Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 09, 1891, Page 7, Image 7

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    Lotal«achricht«»»»
Provinz
Pastor emer. Nikolai in Cottbus be
ging mit seiner Gattin das Fest der
diamantenen Hochzeit. Die Kriegs
schulden des MarkgrasenthuniS Nieder
lausitz betragen nachdem im letzten
Jahre wiederum 12,100 M. getilgt
sind, noch iinmer 517,225 M. Die
völlige Tilgung stellt erst i. I. 1917 zu
erwarten. In der kgl. Gewehrsabril
in Spandau sollen alle diejenigen Ar
beiter zur Entlassung kommen, die we
niger als 10 Jahre in der Fabrik be
schäftigt sind. Die Zahl dieser Arbei
ter dürste sich annähernd auf 1000 be
ziffern. Von dem früher über 4000
Personen betragenden Bestände werden
etwa 400 in Thätigkeit verbleiben, aber
auch diese erfahren eine erhebliche Kür
zung ihres Verdienstes, insofern sie nu»
etwa sechs Stunden täglich Arbeit er
halte» können. Durch Erhängen ent
leibten sich: in Becskow der Kausm.
Gr. Matzanke, in Charlottenburg de,
Tap. W. ThönS. Den Tod de- Er
trinkens fanden: in. Gatower See zwei
Buchdrucker Namens Siebert und
Schacht aus Berlin, in Charlottenbnrg
der 18jähr. Osk. Schulsort, in Crossen
die 21 resp. 1'! Jahre alten Söhne des
Tischlers John.
Provinz Ostpreußen.
In Jlgißken verstarb, 105 Jahre all,
dcr ehemalige Kleinbauer Jos. Siena
kowSli. Derselbe hat an den sämmtli
chen seitens Preußens gegen Napoleon
I. während der Jahre 1806 —7,
1813—14 und 15 geführten Feldzügen
thcilgenommen und mehrfach schwere
Verwundungen davongetragen.—ln
Kaulehmen der Pfarrer Sturies. Ter
selbe war früher Diakonus in Mal
wischke» gewesen. Der'.ijähr. Wirth
Wieschniewski auf Abbau Olschwöwen
überfiel seine Ebesrau, als dieselbe im
Bette lag, steckte ihr eiten Stock in den
Mund uns versuchte die hervorquellende
Zunge herauszureißen. Schließlich
schlug er ihr mit einem Knittel den
Schävel ein. Die Eheleute halten in
stetem Unfrieden gelebt und standen im
Processe der Scheidung. Ter Gatten
mörder ist flüchtig. Die Fleischerin
nuug in Pillau trifft Vorbereitungen
zur festlichen Begehung des 150 jähr.
Jahrestages ihrer Gründung. Es
feierten: die goldene Hochzeit die Ehe
leute Konopatzki in Gerswalde; das
30)ähr. Dienstjubiläum der Lehre,
Gorski zu Boggezewen.
Provinz West Preußen.
Der Rittergutsbesitzer Wilckens-Bä'
renwalde hatte sich durch eine Wett«
dazu bewege» lassen, aus einen, Pferd«
reiten, wobei er mit dem Kopfe gegen
die Thür schlug nnd eine Gehirnerschüt
terung davontrug, was seinen Tod am
nächsten Tage zur Folge hatte. —Anläß-
lich der SVo',ähr. Jubelfeier des Beste
hens dcr Stadt Grautenz soll ein Fest
zug veranstaltet werden, welcher di«
Zeit des deutschen Ordens, dcr Polen
herrschast, Friedrichs des Großen,
Courbieres und der Neuzeit darstellen
soll. In Hammerstein erstach der Er
geuthümer R. seinen Nachbar S. Die
Ehefrau des Ersteren war, da sie von
demselben mißhandelt wurde, zu dem
Nachbar gezüchtet. Als derselbe di,
seitens des R. geforderte Herausgabe
Brust. —Der Buchhalter des Fabrikbe
sitzers in Trebbin. H., ist mit 2500 M>
die er bei der Post einzahlen sollte,
flüchtig gegangen. In Gemeinschaft
mit ihrem Liebhaber, dem Scharwerke,
Wosmick in Gierkowo vergiftete di,
Einwohnersrau Budnieski dortselbst
Eheleute Ch. Wudschinski in Gr. Krebs,
Rettowski in Kronsnest und Maure,
Ludw. Predel in Schloppe; das 50-
jähr. Dienstjubiläum der Pfarrer Lom
nitz in Schirotzken; das 50jähr. BerufS
jnbiläuni der Apotheker v. d. Lippe iv
Danzig.
Provinz Pommern.
Dcr Banerhofsbesitzer K. in Tange»
versuchte in Gemeinschaft mit seine,
Frau, mit der er in dritter Ehe lebt, in
der Küche seine eigene aus erster Eh«
stammende 22jährige Tochter aufzuhän
gen. Durch das Hinzukommen de«
BruderS der Ueberfallenen wurde der
geplante Mord vereitelt. Der Vate,
der Letzteren hatte derselben ein von
deren rechtmäßiger Mutter herstammen
des Vermögen von 4500 M. demnächst
auszuzahlen. Ans dem Nabe'sche?
Gute in Barnimeunow ist der Vor
schnitte! Haupt von zwei Knechten aus
Weitendorf bezw. Prilipp mit Steinen
erschlagen worden. Das 205 Ein
wohner zählende Dorf Drenzig ist ein
Raub der Flamme» geworden. Von
den 55 Gebäuden de» OrteS liegen 52
in Asche. 32 Familien sind obdachlo?
ES wird Brandstiftung vermuthet.
P r o vinz Sch le « w i g-H o lstei».
