncht wird, ist
der Grund von mehr Uebelständen, als
an dieser Stelle erwähnt werden kön
nen, und je eher aus diesem Gebiete ein«
Resorm nach deutschem oder sranzösi
schein Muster Platz greift, desto besser
wird es sür die Gesellschaft im Allge
meinen sein. Vor Allem gewöhne man
sich an eine bestimmte Zeit, etwa 1 Uhr,
für das Mittagessen nnd halle dieielb«
auch pünktlich ein. Sodann suche man
sich gute Gesellschaft und zwar, wenn
möglich, Bekannte von verschiedenen
Geschäftszweigen, so daß wenigstens
während des Essens der leidige «Bnsi
neß Talk" aushört und eine leichte, all
gemein interessante Konversation ge
pflogen werden muß. Wird ein Bier
telstündchen über dem Kaffee verplau
der«, so schadet auch das nicht und komm!
doppelt und dreifach wieser herein, weil
man nach der kleinen geselligen Anre
gung wieder um so frischer an die Ar
beit geht.
Der Nachmittag gehört, je nach dem
TageSplan, der Verbesserung des Ge
schäfts, Besuchen, Anknüpfung von
neuen Verbindungen n s. w , dann
kommt die Erledigung der inzwischen
noch eingelaufenen Post. Kassa Abschluß
nnd Feierabend.
Wer derartig systematisch arbeitet,
Alles schnell erledigt oder erledigen
läßt und sür Alles seine bestimmte Zeil
hat, den genirt es auch nicht, wenn er
einmal einen kleinen Gang oder einen
Einkauf sür seine Familie besorgen
muß. Auch dars gelegentlich ein guter
Freund hereingeschneit kommen oder
ihm eine neue GeschästSproposition oder
ein anderer mit seiner Branche nicht in
direkter Verbindung stehender Gegen
stand vorgelegt werden, ohne dag e»
gleich ungeduldig wird. Wer sein«
eigene Zeit gut einzutheilen weiß. Hai
auch immer etwa» Zeit für Andere.
Ein außerordentlich wichtiges HilsS
mittel, um Zeit zu sparen, ist, strikte
Ordnung in Allem uns Jedem zu hal
ten und streng daraus zusehen, daß auch
das Personal die» thut und jedeZ Buch,
jeve Liste, jeden Bries u. s. w. am rich
«igen Platz hält, so da» man, wie man
zu sagen pflegt, die Sachen im Dunkeln
finden kann. Nichts ist lästiger und
zeitraubender, als wenn man nach jede»
Kleinigkeit die ganz« Office durchsuche»
muß.
Man hält uns in Europa ohnehin
für halbe Indianer und behauptet, daß
in Folge unserer Flüchtigkeit und der
gigantischen Geschäftsthätigkeit keine
Ordnung bei uns sei. Mag sein, daß
dies in manchen Fällen so ist, wie eS
wahrscheinlich auch drüben vorkommen
wird.
Im Großen und Ganzen herrscht
jedoch in den großen amerikanischen Ge
schäften ein« geradezu musterhafte Ord
nung, an der sich auch schon sehr viele,
ja sogar die meisten Kleinen «in Bei
spiel genommen haben. Ich kenne
Ricsenetablissements, die Tausende von
Menschen beschäftigen und einen über
den ganzen Konlinent gehenden Wir
kungskreis haben und trotz der unge
heuren Ausdehnung des GeschästS-
ApparatS eine so ausgezeichnet orga
nisirte Registratur haben, daß gelegent
lich einer kleinen Streitfrage der be
treffende Beamte innerhalb weniger als
fünf Minuten eine vor mehr als drei
Jahren gegebene Instruktion nebst allen
Belegen zur Hand hatte. Besser kann
die wegen ihrer außerordentlichen Ge
nauigkeit berühmte preußische Ober
rechnungSkammer auch nicht eingerichtet
sein.
Außer der absoluten Ordnung, welche
in jedem Geschäft herrschen soll, gibt e»
noch ein Mittel, um viele, sonst nutzlo»
vergeudete Zeit zu sparen und da» ist
die namentlich für gutmüthige Menschen
nicht ganz leicht zu erwerbende Gewohn
heit, .Nein" zu sagen, wo die Antwort
eben „Nein" sein muß.
