Das Fritzche. Mahlung von Gräfin M. A«ys«rttu<, (tv. Fortsetzung.) „Machen Sie sich bereit, Ihre Schwa tron aus kurze Zeit zu verlassen- Der Adjutant des Fürsten B. ist verwundet und dienstunfähig. Se. Durchlaucht baten mich, ihm einen geeigneten Offi zier jum Ersatz zu nennen. Ich werde Borschlag bringen. Werden Sie bestSiigt, so kommen Sie nach dem Nor den vön Paris. Durchlaucht werden in > diesen Tage» die EernirungSkette daselbst in Augenschein nehmen." „Zu befehlen, Ew. Ereellenz, und ich «rlaube mir, ganz gehorsamst zu dan miene bei diesen Worten, und keine Spur eines Bedauerns dämpfte ihn. Se. Ereellenz bemerkte es und es be friedigte ihn. Der Major ging. Im Hinausschrei ten warf er noch einen Blick auf wie ein schönes Marmorbild, dessen edlen Zügen ein Ausdruck starren Wehs ausgeprägt war. Blieb wirklich keiner seinerGedanken bel ihr zurück?.. .. an jeder leidlich aussehenden, bärtigen Trotze hängen," dachte der General, „aber er schert stch im Grunde den Teufel um lie. Nun, besser immer, man bringt -ihn von ihnen weg." „Wenn ich so fortfahre, fein Mißfal len zu erregen, verlasse ich Frankreich als General," sagte sich Asten. „Aber die Sorge für mein Fortkommen, die er diesmal bethätigt, ist mir doppelt an genehm. Fort von diesem unglückliche» Mädchen, das sich nicht retten lassen wi111... Wenn sie denn doch nicht auf »nick hört, ist mir's lieber, ich komme gar nicht in Gefahr, sie nutzlos zu war nen oder zu ermahnen.' Im Lauf« des TageS erkundigte er sich nach ihr. Si« war in's Lebe» zu rückgekehrt, befand sich leidlich; ja, ihre Verwundung sollt« nicht einmal gefähr- Aber sie fiel bei jeder Erre gung in eine jeuer tiefen Ohnmachten, in welcher man sie auf dem Kampfplatze gefunden hatte, und der Arzt erklärte, big, sollte sie hergestellt werden. Als Asten Belle - Fontaine verließ, hatte er «ine Wiederholung jenes Gefühls seeli scher Befreiung, das er bei der ersten Mittheilung von seiner bevorstehenden -Entfernung »erspürte. „Also sie haben wirklich Le Bonrget sich das Gerücht bewahrheitet, „Nun," sagte der Fürst, mit den Bli- Trochu, Thiers und Konsorte» müssen >aS selbst längst eingesehen haben. Wir kämpfen eben nur noch der Eitelkeit der Wort nicht sprechen mögen. Und dafür noch deutsches Blut vergießen zu müsse«, ist hart. " „Allerdings, " sagte ein jüngerer Ossi der Fürst. „Das Schlimmste dabei ist, schon eine gewiss« Routine bekommen. Gehen Sie, z. B. jetzt muffen die Stück« hier so zu liegen kommen... nen Hölzern ein immer unerträglicherer Qualm ausstieg. Er kehrt« sich endlich lachend nach dem jüngsten seiner Gefähr ten um. „Kommen Sie doch mal her. Asten. Zbr Geschick erfreut stch ja etne« weitge reisten Rufes, vielleicht partrt Ihnen das Teufelszeug!" „Durchlaucht," antworete der Major, der am Fenster stand, ohne der Auffor derung zu folgen, „da sprengt ein Feld jäger heran, auf schaumbedecktem Pserd«. Der Mann muß wichtige Nachricht haben ..." „Wo?" rief der Fürst, warf Zange Eine halbe Slunde darauf ward« zum Antreten geblajen. Man brach auf nach L« Hourget Wie man weiß, war die Einnahm« de» Dorfe» mit großen Schwierig keilen