«in «btntener Mottle». DaS hat nicht MSdchenübermulh 'schon alles zu Stande gebracht? Wer hat jemals den großen Schwei ger, Feldmarschall Moltke, erzählen hö ren, lang'und breit erzählen und noch dazu einen ganzen Roman? Wir können uns dessen rühmen, als »vir noch gleich kleinen Fischlein im Le bensftrorne umherschwammen. Es war auf dem Gute meines Oheims in Schlesien. Wir spielten aus der großen Wiese, junge Damen und Herren aus der Nachbarschaft. Plötzlich hieß es, Moltke ist da. Alles jubelte und flog ihm entgegen, und als der alte Herr, die Hände auf dem Rücken, auf dem Kiesweg daher geschritten kam, em pfing ihn ein lautes Hurrah und dann stimmten wir Mädchen „Heil Dir im Siegerlranz" an. Er nickte freundlich, sprach sogar ein paar Wo-te mit der Tochter des Hau ses und ließ sich dann auf der Bank un ter der großen Linde nieder, um uns zuzusehen, wie wir Reif spielten. Doch eS währte nicht lange, so zog «in Gewitier herauf und entlud sich gerade über unserem kleinen stillen Thal. Die ersten großen Tropfen jagten uns in das Haus. Während draußen der Don ner rollte, die Blitze zuckten und hi< und da ein dröhnender Schlag die Erde erzittern macht«, hatte man, um Jung und Alt Muth zu machen, rasch du Lampen angezündet, und eine der jun gen Damen kam gleich Werthers Lotte auf die glückliche Idee, ein Pfänder spiel zu arrangiren. Mollke wurde von uns jungen Da men umringt und so lange gequält, bis er sich in unsern Kreis setzte und an dem Spiele lheilnahin. Die kleine Baro nesse M., ein muthwilliges Ding mit lebhaften schwarzen Angen, brachte es glücklich zu Stande, dem Marschall «in Psand abzunehmen. Sofort war di« große Verschwörung fertig. Als es zum Auslosen kam, und es hieß: „Was soll das Pfand in meiner Hand?" antwortete ich auf Verabre dung i „Eine Geschichte erzählen." Natürlich war es Moltkes Pfand, und nun war alle Welt darauf gespannt, wie er, der sonst so Wortkarge, sich aus der Affaire ziehen werde. Der alte Herr lächelte, und die Au gen scharf auf uns geheftet, fragte er gelassen: „Nun Kinder, was soll ich Euch eigentlich erzählen? Ein Märchen etwa?" „Nein, nein, nein," riefen wir im Chor, „eine Liebesgeschichte, ein galan tes Abenteuer,so was dergleichen." Moltke lächelte und nach einer kurzen Pause begann er zu erzählen, nicht eben allzu lebhaft und fließend, aber viel bes ser, als wir es alle erwartet hatten, und interessant war es, schauernd und aus legend, was er uns zum Besten gab, sü 'daß wir Alle in athemloser Spannung lauschten. I Moltke war im Jahre 163 S Haupt mann geworden. In demselben Jahre unternahm er eine Reise nach der Tür kei, in der Absicht, weiter in das Wun derland des Orients einzudringen. Doch schon i» Konstantinopel bestimmte ihn der Großvezier Mehmet Chosres Pascha, längere» Ausenthalt zu nehmen. Derselbe verstand, Moltke für das tür kische Heer und sür dessen von Sultan Mnhmnd 11., dem großen Reformator, beabsichtigte Reorganisation zu interes siren. Ohne gerade in die Dienste des Sultans zu treten, nahm Moltke an allen Berathungen Theil, begleitete Mahmud 11. nach Bulgarien, leitete de» Vau neuer Befestigungen in Rust schuk, Silistria, Varua und Schumla und ging dann an die Befestigung der Dardanellen. Infolge seiner Thätigkeit in der Türkei waren einige andere deutsche Officiere dahin gekommen und widme ten sich unter seiner Lotung gleichfalls verschiedenen militärischen Arbeiten. Seine freie Zeit benützte Moltke, um Konstautinopcl, Para und die schönen Umgebungen