Das Zrihche. Erzählung v»,i Gräfin !vk. Seyf«rlt«g. IIS, Fortsetzung.» „Ja!" kam eS halb erstickt unter d«m blonden Seidengewirr hervor. „O diesem Salteneck? ~ Ihr Kc>ps sank wieder nach vorn, und da« Ja, das sie abermals murmelte, verstand er v»r Schluchzen nicht. Ueber die tiefe Blässe feiner Züge aber breitet« Ach eine oerurtheilende Strenge! „Und Si« konnten mich trotzdem bitten, zu bleiben? Mich veranlassen, um Ihre Lieb« zu wer!«» und Ihne» di« m«i»e zu gelehen? Wissen Sie denn nicht, Fräulein von Waibach, daß das «in schweres U'irecht ist, da« Sie an mir, so stark sein, das letzte bißche Glück, das b b ck E mich so lieben, ivie «S dies Gestäiidniß verräth?" Sie erröthete wieder »nd senkte die Li flüsterte sie, „Ich hätt' Sie so kurze rn« er an mir hängt! Ach, er hat mir'« la selbst gesagt: jetzt könne nicht« mehr mich von ihm löse al« der T0d...." Asten sah düster vor sich hin. Dann sagt« er: „Wan» hat diese Verlobung stattgefunden?" „Damal«, als Natalie mir den Brief geschricb«, in dem sie mir anvertraute, S>« habe sich mit ihr versprach« ..." ,Nicht ernstlich, nicht unlöslich! Ich wußt' ja wohl, daß er mich Heirathe wollt', und ich dacht' auch früher, ich würd' mich einmal finde. . Ich wieder ein wenig zu ihr neigend: „Frie derike, das müssen Sie ihm sagen, und er muß danach handeln. Er kann Si« nicht zwinge» ihm zu solgen, wenn Ihr Herz Sie einem andern zuspricht! Und wollte er e«, er könnte e« nicht! Denn e« steht schließlich doch nicht in seiner Macht, zu vcih.nder», daß Sie die Verlobung Aber Friederite sprang zitternd «uf: „Pas geht nit, Herr von Aste, das thu ich nit. O, ich bitt' SI«, versuch« Schrecken, der ste stets befiel, sobald Aste» seine Absicht andeutete, Salt«n«ckS Entsetzen, das ihren Willen lähmt« und da« Asten s» tadclnswerth erschien. Sein ernste« Gesicht sprach auch jetzt sein Urtheil darüber au«. .Wen» Ste da« sagen, hab« ich nicht« mthr zu erwidern", sagt« er herb und stand gleichfalls auf. .Dann also werd« tch morgen reisen ..." die Thränen darin ,O, Herr »»» Aste," rief sie und streckte ihr« beiden Händ« hin. nach, bi« die Thür sich hinter ihm'fchloß. er gesessen, »«d neue« Schluchze» schüt telte ihren Körper. Sie meinte,- ste würd« nie mehr etwas ander«» thun kön- Asten bracht« eine» Theil der Nach! damit zu, seine Sachen zn packen. So« wollte er um einen Wagen bitten, wel cher ihn und sein Gepäck nach dem Bahn, Hofe bringen sollte. So sehr er Friede rik« liebte, war er doch entschlossen, sie jetzt zu verlassen, da sie die Festigkeit nicht hatte, entschieden zu ihm zu stehen. Ohn« ihren «»«gesprochenen Willen, Salteneck mit der Forderung gegenüberzutret-ii, di« V«rlobung mit ihr zu lös«n, M»zu fühlt« «r sich nicht berechtigt. War er doch nicht sicher, daß nicht in ihrer Seele u»ter aller Leiden schaft für ihn, Aste», eine Stimme zu Gunsten der früher beschlossenen Ver bindung sprach ...Ja, jene Verleum dungssaat, welche Natalie ihm so ge schickt in'S Gemüth gestreut, ei» Korn »on ihr keimte noch darin! Vielleicht erklärte FriederikenZ Ver stand sich für den Pfälzer, wie ihr Herz für den Preußen, zog ihr praktischer Sinn si« zu jenem hin.... Konnte c« Nachbar gegenüber zeigte. Der Gedanke bestimmte seine Ent schlüsse, und so packte er seine Sachen hätte er schlafen mögen, ein paar Mo- Schlaf wohlthätig über das Bewußtsei» breitet, auf den Zustand des Wachens sich ausgedehnt hatte. Wirre Bilder schast und da« er doch mit der ganzen