In Schleswig werden Vorderer
jungen getroffen zur festlichen Begehung
der 3Sojähr. Gründung der Dom schul,
Letztere verdankt ihr,
Entstehung einer von Joh. Bugeuliagen
entworfenen 1541 auf dem Rendsbur
ger Landtage angenommenen Kirchen
ordming. s In Altona Kommerzien
rath A. Wriedt. In Olderup würd,
ein Kaiser Wilhelm-Denkmal feierlich
eingeweiht. Dasselbe besteht aus eine»
Sranitblock, der an der einen Seite mit
einem ReliesbildniH des Kaisers ge
schmückt und mit dem eisernen Kreuz,
gekrönt ist. 112 Die Herzogin Wilhel
mine zn Glücktburg. - Aufsehen erregt
das plötzliche Verschwinden des Hofbe
sitzers H. in St. MichaeliSdonn. Der
jelbe soll mit 9—10,000 M. ihm nicht
»gehöriger Gelder eine Reise über de»
Ocean angetreten haben. —Der Schlach
ter Nienhold in Langenfelde ist untn
Zurücklassung einer Schuldenlast vo>
120,000 M. nach Amerika durchge
brannt. Ueber daS Vermögen des Be
treffenden ist der Konkurs erklärt wor
den.
Provinz Schlesien.
Die Gärtnerstochter Anna Sterz au«
Welchenberg wnrde an der dortigen
Chaussee unter einem Erlenbnjche todt
lufgefunden. Dieselbe hatte den Abend
vorher einem Tanzvergnügen im Wirths
hanse angewohnt. Anscheinend liebst
ein Lustmord vor. Wegen verschiede
ner Schwindeleien ist die Ehesrau deZ
Zimmermanns Schubert zu 2 Jahreng
Monaten Zuchthaus verurtheilt wor
den. Wegen Beleidigung des Pa
stors Miethe in Psilan wurde der Re
dacteur des „Proletarier aus dem Eu
lengebirge", Baginsky, zu sechs Mona
ten Gefängniß verurtheilt. 112 In
Lauban dcr Kantor an der evangelischen
Kreuzkirche, Musikdireetor Böttger.
Die gegen den Director der Provinzial-
Jrrenanstalt in Leubus, Sanitätsrath
Dr. Jung, wegen grober Unregelmä
ßigkeiten in der Verwaltung eingeleitete
Untersuchung hat ihren Abschluß durch
das diseiplinargerichtliche Erkenntniß
anf Amtsentsetzung gesunden. Di«
verstorbene Hansbesitzerin Paetzold hat
der Gemeinde Voigtsdorf 3200 M. zu
gemeinnützigen Zwecken testamentarisch
hinterlassen. Es feierten: die goldene
Hochzeit die Eheleute Weißgerber Rinke
in Bunzlau, Postbote Sewald in Glei
witz, Gastwirth Schaudziolowz in Hai
duck, Restaurateur Plewig in Ratibor,
Häusler Breuer in Schmetzdorf, Da
mastfabrikant Ignatz Just in Troplo
witz und Bauergutsbesitzer Frz. Schylo
in Trypnek; das 50jähr. Geschäftsjubi
läum der Fabrikbesitzer Reiners in Ra
tibor.
Provinz Posen.
Der Handlungskommis Paul Grund
tn Bromberg, welcher seinem Prinzi
pale, dem Kaufmann Eichberg 1500
M. stahl, wurde zu 3 Jahren Gefäng
niß verurtheilt. Die letzter Tage in
Manista verstorbene Ausdiugerin Ka
tharine Adamska hat ein Alter von 105
Jahren erreicht. Noch bis vor zwei
Jahren hat dieselbe auf dem Gute dort
selbst als Taglöhnerin fleißig gear
beitet. Niedergebrannt sind: in Zel
len das Gehöst des Bes. Rogowski, in
des Wirthes Polns, in Minutsdorf
das Besitzthum des Fleischers Schmidt.
Provinz Sachsen.
Gelegentlich des in Erfurt abzuhal
tenden Mitteldeutschen Bundesschießens
werden Schießstände mit je 18 Feld-
und Standscheiben, je 2 Sauen- und
Hasen-, sowie 3 Pistolenscheiben einge
richtet. Die letztgenannten Scheiben
sollen auch dem Richtschützen Gelegen
heit geben, kostbare Becher und reichen
G?winn zu erringen.—Pastor Garcke in
Dersheim hat sich kurz nach einer von
ihn» gehaltenen Predigt im Garten er
hängt. Die von ihm verwaltete Kir
chenkasse sollte demnächst revidirt wer.
den. Augebliq fehlen in derselben
10,000 M. Die zum 25. Jahrestag«
der Schlacht bei Langensalza abzuhal
tende Feier soll in einem Festzuge nach
dem Scklackitfelde und einen« daselbst
abzuhaltenden Feldgottesdienst bestehen.
Die Kriegerdenkmäler werden vorher
erneuert und bekränzt. Diejenigen Re
gimenter, welche an dem Kampfe An
theil gehabt haben, werden durch Ab
ordnungen an der Feier sich betheiligen.
112 In Weißenfels Lehrer Fuhr
meister.
Provinz Hannover.
112 In Hannover Musikdirektor Betz.
In einem Anfalle von Geistes
störung setzte die Ehefrau eine« An
bauers in Gödringen ihr Wohnhaus ix
Brand und warf sich dann in die Flam
men. Ihr Ehemann, der sie aus den
Letzteren rctten wollte, erlitt schwer,
Brandwunden. Der Leichnam de»
Brandstifterin wurde verkohlt aus de,
Asche des Hauses, das ein Raub de»
Flammen wurde, hervorgezogen.
Der Sohn des Kausmanns Schulen
burg aus Harburg wurde aus einem
Spaziergange zwischen Fleestedt und
Sinstorf, in der Nähe des Kattenbergs
durch zwei scharfe Schüsse aus dem
Hinterhalte tödtlich verletzt. In
Hildesh.'im wurde eine Hochstapler»,,
die Wittwe eines Premierlieutenants
a. D., Elisabeth v. Petersdorff, aus
Frankfurt a. M. gebürtig, wegen wie
derholten Betrugs mit zwei Jahren
Zuchthaus, 850 M. Geldstrafe, sowii
zwei Jahren Ehrverlust bestraft.
Die aus dem IS. Jahrhundert stam
mende „Graalstiftung" in Lüneburg
beträgt 400,000 M. Die Zinsen wer
den zum Besten weiblicher Hinter
bliebener hiesiger Bürger verwandt.