In einer Zeit, in welcher ein großer
Theil der Geschäfte durch Agenten ver
mittelt wird, welche im Falle einer halb
bejahenden oder wenigstens nicht direkt
verneinenden Antwort immer wieder
kommen, ist ein direkter, wenn auch
höflich abweisender Bescheid immer bes
ser, als einer, der verschiedene Deutun
gen zuläßt. Ist man von Anfang an
überzeugt davon, daß man die belres
sende Offerte nicht annehmen wird, so
ist e» am Besten, sofort abzulehnen und
dadurch sowohl sein« eigene, al» auch
die Zeit des meist armen Teufels zu
sparen, welcher sich seinen Lebensunter
halt durch KommijsionS-Geschäste er
werben muß.
Sind die GeschäftSstunden zu Ende,
so sperre man nebst den anderen Dingen
auch seine Sorgen in die Sase, so daß
sie bis zum nächsten Mvrgen nicht wie
der herauskommen können. Sowi«
dann die Thüren geschlossen sind, hat
man ein Recht, ja sogar die Pflicht,
.keine Zeit" mehr zu Häven, denn von
da an gehört dieselbe der Familie. Eine
Zran, die für ihren aufmerksamen und
liebevollen Gatten .keine Zeit" hat, gibt
,s nicht.
«ln fa»om»«tsche« Urtheil.
Ali Bey, der Befehlshaber eines tür
tischen Schiffes, wäre ein ganz glück
licher Mann gewesen, da er eben die
zwanzigste Frau, ein» der schönsten
tscherkejsischen Weiber, geheirathet hatte,
wenn er nicht den Schwiegervater hätte
mit in den Kaus nehmen müssen.
TschambulinSki so hieß der Schwie
gervater war aber auch wirklich ein
unerträglicher Mensch. Er folgt? seinem
Schwiegersohn überall hin, auf allen
Reisen, und machte ihm mit seinen An
sprüchen und Forderungen da» Leben
sauer.
Derart in Verzweiflung gebracht,
entschloß sich Ali Bey aus einer Reise
im mittelländischen Meer kurz: er warf
den verhaßten Schwiegervater eine»
schönen Tage» über Bord seines Schis
se».
Jedoch TschambulinSki war ein gu
ter Schwimmer. Nachdem er eine
Zeitlang mit den Wellen gekämpft
hatte, gelang es ihm. ein anderes vor
überfahrendes türkisches Schiff zu er
reichen, welches ihn ausnahm und wohl
behalten nach Konstantinopel brachte.
Dort ging er direkt zum Kadi und ver
klagte seinen Schwiegersohn wegen ver
suchten Mordes.
AIS Ali BeyS Schiff in den Hafen
von Galata einlies, wurde der Befehls
Haber sofort verhaftet und vor den
Kadi gebracht. Auch TschambulinSki
wurde vor den Richter cilirt, welcher
mit beiden Parteien ein genaues Ver
hör anstellte. Nach reiflicher Usber
legung sprach der Kadi also:
„Der weise Marineminister unseres
erhabenen Sultan» hat erst vor kurzem
den Besehl erhalten: .Werthloier Bat
last auf einem türkischen Schiffe müsse
über Bord geworfen werden." Da nun
Tichambulinski für seinen Schwieger
sohn nichlS andeiS war, als werthloser
Ballast, so hat er nur den Gesehen ge
horcht, al» er Jenen über Bord warf.
Folglich weise ich den Kläger ab und
lege ihm die Kosten zur Last."
Tschambulinsti war nach kurzer Zeit
au» den türkischen Landen verschwun
den, und Ali Bey leble mit seinen
zwanzig Frauen glücklich bis zu seinem
Tode.
Sech»stt»t,,t« Stittft,«».
Erst« und zweite Silbe.
Koriolan ehrte «». MephistopheleS
empfand Scheu vor der Mehrzahl.
Kaiser Nero ließ e» ermorden.
Dritte und vierte Silbe.
Bor dreißig Jahren besaß e» jeder
russische GulSbefitzer. —Dante sah es in
der Hölle. Ein katholischer Feiertag
ist ihm geweiht.
Fünfte und sechste Silbe.