zu beiden Seiten des Bos porus zu durchstreifen. Eines Abends wollte er einen durch seine hohen Cypressen und seine uralten Grabdenkmäler berühmten Friedhof be suche». Als er sich dem Thore näherte, fand er dasselbe durch eine Anzahl reich gekleideter Eunuchen und Sklaven besetzt, welche ihm bedeuteten, daß eine Dame des Hofes im Innern weile und während dieser Zeit Niemand ge stattet sei, dieselbe in ihrer Andacht zu stören. Moltke, der den weiten Weg nicht umsonst geinacht haben wollte,' stellte dem Anführer der Eunuchen vor, daß es sich um eine militärische Besichtigung handle, und daß Jener eS vor dem Sul tan zu verantworten habe, wenn Moltke »„verrichteter Sache wieder zurückkehren müsse. Der Eunuch parlamentirte, und end lich ließ er Moltke eintreten unter der Bedingung, daß er sich die Bewachung durch zwei der Sklaven, welche auf der Erde umherlagen und saßen, gefallen lassen müsse. Auf diese Bedingung hin durft« Moltke eintreten, und nachdem sein Be gleiter ihm jenen Theil des Friedhofs, in welchem die Sultanin weilte, durch Geberdeu bezeichnet hatte, wendete er sich einem andern Theile des Friedhofs zu, bewunderte hier die prachtvollen Cypressen und musterte die seltsamen Grabsteine und ihre Inschriften voll Weisheit und Poesie. Endlich von einer seltsamen Stimmung ergriffen, ließ er sich auf einem alten Grabe, das mit einem verwitterten Steine bedeckt war, nieder und versank in Nachdenken, während seine Begleiter sich im Grase ausstreckten und zu schla fen schienen. Geraume Zeit war vergangen, als Plötzlich eine vornehme türkische Frau auf dem grasbedecktcn Wege, der sich zwischen den Gräbern hinzog, heran kam. Sie schien mit Absicht diese Richtung genommen zu haben, ohne Zweifel interefsirte sie der Fremde, in dein sie einen der in Konstantinopel befchä'tig ten preußischen Osficier erkannt hatte, und da sie nichts dabei riskirte,so wollte sie denselben schärfer in'S Auge fassen. Langsam kam sie heran, den Kopf mit einem dichten Schleier umwunden, aus dem nur zwei große sprechende Augen hervorblickten. Die hohe schlanke Gestalt war in ei nen langen Pelz von türkischem, gold gestickten Stoffe, der mit kostbarem Zo bel ausgeschlagen und gefüttert war, gehüllt. Als sie an dem Osficier vor über kam, wurden ihre Schritte noch langsamer, wendete den Kops zur Seite, um ihn zu mustern. Moltke hatte sich erhoben und grüßte militärisch. Die Sultanin dankte mit einem leichten Kopfnicken und ging vor bei, würdevoll und ruhig. Als sie aber etwa sündig Schritte gemacht hatte, wendete sie nochmals den Kops nach ihm und gab dann einer alten Frau, welche zu ihrem Gefolge gehörte und sich ihr in diesem Augenblick genähert hatte, einen Wink. Die Alte kam nun, während die Sul tanin' ihren Weg fortsetzte, auf dem selben Graspfad langsam herbei, das Haupt gesenkt, hin i/nd herblickend, wie wenn sie etwas suchen würde, was ihre Herrin verloren habe. Als sie in die Nähe MoltkeS kam, sah sie ihn lange und genau an, dann fuhr sie fort zu suchen, bis sie sich plötzlich bückte, etwas auszuheben schien und sodann rasch um kehrte, und der Sultanin nachfolgte. Einige Tage später, als Moltke ge rade an den Fortisikationen beschäftigt war, meldete ihm einer der Soldaten, daß eine alte Frau ihn zu sprechen wünsche. Ahnungslos folgte Moltke dem Mann und fand in einem kleinen Hain eine Frau, welche auf einem Stein saß nnd ihn erwartete. Nach dem der Soldat sich entfernt hatte, erhob sich die Alte und die Hand aus Moltke's