Dentsche Loeal«achrichten. Provinz Brandenburg, In besonders umständlicher Weise hat in Berlin ein Mann, Namens Au gust Strauch, seinem Leben ein Ende gemacht. St., welcher bereits 51 Jahre alt ist und in dem Hause Auguststraße Nr. 50 wohnte, war dem Trünke nicht abhold uud gerielh wegen dieses Lasters mit seiner Frau oftmals in Streitigkei ten. Nachdem er wieder einen Austritt aus solcher Veranlassung durchgemacht hatte, befestigte er eine Schnur an sei nem Kleiderschrank, legte sich, auf dem daneben stehenden Sopha stehend, eine Schlinge um den Hals und warf nun den Oberkörper auf die Seit?. Er wurde durch seine Frau todt aufgefun den, durch einen Schutzmann losge schnitten und nach dem Schauhause ge schafft. Ein Doppelmord und Selbst mord hat muthmaßlich die 38 Jahre alte Ehefrau des in dem Hause W»l -mersdorserstraße 129 zu Charlotten burg wohnhasten Arbeiters Müller, Ottilie, geb. Haudon, an sich und an zweien ihrer Kinder begangen. Die Müller'sche» Eheleute lebten feit länge rer Zeit in auffälligem Unfrieden mit einander. Ten Grund dazu hatte An fangS die grau gegeben, welche ohne Wissen ihres Mannes aus der Sparkasse Geld von dem daselbst niedergelegten Vermögen erhoben hatte. Der Ehemann hatte in dem Glauben, es sei ihm das Geld gestohlen worden, Anzeige bei der Polizei erstaltet und erfuhr erst aus diesem Wege, daß seine eigene Frau die Thäterin gewesen war. Wenn nun auch hierin eine strafbare Handlung nicht lag, so mußte dock Frau Müller viel Drangsal von ihrem Manne aushalten, welcher ihr den Vorfall nicht verzeihen konnle. Um sich diesem unerträglichen Leben zu entziehen, verließ sie am !>. Juli, Morgens um süns Uhr, unter Mitnahme ihrer beiden jüngsten, drei bezw. vier Jahre alten Kinder Else und Paul die Wohnung und ist bisher auch nicht zu ermitteln gewesen. Nach einem bei den Geschwistern der Verschwunde nen in Berlin eingegangenen Brief ist sie mit ihren beiden Kindern in's Wasser gegangen. Sie habe sich und auch die Kleinen mit ihren besten Kleidern ver sehen. damit sie nicht wie die Schw aussehen, wenn sie aus dem Wasser herausgezogen würden: Die anderen beiden Kinder Bruno und Max wolle Eine gesükllofe Mutter stand in Berlin in der Person der Postschaffnersehesrau Helene Schnipper vor der dritten Strafkammer teS Landgerichts I. Im Februar d. I. ging dem Polizeirevier in der Werkstraße eine Anzeige zu, wonach die Angeklagte ihr fünfjähriges Töchterchen in der unmenschlichsten Weife mißhandeln sollte. Es wurde ein Beamier hingeschickt, welcher das Kind unl ersuchen sollte. Derselbe fand es in einem jämmerlichen Zustande vor. Gesicht und Kopf zeigten viele Hautab schürfungen und Wunden, der Rücken war dermzssen mit blauen und blutun terlaufenen Stellen bedeckt, daß der Beamte auch nicht einen gefunden Fleck von der Größe seines Daumens fand. Mutter und Kind wurden zum Polizei- Büreau bestellt, um von dort zu einem Arzt geführt zu werten, die Angeklagte kam der Polizei aber zuvor, sie suchte selbst einen- Arzt aus und machte den allerdings vergeblichen Versuch, diesen zu bewegen, ihr ein möglichst mildes Attest auszustellen. Tas Güt tin gestrigen Termine mit demienigen des GerichtSphysikus, wonach die dem Kinde angedlcheiie Behandlung dessen Leben gefährden konnte. Durch die Zeugenvernehmung wurde festgestellt, daß die Angeklagte ein geradezu barba zur Reinlichkeit anzuhalten. Sie machte »inen Kamillenaufguß und fetzte das Kind auf das Gefäß mit der heißen Flüssigkeit. Das Kind zeigte in Folge dessen an höchst empfindlichen Stellen Brandwunden. Tie Angeklagte räumte Schwiegermutter gerathen worden fei, , einmal angewendet zu haben, die Flüs sigkeit fei aber nicht kochend gewesen. Auch räumte sie ein, das Kind mit Züchtigungsreckit will sie aber nicht überschritten haben. Der Gerichtshof gelangle zu der entgegengesetzten Ansicht Monaten Gesängniß. Provinz Ost Preuße«. Ten Schmied Andreas Klienke in Tilsit, der das Anwesen des Besitzers Niel i» Gcsweithen s. Zt. in Brand ge setzt, ercille eine vierjährige Zuchthaus straie, Den Tod durch Erhängen ga ben sich: der KorbflechterJoh. Koftrzcwa in Bischossburg (Ursache andauernde Krankheit), die Wittwe Wilhelinineßa dunz in Hasenberg, der Bäcker Soko lowski in Mehlfack, der Ortsarnie Schröder in Reinhau (Lebensüberdruß) und der Eigenkäthner Hamcke in Sil' berbach (Geistesgestörthett.) Provinz West Preußen. DerKassirer des socialdemokratischen Vereins zur Erzielung volksthümlicher Wahlen, Fabrikarbeiter M. in Elbing, ist mit der ihm anvertrauten Lasse so wie unter Zurücklassnng von Weib und Kind verschwunden. Der anläßlich der 600 jährigen Jubelfeier der Sladt Graudenz zu veranstaltende Festzug verspricht ein besonder? prächtiger und farbenreicher zu werden. Es w»rden sich an demselben ca. 3000 Personn, mit 50 Fahnen und 6 Festwagcn, welche letztere Scenen aus der Geschichte der Sladt darstellen, betheiligen. Außer dem wird eine umfangreiche Festschrift, eine Chronik der Stadt Graudenz ent haltend, erscheinen. —Der Priester Ruch niewicz zu Jakobsdorf feierte fein sünf undsiebenzigjährigeS Priester - Jubi läum.