Krast schmerzlicher Leidenschaft liebte. Draußen schlug die Hofuhr endlich drei, und Asten warf sich seufzend herum. Noch drei Stunden, bis sechs, bis er hoffen konnte, den Inspektor zu nie mehr ein Tag anbrechen!... Da klopfte e« an der Thür.. . Hatte er da« «irklich gehört?... Dr«i Schlägt, wie aufgeregt, er konnte «« sich tingebildet haben!., , Doch »ein, da« Pochen wiederholte sich. Er sprang auf, machte Licht und öffnete die Thür , Tante Mathild« stand vor ihm im buntgeblümten Nachtspenser, da« graue Haar unter eine weit vorgreifende weiße Mütze gesteckt und den Strickbeutel am „Friederike?" rief er. „Was ist ihr geschehen?" Die Dame schüttelte die Nachtmütze. „Nein, nein! Wegmeier! Der Aermste! Ach, komme Sie doch zu ihm!" Drüben aber vergaß er alle« andere über dem Anblicke, der sich ihm bot. D«r junge bayrische Kamerad lag in den Kissen mit stillem, leichenweißem Gesicht, und neben diesem leuchtete» aus Decken und Betten große,purpurne Flecke. Blut tropfte auch von den Lippen und Tante Mathilde, die sonst so hilfsbe- Muttert" Die Mittheilung dieses Wunsches wird jetzt nur beschleunigt w«rde». " Der Schattin seine« dankbaren Lä chelns spielt« auf » Neue um d«S Kranken Widerstandskraft mehr, da« blaffe Ge sicht war überwacht; die zerdrückten Locke» und da« zerknitterte Kleid dasselbe, da« ste am Abend getragen sagten ihm, daß sie die Nacht nicht ander« verbracht hatte als er selbst. Er vergaß all« Bitterkeit und fühlte nur den überwältigenden Zug seine« Herzen« Sie sich zu Bett, Friederike," saAte er welch, »Sie könne» hier gar nicht« helfen und werde» nur selbst krank «erden, wenn Sie sich nicht schonen. - Sie schüttelte eigensinnig die Locken, Aber sie gehörte nicht ihm Einem da« Weh, da« ihr«n zarten Körper zu zormalmen droht«, tragen zu lehren. Mochte e« ihm gelingen oder nicht, Asten hatte nicht das Recht, an de« Entfernten Stelle zu trrten.... Er kehrt« sich deshavb Tante Ma thild« zn: »Sie sollten darauf dringen, daß da« Fräulein sich niederlegt, wäh rend ich den Arzt hole. Sie sieht ange griffen au«." Tante Mathild« seufzte: „Ich will'S oersuche," sagt« sie mit «ln?m Gesichte, das deutlich ausdrückte, wie wenig sie auf den Erfolg de« Versuchs zu rechnen wage. Mit ängstlicher Miene fragte sie dann: „Fahre Sie nach dem Arzte?" „Ja," antwortete Aste» und gab leise »igen. d Z ser, welcher in dem Dorfe wohnte und in dem Rufe stand, Krankheiten sicherer als die Aerzte im Land« zu heil«», sollte dem alten Herr» eine Salbe bereiten, deren Wirkung in vielen verzweifelten Fällen eine förmlich wunderbare gewe sen. Nunmehr sollte diese kostbar« Mirtur Ihre Heilkraft auch an dem Freunde des Alte», dem Franzosen, be währen, der seit einigen Tagen über eine eingetretene Verschlimmerung seines verwundeten Beines klagte. Asten, der den unerschütterlichen Glauben der Land bewohner an die Kunst derartiger Kur pfuscher kannte, wunderte sich weniger darüb«r, diesen auch bei dem starrköpfi gen Alten zu finden, al« in dein sonst so grimmen Gemüth de« Mannes diese bei nah« frauenhaft zarte Fürsorge zu ent decken. Er neigte zwar in feinem In nern zu der Meinung, daß der, für wel chen sie sich zeige, ihrer nicht recht wür dig sei, setzte seinen Begleiter indessen, ohne dies zu äußer», an der bezeichneten Stell« ab «nd fuhr selbst weiter. Etwa eine Stunde darauf kehrte er aus demselben Wege zurück. Er hatte den Arzt zu Hause getroffen, und, während dieser sich zur Fahrt