Schulter gelegt, begann sie ihm Dinge in das Ohr zu flüstern, die ihn ebenso sehr überraschten, als be lustigten. Sie sprach von einer schönen Frau, die ihn gesehen habe, und welche ihm ihre Liebe geschenkt. Sie schilderte die Reize ihrer Herrin, ihre schlanke Gestalt, die blendende Weiße ihrer Haut, die sie mit dem Schnee verglich, ihr dunkles Haar, unter dem die weiße Stirn gleich der Mondsichel lag und die Augen an dunkle Sterne mahnend, hervorblickten, den Mund Ro sen gleich erblühend, die beiden Perlen reihen der Zähne, die kleinen Füße, er schaffen um geküßt zu werden und schließlich fügte sie noch leise und vor sichtiger hinzu, die schöne Frau wünsche ihn zu sehen und zu sprechen und werde nun diesen Abend ein Boot senden, das ihn unweit der Befestigungen, bei denen er thätig war, am Ufer bei den drei Cypressen erwarten werde, sobald Mond am Himmel heraufgezogen sei- Damit verabschiedete sich die Alte, und Moltke kehrte zu seiner Arbeit zu rück, den Kopf voll von romantischen Ideen. Er dachte sofort an die Sulta nin, die er auf dem Friedhofe getroffen halte, und welche seine Phantasie jetzt mit den seltsamsten Reizen schmückte. Im ersten Augenblick war entschlos sen, das Rendezvous anzunehmen. Doch bald siegte seine Vorsicht und Schüch ternheit, und als der Abend kam, hatte er den Ritt in das romantische Land ausgegeben. Ein unglücklicher Zufall wollte, daß gerade nin diese Zeit ein junger, bild hübscher Osficier, Lieutenant L., sich ihm näherte und daß Moltke sich mit ihm ,n ein Gespräch einließ; Lieutenant L. beklagte sich über die Langeweile, der die Europäer hier preisgegeben seien, da es so gut wie gar keinen Verkehr mit Damen gäbe, und man Allem, was dem galanten Mann in Europa das Leben schmückt, hier, wo gerade die Na tur zur Schwärmerei, zur Liebe einlädt, intsagen müsse. Moltke lächelte und meinte, es sei doch leichter, als fein Kamerad es sich ein bilde, gerade hier ein Abenteuer zu finden. Ein Wort gab das andere und schließ lich ließ sich Moltke, der später so Schweigsame und Verschlossene, ver leiten, zu plaudern. Lieutenant L., von der Aussicht auf einen echt orientali schen Roman leidenschaftlich ergriffen, beschwor Moltke, ihn das reizvolle Abenteuer an feiner Stelle bestehen zu lassen. Moltke willigte endlich ein und als der Mond heraufstieg, fand sich statt .seiner, Lieutenant L. bei den drei Cy pressen ein. Am nächsten Morgen in aller Frühe spielte sich in dem Zelte, das sür Moltke in der Nähe der Befestigungen ausge schlagen war, eine aufregende Scene ab. Lieutenant L. stürzte bleich und erregt herein, warf sich auf einen nie dern Polstersitz, der nahe Moltkes Feld bett stand und nachdem «r Atcheni ge schöpft, verlangte er vor allem andere Kleider, denn er war durch und durch naß. Nachdem Moltkes Diener ihm geHolsen hatte, seinen Anzug zu wech seln, begann L. die seltsame Geschichte, ein Märchen aus tausend und einer Nacht zu erzählen. Das Boot, das ihn erwartete, hatte ihn über den Bosporus hinüber an das andere User gesührt, hier wir er in ei nem Garten ausgestiegen und durch eine alte Frau in eisen Palast geführt wor den, welcher mit allen Schätzen des Orients angefüllt und mit asiatischer Pracht eingerichtet war. Er halte eine Reihe von Gemächern durchschritten und war endlich vor einem Borhang angelangt, durch den ihn die Alte allein eintreten hieß. Er gehorchte und fand in einem mä ßig großen Gemach auf niedern, seide nen Polstern sitzend, eine schlanke Frau, dicht