Zur Aufnahme der Hinterbliebenen wird
jetzt mit einem Kostenaufwand« von
90,000 Mk. ein Haus gebaut. Di,
Fischerei in Norderney liefert in diesem
Jahre ungewöhnlich reiche Erträge.
Namentlich sind es Seeschollen, eine seil
Jahren seltene Fischart, die sich diesmal
in ungeheuren Mengen einfinden.
Wegen Betrugs, Unterschlagung und
Wechjclsälschung ist der frühere Auktio
«ator Schacht aus Westen zu vier Jah
ren Zuchthaus und Ehrverlust auf di,
gleiche Zeitdauer verurtheilt worden.
Sch. war seiner Zeit, um der Bestra
fung zu entgehen, nach Amerika ge
flüchtet, in New Jork an Bord de«
Schisses aber verhastet und hierher zu
rückbeordert worden. Die Höhe de,
unterschlagenen Summe betrug BÜOO
Mk. Es feierten: die goldene Hoch
zeit die Eheleute Generalfuperintendenl
Dr. Gossel in Aurich, Nachtwächte,
Schierbaum in Elze, Tagelöhner Herm.
Holtsester in Osnabrück, Eigenthüine,
Namendorf in Pattensen, Christian Ei
tert in Sibesse und Jbeling in Weener;
das 60jährige Meisterjubiläum de,
Bäckermeister GowerS in Ditzum, da«
öOjährige der Schuhmachermeister Beck
«ann in Esens.
Provinz Westsale».
Letzter Tage wurden verurtheilt: de,
Redacteur der „Hagener Arbeiterzei
tung", Lusbrink, zu S Monaten Ge
sänoniß. weil er dem katholischen Psar-
rer Vaestcr in Gelsenkirchen anläßlich
dessen Leichenrede sür die in der Grube
„Hibernia" Verunglückten Gottesläste
rung vorgeworfen hatte; der Redac
teur der „Zeitung der deutschen Berg
leute" in Gelsenkirchen, Möller, wegen
Ausreizung zum Klassenhaß zu 9 Mo
naten und der Bergmann Christoph
Siebenhaus aus Hombruch wegen Ma
jestätsbeleidigung zu 3 Monaten Gr
sängniß. Dem Führer der Social
demokraten in Hamm, der wegen einer
Unbolmäßigkeit als Reservemann eine
24stündige Haft erhalten und während
dieser Zeil die Wände in seiner Zelle
mit dem socialistischen Programm, so
wie mit Schmähungen seiner Vorgesetz
ten bedeckt hatte, wurde vom Kriegs
gericht 5 Jahre Festung zuerkannt. Die
von der Straskammer gegen de» Redac
teur Lenzsing in Dortmund wegen Be
leidigung dcr Mitglieder der Bochumer
Knappschaftskasse ursprünglich fest
gesetzte sechswöchige Gefängnißstraf«
wurde vom Reichsgericht auf drei Wo
chen herabgemindert. Der wegen Auf
reizung zum Klassenhaß in den Antlage
zustand versetzte Redacteur der „Berg
arbeiterzeitung" in Gelsenkirchen, H.
Hünnighaus, ist freigesprochen worden.
Gegen einen Lehrer in Altena ist Dis
ciplmaruutersuchung eingeleitet worden,
weil derselbe für eine socialdemokrati
sche Zeitung mehrere Artikel geschrieben
und eine socialdemokratische Versamm
lung besucht hatte. Es feierten: die
goldene Hochzeit die Eheleute Joh.
Kleinfchnittger in Giershagen, Herm.
Schrär in Kirchhörde und Wilh. Mell
mann in Soest; das 50jährige Arbei
terjubiläum beging ein Arbeiter aus
dem Werke der „Westfälischen Union"
zu Belecke, Namens Feller.
Rheinprovinz.
Aufsehen erregt da» Fallissement de»
großen Kolonialfirma H. Bursch in
Köln. Die Passiva sollen mehrere hun
derttausend Mark betragen. fln
Aachen der frühere Direktor der Tech
nischen Hochschule, Geh. Regiernngsrath
Pros. August v. Kayen. In der
Wohnung des Polizeiinspektors Bar
tels in Elberfeld drangen vier entlassene
Sträflinge nnd mißhandelten denselben
schwer durch Knittelschläge und Messer
stiche. 112 In Kreuznach Justizrath
Georg Heusner. Aufsehen erregte die
plötzliche Verhaftung des kgl. Rentmei
sters Müller in Neuwied. Es sollen in
der von ihm verwalteten Kasse große
Fehlbeträge entdeckt worden sein.
Dcr „heilige Rock" soll nach einer neue
ren Bestimmung nicht in Trier, sonder»
in dem nahegelegenen Karthaus ausge
stellt werden. Es feierten die Dia
manthochzeit die Eheleute Stermann in
Duisburg; die goldene Hochzeit die
Eheleute Herstein in Broich, Joseph
Morel in Köln und B. Boßmann in
Wesel.
Provinz Hessen-Nassau.
Wegen Unterschlagung und Betrugs
wurde der Rentier Karl Andrecht in
Cassel zu 1 Jahr 5 Mon. Gefängniß
verurtheilt. s- In Frankfurt a. M.
der lönigl. bayerische Kammerherr
Freiherr Justiman Maximilian von
Günderode und der ehemalige Lehrer
für Physik und Chemie an der früheren
Tag-Gewerbeschule, Dr. Ehren. Sei
nen 80. Geburtstag feierte in voller
geistiger und körperlicher Frische der
Oberforstmeister Schott v. Schotten
stein. 's In Wiesbaden dsr General
major z. D. Leopold v. Bötticher und
der pensionirte srühere Lehrer an der
Bergakademie zu Clausthal, Professor
Schopf. Wegen eines Streikes mit
ihrem Liebhader ertränkte sich in Cassel
ein 20jähriges Mädchen; in einem Au
salle von Geistesstörung brachte sich der
Landwirth Adam Kurz IV. in Hassel
bach durch Erhangen zu Tode.