zurechtmachte, das Telegramm ausge geben. also keinen verzögernden Auf enthalt gehabt. Daß auch der Schä geword«n f«in mußte, dünkte ihm un zweifelhaft. Als er vor de« Manne« kleinem Haufe hielt, kam dieser in der That auch gleich heran« und berichtete: der Herr Inspektor habe ihn schon vor etwa zehn Minuten verlassen, um dem lich, man hatte den Mann nicht gesehen verlor jetzt dadurch Zeit. Doch was war zn mach««? Asten ließ umkehren und sah sich aufmerksam nach dem grau bärtige» Gtsährt«n um. D«r Tag war h«raufg«zoge», und der Schnee mit seinem Hellschimm«, nden Weiß ver stärkte sein graues Licht, so daß man weithin sah, obgleich der Himmel in Wolken gehüllt war. Zu beiden Längs seiten der Wegstrecke vor dem Dorfe bot sich auch den Blicken kein Hinderniß, da die schneeigen Flächen der Wein berge jetzt völlig kahl dalagen. Di« glaubte „Was ist das da?" fragt« er seinen Begl«it«r und deutete aus die Masse, rief aber im Atxnblicke danach dem Kutscher zu, zu halten und sprang mit der Peitsche »ach der Mass«: „Ich kann'S nit «rkenne, Herr Major," sagte er, „aber 'S ist, al« ob e Mensch daläg'." Asten war schon auf dem Wege und P'sähle. E» lag «ln Mensch Ast«n bückte sich und versuchte in sei» G«ficht zu sehen: „Herr Enk«rle, um HimmelSwillen, waö ist Ihnen ge schehen?" rief er laut. Unter den Blutrinnen, welche übe« des Verletzten öffneten sich halb. Er Mund«. machte eine besorgte Miene und bat Asten, fkr'S erste keine «eiteren Fragen zu stellen. Er gab dem Berwun ilouimen Hütte. Sie wirkte belebend aus den Alte», denn er schlug abermals die Äugen aus und murmelte: »Ich dank', zu gut g'troff« " „Wer hat auf Sie geschossen? Habe» Sie den Thäter erkannt?" fragte Aste» wieder, da der Arzt erklärt hatte, das, die Wunde von einem Schusse herrühre. Ein so grimmer Zug prägte sich nach der Frage in dem aschfahlen Gesichte au«, wie ihn Ästen nur in de« Alten le bensvollste« Tage» darin geseh«n. ,'« war der Hund, der Franzos',' röchelte er, „Kapitän Deforbe«." Und flch vühsam aufrichtend, mit der ganzen Kraft, die rr «och sammel» konnte: »Sie hab« recht gehabt, Herr Major, '« isl kei Tr«u' un Glaub« b«i d«ne Schufte, un wir—Deutsche solle zufammehalt« un nit zu den«! ..." bitt' Si«, regen Sie sich nicht auf," sagte der Arzt, „Sie können uns später davon bericht«». Jetzt müssen Und er machte eine Bewegung, um den in AstenS Armen halb Liegenden vollend« emporzuheben. Aber dieser wehrt« sich und sagte grimmig wie zuvor: „Lasse Sie uor! Ich sag'lhne, 's nutzt nir mehr. Sie werde mich tranSportire, mit dem Zigeunermensch fort, entflöhe, Gott weiß wohin! Und ich sah ihn mit der über'« Feld fahre un wundert' mich, wa« er am frühe Morße so erumkutschir' u» ruf' «hm zu, denn ich hatt' ja di« Da haut er »112 des Pserd et un sängt «n zu fluche, un ich werd' als aach ärger lich, daß er mich nit höre will, un laus uf «nein kürz'r« W«g voran, weil ich als wisse wollt', wo inauS er fahre wollt'. Und wie er mich da sieht, fängt er al« wieder greulich an zu fluche, »n zieht e Pistol un schießt un eh' ich mich besinn', rennt nier'S heeße Blut übern Kopp, un «r fährt davon, wie wenn der Teufel kut fchirt... Ich awer seh nir mehr un schlepp' mich al« noch hier bi« an die Stäbcher un wollt' mich da drauf fetz«, awer aus dem Sitz« ward nir un ... " gen zu bekommen und suhr mit denHän d«n seltsam hin und h«r. Erschrocken näherte der Arzt den Trank abermals seinen Lippen, aber er schluckte nicht mehr, sondern stieß konvulsivisch den Hornlsffel fort und verschüttete die bele benden Tropfen. Dennoch keuchte «r nach tintr Wei>- noch: „Un un ich will'S »och sage: der Hund hat mich geschoffe, in wa« hielt ich zu die Franzose! " Seine Rechte zuckt« nach Asten hin, al« wolleer sie ihm reichen, und sein evstarrender Blick richtete sich ans ihn: „Deutsch land .... 