—Ter Gutsverwalter Nepomuk DobrowZki aus Mgowo wurde wegen Majestätsbeleidigung zu 6 Mon. Ge fängniß verurlheilt. Provinz Pommern, -f- In Stettin der frühere Pastor an der St. Johauniskirche, Teichendorff. s- In Stralsund der frühere Bür germeister in Bergen, Gustav Bütow. Die am 3. April d. I. zu Colberg verstorbene Wittwe deS Professors Plüschke hat in ihrem Testament der Universität Greifswald 18,000 M- zum Besten Studirender der evangelischen Theologie zugewandt. Letzter Tage fand die feierliche Bctriebseröffnung der neuen Bahnstrecke Bergen-Sagard- Saßnitz statt. Tie Bahnhöfe und Orte waren festlich geschmückt. Die Vorbe reitungen zu dem bevorstehenden „Hin terpommerschenProvinzial-Schützeirsest" in Schivelbein sind in vollem Gange. Eine große Anzahl Schützencorporatio nen haben ihre Ttieilnabme bereits zu gesagt. Die Festhalle erhält 16 Schieß stände. Den Tod in den Wellen fan den die Tochter des Kolonisten Herm. Torow auf Abbau Pitzig und die Ehe frau des Besitzers Starck in Meet schow Provinz Schlesien. Zu dem schrecklichen Unglück, daS sich unweit Liegnitz während der Fahrt des Berliner Schnellzuges in Folge des Ausspringens einer Coupeethür ereig nete, wird von Augenzeugen berichtet, daß der Wagen, in dem die Dame, die Gattin des Kreisphyfikus Dr. Löser in Nimptsch, mit ihren drei Kindern und einem Dienstmädchen saß, der Turch gangswagen aus Dresden war. Es ist anzunehmen, daß sowohl das eine Kind, ein sechsjähriger Knabe, als auch die Mutter aus dem Wagen gestürzt sind, letztere wodl bei dem Versuch, das fal lcnde Kind zu ersassen. Ein in dem selben Wagen einige Abtheilungen da von entfernt sitzender Breslauer Bäcker meister, dessen Sohn den Sturz der Frau beobachtet hatte, zog sofort die Noth bremse, worauf der Zug etwa 400 Meter von der UnglückSstätte hielt und bald darauf an dieselbe zurückkehrte. Das Kind ist bald darauf gestorben, die schwer verwundete Mutter wurde in einem kreuzenden Güterzug nach Lieg nitz zurückgebracht. Die Ursache deZ Unglücks ist nach der bahnamtlichen Untersuchung in dem Bruch einer Feder oeS Thürverschlusses zu suchen. Nach Aussage des Dienstmädchens scheint der Bruch aber nicht erst im Augenblick deS Unglücks geschehen, sondern muß schon früher erfolgt sei», da die Thür bereits vorher wiederholt aufgesprungen sein soll. Tie Dame soll davon auch dem Zugpersonal Mittheilung gemacht ha ben, doch scheint sie die Gefahr unter schätzt zu haben, da sie im Coupe ver blieb und nur dem Dienstmädchen auf trug, die Thür zu beobachten. Leider war dasDienstmädchcn imAugenblick des Unglücks mit einem der anderen Kinder, einem dreijährigen Zwilling, beschäf tigt, so das; sie die Thür nicht, wie sie es sonst gethan, mit der Hand halten konnte; aus demselben Grunde kann sie auch über das Unglück selbst keine nähe ren Angaben machen. Daß die Schuld an dem Unglück in einem Fehler deS Thürverschlusses lag, scheint auch nach dem Unglück nicht sofort vom Zugper sonal erkannt worden zu sein, denn man ließ das Dienstmädchen init den zwei kleinen Kindern auch ferner in dem Coupe, dessen Thür wäh rend der Fahrt nach Breslau noch zweimal aufgesprungen sein soll. Provinz Posen. Im Jahre 1871 wohnten in der Provinz 684,790 Personen deutscher und 844,020 Personen polnischer Ab kunft. Am 1. Dezember 1390 wurden ca. 700,000 Teutsche und ca. 1,050,000 Polen gezählt. Von den 213,397 im Jahre 188 t! vorhandenen Schulkindern sprachen 113,373 deutsch, 187,38«! pol nisch, 12,507 polnisch und deutsch und 21 eine andere Sprache. s- In Gne sen der AmlsgerichtSrath von der Osten- Sacken. Kürzlich hatte derselbe erst sein 50jähriges Amtsjubiläum gefeiert. —Ter Maler Ignatz Glabisch in Rasch kow ist wegen Majestäts- und Beamten beleidigung zu 1 Jahr und 2 Monaten Gefängniß verurtheilt worden. Ter Er ist verdächtig, den Schmied Ryback, welcher bei ihm im Dienst stand, zum Meineid verleitet zu haben, Unter der Anklage, den Altsitzer Lukomski in Geistlich-Chomionza ermordet zu haben, wurde die Ebesrau desselben verhaftet. Der Besitzer Reis aus Goldmark fand den Tod unter den Rädern seines Gefährts. Provinz Sachsen. Thorwege in Aken belegenen Gasthofes „Zu den drei Linden", Wittwe Kar ting, wurde