verbunden, da «S unter dem schützenden Feuer der vier Festungen! St. Denis, Fort de l'Est, Fort d'Aubervillier» und Romalnvill« lag. Der Ort war außerdem mit vielem Geschick verbarrikadirt und von ho hen steinernen Mauern umgeben, hinler denen die Häuser zu Miniatursesiungen gemach« waren, aus deren Schießschar >e» unablässig wchlgezieite Schüsse fie lt» Der Kampf um den Ort enibrannte demzufolge so heftig, als glaubte noch nicht ein Mann in Frankreich, daß der Krieg bereit« entschieden. Leben um Leben fiel dem erbitterten Eigensinnzum Opfer. Der Kommandeur eines Garde regimentS fiel durch einen Schuß aus dem Fenster eine« Hauses, aus dem mit einem weißen Tuch gewinkt wor den war und an da« er, um das Friedenszeichen zu erwidern, dicht her anritt. Seine Leute trugen ihn beiseite und versuchten ihm Wein einzuflößen und daS aus der Wundt stürzende Blut zu hemmen. Auch Asten hatte ihn fal len sehen und eilte ihm zu Hilfe Er verließ sein eigenes Pferd und kniete neben dem Liegenden hin. Doch empfing er nur au« schwer aufgeschlagenen Lidern den letzten Blick. Eben als er wieder aufstehen wollte, erhielt er einen Schlag sein sank in dem Gedanken, daß er dem Sterbenden da« kameradschaftliche Geleit in die Ewigkeit gebe. der furchtbaren Musik der Schlacht. Zwischendurch brach auch einmal ein gel ler Schrei, der den wüsten Lärm mit der Gewalt der Todesangst übertönte. Seit lagen zwei junge Männergestalte» lang ausgestreckt, regio« still, so als ginge sie all dies wilde Gewühl nichts mehr an. Sie hatten ihre Pflicht gethan für im mer. Als das Toben verstummt war, lehnte der Fürst an einer zertrümmerten Mauer und tauchte sei» Taschentuch in ein ihm dargebotenes Glas Wasser, sein pnlver geschwärzteS und blutbespritztes Gesicht damit reinigend. „Das war ein wüster Tag," sagte er, „ein Sieg, wie ich keinen mehr erleben möchte. Wie viele fehlen «nS, di« wieder ihr Blut hergegeben haben, weil die Herren Franzosen noch immer mit der Tinte geize»! Zaiukowsky, Obstfelder, zen Tod zu holen, und mein Adjutant Ruprecht, wo ist mein Adjutant? Wissen Sie von ihm?" „Ja, Durchlaucht. Er gehört zum Leichengefolge des tapferen Komman deurs. " Es entstand ein Schweigen In dem Kreise um den Fürsten, das der Schritt einer Ordonnanz unterbrach. Aus einem hölzernen Tounendeckel brachte der Mann «ine Flasche Wein und ein Glas, wel chem der Fuß abgeschlagen war. Der Fürst goß ein, trank, goß abermals ein flösse der Wein einem Todtenopser. Wenige Minuten später standen fit auf dem Hofe bei den Gefallenen. Da ertönte eine Frauenstimme in ihrem Rücken: „Und ich sage Ihne»! nein! Er dars nicht todt feinl Er soll nicht todt sein! Ich glaube Ihnen nicht, bis ich ihn selbst gesehen." Die Offiziere wandten sich und sahen «ine junge, schlicht gekleidete Dame, welche die weiße Binde mit dem Kreuz trug, den Hos durchschreiten „Wo liegt er?" fragte sie. „Ich meine Major von Asten." „Hier," antwortete mit einsilbigem Ernste der Fürst und deutete auf di« kraftvoll schöne Gestalt de» regungsl-»« Hingestreckten. Die Dame beugte sich über sie. nicht «odt. Es kann nicht sein! Ich mit eignen Armen