5011.... Lew« ..." stottert« «r mühevoll mit krähender Stimme, dann sank sein Unterkiefer vor, der Blick erlosch in dem geöffneten Auge, und der Athem blieb nach einem letzten Röcheln aus Der Arzt untersuchte ihn und trat dann zurück: „Er hatte Recht, e« ist un nütz, daß wir ihn noch in den Wagen bringen." Nach einer kurzen Berathung alarmir ten er und Asten die Dorfpolizet und telegraphirten an die SicherheitSbehör de« und BahnhofSvorstäude der zunächst liegenden Orte, um ihnen von der Flucht de« Mörder« Nachricht zu geben. Da nach fetzten sie ihr« unt«rbrochene Fahrt fort. „Wer hätt« geglaubt, daß d«r alt« Sonderling für sein« Rarc«tei«n noch so hart g«straft werden würde?" sagt« d«r Arzt. „Er hat st«rb«n müssen. um zu l«rn«n, was er im Leben nicht begreifen wollte " „Ja," meinte Asten, „er hat gehaßt, wo er hätte lieben sollen, und bewun dert und geliebt, wo ihm nur mit Haß erwidert wurde." müssen wir bedenken, daß diese Langsam keit im Grunde ein deutscher Erbfehler ist, der u»S da« Znsammenschließen, das wir jetzt erleben, durch Jahrhunderte schwer geinacht hat. Jetzt steht freilich zu hoffen, daß e» auch um so dauer- Asten nickte »nd gab dem Pfälzer Ge fährten seine Zustimmung durch e»nen Händedruck zu erkennen, aber sagte nichts mehr. Die Betrach tungen heS Nachbar« machten den Ge danken wieder allzu lebhaft in ihm, wie gern er in dieser Pfalz, die ihm so viel Treffliches zeigte, ein Büudniß ge schloffen hätte, da« sei» nordische« Herz an ein süddeutsche« für immer kettete, wehrt wurde. So legten beide den noch übrigen Weg schweizend zurück. weißes Häubchen auf dem grauen Schei tel, über ein Kissen gebückt, auf welchem eine seine Spitzenklöppelei befestigt Sohne so ähnlich war, nur, iim diesem der still neben ihr lag, freundlich zu zulächeln. Dazwischm trocknete si« wohl, wenn si« draußen »ar, «in paar hervor quellende Thäne« von d«n grauen Wim pern, aber eine Klage hatte niemand von ihr gehört. Ein milder Fri«d« lag auf b«iden Gesichter«, al- wüßten Mutter und Sohn nichts vom Leid d«s L«t»en« und von der Noth des Sterben«. Frie derike faßte das nicht. Die welken Hand« knüpften unablässig die Fäd«n auf de« Kissen, fo all könnte» st« mit der Arbeit den Lebensfaden dessen verlängern, der matt und mit aller Kraft die ihm qela§- fen war, nach Athem ringend, in den empsänd« da« Mädchen da« Hin sterb«» d«« jung«» Gaste« schwerer als die schweigende Mutter. War e« doch Friederike, »l« müsse ste den Him mel anklagen, der e« duld«, daß dunkl«, seindliche Gewalten alle« Glück zerstör ten und der Mensche» Herzen mit schwe ren? Weh erdrückten. Kreilich hatte sie ielbß auch ausgehört zu >»einen, aber si« >cßl»S uuf ihre beiden still duldenden lAefährten gerichtet» da, al« sähe ste «in 'täthscl vor sich, über da« sie endlo« innen und grübeln müsse. E« wiirde hr indessen durch die alte Frau Weg l irier gelöst, die uuten in Friederike»« Limmer «iiiinal herzlich ihr« Hand er» griff und sagte : „M«in lieb«« Fräu lein, ich hatt' eine Bitt'. Sie sind so gut zu uns und haben un« beiden, mei nem Sohn und mir, so viel Liebes ge than, daß