Königreich Sachsen.
s- In Leipzig Prof. Dr. Antoi,
Springer, der bekannte Geschichtsschrei
ber und Kunsthistoriker. Der wegen
Fälschung eines Miethsvertrages zu
ein Jahr Zuchthaus verurthe«lte Besitzer
des „Fürstenhoses" am Löhrsplatz,
Friedrich Franz Voigtsberger, ist, nach
dem er eine Caution von SV,OOO Marl
hinterlegt hat, vorläufig aus der Hast
entlassen worden. Der Kaufmann
Felix Preußer, Inhaber der Kunst
stickerei und Fahnenfabrik in Firma I.
A. Hietel, meldete kürzlich der Polizei
einen bei' ihm verübten bedeutenden
Einbruchsdiebstahl. Nach eingeleiteten
polizeilichen Recherchen stellte sich jedoch
heraus, daß P. geistesgestört ist; über
sein Vermögen ist jetzt der Concurs er
öffnet worden. An dem während der
Tage vom 31. Mai mit bis 2. Juni in
Schandau stattgefundenen Schützenbun
desfeste nahmen die Schützen aus Pirna,
Wehlen, Königstein, Hohnstein, Sebnitz
und Neustadt theil. Das Fest sollte
bereits im September 1890 stattfinden?
mußte jedoch der Hochsluth halber ver
legt werden.
Thüringische Staaten
Die Zahl der Personen, welche wäh
rend der ersten 3 Monate d. I. nach
überseeischen Ländern auswanderten,
betrug: in Reuß j. L. 48, Coburg
Gotha 42, Weimar 39, Meiningen 22,
Schwarzburg-Rudolstadt 18, Schwarz
bürg-Gondershausen 16, Altenburg 11,
Reuß ä. L. 10. Während der gleichen
Zeit des Vorjahres stellte sich die Ge
sammtzahl der Auswanderer auf lIS.
Hessen - Darmstadt.
j- In Darmstadt Medicinalrath Dr.
Sthahmer, Wegen verschiedener Be
trügereien ist der au« Georgenthal in
Thüringen gebürtige Kaufmann Ohland
zu 2 Jahren Gefängniß und 3 Jahre»
Ehrverlust verurtheilt worden. 112 In
Bensheim Rentner Georg Müller.
Nachdem eine Abordnung der Mainze,
11. Burschenschast „Rhenania" in
München festgestellt hat, daß der Bur
schenschaft zugehörige, von den Lieute
nants Hüffer und Leydecker schwe,
mißhandelte Architekt Heyl im Streit«
mit den Letzteren kommentmäßig ausge
treten ist, hat die Verbindung beschlos
sen, ihr?m Mitgliede vollkommene Ge-
nugthuung zu verschaffen. Wegen
Unterschlagungen von 34,000 M. wur
den dem Gemeindekassenführer Georg
Diehl IV. in Rüsselsheim 3H Jahre
Gefängniß und 5 Jahre Ehrverlust zu
diktirt. Es feierten: das 50jähr.
kaufmännische Jubiläum der Prokurist
der Firma Theodor Schwab in Darm
stadt, Aegid. Bausch, das övjähr. Amts
jubiläum der Lehrer Hahn in Wölfers
heim und die goldene Hochzeit die Ehe
leute Joh. Axt in Wörrstadt.
Königreich Bayern.
München: s Ober-Konsistorialrath
Dr. I. G. v. Städelen, der k. quies
zirte Oberlandesgerichtsrath Nik. Frhr.
v. Stengel, der k. Hauptmann a. D.
Karl Moriz v. Peritzhoff, der Geh.
Rath und quiesz. Ministerialrath v.
Schlereth. In Leipzig der Sohn des
Geh. Raths Dr. v. Ziemsscn, Dr. Hugo
Ziemsseu. Der verstorbene Historiker
Pros. Ferd. GregoroviuS hat testamen
tarisch bestimmt, daß sein Vermögen
zunächst seiner Schwester, dann in
zweiter Linie seinem Bruder und nach
deren Tode seiner Vaterstadt Neiden
burg i. Ostpr. zu wohlthätigen Zwecken
anheimfällt. Der durchgebrannte und
in Genua verhaftete Kassierer der
Sparkasse des Arbeiterbildungsvereins,
Krämer Wilhelm Brückmann, wurde zu
6 Monaten Gesängniß verurtheilt. Er
hatte 2202 M unterschlagen. Die
im Schwarzburgbund vereinigten Stu
denten - Verbindungen Utteuruthia in
Erlangen, Tuisconia (Halle), Nor
dalbingia (Leipzig) und Sedinia
(Greisswald haben eine Erklärung be
schlossen, in welcher sie sich gegen die
Scheidung zwischen Corpsstudententhum
und Nichtkorpsstudententhum, sowie ge
gen das Duell aussprechen. s Frau
M. A. Pospischil, Priorin im Stift und
Kloster Seligenthal. Der Priuzre
gent hat beim 7. Sohne des Schuhma
chermeisters Schwemmer in Laus die
Pathenstelle übernommen und bas üb
liche Pathengeschenk übersenden lassen.
Königreich Württemberg.
Eine von Muthwilliger Hand ver
ursachte Feuersbrunst legte in Bönnig
heim in kurzer Zeit 14 Gebäude in
Asche. —Eine Frau Namens Morelli in
Ehingen wurde unter dem Verdacht
verhastet, ihr vor einigen Tagen ver
storbenes Kind haben verhungern las
sen. Der Bäcker Wilh. Zweygard in
Heilbronn ist unter Mitnahme einer
größeren Summe baaren Geldes ent
wichen und wird wegen betrügerischen
Bankerotts steckbrieflich verfolgt.—De»
Gebäudeschaden bei dem letzten bedeu
tenden Brand in Rottenburg, beläuft
sich auf 50,000 M., der Schaden an be
weglichem Hab und Gut wird das Dop
pelte erreichen. Der Gemeinderath hat
1000 M. auf Entdeckung des Brand
stifters gesetzt.—Wegen Entziehung des
Eintritts in den Dienst der deutschen
Armee werden von der Staatsanwalt
schaft in Tübingen nicht weniger als
148 Personen ausgeschrieben. s In
Urach Dekan a. D. Kuhn. —Das Land
gericht Stuttgart verurtheilte den GipS
former Karl Kurz wegen Vergehens
gegen die Wehrpflicht zu drei Monaten
und den Wundarzt Psttzenmaier, beid«
von Uiitertnrlheun, wegen Beihilfe zu
dem genannten Vergehen, zu 6 Mona
ten Gefängniß.—Vom Schlag getroffen
sank dcr Wirth Theo. Müller in Wurm
lingen todt vom Stuhle, kurze Zeit
nachdem er Spaßes halber seine Körper
kraft im Ringkampf mit einem Nachbai
gemessen hatte.