den Oberkörper und sagte aussehend: „Helsen Sie Mir! Le gen wir ihn ous jene Bahre dort." I» den Mienen der Offiziere drückt« die Ueberzeugung von der Nutzlosig keit de« Thuns aus. Doch schwiegen sie, und zwei bückte» sich und erfüllten den Wunfch der Dame. I» de» Ge sichtern der anderen aber zuckte eine namenlose Ueberrafchung auf. Den» es war, als zwinge d«r Wille des Mäd chens den Todten, zu gehorchen. Seine bleichen Lider rührten sich und ent schleierten sekundenlang die glafigstarreu wie ein Echo ging es durch den Krei» der Umstehenden. „Ihr Muth hat dies bewirkt. Mö ge» Sie ihu sich nun auch retten!" sagte der Fürst mit herzlicher Betonung und schüttelte ihr warm die Hand. „Ich hoffe es," scholl die Antwort ent schlossen zurück, und sie legt« sorgsam den blutbefleckten Kops znrecht, Asten hatte ei» paar dunkle Auge« traumhaft über sich gesehen. Ihr war me» Licht kam wie ein letzter Gruß de» Leben? zu ihm. Dann sühlte ee sich von weichen Armen umschlossen, uns tröstlich glitt der Name durch sein Hirn: leanne. Machte sie, was sie begangen, gut, indem sie den deut schen Verwundeten nun wirklich pflegte? Der kaum gesaßle Gedanke ging unter in- einem dumpfen Schmerze, und ei wußte nicht» mehr von ollem, »a« um ihn her S-lchah Ein bleierner Nsoemberhimmei bltckt durch da« Fenstir. an dem. halb von einem grünen Seidenvorhang oersteckt, eine dunkelgekleidete Frauengestalt styl. Im Hintergrund« des Zimmer» liegt auf breitem, »»5 grünen Vorhängen halb- umschlossenenßette der Krank» In weißen Kissen. Er ist sehr bleich, und nur der braune, weichwallend« Bzrt und die dunkelbraunen Locken, die ou« dem Kopfverband quellen, heben sich farbig von dem weißen Linnen. Langsam richtete er den verbundenen Kops empor und blickte in dem fremden Raume um sich. Er erblickt auf einem Tische arzneigesüllteFläschchen, Limona den, Salbennäpfchen; in Bronzeumrah ein Sofa, auf welchem Kisten und Decken vo» dem Nachtdienst der Wärterin spre chen. ... Und diese Wärterin selbst?... stalt unter dem Vorhang, und da« Herz in der matten Brust sängt an, schneller zu schlagen. Der Name kommt in das Bewußtsein zurück, mit dem e» erloschen ist. Er sieht ein« schlanke Gestalt dem Fenster des, dichtes, dunkles, auf dem Kopfe in einen kunstvollen Knoten verknüpftes Haar.. ..„leanne!" sagte er laut mit Die Gestalt »hebt stch und schreitet Neink es ist nicht leanne! Das ist nicht ihr jugendlich weicher stolzschreiten der Leib; nicht ihr blasses, klassisch schö nes Gesicht mit den dunklen, räthselhaft len zu. Ihre Gestalt ist nicht so voll und weich; ihr Gesicht zeigt nicht dir ivunderoollen Linien der Französin, aber sie hat ein frohes Leuchten in de» klugen Zügen und einen Glanz i» ihre» gleichfalls dunklen Augen, welcher von warmer Theilnahme spricht es ist Natalie! „Endlich!" sagte sie, setzte sich an des Erwachten Bet» und betrachtete ihn mit glücklichem Lächeln: „Endlich wieder bei voller Besinnung!" Sie hält ihm die Hand htn und spricht mit gewinnender Wärme: „Grüß Gott, im Leben! mein geretteter Patient!" „Gräsin," fragte er, die ihm hin gestreckte Rechte ergreifend, „haben Sie