ich mich beinah schäme» möchte sie auszusprechen, wüßt' ich nit, Sie erfüllen sie mir gern, sobald Sie nur wissen, daß e« für meinen Franz gut ist, wenn Sie'« über sich gewinnen." Friederike ermunterte sie mit einer Kopfbcwcguiig, zu sprechen, und sie fuhr fort: „W«»n Si« oben sind in meines Franzs Zimmer, machen Sie nicht so ein trauriges Gesicht. Sein L«iden muß ihm ja schwerer werden, wenn «r sieht, wie es sogar andere so schmerzlich fühlen." Die dunklen Augen Friederiken« schie nen das Gesicht der alten Frau nicht in ihre Weiten zu fassen. „Frau W«gm«i«r, wie halten sie eS'aus?" murmelte sie er stickt. Ein großer Ernst gab den milden, alten Mienen etwas Feiorliches „Sie meinen, ihn sterben zu sehen? Kind, e« ist schwer! Aber wenn es allzu schwer werden will, denke ich: er geht fort und kommt nie mehr zu dir, aber du wirst zu ihm gehen, und eS wird nicht lang mehr dauern, da bist du wie der bei ihm, Sehen Sie, ich bin alt, liebes Kind,und auch nicht mehr gesund, da werd' ich ja nicht lang warte» dürfen, bis meine Stunde auch schlägt. " Au» den dunklen Augen rannen Thrä nen: „Aber, Frau Wegmeier, wie kön nen Sie bei solchem Denzen arbeite?" Die alte Dame antwortete: „Das ist der Trost, den ich ihm geb'. Er hat mich so arbeiten sehen in den schwersten er fort ist, helfen und meine Stütze und Abwehr bleiben. Nun verstehen Sie mich, nicht wahr, Fräulein Friederike?" Friederike nickte und sah die Mutter, die heldenhafte? f-in wollte als ihr ster bender Sohn, wortlos gehen. Aber si« war nicht stark wie jen«, si« hätt« auf schreien mögen: „O wir« ich alt wie Si«, Frau Wegmeier, so alt, daß auch ich fortgehen könnte au« diesem dunklen, schlimmen ?eben! Aber ich bin jung, und wie lange kann e« noch dauern, wie lange, bi« die Stunden, die mir so trost los scheinen, vorüber sind?...." Sie that e« nicht; st« sch«i«g und «ilte nur an das Fenster. E» war ihr, als stehe ihr Herz jetzt 'mit einem Ruck still; freilich nur, um gleich daraus desto schmerz licher zn schlagen. Sie hörte draußen einen Wagen, und Asten wollte fort. nicht hatte über sich gewinnen könn«n, d«n todtkranken Kameraden allein mit den beiden fassungslosen Frauen zu las sen. So hatte er sich entschlossen, die Ankunft von dessen Mutter abzuwarttn. In den weichsten Tiefen feiner Seele mochte noch «ine andere Stimme dafür sprechen, jene stehende Stimme, die au« bleichem Mund zagend gefragt, ob er nun nicht noch bleibe» werde? Si« hielt eine Hoffnung in ihm wach, daß Fried«rik« in letzter Stunde die Kraft de« Ent schlusses noch finden, ihn ernstlich und sprach nicht mehr mit ihm, ja, mied fogar seine Blicke. Da hatte er am Tage nach grau Wegmeier« Ankunft sich den Wagen bestellt, der ihn »och vor der Mittagsstunde zum-Bahn hofe bringen sollte, und von der von Herrn von Waibach und Tante Ma thilde. Friederike und Wegmeier sagte er kein Lebewohl. Da e« sllr beide «in l«tzte« war, so erschien e« Asten besser, ihre »nd seine Kraft nicht auf di« Prob« zu stellen. So hatte Friederike recht gehört: der sollte und gleich daraus trat er selbst vor die Thür und setzte den Fuß auf den Tritt. Sein Gesicht zeigte tiefen Ernst, gehüllte Gestalt. Diese setzte sich und di« Hand griff aus den Falten, um die Thüre des Wage»« zu schließen. Friederike Peitsche. Die Pferde zogen an und er hatte nicht einmal zurückgesehen, nicht einmal de» Kops wie in der Regung eine« hemmenden Wunsches nach ihr gekchrt! So war er fort! Wie ein