Preciosa war e». Viele Heiligen
suchten e« zu sein. — Novinson blieb es
lange Zeit.
Da» Ganze
ist eine Verstärkung der beiden letzte»
Silben.
Auslösung.
UUMU-I-Sj^-UNW
Verschnappt. Amalie: Weißt
du, Rosalie, mir sind Goethe uud Schit
ler die liebsten Dichter; wer ist denn
dein liebster? Rosalie: Der Sergeant
Schmiß
Anfang u»v Ende eine« Nlerbra«
«r», oder dl« Wasserkraft.
V
Als Brauer etablirte sich
Herr Anlon Lebrecht Wässerich.
Im Anfang braut er in der Pfann'
Und denkl —'S macht's Jeder wie er
kann.
Er steht auf schwachen Füßen noch,
Doch wird es besser Woch' für Woch'
Es kauft bald einen Kessel sich
Der gute Meister Wässerich.
Und WaS er weiter sich verschafft,
Ist eine gute Wasserkraft.
Als er die zwei beisammen sieht.
Erheitert sich sein schwer Gemüth.
Fein lächelnd und voll Zuverficht
Der Brauer zu sich selber spricht:
.Ich geb' mehr Wasser dem Gebräu
Und sag': .Die» Wiener Brauart sei.'
Stolz prüft er jetzt sein Meisterstück,
Ob'S nicht zu stark sei und zu dick.
Draus, in der größten Herzen»ruh,
Pumpt fleißig er noch Wasser zu.
Er füllt'» in große Fässer,
Macht'» immer noch 'wa» nässer.
Ein alter Freund hat « einst gewogt
Und über » Bier bei ihm geklagt.
I Da sprach der Meister zornig schier
! .Wär' nur da» Wasser besser hier."
Er macht es trotzdem dünner noch
Und sagt: .Dt« Leute trinken'S doch."
Einst sah gar zwei Betrunk'ne er,
Und schließt daraus, sein Bier sei schwer.
Drauf macht er'» noch 'mal nasser
Durch Beimischung von Wasser.
So kämpft er um des Schicksals Gunst
Und dankt den Sieg nur feiner Kunst.
Sein Reichthum mehrt sich riesenhaft
Zum Lob der guten Wasserkraft.
Von jetzt an lebt er nimmer schlecht
Und läßt die Arbeit seinem Knecht.
Drum ist eS auch kein Wunder,
S«in Bauch wird immer runder.
Er kaust sich einen Kassenschrein,
v«h bald ist dieser auch zu klein.
!
voll Geld ist fast da» ganze Hau»,
Jedoch dir Straf« blribt nicht au».
—^
j v«a Brautrn in der ganzen Welt
ö«i'» al» Exewplum ausgestellt!
Dt« b«td«n Fr«u«d«.
Die Geschichte, die wir in Folgendem
lrzählen wollen, hat sich in ihrer?>t ata<
-Hrophe vor einigen Tagen hier z»h?tra
g«, um aber die völlige Diskretion zu
wahren, wollen wir die beiden Freunde,
die darin eine Rolle spielen, einfach
Schulze und Müller nennen. Sie sind
in einer größeren Stadt des König
reichs Sachj«n zu Hause, und ein reger
Familienverkehr hat auch ihre beidersei
tigen Frauen in freundschaftliche Bezie
hungen zu einander gebracht, obwohl
dieselben verschiedenen Alter» find.
Denn Fritz Schulze, der Sohn eine»
Berliner» und flotter Lebemann, hat
vor Jahren au« Vermögensinteressen
eine schon etwas reife Wittwe, die er aus
der Durchreist durch jene sächsische
Stadt kennen gelernt hatte, mit einem
blühenden Geschäfte geh«irathet, wäh
rend ungefähr zur gleichen Zeit der
ruhige und gesetzte August Müller ein
allerliebstes junge» Weibchen heimge
führt hat.