Großherzogthum Baden.
Seit Neujahr sind 25 Familien vo,>
Buchen nach Amerika ausgewandert.
Bei einem Bohrversuche wurden in
Bühl bereits aus 6 Meter Tiefe Stein
kohlen gefunden. Aus der „Ariedens
höhe" bei Maulburg wurde am Pfingst
montag unter zahlreicher Bchheiliguig
das Friedenssest abgehalten, weiches
zur Erinnerung an den im Jahre 1871
nach blutigen Opfern errungenen Frie
den alljährlich dort begangen wird.
In diesem Sommer soll ,n Meßkirch,
dem Geburtsort des Lieder- und Opern
componisten Konradin Kreutzer, eine
Kreutzer Feier veranstaltet werden, und
zwar von dem Kreutzer-Quartettclub in
New Hork, welcher zur 110. Wieder
kehr des Geburtstages seines Patrons
diesem an der Stätte seiner Geburt eine
Huldigung darbringen wird. Gast
wirth Knölle „Zur Pfalz" in Pforz
heim ist mit Hinterlassung verschiedener
Schulden verduftet. Vom herrlichsten
Wetter begünstigt, fand in Säckingen
das Oberländer evang. Kirchengefang
fest statt, an welchem sich etwa 200
Sänger und Sängerinnen betheiligten.
112 In Wallhausen am Ueberlinger
See der pensionirte Zolleinnehmer Hak
ker. Ihrem Leben machten selbst ein
Ende: in Freiburg ein Dr. D., Sohn
eines hohen Staatsbeamten (hat sich
erschossen); in Eppingen d>e Frau des
Webers PH. Müller.
Aus der Rheinpfalz.
Die pfälzische Tabak - Ausstellung
wurde im Kaisersaal des neuen Cafe
Schwesiger in Speyer durch den Regie
rungspräsidenten von Braun eröffnet.
Interessenten aus allen Theilen der
Pfalz waren anwesend. DaS Preisge
richt zuerkannte die große silberne Me
daille an sechs, die kleine silberne Me
daille an elf und Ehrendtplome an zwöls
Aussteller. -s Der Direktor der
Speyerer Volksbank, Herr Levinger.
Elsaß-Lothringen.
In dem Dorfe Boozheim lauerte der
oem Trünke ergebene Ackerer I. Wend
ling seinem Bruder, dem Bürgermeister
W., mit welchem er in Feindschaft lebte,
aus und schoß auf ihn, als der Bürger
meister mit einem zweispännigen Wa
gen, das linke Pferd reitend, seinen
Hos verließ. Die Kugel drang durch
den Kopf des rechtsgehenden Pferdes
und in den rechten Arm des Bürger
meisters. Der Attentäter ist in Haft.
Die Regierung hat der Gemeinde
ValliereS 28,000 M. überwiesen, welche
unter diejenigen Einwohner zu ver
theilen sind, deren Reben durch di«
Reblaus befallen waren und deshalb
vernichtet werden mußten. Bei dem
Regiment in Weißenburg stellte sich die
ser Tage der Unteroffizier Tornow,
welcher vor etwa 5 Jahren in Beglei
tung des Soldaten Scholz desertirtwar.
Beide ließen sich alsdann bei d-r Frem
denlcgion in Algier anwerben, keinen
erst nach Algier und Oran in Garnison
und machten dann den Feldzug im
Tongking mit, wo Scholz fiel, während
Tornow zurückkehrte und sich feinem
Regiments stellte. Es erhängten sich:
in Bettlach die Tochter des Ackerers
Jos. Stnder, in Mülhausen der Tag
ner Jos. Walter und in Rott der 75jäh,
Mich. Röhn.
Braun schweig. Anhalt
Lippe. Waldeck.
1- In Braunfchweig der früher«
braunschweigische Justiz- und Kultus
minister, sowie Mitglied des Regent
schaftsrathes, Dr. jur. Wirk. Der
Makler Christian Schneider in Wolfen
büttel wurde wegen Betrugs in 6 Fällen
zu 14 Jahren Zuchthaus, 540 M.
Geldstrafe und V Jahren Ehrverlust
verurtheilt. Im Herzogthum Dessan
befinden sich 123 Kriegervereine mit
8700 Mitgliedern- Hiervon gehören
dem unter dem Protektorate des Her
zogs stehenden Anhalt. Kriegerverbande
87 Vereine mit 5636 Mitgliedern an.
s In Bernburg der Staatsanwalt
Schiele. 1° In Detmold Lehrer Brö
ker. Den Tod durch Erhängen gaben
sich der Fischhändler E. Schräder in
Braunschweig und der Klempner
Bomhauer in Ottenstein; ans Lebens
überdruß ertränkie sich der Einwohner
Steinecke in Blankenburg.
Mecklenburg.
-f- In Schwerin der Hoftheater-Re
gisseur Asahl. —ES feierten: die gol
dene Hockzeit die Eheleute Arb, Thöl
in Baumgarten, Tischler Dieckmann in
Güstrow, Arb. Ruft in Kirchdorf, Aus
zügler Köppe in Ritzmeck und Einw.
Joh. Krogmann in Röbel: das 50jäh.
Bürgerjubiläum der Böttcher Wilhelm
Sukow in Parchim.
Oldenburg.