Bild, da» ein Traum gezeigt und ein Traum entführt! Friederike streckte die Hand in die Richtung hin und that einen Schrei. Dann ward sie still und sank aus ihren Sitz. E« half sprang, sie durste ihn nicht halt«n, mußt« ihn zi«hen lassen Unterdessen bog der Wagen schon drau ßen hinterm Dorfe in die Allee und rollte dnrch die kahlen, in Grau und Weiß nackt aufstarrenden Ebereschen. Asten faß unbeweglich in seiner Ecke, die Mütze in die Stirn gerückt. In ihm war e« winterlich, wie die kahle« Bäume vor ihm Nur fort von hier! Herunter ihm am Ende der Allee entgegen und kramte in feiner Ledertasche. Er er kannte den Fahrgast und hielt »on Wei tem schon zwei Briefe empor. Aste« nahm sie und gab dem Kutscher ein Zei chen, weiterzufahren. Dann öffnete er sroh, eine Beschäftigung zn haben da« eine der Schreiben. Er hatte die Aufschrift kaum angesehen, da schoß ihm doch da« Blut in'« G«sicht, und un willkürlich zerknitterte er das Blatt in goldumrandeten Velinpapier. Asten betrachtet« d«n zweiten. Dieser trug eine ihm fremd« Schrift und «r ler Ansmerksamkeit an. Der Bri«f befind au» folgend«» wenigen, gedrängten Zeilen: „Geehrt«? Herr, hiermit erlaube ich mir, Ihnen den Wunsch nach einer llnt«rr«dung aus zusprechen. Doch möcht« ich dieselbe weder im Wohnhaus« von Ebereschenau, noch in dem meinigen herbeiführen, aus Gründen, welch« Ihnen ohn« Erwäh nung erklärlich fein werden. Wenn Si« meinem Wunsche entgegenkommen wolle», werden Sie mich daher morgen am S«. Januar um elf Uhr Vormittag? aus d«r sogenannten Flaggenhöhe fin den." Nach der übliche» Schlußfor mel gezeichnet: „Juliu» von Salteneck." Asten dachte »ach. Diese Zusam menkunft war jetzt eigentlich unnütz. Denn wenn der Nachbar gewußt hätte, daß er, an den «r schri«b, im Begriff stand, abzureisen, würde «r da« Schrei be» unterlass«» haben. Trotzdem konnte die Verweigerung der Zusammenkunft auf Asten den Schein werfen, al« wolle er dem Herr» au« dem Wege gehen. Und endlich: wenn jener sich ohne vor herige Verständigung mit Friederike etwa dennoch entschlösse.... Die Hoff nung begann wieder ihre flüsternden Stimmen in Asten zu erheben. Er be fahl dem Kutscher zu halten und f«ine Rückkehr in der Alle« abzuwarten, er selbst aber stieg aus dem Wagen. Die Anhöhe lag nur wenig vom Wege ab, nieder gehen. Al« «r dann zu ihm trat, blickte ihn das runde Gesicht, dessen gut müthige Züge denen des blond«» Ton- Asttn sagte höflich kühl: „Si« schrieben Sie kamen damit einem Wunsch ' von im» «iitgegen. Ich stehe zu Diensien." Er ließ seine Blicke von dem Sprechen den hinunter zweifelnd nach der Alle« gleiten. Der Kutscher hatte Asten« Weisung nicht befolgt und bog jetzt aus der Allee ein Stückchen in den zu sehe», wa« der Herr dort oben noch wollte. Salteneck, der da« Gepäck in, Wagen bemerkte, entschloß sich zu fra gen: „Sie wolle also fort? Der Wage bringt Sie zur Bahn? Sie sind ent schlösse und Ste habe von den Dam« im Schlößche Abschied genomme?" Die letzte Wendung der Frage war unvorsichtig, und das um so i»«hr, al« das im Verbergen wenig geübte Gesicht Salteneck'« seine Gedanken deutlich zum Ausdruck brachte. Asten kleidet« ohne Weiteres diesen sie sagt, weil ste dazu gezw' igen wird. Ich brauche nicht hinzuzufügen, von wem." „Woher wisse Sie da«?" brauste Salteneck auf. „Sind Sie Ihrer Sach' so gewiß? So gewiß, daß das Fräulei Sie halte möcht'?" „Ja. Denn ich weiß e« von ihr selbst. Sie selbst hat mir gesagt, daß sie mich nicht halten