Kein Wunder, daß, wenn die Vier
zusammenkamen, der flotte Fritz lebhaft
der feschen Frau Anna den Hof machte,
eine Galanterie - Uebung, welcher Herr
August Müller um so gelassener zusah,
al» er bei seiner stillen Natur es wie
eine Verpflichtung empfand, seiner le
benslustigen kleinen Frau einige Zer
streuung durch Andere zukommen zu
lassen. Sollte er deshalb, weil ilun
das Talent sür dergleichen gesellschaft
liche Anregungen fehlte, die Gattin, die
er innig und selbstlos lieble, ebenfalls
darauf verzichten lassen? Nein, da»
wäre tadeln»werther Egoismus gewe
sen I Und auch Frau Bertha Schulz«
erhob keinen Einspruch gegen das bis
chen Courmachern ihre» Gatten, da»
in, Grnnde doch harmlos war und im
mer nur unter acht Augrn stattfand.
Sie war bescheiden und verständig
genug, sich in ihrer Matrvnenhas
tigkeit nicht einzubilden, daß sie da»
Herz ihres Manne» bis auf den letzten
Winkel ausfüllen müsse, und memte,
daß sie die Dinge wohl gehen lassen
dürfe, wenn Annas schwächere Hälfte
nichts dagegen einzuwenden habe. Uud
so waren denn Frau Bertha Schulze
nnd Herr August Müller gar nicht be
sonders erbaut davon, al» eines TageS
zwischen den sonst in so gutem Einver
nehmen lebenden Beiden ein ziemlich
erregter Streit ausbrach, dessen Ursache
gar nicht recht zu erkennen war, der
jedoch zwischen Anna und Fritz eine
auffällige Mißstimmung zurückließ, di«
in völligem Gegensatz zu ihrer bisheri
gen Harmonie stand und sich leider von
Tag zu Tag vergrößerte. Fritz Schulze,
der in Berlin nicht nur verwandtschaft
liche, sondern auch geschäftliche Bezie
hungen unterhielt, beschloß deshalb,
dem unerquicklichen Zustande daheim
mit gutem Grunde eine Zeit lang zu
entfliehe» und einen Abstecher in die
Reichshauptstadt zu machen, um dort
Besuche abzustatten und gleichzeitig
Außenstände einzukassiren.
Er forderte seinen Freund August,
mit dem er wegen der Gespanntheit mit
dessen Frau keineswegs gebrochen hatte,
auf, an dem AnSfluge theilzunehmen,
und dies« ging um so bereitwilliger
auf dessen Vorschlag ein, als auch er bei
der eingetretenen Verschnupftheit sich zu
Hause nicht recht Wohl fühlte und sich
eine sür alle Theile heilsam« Wirkung
von der Reise versprach. Berlin
wird Fritz auf andere Gedanken kom
men, den kleinen Zwist vergessen, und
wenn wir zurückkommen, wird Alles
wie früher sein," meinte er zu seiner
kleinen, trübselig dreinblickenden Frau,
und Schön-Aennchen gab ihm thränen
den AugeS ihren Segen zu der Reife.—
Am Morgen de» nächsten Tage» trafen
August Müller und Fritz Schulze aus
dem Centralbahnhof Friedrichstraß«
Hierselbst ein, belegten in einem benach
barten Hotel ein Zimmer mit zwei Bet
ten, ruhlen sich ein wenig au«, machten
sich zurecht und beriethen dann, was si«
weiter mit dem Tage beginne« wollten.
Fritz machte einen Vorschlag, auf den
August freudig einging. .Ich bringe
Dich jetzt zu einem meiner Freunde,
einem sehr netten Menschen, der viel
Zeit übrig hat und gern das Bärenfüh
reramt übernehmen wird. Während
Ihr die Sehenswürdigkeiten Berlin»
durchreist, gut frühstückt u. s. w,, mache
ich mrin« geschäftliche» und sonstigen
Besuche ab, und Abend» treffen wir
un» danu in Mtiaer alten Stammkneipe,
wohin mein Freund Dich bringen wird.
Du triffst dort eine höchst stdele Gesell
schaft, in der Du Dich wohl fühlen
wirst. Für die nächsten Tage bin ich
dann meiner Sorgen und Verpflichtun
gen ledig, und wir haben noch ein paar
Tage vor un«, an denen wir uns ge
meinschaftltch gut amüsiren können.
Einverstanden?" .Einverstanden!" er
widerte Angust, un» Alle» ging von da
a» programmmäßig bi» zum Abend.