Am 1. Dzbr. 1890 wurden Einwoh
ner ermittelt im Amt Oldenburg 56,-
168, Westerstede 18,706, Varel 21,729,
Jever 26,024, Butjadingen 13,092,
Brake 17,469, Elsfleth 13,828, Del
menhorst 16,153, Wildeshausen 8126,
Vechta 21,615, Damme 10,945, Clop
penburg 22,264, Löningen 11,241,
Friesoythe 10,648, Eutin 13,638,
Schwartau 10,840, Ahrensbök 10,240,
Birkenseld 17,937, Oberstein 23,405.
In den ersten 3 Monaten d. I. ha
ben das Grvßherzogthum 208 Aus
wanderer gegen 229 in der gleichen
Zeit des Vorjahres verlassen. Unter
dem Verdachte, das in der Nähe des
Pius-Hospitals belegene, der Gepäck
träger-Kompagnie zugehvrte Haus in
Oldenburg in Brand gesetzt zu haben,
wird der Wirth Schröder nunmehr steck
brieflich verfolgt. Aus den Trümmern
des niedergebrannten Gebäudes waren
die verkohlten Leichen des Schlosserge
sellen Wichmanii und des Schneiderge
sellen Ahlers hervorgezogen worden.
Mehrere Bewohner des Hauses hatte»
schwere Brandwunden davongetragen,
andere sich durch tollkühne Sprünge au«
den Fenstern gerettet. Es feierten,
die Diamant - Hochzeit die Eheleute
Gastwirth Petersen in Giddendorf; di«
goldene Hochzeit die Eheleute Lehrer a
D. Kelschner in Eutin, Kahnfchiffe»
Christ. Möhler zu Fünfhausen und
Brinksitzer Fritz Janssen in Steinhau
fen; das 50jähr. Dienstjubiläum de,
KasseniNzspektor Stühmer in Olden
burg.
Freie Städte.
Hamburg: Wegen Unterschlagung
im Gesammtbetrage von 25,000 M.
und zahlreicher Urkundenfälschung
wurde der frühere Comptoirist der Rhe
dereifirma A. Kirsten, Schröder, zu 3
Jahren 6 Monaten Zuchthaus und 4
Jahren Ehrverlust verurtheilt. Ver
haftet wurde: wegen Unterschlagung
einer Gesammtsumme von 20,000 M.
der Kasstrer des „Lawn Tennis Park,"
Johann Schultz. In Cuxhaven hat
sich eine Commanditgesellschaft unter
dem Namen „Fischgesellschaft Neptun"
gebildet, welche den Fischhandel im gro
ßen Maßstabe betreiben will. Zu die
sem Zwecke hat dieselbe die Grundstücke
der Firma Mahler <!k Stöwen ange
kauft. Vorsteher der Gesellschaft ist
der Kaufmann Aug. Kempe. Bei
einem in einem Hause der Friedrichstr.
in Hamburg nächtlicher Weile ausge'
kommenen Schaden-Feuer ist der Tisch
ler Rathjens von Finkenwärder vev
brannt. 112 In Bremen Senator
Lüllmanu.
Zum Muster für ameri
kanische Kirchenbau - Unternehmungen.
Am 2. Juni ist in Paris die neue
Kirche auf dim Montmartre feierlich
eingeweiht worden, die bereits der erste
Napoleon plante, die aber erst unter
der dritten Republik zur Aufführung
gebracht wurde. Der Bau begann im
Jahre 1875, hat also sechzehn Jahre
gedauert. Die Pläne zu der im byzan
tinischen Stile gehaltenen Kirche rüh
ren von dem Architekten Abadie her,
der unter 78 Concurrenten den ersten
Preis erhielt. Die 24 Millionen KrkS.
betragenden Bankosten sind durch frei
willige Beiträge ausgebracht worden,
und zwar bediente dat Comite sich eines
sehr zweckdienlichen Mittels, um den
Beitragseifer der Gläubigen zu spor
nen. Wer nämlich 120 gr. zahlte,
durste die Initialen seine« Namens auf
einem der Kirchensteine verewigen, für
300 Fr. kam der ganze Name darauf
und für SOO Fr. gar noch da» Wappen.
Ebenso, nur sehr viel theurer, von 1000
bis 100,000 Fr., war da« Anbringen
der Initialen oder Wappen an den
farbigen GlaSfenstern und Säulen de
steuert. Die 27,000 Kilo schwere
Glocke, deren Riesenklöppel durch
Dampfkraft bewegt wird, ist ebenfalls
auf dem Sobicriptiauswege beschafft
worden.
Ein schwereS Un glü ct Hai,
wie schon telegraphisch geinc!?c', i»
Berlin da« Kaiser Franz Hreuadier-
Regiment heimgesucht. Der BU'.', lat
in die hinter Tempelhof übende 1.
Compagnie des Regiments eingeschla
gen. Die Compagnie war unter Füh
rung des Hauptmanns von Ouast nach
dem Gelände zwischen Tempelhof und
Mariendorf abgerückt, uni hier Piouir
äbungen auszuführen. Der Hornist
Lecker stand unweit des UebungsplatzeS
mit dem Pferde des Hauptmanns, die
nicht beschäftigten Spielleute hatten
sich um das Pferd gesammelt, um
sich hier etwas gegen den Regen zu
schützen. Hauptmann von Quast
stand 10 Schritt entfernt. Plötzlich
ertönte ein mächtiger Krach, eine
große Anzahl der Mannschaften
fiel betäubt zur Erde. Der Blitz hatte
die um das Pferd stehende Gruppe ge
troffen. Das Thier war noch einmal
in die Höhe gesprungen und dann todt
niedergestürzt. Von den Mannschaften
ist dcr Spielmann Gefreiter Bärs am
schwersten verletzt. Der Blitz hatte den
Helm getroffen, im Hinterkopf einen
Fünfmarkstück großen Theil der Schä
deldecke aufgerissen, die Kleider und den
Leib an der rechten Seite versengt u.id
den einen Stiefel aufgeschlitzt und drei
Schritte weit weggeschleudert. Der
Unglückliche konnte nur schwer wieder
zum Leben zurückgebracht werden; sein
Aufkommen wird bezweifelt. Gleich
falls fchwer verletzt ist der Tambour
Bremer. Er kam unter das Pserd zu
liegen und hat auch noch Quetschungen
erlitten. Der Hornist Becker, der das
Pserd gehalten, hat schwere Wunden am
Vein davongetragen, Gefreiter Bossen
und Spielmann Humbert sind leichter
serletzt. Der Hauptmann von Qnast
lag lange Zeit bewußtlos. Sein erstes
Wort galt der Erkundigung nach dem
Schicksal feiner Compagnie. Anch Vice-
Feldwebel Steil und Sergeant Kort
kampf waren lange besinnungslos. Die
übrigen Mannschaften erholten sich
schnell von der Betäubung und machten
sich sofort an die Bergung der Verwun
deten. Inzwischen waren schon die in
der Nähe befindlichen Major von Bö
ning und Major von Stellmann nach
dem Garnisonlazareth gesprengt, so daß
auch von dort bald Hilfe herbeikam.