mich gepflegt?» Auf die bejahende Erwiderung zieht er di« Hand an die »och blaffen Lip pen und murmelt: „Ich danke Ihnen." Er ist zu ritterlich und hat zu viel Dankbarkeit in der Seele, um nicht die Enttäuschung zu unterdrücken, die ihm für einen Augenblick diese Ret terin unwillkommen erscheinen läßt. Doch Natalie legt den Zeigesinger ans ihre Lippen und sagt lächelnd: „Nicht sprechen und sich nicht aufregen! Noch brauchen wir Ruhe und lange Scho nung, uni auch nur einen Theil der alten Kräfte wiederzugewinnen." In der That fühlte der Patient sich müde, und das kaum wiedercrwachte Leben zieht durch seine Glieder mit schmerzhafter Schwere Er legt den Kopf rückwärts in die Kissen und schließt die Lider. Dann umfängt ihn ein Schlaf, welcher den ruhige», erquicken de» und stärkenden Hauch der Genesung über ihn ergießt. Natalie beobachtet ihn aufmerk sam. In ihren Zügen ist der Glanz der Freud« verflogen, «in gespann ter Ausdruck liegt in ihnen. Er ist dem Leben wiedergegeben, ist er eS aber mich ihr?.... Nein ! Sle besitzt ihn weniger als vorher. Al» er bewußtlos war, gehörte er ihri Sie hat diesen schönen Kopf geHobe» und ge bettet, die trockene» Lippen getränkt, die heiße Stirn gekühlt, den weichen, wallen den Bart mit äußerster Vorsicht gebürstet und gekämmt, die im Fieber um sich greifenden Hände beruhigend in den er in ihren Armen gelegen, und kein Gefühl, kein Gedanke hatte von ihr zu einer anderen schweifen können! Jetzt aber? Sein erstes Wort war der Name einer anderen gewesen, und Natalie hatte den Wechsel in seinen Zügen wohl bemerkt, als er entdeckte, daß nicht die, schritt.. .. Der Kamps hub jetzt erst an; jetzl erst mußte sie ihn sich gewinnen.... Sil weiß eS, und in ihre» Miene» malt sich der alte, energische Wille. Kein Mit tel, das zum Ziele sühren kann, wird st« verschmähen. Behutsam erhebt sie sich und schreite! leise zu dem großen Diplomatentisch, welcher ans der anderen Seite des Zim niers steht. Einem fei»«r vielen Schub fächer entnimmt sie ein Päckchen Post karten und Briefe und setzt stch mi« dem selben zum Kamin. Zwei der Karte» sind mit seinen, zierlichen bedeckt, osfendar von Frauenhand. Am Schlüsse steht auf einer jeden: „Fr. v. W." Gn Brief zeigt di« Auf schrift von gleicher Hand.. .. Ein Feuei flackert im Kamin. Die Gräfin be trachtet in seinem Schein« Brief und Karlen. Dann entsink«» sie langsam ihren Fingern und gleiten in den Kamin. wundete eine Bewegung, und der dunkle Fraueukops wende« stch zu ihm. Aber er hat sich nur in den Kiffen nach link» gedreht, und die Gräfin blick« wieder tn das Feuer. Die Flamme ha« einen übrige» verglimmen die Funken als hin der« ei» hämischer Kobold da« Werk der Zerstörung. Da« Gesicht der Gräfin tiger S>«ß de« schmalen Fuße«, und der Brief berühr« den Kloy, der in der Mille der Feuerstell« kohlt Ein paar Funken sprühen herau« und zünden im ist nichts übrig von dem Geschriebenen als schwarzer Staub der Siaub de» > VergessZnsi ! ,S«»d keine Nachricht»», keine Brief« au« d«r Heimath da?" frag« der Ma,or wenige Tage darauf, während sein« Blicke wieder durch da» grüne Zimmer schweifen. Der