könne, nicht halten dürfe, weil sie verlobt sei. Aber auch, daß sie diese Verlobung bereue, weil ihr Herz e« bei mir sei; w«il sie mich liebe." Salteneck raffte seine gedrungene Ge- e» wage?" stammelte er, brach aber ab, al« besinne er sich auf etwas, trat zu rück und murmelte wie für sich: „Ich hab verspreche ich hab dem Tonche verspräche, nit heftig zu werde ..." Dann sprach er weiter: „Herr Major, wenn ich Wort halte soll, so erwäge Sie auch Ihr« Wort'! E» giebt Ding', die ich denn doch ruhig nit höre werd'!" Asten war verblüfft. Es lag eine Kindlichkeit in den Bewegungen des leidenschaftlichen Manne«, die ihn an die Seelenreinheit der Schwester erin nerte und ergriff. e« nicht nur. Ihr Recht, daß es Ihre Der Pfälzer sttihnte. „Ah, Si« habe gut ruhig sein! Sie habe gut weise sein! Aber ich ich will das Mädche Heirathe. Und dabei ,u wisse » «r nachdrücklich. .Bielleicht ist es Ihnen nachher lieb, wenn Ihnen die Ihre er lassen bleibt." ei»«n bedauernden Blick auf den Wagen. ,D»rt uuten wartet Ihr Kutscher," sagt« «r dann hinuiiterdeut«nd mit hör verlobt war, au« keinem aiiderii l>jFiiiid. Meine Si« nicht, daß dcr Cnrichluß besser wär'? Meine Erklärung ist zu lang und laßt sich nit in e pair Wort' fasse und Ihr« Zeit taun nur noch kurz bemesse sein.... - net« Asten kurz, den» des Pfälzer« ironi' schec Ton erschien ihn, 'S hst unpassend. (Fortsetzung sslgi.) 5 »«r ES muß für di« sorgsamen Bäter und Mütter u»ter unseren Lesern und wir nehmen selbstverständlich an. daß sich unter ihnen nur sorgsame Eltern befinden von Interesse sein zu erfah ren, welchen unglücklichen Zufällen ihre Kinder selbst bei ihren gewöhnlichen Spieken und bei den Angewohnheiten, die unter dem kleinen Volke mehr ode» weniger verbreitet sind, ausgesetzt sein können. ES ist bekanntlich nicht» Un gewöhnliche», daß sich kleine Kinde» runde Körper, wie Kugeln, Erbsen in die Nase und in'» Ohr stecken, und jeder praktische Arzt wird schon >r einem solchen Falle irgend einmal zur Hilse gerufen worden fein. Glücklicher weise ist der Schaden meisten» leicht zu repariren, Ruhe und Geschicklichkeit der eingreifenden Hand Helsen über die oft nicht geringe Angst, in der sich der klein« Missethäter und seine Angehörigen be finden, hinweg. In der jüngsten Sitzung der medicinischen Gesellschaft in Berlin war ein Fall derartigen Ein bringens eines Fremdkörper« in den Gehvrgaug Gegenstand lebhaften In tecesseS, ganz besonders deshalb, weil das Kind in Lebensgefahr kam und auf eine höchst merkwürdige Weife gerettet wurde. Ein kleiner Knabe hatte sich eine Erbse in das Ohr gesteckt, welche nicht entfernt wurde und eine Eiterung mit Durchbohrung des Trommelfelle» ver ursachte. Richtige Behandlung eine» geschickten Ohrenärzte» erreichte die Entfernung des Fremdkörper» und di« Sistirung der Eiterung, so daß da» Kind vollkommen von den Folgen sei ne» MuthwillenS befreit zu sein schien. Da trat unerwartet eine Reihe von Symptomen auf, welche ein tiefere» Leiden, und zwar de« Gehirnes ver muthen ließen. Kopsschmerz, Apathie, unregelmäßiger Puls stillten sich ein, und e» drängte sich den behandelnden Aerzten immer mehr die Ueberzeugung aus, daß eS sich um ein« Bildung einer Eiterhöhle in der Substanz de» Gehirns selbst handelte, ein KrankheitSproceß, der von der ersten durch die Erbse ver ursachten Eiterung ausgehend angesehen wurde. Da» schwerkranke Kind war dem Kaiser- und Kaiserin Friedrich- Krankenhau« übergeben worden, wo