nächtlicher Weile in ihrer Wohnung von einem Fremden überfal len und mit einem Beilhiebe niederge streckt. Ter 17jähr. Sohn der Frau, welcher auf daS Hilfegeschrei seiner Mut ter hcrbeeilte, erhielt ebenfalls einen wuchtigen Beilhieb auf den Kopf. Der Thäter wurde verhaftet. Die beiden Verletzten liegen schwer darnieder. Durch die Wechselsülschungen des seit her. Vorsitzenden deS AuffichtSrath» vom Vorschuß und Sparverein, Agen ten G. Schmidt in Genthin ist genann tem Vereine sowie Privaten ein Ge sammtverlust von 40,0V0 M. entstan den. Der Betrüger hat sich freiwillig dem Gericht gestellt. In Kella wurde der Gemeindesteuererheber, der bereits 25 Jahre im Amte ist, wegen Unter schlagung verhaftet. Die veruntreute Summe beträgt 5 —6000 Di. Der Kaufmann Karl Beyer in Merseburg wurde wegen betrügerischen Bankerotts zu 2 Jahren Gefängniß verurtheilt. s- In Wernigerode der königliche Land rath a. D. Geh. Regierungsrath Dr. jur. Rudolf ElverS. -- ES feierten: die goldene Hochzeit die Eheleute Ren tier Rob. Ritter in Nordhausen und Einw. Heinr. Kleinlüder in Schön- stedt: das 50jähr. Meisterjubiläum der Handschuhmacher Winkler in Erfurt und der Schneidermeister Kober in Wiehe. H e s s e n-D armstadt. -f- In Bingen der Besitzer des tischen Hofes", Peter Anton Brück. Dem Dreschmaschinenbesitzer Friedrich Martin in Bodenheim wurden wegen Meineids 1H Jahre Zuchthaus zuer kannt. s- In Gießen der Lehrer Heinrich Schmidt, als er auf dem Harmonium den Kirchengesang im Provinzialarresthause begleitete. Dem früheren Bürgermeister Simon in Klein-Krotzenburg ist der Rest feiner Strafe im Gnadenwege erlassen wor den. Ersterer war wegen Untreue im Amt zu 6 Monaten Gesängniß verur theilt worden. 3 Monate hatte er ver büßt. In Ausübung seines Berufes erlitt der Zugrevisor Beringer in Mainz den Tod; der Infanterist Schrö der in Oppenheim ertrank. Unter Theilnahme von fünfzehn aus wärtigen Vereinen feierte der Turnverein in Auerbach das Fest der Fahnenweihe. -f- In BenSheim Rentner Georg Müller. —s In Bürgel der Handels mann Gabriel Rosenberg. s- In Erbach Oberlehrer Grenz. In einem Anfall von Geistesstörung hat in Brensbach der Schmied Karl Eisen haner sich die Kehle durchschnitten. Die vom Kreisgericht in Friedrich an gestellten Erhebungen über den Stand der Saaten haben folgendes Resultat ergeben: Winterweizen ist bei uns sehr wenig im Feld zu sehen, Roggen etwas mehr. Der Stand von beiden ist ziem lich gut. Der umfangreicheren Aus saat des Sommerweizens stand der hohe Preis des S»atgutes hindernd im Wege. Der größte Theil der Winter felder ,st mit Zuckerrüben, Hafer und Gerste bepflanzt. Der Saaten stand ist dahier gut bis sehr gut. In Soedel feierte der Lehrer O. Loos, der von 1841 an dort ununterbrochen als Lehrer thälig war und fast sämmt liche Bewohner des OrteS zu seinen Schülern zählt, sein 50jähriges Dienst- Jubiläum. Das Dorf war mit Fah nen, Guirlanden und Ehrenpforten aufs Herrlichste geputzt. Am Vorabende brachten sämmtliche Bürger und Ver eine dem Jubilar einen Fackelzug. Während des Festgottesdienstes war die Kirche bis auf den letzten Platz ge füllt. Nach Beendigung desselben wurden zahlreiche Ehrengeschenke über reicht; die Gemeinde hat den Jubilar zum Ehrenbürger ernannt. An dem Festessen bei Wirth Schneider nahmen 200 Personen Theil. Ueber 200 Tele gramme und Briefe waren eingelaufen, darunter eines vom Staatsminister Miquel. Spgter entwickelte sich im Freien ein wirkliches Volksfest. Königreich Bayern. Das Militärgericht r« Würzburg sprach den Ulanen-Unterosficier Fried rich Mißkalt des sortgesetzten Miß brauchs der Dienstgewalt durch vor schriftswidrige Behandlung und Miß handlung eines Untergebenen, speciell des Gemeinen Kugler, sowie durch An maßung der Strafgeivalt schuldig und verurtheille ihn zu 1 Jahr 3 Monaten Gesängniß. Zwei Monate Untersu chungshaft werden abgerechnet. Im Dorf Müllenstetten bei Ulm hat die junge Ehe des dortigen Arztes ein er schütterndes Ende genommen. Dr. Häring, gebürtig aus Kulmbach, 29 Jahre alt, siedelte sich voriges Jahr dort an, kaufte ein hübsches Anwesen und heirathete im März dieses JahreS cine 22jährige Nürnbergerin. Beide Gatten waren vermögend; die Frau hatte eine ganz ansehnliche Mitgist bei gebracht. Aber die Chraktere scheinen nicht recht zusammengepaßt zu haben. Der Mann wurde nervös und wendete ab und zu Betäubungsmittel gegen seine Nervenaufregung an. So vermuthlich noch in der Nacht vom 8. auf den 9. Juli. Am Mittwoch Vormittag wurde er regungslos im Bett gefunden, ein Fläfchchen Cognac und ein Gläschen mit Chloralhydrat neben sich. Die junge Frau glaubte anfangs nur an tiefe