Novemberhtmmel brau Ben ist noch immer derselbe, «nd In der graugrünen Dämmerung überkommt den Kranken eine Melancholie, welche e« vergeben» zu bewältigen sucht. „O ja," anlwortei Nztalie und reicht ihm ein Päckchen. Er mustert die ver schiedenen Handschriften aufmerksam und legt die Briese dann vor sich hin. „Weiter nichts?" „Nicht»!" Ein Zug von Enttäuschung geht durch da» schöne Gesicht, der Zug. den Natalie nun schon kennt, aber diesmal bemüht ihr Patient sich nicht, ihn zu verbergen. „Ich bin zu müde, um dies alles heute schon zu lesen," sagt er und sieht über die Briefe hin. Sie hat ihm also nicht mehr geschrieben, sert er Bcüe- Fontaine verlassen Hot? Warum nicht? Hat sie ihn vergessen? Ist ihre Theil nahme erlahmt? Der Gedanke ist schmerzlich. Denn der Kranke fühlt ein unnennbare» Verlangen nach ihr. Da» Fehlen ihrer Briefe sagt e» ihm so deut lich, wie ihr Eintreffen selbst es ihm noch nie gesagt: über allem, was er in diesem Feldzuge erlebt hat, steht wie eiu Stern, der seine ganze Seele zu sich hin-- anzieht, das blondlockige Mädchen, sieht Friederike.... leanne hat so tief nie in fein Empfinden eingegriffen. An die Pariserin hat ihn das Fremdartige der Erscheinung gefesselt, der Wunsch, sie von ihren gefährlichen Neigungen zu heilen. Jetzt tritt sie wie etwas We senloses zurück, und als lieblichste Ver körperung des Lebens fleht er statt ihrer daS weinende Mädchen, dem er versprach, wenn Gott ihn beschütze, zu ihm heimzu kehren daß er sein Versprechen hielt? Hätte sie keine Theilnahme an seiner Verwundung gezeigt, sollte keine für feine Genesung haben? Sie ist sehr jung, und da ist dieser Pfälzer.... Mit der ganzen erfinderi schen Selbstpeinigung der Liebenden malt von ihm abziehen könnte.... Natalie spricht zu ihm; er hört zerstreut zu, ant wortet verkehrt. Plötzlich aber geht ein Leuchten durch seine Züge und erhellt das müde Gesicht. Es sillt ihm ein: er ist in den Zeitungen todtgesagt worden. Vielleicht hat sie nur daS ge lesen »nd de« Widerruf nicht! Vielleicht Ben ihre lieben brannen Augen jetzt noch Thränen nm ihn.... Es inuß so sein, gewtßl Hätte st« sonst am Rand« deS Grabes ihn oh»e ein Zeiche» der Theil nahme gelassen? ... Und zum ersten Male seit seiner Verwundung drängt eS ihn zu eigner Thätigkeit. „Ich möchte schreiben," sagteer, sich seiner Pflegerin zukehrend, „darf ich Sie um die Güte bitten, mir meine Schreib „Schreiben?.... Sie selbst.... Das sie liebenswürdig wie immer. „Aber diktire» Ste mir. Ich bin gern bereit, Ihnen als Sekretär zu dienen." Einen Augenblick zaudert er. Dan« sagt er, unter den» Einfluß neuer Ge danken: „Sie erhöhen meine Dankbar auf sich nehmen wollen." „Aber ich bitte Sie, da» gehört zum Wärterdieust." „Wenn man ihn si aufopfernd erfaßt wie Sie " „Gut. Genug der Eomplimente. „Also bitte mit der Adresse " Sie setzt sich zurecht und sieht erwar» tungsvoll aus. „Nun?" „An Fräulein von Woibach." billigendem Ernste. „Ihr wollen Sie schreiben? Verzeiher Asten unterbricht sie. Denn da» isi „Woher wissen Si« da»?" fragte e, gereizt. „Hat sich Fräulein von Wai boch während meines Kranksein» ver lobt?" „O