sich bei Herrn Dr. Bagin»ky die angeführt« Ansicht immer mehr befestigte. DaS Kind gerieth in einen imme« drohenderen Zustand, und weiteren Be obachtungen zufolge konnte e» al» wahr scheinlich gelten, daß jene Eiterböhlen bildung in demjenigen Theile des Ge hirn» vor sich ging, welche man den Schläsenlapven nennt. Da nun einer seits da« Schlimmste zu erwarten, an dererseits die Aussicht vorhanden war, da» Kind durch eine Operation zu hei len, so entschloffen sich Herr Dr. Ba ginSky und der Chirurg des Friedrich- Krankenhauses Herr Professor Gluck zu dem Eingriffe. Dem Kinde wurde der Schädel eröffnet, und zweieinhalb Zoll tief in der Gehirnsubstanz fand man den Eiterherd, der entleert wurde. DaS Kind überstand die Operation Vorzug lich, befand sich bald nach derselben vollkommen wohl, die Wunde heilte schnellstens, und einige Symptome rein wissenschaftlichen JntereffeS abgerechnet, die übrigens auch bald verschwanden, wird da» Kind von seiner sonst unwei gerlich mit dem Tode endigenden Er krankung nicht« weiter übrig behalten, al» eine Narbe und den sehr erträg lichen Zwang, an der Desectstelle des Schädel», zum Schutze de« Gehirne», eine kleine Kopskappe zu tragen. Un sere Leser sehen daraus, von welch' un heilvollen Folgen eine fast täglich ohne weitere Gefahren überstandene kindliche Handlung begleitet sein kann, und welche Fortschritte die Medicin gemacht hat, daß sie sich nicht scheut, jene« al» unberührbar gehaltene Organ, da» Ge hirn, bewußt und mit Glück zum Ge genstände seiner, wie man zugeben wird, recht eingreifenden Thätigkeit zu ma chen. Friedrich der Groß« über Peter den Großen. Friedrich 11. war im Jahre 1738 von Voltaire auf gefordert worden, »hm zu seiner russi schen Geschichte einen L«bensabriß Pe ter« de« Großen zu verschaffen. Fried rich interessirte sich dafür und schrieb unter Anderm über den russischen Kai ser: „Der Zar hatte nicht den leichtesten Zug von Menschlichkeit, Großmuth und lugend, war in der tiefsten Unwissen heit erzogen worden und handelte blos nach dem Antriebe seiner unordentlichen Leidenschaften." Hieran knüpft er eigenhändig die Erzählung einer Anek dote vom russi'chen Hose, welche sich in Gegenwart de« preußischen Gesandten Oberhosmarschall» von Prinz ereignet hatte. Ter Zar wollte Herrn von Prinz ausgezeichnete Beweise seiner Zufriedenheit geben. In dieser Absicht ward ein prächtige» Fest veranstaltet. Mao trank dabei nach (damaliger) russischer Sitte Branntwein und zechte fich zum Thier herab. Der Zar wollte dieser Fete ein besondere» Relief gehen und lieh zwanzig Strelrtzen au» den Gefängnissen zu Peteriburg herbeifüh ren. So oft man ein große» Gla» leert;, schlug der Zar einem von diesen Elende» den Kopf ab. Um dem Herrn von Prinz einen Bewei» seiner beson deren Achtung zu geben, wollte dieser «„menschliche Fürst ihm, wie er sich ausdrückte, das Vergnügen verschaffen, seine Geschicklichkeit ebenfalls an diesen Unglücklichen zu üben. Herr v. Prinz lehnte die Ausübung diese» Vergnügen» ab, wa» der Zar ihm sehr Übel nahm. So erzählte Friedrich 11. und füge hin zu: .Die» ist kein Märchen, sondern eine so wahre Geschichte, daß sie sich in den Relationen de» Herrn von Prinz defindet, die man in ren Archiven auf bewahrt hat. Ich habe selbst mit meh reren Personen ge prochen, die zu der Zeit in Petersburg waren, von denen dieser Vorsall attestirt wird." .Was Du thust, bedenke da» En«. Es könnt« eben so gut heißen: d?» Anfang.