verschleiert und bis zu den Füßen herab in einem gelbseidenen, mit schwel lendem Hermelin besetzten und gesütter- ten Kaftan eingehüllt. Ihr weißer voller Arm gab ihm ein Zeichen, sich ihr gegenüber zu setzen, und nachdem er dies gethan, sprach sie, die dunklen Au gen fast drohend auf ihn geheftet: „Wer bist Du? Nicht Dich habe ich zu mir entbieten lassen, weshalb kam er nicht, de» ich eingeladen habe? Was suchst Du hier?" Lieutenant L. erwiderte, daß sein Kamerad verhindert gewesen sei, und daß er, um die schöne Frau nicht zu be leidigen, es übernommen habe, ihn zu entschuldigen. Die Sultanin schien einen Augenblick zu überlegen, dann svrach sie: „Es sei. Du sollst für diesen Abend seine Stelle einnehmen. Dn gefällst mir, ich will Dir also verzeihen, daß Du ungerufen hierher gekommen bist und will gnädig gegen Dich sein." Ans ein Zeichen, das die Sultanin gab, brachten ihre Sklavinnen verschie dene Erfrischungen, dann erschienen an dere mit Instrumente», welche sich nie derkauerten und zu spielen begannen, während eine Anzahl schöner, reichge kleideter Mädchen vor dem geblendeten Auge des Deutschen einen Almeentanz aufführten. Als sie wieder allein waren, schlug endlich die Sultanin ihren Schleier zu rück und Lieutenant L. sah das schönste Weib vor sich, das ihm in seinem Leben begegnet war. Er warf sich zu den Füßen desselben nieder und bedeckte ihre kleine Hand mit seurigen Küssen. Hier machte Moltke eine kleine Pause in seiner Erzählung, lächelte und fuhr dann fort: „Plötzlich mitten m dem schönsten Traum geschah etwas ganz Unerwarte tes. Auf ein Zeichen der schönen Sul tanin drangen ihre Eunuchen herein und machten Miene, sich auf den un glücklichen Lieutenant zu' werfen. Doch dieser hatte sich vorgesehen und in den hohen Stiefeln, Welche alle bei den Be festigungen beschäftigten Officiere tru gen, einen Dolch und eine Pistole ver borgen. Blitzschnell zog er seine Waffen her vor, schoß den einen der Eunuchen nie der. und als die anderen erschreckt zu rückwichen, bahnte er sich mit dem blitzenden Dolch in der Hand den Weg durch dieselben. Er gelangte glücklich in's Freie, rannte durch den Garten, und da ihm keine andere Wahl blieb, warf er sich in daS Meer und versuchte dasselbe, wie einst Leander, zu durch schwimmen. Schon erlahmte seine Kraft, als zu seinem Glück ein Boot vorbei kam, das für ein englisches Kriegsschiff allerhand Lebensmittel in der Stadt eingeholt hatte. Auf seinen Ruf nahm ihn dieses Boot auf und setzte ihn auf der anderen Seite des Bosporus an das Land. Moltke ließ nun dem unglücklichen, glücklich geretteten Kameraden vor al lem einen heißen Thee bereiten und hieß ihn dann zur Ruhe gehen. Das ro mantische Abenteuer hatte für diesmal keine weiteren Folgen. Lieutenant L. erholte sich bald und konnte schon am folgenden Tage wieder seinem Berufe ungestört nachgehen. Moltke, den das romanhafte Erleb niß jener Nacht immerfort beschäftigte, war nicht wenig überrascht, als er in den nächsten Tagen zufällig von einem Franzosen Dinge vernahm, welche den Schlüssel zu der seltsamen Geschichte lie ferte. Eine Schwester des Sultans, die schöne Prinzessin A., war an einen ho ben Würdenträger vermählt, welcher einen groß?» Theil des Jahres sern von Koiistantinopel und feiner Gemahlin im Dienste des Großhirn zubrachte. Die Sultanin A. liebte es, wenn ihr Gatte in der Ferne weilte, Abenteuer mit Europäern zu suchen. Um die Folgen besorgt, hatte sie indeß den gransamen Ausweg gesunden, jeden, der