Betäubung! als aber der endlich hinzugerufene Bader den Tod con statirte, stieß sie einen gräßlichen Schrei aus, stürzte in ein benachbartes Zim mer, leerte mit einem Zug ein Glas Karbolsäure und wars sich dann unter schrecklichen Schmerzensfchreien und Weherufen über die Leiche ihres Man nes. Es wurden Rettungsversuche ge macht, indem man ihr heiße Milch ein gab, jedoch vergebens, das Gift ver brannte ihr Schlund und Eingeweide und sie starb schon nach einer Viertel stunde. Offenbar hat eine plötzlich ausgebrochene Geistesstörung sie ihrem Manne in den Tod nachgerissen. Bei Letzterem ergab die Section Herzschlag als Todesursache. Die Leichen der beiden so tragisch Umgekommenen wer den nach Nürnberg übergeführt und dort beerdigt. —f In München: Pro fessor Heinrich Lang, der vortreffliche Schlachten- und Pserdemaler, im Alter von 53 Jahren. Die Münchener Kunst verliert in ihm eine starte und charak teristische Begabung, deren hervorra zende Specialität die überaus leben dige Darstellung des Pferdes war. In seiner Schlachtenmalerei bevorzugte Lang darum auch daS cavalleristische Element; so in dem französischen Kü rasfierangriff auf preußische Infanterie bei Sedan und im Todesritt der Bri gade Bredow bei Vionville. Eine sei ner letzten Publicationen war das „Tagebuch eines Schlachtenbummlers" voll brillanter Skizzen aus dem deutsch sranzösischen Kriege. Als Wittwe hin terläßt Heinrich Lang die unter dem Namen Tina Blau bekannte ausgezeich nete Landschastsmalerin, Braunschweig. Anhalt-Lippe. W a l d eck. Am dritten Tage des in Braunschweig stattgehabten norddeutschen Sängerfestes fand die feierliche Enthüllung des zu Ehren deS verstorbenen Liederkomponi st« Franz Abt im Theaterparke erric' Teten Denkmals statt. Letzteres ist nach einem Modell des Prof. Echtcrmeyer »n Bronce gegossen. Es zeigt den Ver ewigten von einer Gruppe singender Knaben umgeben. Das z. Zt. in Braunschweig abgehaltene nordwest deutsche Schützenfest ist von 700 Theil nehmern besucht. Als Ehrenpreise sind vom Prinzregenten 2 silberne Pokale gestiftet. Der Gefammtwerth der aus gesetzten Preise beträgt 3300 M.—ln dem Konkurse der Firma Schönseld >k v. Franquet daselbst kommt die Masse zur Vertheilung. Der Aktiva in Höhe von 40,000 M. stehen Passiva im Wer the von 282,274 M. gegenüber- Der Mitinhaber der Firma, Banquier Schönfeld, befindet sich wegen betrüge rischen Bankerotts in Untersuchungs haft. Wegen Sittlichkeitsverbrechens wird der kausm. Richard Sölter steck brieflich verfolgt. Die Bahn Blan kenburg-Thale wird aus Grund des elektrischen Krast-Uebertragungssystems gebaut. Im Winter wird die Linie ins besondere Transportzwecken, im Som mer vorzugsweise der Personenbeförde rung dienen. Den Bau soll die Firma Gebr. Nagle in Berlin übernehmen. In Dessau fand die feierliche Ein weihung der neuen Pauluskirche statt. Hofprediger Bodemann hielt die Weihe rede. Dem Kaufm. Friedr. Prost in Dessau wurde wegen SittlichkeitSver brecheus eine Njähr. Gefängnißstrase zuerkannt. —Der Verleger des social demokratischen Anhaltischen Volksblat teS in Cvlhe», Louis Bellhausen, ist mit der ihm anvertraulen Parteikasse, sowie unter Zurücklassung seiner Familie ver schwunden. Der durch den Brand des Ralhhauses in Zerbst entstandene Scha den beträgt 100,000 M. Der stattliche Bau stammte aus dem 12. Jahrhun dert. Das werthvolle Archin ist ge rettet. -f- In Schötmar Orts Vorsteher, Malermeister Hündersen. —-f-Jn Wil dungen Sauitälsrath Dr. med. Julius Krüger. Freie Städte. Der 17jährige Sohn eines in der Nähe in Haniburg wohnenden Geschäfts mannes besaß schon als Kind eine förm liche Leidenschaft, Feuerwerkskörper an zufertigen, wodurch er oft seine Schul arbeiten versäumte und welche ihm kör perliche Strasen eintrug. Er ertrug alles geduldig und verwendete nach wie vor heimlich sein Taschengeld zum An kauf von Pulver, Schwefel und anderen Sachen, welche zur Anfertigung von Feuerwerkkorpern verwendet zu werden pflegen. Die Eltern ließen ihn endlich gewähren in der Hoffnung, daß wenn er erst in der Lehre fei und seine Ge danken aus andere Tinge lenken müsse, von seiner Leidenschaft ablassen würde. Allein die Hoffnung sollte sich nicht er füllen. Als der junge Mann in ein hiesiges kaufmännisches Geschäft als Lehrling eintrat, verwendete er theil weise die Geschäftszeit und den größten Theil seiner freien Zeit dazu, Feuer werkskörver anzusertigen, welche er dann verschenkte, oder, indem er sich ein Boot miethete, aus der Alfter selbst ab brannte. Endlich reichte sein Taschen geld zur Fabrikation der Feuerwerks körper nicht mehr aus und die Folge war, daß er Unterschlagungen zum Tachtheil