Die Stammgäste hatten sich vollzählig
eingestellt, und August, der sich in bester
Laune befand, fühlte sich glücklich im
Kreise dieser urgemüthlichen Leute. Ein
Schoppen nach dem anderen wurde ge
trunken, doch Fritz war noch immer
nicht eingetroffen.
Al» e» Mitternacht geschlagen hatt«,
wurde« August und die Anderen doch
unruhig. .Sollle ihm vielleicht etwa»
»ugestoße» s«in?" meinte der Bären
führer, .er hat Außenstände behoben
und also viel Geld bei fick. E» ist >«
Berlin in letzter Zeit so viel vorgekom
«e«, man kann nicht wissen." »U«'S
Himmel» will«»," warf August ein, .wa»
sollen wir thun, sollen wir un» an die
Polizei wenden?" .Nur nicht gleich
so hitzig." meinte ein And«rer, .wer
wird denn so schnell Ausheben» von
ein»r Sache machen, die sich gewiß von
selbst aufklären wird. Möglich, daß
die Geschäfte ihn mehr in Anspruch ge
nommen haben» als «r dachte, möglich,
daß ein zärtlicher Verwandter ihn nicht
losgelassen hat und es ihm dan» zu
späl geworden ist, um noch hierher zu
kommen, möglich auch, das; ... und
hier wachte der Spreche,; tin s» ver>
fchmitzleS Gesicht, daß sein Gedanken
gang leicht zu errathen war.
.Warten wir also jedenfalls bis
morgen, er kommt dann gewiß Abend«
hierher." Und die Tischgcnossen gin
gen nach Hause. Am nächsten Abend
ivaren sie wieder vollzählig beisammen,
und August Müller war ziemlich gute»
Dinge, als man ihm erklärte, »in Raub
mord oder dergleichen liege unmöglich
vor, da die Sache dann der Polizei
laugst bekannt wäre und die betreffen
den Extrablätter spätestens am Nach
mittage auszerufen worden wären.
Eine Stunde verstrich, Fritz erschien
noch immer nicht. Um Herrn AugiH
Müller in möglichst fröhliche Stim»
mung zu versetzen, wurde Seet bestellt,
zunächst aber beschloß man. den letzte«
Schritt vor etwaiger Benachrichtigung
der Kriminalpolizei zu thun, nämlich
ein Telegramm an die Frau Schulze
aufzugeben und bei ihr anzufragen, ob I
ihr Gatte vielleicht schon heimgekehrt I
sei. Ganz unmöglich war da» ja nicht,
wiewohl ziemlich unwahrscheinlich.
Die Depesche ging ab, umgehend«
Rückantwort an den Stammtisch, dessen
Adresse Müller genau angab, wurde er
beten. Dann aber sprach man dem Sekt
zu und eS wurde wacker gezecht.
Stunde um Stunde verrann, Fritz war
völlig vergessen, kein Mensch sprach vo»
ihm, man sang, man scherzt?, Her«
Müll, r war ai »ielasseii wie niemals zu
vor, und als ein hausirender Italiener
an den Tisch herantrat, der Rehköpfe
aus Papiermache mit echtem Gehörn
feilbot, kaufte er ein solches und brach
weinselig die Hörner aus der Pappe
heraus und hielt sie sich an die Stirn :
.Wie sieht das aus?"
.Prächtig!" erscholl e» von einem d-er
Lachenden, .wenn e» ein Hirschgeweih,
wäre, könnte man Sie sür Falstaff in?
letzten Alte der .Lustigen Weiber" hal
ten!"
.Lustige Weiber!" lallte Herr August«
Müller, .famoser Einfall. Meine Her
ren, trinken wir aus das Wohl meines'
lustigen kleinen WeibeS daheim!"
.Prost, prost!" rief man von allein
Seiten, während die Gläser klangen, da -
trat ein Deprsckenbote ei«, fragt«-
nach Herrn August Müller und übergab -
diesem ein Telegramm. Herr Mülle»
entfaltete das Papier, er konnte nicht
mehr recht deutlich sehen und übergab
«S seinem Nachbar, welcher vorla»;
.Fritz nicht hier. Anna fort, Bertha."