nein," antworte sie kühl, „di« Geschichte ist weit älter. Sie u»d Herr von Salteneck sind Brautleute seit die drei Jahre. Und der Selbststän digkeitstrieb des Fräulein» allein läßt es nicht zur Veröffentlichung der Ver lobung kommen. Im Vertraue» weiß die ganze Nachbarschaft darum. Man müßte sonst auch das Verhältniß der Beiden sehr anstößig finde»." lein oon Waibach, si« sei völlig frei." Ein überlegener Spott spielte um NaialienS ausdrucksvolle Lippen: „Das ist es >a eben! Sie kann sich nicht ent ichließen dieje seelig« Freiheit, von der ste «inen so ausgedehnten Gebrauch nen. " ,Wa» soll dies» Aeußerung bedeu en?" sragl« d«r Kranke jehr bleich, isch «in bischen Selbstlierrschenn ge »ielt bat. ieint lchZne, lchuldenjreie Be- Atzung mit Ihrer arg verschuldeten zu r-reinen. Vorher magst« sich noch gesial :en, an «Inem oder dem anderen vor übergehend ein größere» G«sallen zu .Der Major sag« nichts mehr. Die schlanke Pflegerin erhebt sich ruhig und anmuthig und reicht ihm mit den vor hin „Wenn Sie dennoch an da» Fräulein schreiben wollen, müssen Sie e» schon selbst versuchen." Er macht eine leicht abwehrend« Be wegung. „Ich danke; ich fühl« in der That daß mein« Kräfte noch nicht ausreichen würden." NriiU Sein« Kräfte reichen nicht da zu. Di« Erinnerung kehrt mit allen ihren Zweifel« zurück, sein ganzer Aufenthalt in der Pfalz steht plötzlich Welt darum, die Gedanken in jenem blonden Mädchenkopfe zu lesen, jenem reizenden Kopfe, der die seinen so völ lig gefangen nimmt. Wieder tadelt er hunderterlei an dem unfertigen, eigen willigen Wesen, und doch fesselt ihn hunderterlei an ihm. Aber die Fragen, di« stch stürmisch in ihm drängen und alle unbeantwortet bleiben, verzehre» seine geringen Kräfte und der Brief ZeitungsblSttern zurück: „Wollen Sie nicht die letzten Nachrichten vom Kriegs schauplätze hören?" Sie liest ihm vor und lenkt fein Interesse auf Dinge, die nicht ihn allein, die Taufende bewegen. Sie hat eine Gräfin fühlt, daß sie Einfluß bruch sehnsüchtigen Gefühles, de» si« geschickt benutzen wird, und sie braucht den letzten Trumpf, den sie in Händen hält, gar nicht einmal auszuspielen.... hübsch. Ihr Gesicht ha» trotz ihres Auf bort versteckt. Da» Gesicht kam Hr ihre Aufmerksamkeit zu. Erst etliche Stunden später als sie ihrem Patien ten Gulenacht gesagt und sich überzeugt hatte. Es war der Franctireur, wel cher den tödtlichen Haß gegen Asten hegt. Im selben Augenblick fühlte sie sür je bung das Nichtige Hätte die Er welcher eine Arzneitasse In der Rechten hielt. Seine Linke lag um Astens Schulter und er schüttelte den Schlafen war der Freischärler, welcher dein deutschen Major den Tod ge schworen hatte. Die schwarze Binde verbarg sein schielendes Äuge, der Bart reränderie fein Gesicht, aber I!a«alie er kannte ihn „kuve?!" flüstert« er und hielt die T»fle dicht an des Lerwundiiin Ichlaftrunkln auf d«n rerrneintlichin Wäu«r. In dem Ha!bdunk«l. d»i die glamm« de» Krankenlämpchen» spärlich erhellte, erkannte er Ihn nicht und setzte mechanisch die Lippen an den Rand de» Tasse. In diese» Minut« war er ver loren, denn die Tasse enthielt Gift, Natalie ahnte es, und der Schuß au» setzt in die Höhe. Auf de» Korridoren rührte sich's. Aer Freischärler aber entwich unbehin liche Thür. Natalie ließ ihn voll Ver „Sie haben getrunken?" fragte sie in höchster Ausregung. „Nein ... 