deS Geschäfts machte. Die selben kamen an den Tag, und sollte die Verhaftung deS jungen Menschen statt finden. Dieser war? sich feinem Prin zipal zn Füßen und gestand demselben, zu welchen Zwecken er daS Geld ver wendet habe, und daß er unglücklich werde, wenn er in Zukunft keine Feuer werkskörper mehr anfertigen dürfe. Der Prinzipal verzieh ihm, sprach mit den Eltern und verschaffte dem jungen Menschen eine Stellung als Lehrling resp. Gehilse bei einem Feuerwcrksabri kanten und Pyrotechniker. Der junge Mann, welcher in der Anfertigung von solchen Sachen bereits eine bemerkens werthe Fertigkeit erlangt hatte, war überglücklich, als er endlich seinen sehn lichsten Wunsch erfüllt sah. Eine auf dem Landgebiet wohnende Herrschaft bei Hamburg bemerkte schon feit langer Zeit, daß ihre Wäschesachen, Kleidungs stücke und baares Geld abhanden kamen, und wollte es trotz aller Mühe, welche sich die Herrschaft gab, derselben nicht gelingen, den Thäter zn ermitteln. Jüngst wurde das Dienstmädchen von dem Hausherrn dabei ertappt, als es ein kleid seiner Hau-Herrin heimlich aus dem Schranke entnahm. Tie biu wurde verhastet und dann in ihrem Besitz eine ansehnliche Summe Geldes u. ein Bankbuch über 600 Mark vorge funden. Wie sich nun ergab, stammte das Geld von Diebstählen bei der letzten Zeit bei Lieferanten der Herr schaft, obgleich sie zur comptanten Zah lung das nöthige Geld erhalten hatte, Crayon mit einem kleinen Diamanten, eine Brillantnadel, welche sie geständi germaßen ihrem Geliebten, einem Buch halter, dem sie verschwiegen hatte, daß sie ein Dienstmädchen war, schenken wollte, einen Band Chamissos Gedichte eine Menge andere Kleinigkeiten, durch welche man sich das Leben angenehm zu gestalten Pslegt. Dem räutigam Halle sie erzählt, sie sei die Tochter wohlha bender Eltern in Bremen und sei hier zu Besuch anwesend. Es war zwischen ihnen sogar schon der Tag verabredet worden, an welchem der Bräutigam nach Bremen reisen und bei ihren Eltern um ihre Hand anhalten sollte. In Wirklichkeit ist sie aus dem Holsteini schen und ihre Eltern sind Landleute. Sie ist jedoch sehr gewitzt und nicht ungebildet. Die bei ihr vorgefundenen Sachen und das baare Geld wurden zu Gunsten der bestohlenen Herrschaften confiscirt. Oesterreich. Die Frequenz der österreichischen Universitäten im Wintersemester 1890 —9l stellte sich nach amtlichen Aus weisen sür Wien auf 2057 ordent liche und 477 außerordentliche, mithin 2534 Hörer (worunter die Hälfte Me diciner); sür Innsbruck auf 276 ordentliche und 39 außerordentliche, mithin 315 Hörer; für Graz aus 515 ordentliche und (!7 außerordentliche, mithin 582 Hörer; für Prag (deutsche Universität) auf 613 ordentliche und 16 außerordentliche, mithin 629 Hörer; böhmische Universität aus 983 ordent liche und 34 außerordentliche, mithin 1017 Hörer; endlich sür Krakau auf 496 ordentliche und 18 außerordent liche, mithin 514 Hörer. —Im Kurorte Karlsbrnnn verunglückte kürzlich eine Olmützerin, Frl. Engelhardt, dadurch, daß selbe in die Maximilian-Quelle stürzte und darin den Tod des Ertrin kens fand, ehe derselben Hilfe gebracht werden konnte. Frl. Engelhardt wollte aus der Quelle Wasser schöpfen und wurde hiebei von den aus dem Wasser aussteigenden Gasen 112« betäubt, daß sie in die Quelle stürzte. — Der Eigenthümer von Salzerbad, Bür germeister Eduard Rösner, wurde neu lich von dem bei ihm angestellten Di rektor des Kurortes, Dewald, nach ei nein lebhaft gesührten Streite durch mehrere, mit einem Degenstocke geführ ten Stiche in den Unterleib verwundet. Dewald wurde verhaftet und nach Hain feld überführt. Vor einigen Tagen stürzte in Groß - Kainraths der Wirth schastsbefitzer Karl Zottl mit feinem Schwiegersöhne vom Dache, das sie eben ausbesserten, in den Hofraum hinab. Zottl erlag seinen Verletzun gen, während die Verletzungen feines Schwiegersohnes ganz leichte sind. Die Verhandlung gegen den wegen ton Leitner in Wien wurde kürzlich zu Ente geführt. Ter Gerichtshof verur theilte Anton Leitner zu vierjährigem schweren Kerker. Die auf der Land straße in Wien wohnhafte Gemeinde dienersgattin Frau Brenneßl hatte kürzlich einen Spaziergang in den Pra ter gemacht. Unterwegs wurde die Frau von einer Fliege in den Kopf gestochen und verspürte alsbald ein hestiges Brennen. Als sie nach Hause gekom men war, suhlte sie rasende Kopf schmerzen. Ein rasch herbeigeholter Arzt constatirte, daß durch den Fliegen >tich eine Blutvergiftung eingetreten rnd jede Aussicht auf Rettung verge bens fei. In der That verschied auch Frau Brenneßl noch im Lause derselben Ztacht. Ueber ein seltenes Naturspiel vird aus Niederdorf im Pusterthal ge