Herr August Müller saß plötzlich
kreideweiß aus seinem Platze. „Wa»
soll das heißen: Anna fort?" Da
rang eS sich hervor aus dem Münde de»
blassen August, der mit unglückliche«
Miene dasaß und sich vor die Stirn
schlug, an der sich eben noch die Hörner
so stattlich ausgenommen hatten: .Anna
ist ja meine Frau! Der Kerl ist mit
meiner Frau durchgebrannt!"
Und Keiner wagt« ein Wort zu sa
gen, stumm und mitt«»dsvoll sahen All»
aus den armen Betrogenen nieder. Aw
nächsten Tage reist» er nach Hause. Ot
er dort Gleiches mit Gleichem vergolten
und sich an Frau Berlha Schulze schad
los gehalten hat, weiß die Beschicht«
nicht zu melden.
(.Berliner Kl. Journal." > >
«hintstsche Zettdesttmmuna.
Auf eine eigenthümliche Art bestimmt
der Chinese, der keiue Uhr besitzt, di« >
Zeit. Davon erzählt der französisch« >
Reisende Le Huc —so lesen wir in de> I
.Deutschen Romanztg." Folgendet H
au» seinen Erinnerungen:
Eines Tage», als wir unsere zum .
Christenthum bekehrten Chinesen gerad« I
besuche» wollten, begegneten wir unter- >
wegs einem Jungen, der einen Ochsen »
hütete. Wir fragten ihn im Vorbeige
hen, ob eS schon 12 Uhr sei. De»
Junge guckte nach der Sonne, aber si«
steckte hinter dicken Wolken, so daß e»
diese Uhr nicht um Rath fragen konnte.
.Der Himmel ist so voll Wolken",
sagte er, »aber wartet einenAugenblickN
Er fiel in den benachbarten Bauern
hof hinein uud kam in einer Minute mit
einer Katze ans dem Arm zurück.
.Seht", sagte er, »eS ist noch nicht IS
Uhr." Dabei zeigte er uns die Au
gen der Katze, indem er deren Lide»
auswärts hob.
Wir sahen den Jungen erstaunt ach
aber seine Miene war völlig ernsthaft,
und die Katze, obgleich ihr die Opera
tion unangenehm schien, war doch offen
bar daran gewöhnt und benahm sich
sehr verständig, als wäre e» ihr eigent.
licheS Geschäft, Uhr zu sei». Wir sag.
ten: »Sehr gut, mein Junge best«,
Dank!" uud schämten un», von dem
Jnngen un» belehren zu lassen. Al»
wir aber unsere Freund« fanden, wa«
e» unser Erste», nach jenem katzenoraket
un» zu erkundigen. Sie Wunderlen sich
sehr über unsere Unwissenheit und sam
melten bald ein paar Dutzend Katze»
au» der ganzen Nachbarschaft, um un»
zu zeigen, daß dl- Uhren >n deren Auge»
alle richtig gingen.
Die Pupillen der Katzenaugen werde»
»Lmlich bis Mittag 1A Uhr imme«
kleiner und erreichen dann ihre engste
Zusam«enjiehiing in Form einer seinen
Linie, die wie ein Haar senkrecht über -
da« Ange gezogen ist. Dann dehnen
fit sich allmählich wieder au», bi» fie
Nacht» 1» Uhr disForm einer großen
Kugel erreichen. Man versicherte un»,
daß j«de» Kind bald eine große Fertig
keit und Genauigkeit in der Angabe der
Zeit an» de» Katzenauge» erreichte.
Wir überzeugten unZ sehx bald, daß
diese Uhren s»hr richtig gehen und genan
«tbereinstimFle».
! Deutlich. Dame (der ein
Herr seine Begleitung anträvt): .Ich
bitte Sie, wenn man nn» sähe I^—Herr:
.Und wa» wäre dann?" Dame: .Ich
wenn man Sie Init mir sieht, allerdings
Nichts - aber wenn man mich mit Jh»
»eil sieht, dann bin ich blamirt!"
Bescheiden. .Emma, denk«
Dir, ich bin gedruckt!" .Wie, die
Gedichte, die Du dem Berliner Blatt
zuschicktest!" —„Gewiß, sieh nur her
im Briefkasten: .Märzveilchen, Papier
korb! Besten Gruß!"