Die Verletzten wurden in Mäntel ge
legt und sorgsam nach dem Lazareth
getragen.
Die Unterschlagungen des
KurdirectorS in Homburg, dessen Ver
haftung kürzlich der Telegraph meldete,
werden vom „Taunusboten" ausführ
licher erörtert. Das in Homburg v. d.
Höhe erscheinende Blatt theilt zunächst
die Gründe mit, die Herrn Schulze-
Leitershosen zum Rücktritt bewogen
haben. Hiernach hatte der Kurdirector
in der Verwaltung der Lawn-Tennis-
Platzgelder sich Unterschlagungen von
über 13,000 Mark zu Schulden kommen
lassen, die bereits sechs Jahre znrückda
tiren und dadurch entdeckt wurden, daß
die von dem Platzwärter Noß gebuchten
Einnahmen sich viel höher bezifferten,
als die von dem Kurdirector zur Rech
nung gestellten. Um die Angelegenheit,
die für die Kurverwaltung wie für den
Director recht unangenehm war, ohne
Aufsehe» aus der Welt zu schaffen, ver
pflichiete sich Herr Schulze-Leitershofen,
die Kurkasse mit dem Betrage von 15,-
000 Mark zu entschädigen, die er auch
vor dem Antritt seines Urlaubs entrich
tete. Inzwischen ist aber das Geheim
niß in der Angelegenheit, zu welchem
sich die Betheiligten verpflichtet hatten,
nicht gewahrt worden. Herr Schulze-
Leitershofen reiste zwar in dem Glau
ben ab, daß er vollständig sicher sei, er
täuschte sich aber, denn in ganz Homburg
war es bereits öffentliches Geheimniß.
Die Folge davon war, daß die Staats
anwaltschaft der Angelegenheit näher
trat, und es wurde Herr Schulze - Lei
tershofen in Bensheim, wo er seinen
Aufenthalt genommen, verhaftet und in
das UnterfuchungSgefängniß in Frank
furt eingeliefert. Eine stark besuchte
Versammlung des Kurvereins in Hom
burg hat nich lebhafter Debatte fol
gende Resolution angenommen: „Die
heutige Versammlung sieht sich leider
veranlaßt, .hrem lebhasten Bedauern
über die in der Kurverwaltung vorge
kommenen Unregelmäßigkeiten öffentlich
Ausdruck zu geben. Die Versammlung
ist serner der Ansicht, daß diese über
eine Reihe von Jahren sich erstreckenden
Vorkommnisse durch eine geeignete Con
trole hätte vermieden werden können.
Die Versammlung findet es endlich die
der Bürgerschaft schuldige Rücksicht tief
verletzend, daß von Seiten der Verwal
tung der Thatbestand bis heute nicht
bekannt gegeben wurde."
Abermals wurde in
Rußland ein hochinteressanter archäolo
logischer Fund, und zwar im Jekateri
llo«law'schen Gouvernement gemacht.
Daselbst, im Kreise Alexandrowsk beim
Dorfe Bogodar, entdeckte Professor
Ewarnizki einen Kurgan (Hügel) und
ließ denfelben in seinem Beisein aufgra
ben. Man fand das Grab einer Frau
au« der Bronzezeit (etwa 2000 Jahre
her). In dem Grabe lag ein Vorzug,
lich erhaltenes weibliches Skelett, um
geben von zahlreichen hochinteressanten
archäologischen Gegenständen. Unter
diesen besand sich verschiedenes Geräth
mit Speiseresten, ein Krug mit krystalli
sirtem Rest irgend eine« Getränkes, eine
Masse von Bernstein-, Serdolik- und
anderm steinernen Schmuck; ferner ein
Ohrring aus Bronze mit einem Stein,
zwei Spangen aus Bronze, ein Flacon
au« Gold von sehr schöner Ajour Ar
beit, lederne, ausgenähte Fußbekleidung
and zahlreiche andere charakteristisch«
Sachen.
Nicht weit v»n Aachen
wurde ein bi« dahin hochgeachteter Ge
schäftsmann Namens Theobald Schel
lenberg, der allgemein für einen sehr
frimmen Herrn galt, unter der An
klage, alle möglichen Schwindeleien
verübt zu haben, verhaftet. ES hat sich
herausgestellt, daß derselbe neben seiner
Frau in Deutschland auch noch eine
Frau in London hat, und auch in Eng
land aroke BetrüaereM» nerük» hat.
Wechselnde« Schicksal» ,
Vor einer langen Reihe von Jahrev
erregte daS Geschick des namentlich
der Königstadl sehr bekannten Berliner
Rathsbaumeisters D. Aufsehen unV
Bedauern. Durch Tüchtigkeit und Un
ternehmungsgeist hatte D. ein großes
Vermögen erworben. Als großer
Freund des Rennsports verkehrte er
sehr viel aus den Rennplätzen, wo er
auch seine spätere Frau, eine üppige
Schönheit und gewandte Reiterin, ken
nen lernte. Nach ihrer Verheirathung
rninirte die früher mittellose Frau
ihren Gatten durch ihre unbezähmbare
Verschwendungssucht, was ihr schließ
lich um so leichter wurde, al« der Gatte
sich ebenfalls vom Strudel der Ver
gnügunzen so weit fortreißen ließ, daß
er sein Geschäft vernachlässigte.
lich erlangte er sichere Beweise von der
Untreue seiner Frau, er ließ sich schei
den, sie ging alsdann mit einem Lebe
manne durch und ist feitdem verschollen.