schrieben: „Nach mehreren heißen Ta zen hatten wir am 3. Juli einen trü ben Himmel, der uns auch den erwünsch ten Regen brachte, zugleich aber einen Hagel sellener Art. Schon Form iind .Farbe der Wolken zeigten uns in, daß „da droben" irgend etwas Außerordentliches vorgehe. Der Him mel war ansangs dunkelgrau. Von Welsberg her zog das Gewölk in ra sender Hast. Plötzlich veränderte sich die Färbung der Wolken in ein sahles Gelb und im selben Momente ging ein prasselnder Schlossenregen nieder, der nur einige Sekunden anhielt. Aber es waren Schlossen eigenthümlicher Art ge fallen. Sie halten Kugelform und jede derselben drei spitzige Ausläuser, wie die Spitzen an „Morgensternen". Der Aberglaube fand an dieser außer ordentlichen Form natürlich w'llkomme aen Stoff zu „Vorherfagnngeu". Gemüthliche Räuber scheinen die Gebrüder Schumann, welche in den bayerischen Fichtelbergen Hausen, zu sein. Tas beweist folgende Ge schichte, welche sich am Waldstein zutrug. Eine Steinbauersfrau trug Essen in den nahen Steinbruch, indem ihr Mann arbeitete. Plötzlich naht sich ihr ein Mann (Schumann jun.) mit den Wor ten: „Nun, wie geht's mit dem Ver dienste?" — „Schlecht," sagte die Frau, die ihn nicht kannte. Sosort griff der Bandit in die Tasche und schenkte ihr süns Mark mit den Worten: „JhrKlei nen braucht Euch nicht zu fürchien, Euch thun wir nichts, nur den Großen, und die können'S leiden." Karl Perron hat sich die ser Tage von der Leipziger Bühne ver abschiedet, um in den Verband des Dresdner Hofthealcrs zu treten. Ueber diese Abschieds - Vorstellung wird aus Leipzig berichtet; „Ein förmlicher Re gen von Lorbeerkränzen begleitete den Schluß von „Hamlet". Tamen, die in der Nähe der Bühne saßen, nahmen ihre Blumen von der Brust und war fen sie dem scheidenden Liebling zu. Außer den Blumen waren es 3» zum Theil riesenhafte Lorbeerkränze mit kostbaren gemalten und gestickten Schlei fen, die dem Künstler geworfen wurden. Nicht weniger als 44mal wurde er unter dem größten Jubel hervorgeru fen. Zum Schlüsse dankte er der Di rektion und dem Publikum sür die ihm immer entgegengebrachte Sympathie. Auf dem gr-Ben P!atz an der rechten Rückseite des Theaters warteten Tau fende von Menfchen, um Herrn Perron zum letzten Mal ihre Huldigungen dar zubringen. Nachdem er einen Wagen bestiegen und ihm die Blumen hinein gelegt worden waren, bestürmte das Publikum den Wagen und Jeder suchte zur Erinnerung eine Blume oder auch nur ein Blatt zu erhaschen. Nach kaum 10 Schritten konnte der Wagen nicht mehr weiter fahren, die Pferde wurden ausgefpannt, und unter endlosem Jubel und Hochrufen der Menge wurde der Wagen durch die Straßen der Stadt nach des Gefeierten Wohnung gezogen. Dort wurde er von anderen Begeisterten erwartet, die den Wagen nicht mehr ver ließen, bis der Künstler sich in kurzer Rede wiederholt bedankt und verabschie det hatt?" Die Frequenz der deut schen Universitäten beläuft sich in dem gegenwärtigen Sommersemester aus 28,625 gegen 28,711 im vorigen Win ter und 29,317 im Sommer 1890. Es hat also die seit einigen Jahren rück läufige Bewegung im UniverfitätSbe suche auch dies malsich wieder geltend ge macht. Im Einzelnen sind an den deutschen Universitäten zur Zeit im matrikulirt (in Klammern ist überall die entsprechende Zahl des vorrigjähri gen Semesters beigefügt): in Berlin 4611 (4781), Bonn 1386 (1424), Breslau 1342 (1308), Erlangen 1078 (1006), Freiburg 1138 (1254), Gie ßen 562 (590), Göttingen 831 (828), Greisswald 834 (878), Halle 1483 (1626), Heidelberg 1171 (1089), Jena 645 (656), Kiel 605 (634), Königs berg 717 (782), Leipzig 3242 (3177), Marburg 952 (941), München 3551 (3551), Münster 377 (396), Rostock 368 (360), Straßburg 917 (902), Tübingen 1393 (1422) und Würzburg 1422 (1612). Aus die Fakultäten vertheilt sich die Gefamintzahl von 28,- 625 folgendermaßen: es sind einge schrieben bei der theologischen Fakultät 5552 (4251 evangelische und 1301 ka tholische), bei der juristischen 7381, wobei aber 412 Kameralistcn und 148 Studirende der Forstwissenschaft einge rechnet find, bei der medizinischen 8907, unter Zuzählung von 353 Studirenden der Zahuheilkunde < in Gießen sind noch 33 Studirende der Thierheilkunde die ser Fakultät beigezählt), bei der philo sophischen endlich 6785; von den letzle ren studiren 2968 Philosophie, Philo logie oder Geschichte 2168 Mathematik oder Naturwissenschaften, 1130 Phar macie, 519 Landwirthschaft (von diesen letzten sind 364 allein in Bonn und Halle immatrikulirt). Diese Zahlen bedeuten eine kleine Zunahme bei den /atholischen Theologen, den Juristen und Medicinern, bei allen anderen Fächern ist dagegen eine nickt