in die Lage kam, Verrath an ihr zu üben, durch ihre Eunuchen erwürgen und in den Finthen des Bosporus begraben zu lassen. Moltke benutzte die nächste Gelegen heit, um L. zu warnen, was jedoch über flüssig war, denn dieser selbst dachte nicht daran, den gefährlichen Roman weiter fortzusetzen. Drei Jahre vergingen, ohne daz die schöne Sultanin etwas von sich höre» ließ. Im Jahre 1838 wurde Moltke zur türkischen Armee nach Kleinasien gesendet. Als er am nächsten Jahre nach Konstanlinopel zurückkehrte, hörte er zu seiner Ueberraschung, daß Lieute nant L. eines TageS plötzlich verschwun den und nicht wieder zum Vorschein ge kommen sei. Offenbar war der Arn» doch noch ein Opfer der schönen Sulta nin geworden. Sie selbst büßte nicht lange darnach ihre Schuld. Man flüsterte sich eines TageS in den europäischen Kreisen von Konstantinopel zu, daß ihr Gemahl einmal unerwartet zu ungelegener Stunde zurückgekommen sei, das Ge heimniß seiner Gattin entdeckt und die selbe kurzer Hand getödtet habe. Diese Geschichte kam mir in den Sinn, als ich vor wenigen Tagen in der Zeitung das Telegramm fand, das den Tod des großen Feldherrn an kündigte. Mit ihm ist auch ein großer, reiner Charakter geschieden, ein edler Mensch, den ein ganzes Volk betrauert, der nicht einen Feind in seinem Vaterlande hatte, und tiefe Wehmuth erfüllt mich, wäh rend ich diese schöne und seltsam« Er innerung niederschreibe. AuS dem Tagebuch eines Studenten. Montag: „Bekneipt ge wesen. Besserung angelobt!" Dien stag: „Bekiiept gewesen. Besserung ernstlich angelobt!" Mittwoch: „Be ineipt gewesen. Endliche Besserung ernstlich angelobt." Donnerstag: „Bekneipt gewesen. Besserung ausgege ben, frisch Faß bestellt!" Während wir Luftschlösser bauen, gehen unsere kleinen Besitzthümer zu Grunde. In der Jugend erscheint uns das Leben vielversprechend; im Alter sehen wir, daß es vielversagend war. Vertraulich. Lieutenant: „War meine Braut hier?" Bursche: „Jawohl, Herr Lieutenant. Ach, ist die aber hübsch! Na, da wird uns wohl die ganze Garni son beneiden, daß wir die heiratheil." Chinesische Philosophie. Tfuang Tfen war ein weiser und gu ter Mann in China. Er liebte es, ein same Spaziergänge zu machen, und als er dabei eines Tages längs der grünen Hänge des Berges Nam-Hoa eiicher wanderte, gelangte er an einen großen Kirchhof, auf welchem die Todten nach der Sitte des Landes unter Hügeln von festgestampftem Lehm ruhten. Beim Anblick der unzähligen Grabhügel dachte der Weise über das menschliche Schicksal nach und er sprach zu sich selbst: „Dies also ist der Strom, in welchen alle Bäche des Lebens münden! Wem einmal das Licht entschwunden ist, muß hier ewig in der Finsterniß ruhen!" Denn die Chinesen glauben nicht an die Unsterblichkeit der Seele und die Auferstehung. Während er so von einem Hügel zum anderen schritt, er blickte er plötzlich eine junge und schöne Fran, welche in ein langes Weißes Trauergewand gehüllt war. Sie saß neben einem Grabe und fä chelte diesem unaufhörlich Luft zu. Neu gierig, den Grund eines so seltsamen Thuns zu erfahren, grüßte Tjuang Tsen die Dame höflich und sagte: „Darf ich wissen, o Schöne, wer unter diesem Hügel ruht und warum Ihr dem Grabe fächelt? Ich bin ein Philosoph, der gern allen Dingen auf den Grund geht und Euer Thun ist mir räthselhaft." Allein die Tame erröthete nur, wandte de» Kopf ab, ohne zu antworten und fuhr fort zu fächeln. Er wiederholte feine Frage, aber mit demselben Erfolg: die Dame schwieg und fächelte nur