1ch.... Die Tasse ist ja zerbrochen," antwortete der Krank« mit dem Versuch, sich zurechtzufinden. füllte und Asten sah mit Befremden „Wer war der Man»? Wollte er mich vergiften?" fragte der Verwundete sei nerseits. Natal!« antwortete schnell: „Be als er aufwachte, hatt« er das Ereigniß vergessen. Aber da kniete ein Wärter mit Waschbecken und Bürste dicht vor „Wa» ist in der Nacht geschehen?' fragte der Patient mit einem dunklen und der Mann erklärte e» Herrn Majors." Asten dachte dasselbe, sagte aber nichts. Er hatte seit kurzem die Erlaubniß, täg worden und lose um die abgemagerten Glieder hing, im Lehnstuhle saß. hörte er seiner Reiterin Stimme. Glück, daß ste dieselbe nicht vor Asten» Mit ihrem glückssicheren Lächeln ließ sie vielleicht schon heute.... Der Gedanke rief ein heiteres Lächeln auf ihre Lippen, als sie sich Asten nahte. „Wie fühlen Sie stch?" fragte sie, in seine mattglänzeitden blickten. „Bon Dankbarkeit erfüllt," sagte er, indem seine müden Augen sich innig auf sie richteten. „Gräfin, Sie scheinen „Ich bin so glücklich, da» Unheil ver (Forijetzung solgt.) s viu »uhtm Du«r«l«. « » > «. s. «»», „O, über die Unverschämtheit heut zutage!« Mit diesem zornigen AuSruf un» ausnahmsweise gerötheteu Wange» stürzte Tante Aurelie, wie man die ehr würdige alte Jungser der Kürze halber nannte, vom Flur her in« Zimmer. Herr Lehmann, ihr Bruder, hob et was erstaunt den Kopf von der Zeitung. „Na, zum T , was ist denn lo», Aurelie. du thust ja gerade, als ob di» Jemand einen Kuß gegeben hätte?" Die alte Dame wars ihm einen gifti gen Blick zu. „Zufällig hast du den Nagel aus de« Kops getroffen, ich komme vom Metzger her mit dem Fleisch.." „Du wolltest ja Wurst, zum Abend essen bringen," warf Herr Lehmann ei». „Nun ja, mit der Wurst, und wie ich gerade das Haus wieder betreten will, springt m der Dunkelheit Jemand auf mich zu, umarmt und küßt mich!" Tante Aurelie begrub, wie von Scham überwältigt, daS Gesicht in beide Hände. Herr Lehmann aber lachte, und seine Frau winkte das Dienstmädchen, da» ebenfalls leise kircherte, zu sich ins Ne benzimmer. „Ich ahne den Zusammenhang", herrschte sie dieselbe an, „der Kuß war sür Sie bestimmt, und die Wurst, di« Aurelie in der Verwirrung zurückließ, auch vielleicht längst versprochen; mer ken Sie sich deshalb, entweder Sie geh'» noch heute, oder während der nächsten acht Tage thun Sie keinen Schritt mehr zum Zimmer hinaus!" Tante Aurelie nebenan aber konnte nicht umhin, einen forschenden Blick noch in die dunkle Nacht hinauszu werfen. Es waren acht Abende verflossen seit dem Vorgange; Tante Aurelie kam vom Flur her in? Zimmer, und Herr Lehmann hob wie damals den Kopf von der Zeitung. „Na, wieder vergeblich, Aurelie?" Sie warf ihm wieder einen bitterbö sen Blick zu. „Der Unverschämte...." Herr Lehmann grinste. „Nicht wahr; nach dem ersten Ren dezvous unsichtbar zu werden, trotz aller