unbedeu tende Abnahme der Zahl eingetreten. Alljährlich einmal er hebt sich im Wiener Abgeordnetenhause der alte Abg. Dr. Roser, um eine Rede xegen das Lotto zu halten. So auch an einem der letzten Tage. Vom leb haften Beifall des HaufeS begrüßt, führt Roser, wie in den früheren Jahren, Fälle an, wo Betrüger vor dem Straf gericht erklärten, daß sie sich wegen lei denschaftlichen LotteriespielS zu Verun sreuungen hinreißen ließen. Auch er wähnte er, wie in neuerer Zeit sich der Fall immer häufiger ereigne, daß un reife Burfche in die Kollektur geben, »m ihr Glück zu probiren. Die Aufhebung deS Lotto wäre eine der größten Wohl thaten für die Menschheit. „Von Staatswegen ist in Oesterreich jedes Hazardspiel verooten: nun ist das Lvtto aber ein Hazardspiel, und der Herr Justizminister sollte daher eigentlich den Herrn Finanzminister, der die Hauptschuld an diesem Hazard piel trägt, dafür bestrafen." (Stür mische Heiterkeit im ganzen Hause.) Redner schließt: „Ich habe allerdings keine große Aussicht auf die Aufhebung de» kleinen Lotto?, und bei dem Her annahen des Allers und da ich ohne hin nicht mehr weit habe dorthin, wo eS keine Lotterie gibt, bitte ich um die Unterstützung meines Antrages: „Die hohe Regierung wird zum achtund zwanzig st en Male (Heiterkeit und Beifall) aufgefordert, einen Gesetz entwurf, betreffend die Aufhebung des LottoS, entlich einzubringen. Da ich nun aber sehr gut weiß, daß die Regie rung meinem Wunsche nicht willfahren wird, so stelle ich gleichzeitig den Even tualantrag, die Gewinnsteuer zu er höhen, die Lotto-Collecturen zu vermin dern und die Höhe der Einsätze zu be schränken." (Lebhafter Beifall.) Vom RegierungStische äußerte sich Niemand zu der Rede Rofer'S. DaS Kapitel Lotto wurde angenommen. „P rov i n z B erli n". Im Ministerium deS Innern zu Berlin fin den, zur Zeit Berathungen über die Bildung der Provinz Berlin statt. Im Anschluß an die zuerst von der Köln. Zeitung offiziös gebrachte Nachricht, bemerkt das Berliner Tagebl., daß bei diesen Berathungen selbstverständlich Abordnungen der betheiligten Ortschaf ten, namentlich die Verwaltungschefs Minister Herrfurth sich ein engeres kommunales Verhältniß zwischen Ber lin und den Vororten denkt, ist noch nicht bekannt. Mit einer losen Ver bindung, wie sie die „Provinz Berlin" aus der Eulenburgischen Ministerzeit anstrebte, dürfte bei den inzwischen außerordentlich gewandelten Verhält nissen nicht viel auszurichten sein. Da mals lagen noch große Strecken unbe bauten Landes zwischen den letzten Häusern der Residenz und den ersten der Vororte, die zum größten Theil noch durchaus ländlichen Charakter hatten. Heute ist die Grenze zwischen dem Ber liner Weichbiloe und demjenigen Berlin, das aus dem Boden anderer Orte sich' erhebt, für Niemanden mehr erkennbar. Erst weiter hinaus beginnt der welt städtische Komsort nachzulassen. Ein Vorbild sür die Herstellung engerer Be ziehungen zwischen der Hauptstadt und ihren Anhängseln könnte, wie den Mün chener N. N. von Berlin geschrieben wird, vielleicht die Londoner Stadtver waltung bieten. Was aber auch ge schehen mag, die Herstellung einer „Provinz Berlin" wird viel Geld kosten. In Pisa hat dieser Tage Frl. Cornelia Fabri, Tochter eines dor tigen Professors, die in der Mathematik und den Naturwissenschaf ten erworben. Die junge Dame, welche das Doktorexamen mit bestem Erfolg bestanden hat. ist im Uebrigen kein Neu ling auf wissenschaftlichem Gebiet. Sie hat sich vielmehr, laut „Franks. Ztg.". schon feit Jahren durch Veröffentlichung von Abhandlungen auf dem Felde der Mathematik in der Gelehrtenwelt vor theilhaft bekannt gemacht und unter anderen Anerkennungen auch die Mit gliedschaft der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Turin erlangt. 7 ivte alt« tSurschcnhcrrUHttitk „In Greifswald" fo plaudert E. O. Hopp „da weht der Wind so kalt." Außerdem war es zu meiner Zeit in „Gryps" etwas langweilig, be sonders im Winter, da der Kreislauf von Mensuren, Frühschoppen, Abend kncipe und Katzenjammer bei uns Se mester lang stets wiederkehrte. Oesters und das war durchaus nothwendig brachte Einer etwas mehr Leben in die Bude, und wen» eS dann Karzer gab sür eine nette glorreiche That, um so besser sür ihn. Nur dem, der weder Geld noch Credit besaß, erschien der Karzer als langweiliges Schreckgespenst; wer nur einigermaßen „Pump" hatte, dem verschwanden die Tage ia ckuloi Selten geschah es, daß ein Student allein saß; von den fünf oder sechs Kämmerchen waren gewiß zwei oder drei immer besetzt. Das Zellensysten aber wurde höchst ungenügend durchge führt, die Sträflinge spielten Skat oder Quodlibet, sangen und