Er aber vermochte sich nicht wieder auf
zuraffen; seine sittliche und physisch«
Kraft war gebrochen. Die letzten
Trümmer seines einstigen großen Ver
mögens verschwendete er, so daß er un
ter Kuratel gestellt werden mußte und
in dem Kaufmann H. in Berlin einen
Vormund erhell. Der Vormund hatte
nicht viel zu verwalten, nur ein winzig
kleiner Rest des großen Vermögen»
konnte gerettet werden. Die Rente, von
welcher D. leben mußte, war eine ganz
geringe und zwang ihn, in stiller Be
scheidenheit in kleinen niedlichen Ort
schaften zu vegetiren.
Vor wenigen Wochen hat sich sein
Geschick plötzlich gewendet, D. ist jetzt
wieder wohlhabend, ja reich zu nennen.
Diesen Umschwung verdankt er eine,
amerikanischen Erbschaft, die vor vielen
anderen den Vorzug hat, nicht „zu
schweben", sondern bereits regnlirt zu
sein. D. hatte einen Bruder, Robert
mit Vornamen, der seit 25 Jahren als
verschollen galt. Vor etwas mehr als
40 Jahren war dieser Bruder drüben
„Zeitungsjunge" bezw. Austräger, spä
ter lernte er die Maschinenbauerei und
wurde Monteur. Im Jahre 1865
wanderte er nach Texas aus, wozu ihm
der bereits gut situirte Berliner Bruder
tausend Thaler gab. Robert D. ließ
sich auf „Farm Leo - Castle" als Inge
nieur nieder, betheiligte sich mit große«
Glück an zwei gewagten, aber erfolg
versprechenden Unternehmungen und
wurde dabei vielfacher Millionär.
An seinen hiesigen Bruder, den er
wohl als bis über die Ohren im Glück
sitzend wähnte, hat er niemals wieder
geschrieben und so galt er als verschol
len. Jetzt hat der Berliner D. durch
Vermittlung des amerikanischen Evn
suls von dem Testamentsvollstrecker er
fahren, daß der verschollene Bruder zu
Beginn dieses JahreS gestorben ist und
Millionen Dollars Vermögen hin
terlassen hat. In der Hauptsache ist
dieses Vermögen gemeinnützigen Wer
ken zugefallen, z. B. hat der Erblasser
eine halbe Million Dollars denjenigen
Farmern norddeutscher Abkunft ver
macht, die au der von ihm gebauten
Eisenbahnstrecke liegen, und zwar zum
Zweck der besseren Ueberwachung und
Erschließung des Landes. Was aber
die Hauptsache ist: der Verstorbene hat
seinem Berliner Bruder, obwohl er
denselben für reich halten durfte, 500,-
000 Mark vererbt, ein Vermögen, das
dem Verarmten sehr wohl zu statten
kommt. Der glückliche Erbe gedenkt
nun ein neues Leben zu beginnen und
sich in einer größeren Residenzstadt
Mitteldeutschlands niederzulassen.
Die Amnestie für Sibirien.
Ueber die Amnestie sür Sibirien, die
»er Kaiser von Rußland in Veranlas
sung der Durchreisung Sibiriens durch
den russischen Thronsolger erlassen hat,
schreiben wir uns aus St. Petersburg:
Die Freude unter den gemeinen Ver
brechern, welche in Sibirien internirt
waren, ist unbeschreiblich, da ihnen
durch die Amnestie Gelegenheit gegeben
wird, in ihrer Heimath wieder ihrem
Gewerbe nachzugehen, bis sie auf's
Neue erwischt werden. Bei ihrer Ab
reise von Sibirien ist ihnen allerding»
die Bitte an's Herz gelegt worden,
einen soliden Lebensweg einzuschlagen.
Bei denen, welche kein Herz haben, war
dieses leider nicht möglich. Alle aber
haben in der liebenswürdigsten Weise
vmsprochen, künftig, wenn irgend thun
lich, gemeinen Verbrechen fernzublei
ben. Dcr Abschied von Sibirien war
ein ungemein herzlicher. Erst nach der
Abreise der Amnestirten merkten di«
Beamten, deß ihnen bei der letzten Um
armung allerlei Werthgegenstände ge
stohlen worden waren.
Diese Amnestirten waren von den
Beamten als die Würdigen bezeichnet
worden. Die wegen politischer Ver
gehen nach Sibirien verschickten Ver
brecher sind ohne Ausnahme von dcr
Sonne der kaiserlichen Gnade unbeschie
nen geblieben. Zu diesen gehören:
1. alle, die aus Rußland einen kon
stitutionellen Staat machen wollten und
dabei erwischt worden sind,
2. diejenigen, die überführt waren,
Bildung unter den verdummten Unter
thanen verbreitet zu haben,
3. sämmtliche Studenten, welche an>
geklagt waren, geheimen Verbindungen
zur Herbeiführung der Preßfreiheit an
zugehören, und die nicht im Stande ge
wesen sind, durch Bestechung der Beam
ten die Anklage zu widerlegen,
4. solche Officiere der Armee, welche
nihilistische Schriften gelesen haben,
und
ö. alle höheren Beamten, welche de
nuncirt worden waren, daß sie über die
herrschende Corruption abfällige Ur
theile gesällt hatten.
Mit diesen geringen Ausnahmen sind
alle in Sibirien iniernirteu Verbreche»
begnadigt worden.
Ein ganzer Mann. Gyn,-
»asiast: „Fräulein, Sie müssen meine
Liebeserklärung anhören!.... Seit
gestern kann ich sogar kckon durch dv
Nase rauchen!"