Gänge zum Metzger." Jetzt brach auch das Dienstmädchen in lautes Lachen aus. „Ja, nehmen Sie 'S schon nicht übel, Fräulein, aber daS zweite Mal läßt sich ver Wilhelm mit Wurst allein eben nicht sangen." AuS vem Famtlienledt« auf Reu» Guinea. Der 60jährige Negerhäuptling Janiba hatte die 17jährige Kalaika geheirathet, welche ihrer hervorstehenden Backen knochen wegen als die erste Schönheit Neu-PommernS galt. Jambo macht« einst eine Reise. Während dieser Zeit empfing die schöne Kalaika die Besuche des jungen Häuptlings Kicki. Ei nes TageS hörte die junge Frau außerhalb der Hütte die Stimme ihres Gemahls. „Schnell in den Rauchfang,' ries sie, und Kicki klettert« thatsächlich hinauf. Sodann trat Jambo ein. Herzliche Begrüßung. Plötzlich sieht Kalaika einen Fuß ihre» Anbeters au» dem Rauchfang hervorragen. Dieselbe Bemerkung macht aber auch Jambo. kaltblütig schiebt er den Fuß hinein und macht die zum Rauchfang führend« Thür zu. „So", sagt er, „und nun koche mi» Mittag. Tu hast doch etwas im Hau se?" .Ja," erwidert Kalaika zit ternd, „noch ein Stück Filet von dem letzten Afrikareisenden." „Schön," sagt Jambo und fängt an sein langes Schlachtmc-ser zu poliren. WaS sollte die arme Kalaika thun? Sie macht da» Filet fertig, und Jambo ißt es mit sichtbarem Appetit. „Noch mehr!" „Es ist nichts mehr vorhanden." „Wie, und daS Rauchfleisch im Rauch sange?"—„Ja, ich dachte nicht daran." Kick? ist inzwischen fertig geräuchert. Mit blutendem Herzen zieht ihn Ka laika hervor und servirt ihn dem Herrn Gemahl. Halbtodt schaut sie zu, wie ein Stück nach dem andern in dem Rachen de» Häuptling» verschwindet. Schließlich kann sie es nicht mehr er tragen. Sie stürzt auf Jambo zu, kniet vor ihm nieder und ruft verzwei felt: „Wenn du ihn schon auffrißt, laß mir doch wenigsteu» ein Stückchen übrig." Zu keiner Zeit hat sich in England oder anderswo so schreibt man daS schöne Geschlecht lei denschaftlicher mit Politik und Gesetz gebung beschäftigt, als im Jahre 1770, wo im Parlament folgende Bill einge hxacht und dann einstimmig zum Gesetz erhob«» wurde: ,J«dw«d« Frau, gleich viel, welchen Alter«, wclchen Range» oder Berufe», jedwede Frau, und sei sie noch so hochgestellt, jedwede Frau, gleich viel, ob verheirathet, Wlitwe oder Jungfrau, die vom Tage der Verklludi gung diese» Gesetze» mit Hilfe von Wohlgerüchen, Schminken, Pomaden, falschen Zöpfen, Hackenschuhen, welche einen Unterthan Seiner Majestät zur Heirath unter falscher Boraussetzung verführen wird, ist at» Betrügerin zn bestrafe», insbesondere aber ist jeder HeirathSantrag, der vo» einem Manne, dessen Sinne durch Wohlgerüche betäubt wurden, gestellt wurde, als ungiltig und uicht klagbar zu betrachten. Der Gebrauch von Parfum ist überhaupt forta» nur bei Begräbnissen gestattet, von der Ueberzeugung geleitet, daß bei sa ernsten, traurigen Unlässen selbst hin terlistige, gefährlich« Frauen nickt ge stimmt sein werden, sich au« der Schaar der Leidtragenden «in Opfer zu suchen." Vorsicht. A.: Du, wollen wir mal in» vegelarianische Speisehau» Mittages « > gehen?— B.: Ja, aber laß uns etwas kalten Aufschnitt mitneh men.