tranken vom Morgen bis zum Abend, empfingen Besuch und trieben NarrenSpossen, statt aus ihre enge Stube beschränkt, sich reuevollen und läuternden Betrachtun gen einzugeben. Der alte Pedell, der Wächter dieses fidelen Gefängnisses, drückte gewissenhaft beide Augen zu und störte keinen Studenten darin, sich die Tage der Haft so angenehm wie denkbar zu gestalten. Einmal war auch mir der Karzer beschicken. Meine Wanderung nach diesen geheiligten Gefilden, die farbensinnige Eommilitonen bunt be malt. mit Urwäldern und Schlarafsen- Hainen so rübrend ausgestattet hatten, daß sie fast lieblich anzuschauen waren, glich einem Triumphzuge. Im Gänsemärsche mit einer großen Schaar Dienstmänner, die meine Betten, einen Stiefelknecht, Schlafrock u. f. w. trugen den Schluß machte der Wich sier mit einer langen Pfeife wan derte ich durch die Straßen der Stadt in das Verließ. Mühe genug hatte es mich gekostet, überhaupt dahin zu ge langen; denn da ich ein Eingeborener war und Plattdeutsch mit Fixigkeit re dete, arretirten mich die Wächter der Nacht nicht, in schlimmen Fällen brach, ten sie mich nur schonend und sorgsam nach Hause, entkleideten mich und legten mich in'S Bett. Endlich verfiel ich auf die schlimme Idee, einen Nachtwächter zu erschießen; da in den Satzungen der Universität gedruckt stand, wer einen Nachtwächter erschlüge, solle angesehen werden, als wenn er einen Menschen umgebracht hätte, konnte ich ohne Strafe nicht davon kommen. Ich nahm nämlich eine alte Reiter pistole, lud diese gehörig mit Pulver, neckte die Sbirren und ließ mich von ihnen in eine Sackgasse treiben. Tann ich hörte schon ihr teuflisches Hohn gelächter dicht hinter mir stand ich plötzlich still und feuerte meine Waffe auf den nächsten Verfolger ab, der, so lang er war, hinschlug. Man rief ihn alsbald in's Leben zurück, obwohl er fortwährend behauptete, todt zu sein. Dieser Streich war den Nachtorganen der öffentlichen Sicherheit denn doch „zu steif", sie schleppten mich vor das Tri bunal: der Universitätsrichter konnte bei der Berichterstattung selber ein Lä cheln kaum unterdrüden, eS zuckte ver dächtig um seine Mundwinkel, endlich, »on Rechts wegen, „verknackte" er mich zu zwei Tagen. Wer war glücklicher als ich? Bald erscholl denn auch von der Höhe der Karzergemächer her ein wüster Lärm. Ich trieb eS zu arg, das muß ich zugeben, und die Strase blieb nicht auS: der alte Fischer nämlich ent ließ mich drei oder vier Stunden von der festgesetzten Zeit mit der schonungslosen Behauptung: Ich sei sür den Karzer nicht geeignet! Die ergötzlichsten Blü then von Höflichkeitsphrasen treibt die Schmeichelei, welche sich in ausdrück lichen Versicherungen der Ergebenheit kund gibt, in China. Spricht z. B. der Chinese zu einem älteren Manne, so sagt er von sich: „der thörichte jüngere Bruder"; spricht er zu einem jüngeren, so sagt er von der eigenen Person: „der thörichte Alte" oder gar anmuthig: „die alte Fäulniß". Die Gattin nennt sich „eine niedrige Konkubine", ein Ver wandter bezeichnet sich als „der Schweif der Verwandtschaft". Will man von seinem Hause sprechen, so muß man es, ist man wohlerzogen, die „bau fällige Scheune" nennen. Seine Gat tin bezeichnet man ausdrucksvoll als „den dummen Dorn". Gibt man fei ner Meinung Ausdruck, so darf man nicht vergessen, zu sagen: „meine alberne Meinung" oder „mein gewagter Aus spruch". Seinen Sohn benennt man: „das Grasinfekt". Ist die begrüßte Person von Stand, so ist sie: „er, unter dessen Füßen" sich der Sprecher befindet, oder symbolisch „der im Wa gen Befindliche". Der Kaiser ist „der Sire von Myriaden Jahren". Spricht man vom Vater eines Anderen, so ist er entweder „der ehrenwerthe Grau bart" oder „die ehrenwerthe Strenge." Die Mutter des Anderen wird „die gü tige Sauftmuth" oder „die Halle der Langlebigkeit" geuannt, sowie sein» Tochter die Bezeichnung „die tausend Boldstücke" erhält. Kraft dieser genau abgezirkelten Etiquette hat auch ein den höheren Ständen angehörender Chinese, »er von einem Gleichstehenden stet» mit den schmeichelhaftesten Ausdrücken ange redet wird, mit der größtmöglichen Selbsterniedrigung zu antworten. Nach stehend eine kleine Probe eines Ge sprächs : „Wie geht eS meinem berühm ten und glorreichen Freunde und Lands mann?" Antwort: „Mein verächtlicher Balg befindet sich durchaus nicht schlecht." „Wo liegt Ihr kostbarer Palast?« Antwort: „Mein elendes Hundeloch liegt in Shanghai, dicht beim Lan bungsplatze der Dampfboore." „Ist Ihre edle Familie zahlreich?- „Ich hab« blos fünf elende Mißgeburten." „Wie befindet sich Ihre junge, liebens würdige Gemahlin?" Antwort: „DaS alte Weib plaSt vor Gesundheit."