um so eifriger. Mißmutliig, weil er seinen Wissensdurst nicht stillen konnte, ent fernte sich Tfuang-T'en. Kaum aber hatte er einige Schritte zurückgelegt, so trat eine Alte auf ihn zu, zog ihn in den Schatten eines Baumes und sagte: „Ich bin die Dienerin jener Dame und habe bemerkt, daß Ihr sie vergeblich um ihr Thnn hxfragt habt. Gebt mir soviel Held, daß ich mir von den Priestlß» ein Zauberpapier kaufen kann, welches mein Leben um zehn Jahre verlängert, und ich will Eure Neugier befriedigen." Tsuang Tie» gab ihr das Verlangte und die Alte fuhr fort: „Die Dame, die Ihr an dem frischen Grabe seht, ist die Frau L». die Wittwe des Gelehrte» Tao. der vor 14 Tage» starb, und jenes Grab ist das seinige. Als er seinen Tod herannahen fühlte, rief er feine Gattin, Sie er zärtlich liebte und die auch ihn während seiner Krankheit keinen Angen blick verlassen hatte und weinend »eben seinem Lager stand. „Weine nicht mein Weib", sagte er, „denn Du bist jung und schön und wirst Trost fin den." Alle!» 'Lu widersprach ihm und ichwur, sie W irde ihn nicht überleben. „Schwöre nicht," entgegnete er, „was Tu nicht liabc» kannst!" „Niin, so laß mich wenigüens schw 'rkii," rief Lu lclnnerzersüllt aus, „daß ich niedieGat iin eines Anderen werde!"—„Auch dies sollst Tu nicht schwören," wiederholte Tao. „Lieber Mann, aber auf fünf Jahre will ich sicher schwöre»!" „Schwöre nicht", beharrte Tao, „son dern versprich mir nnr, mich so lange nicht zu vergessen, bis die Erde über meinem Grabe ttecken geworden ,st!" Dies betheuerte Lu feierlich und der gute Tao schloß btsriedigt seine Augen sür immer. Die Verzweislung der Wittwe war grenzenlos. Dies ging dem jungen Li Fu, einem Schüler Taos, !o zu Herzen, das; er all- Mittel aufbot, die arme Lu zu trösten. Er svrach viel mit ihr von dem theueren Todten, »och mehr aber von sich selbst, und wie lieb !S ihm sein würde, sie wieder fröhlich i» sehen. Dann ging er fort und ver sprach, in einigen Tagen wieder zu kom men. Die Zeit, bis dies geschieht, be nutzt Ln. um die Erde des Grabes trocken zn machen, denn sie erwartet jeden Augenblick die Rückkehr Li-Ans; sie ist eine ehrenhafte Frau und will ihrem Manne das Gelübde nicht bre chen," So sprach die All». Nachdenk lich ging Tinang-Ticn von dannen, in deß er hinter fich den Fächer der Wittwe manschen hörte Schwatzerei. Lie Tante sprach so nebenher ein Wort; Zum Satze wurde dies schon bei der Nichte; Die Muhme spann's zur Anekdote fort, Und von der Base hört man's als Ge schichte! W. Herbert. Die Macht des Traums. TheinistokleS träumte einmal, er säße aus einer Pulvertonne Was,die Allen lannten ja das Schießpulver »och gar nicht. Ganz recht, aber träumen konnten sie doch wohl davon. Nichts i st schlimm «r, als wenn es von einem Verheiratheten heißt: tr ist von feinen Leiden erlöst. Man lveiß da nicht recht, ob er oder sie ge storben ist. Selbst die theuersten Aerzte behandeln meist umsonst. »«ltus u«d »ultnr »er Haar«. Von allen Geschichten aus der Bibel, die sich uns unauslöschlich eingeprägt haben, ist die vom Haare SimsonS eine der merkwürdigsten, zugleich eine der am häufigsten verbildlichten. Simson verlor seine übermenschliche Kraft, als man ihm heimtückisch sein üppiges Hgai abschnitt. Gewiß, das ist ein Märcyen, aber eines von tiefem Sinn. Volles Bart- und Haupthcur ist ein Zeichen von Gesundheit und Krast; der Bart lose, der Kahlkopf erweckt immer den Verdacht der Abgelebtheit, des physi schen Verfalles, der Unreife oder Un männlichkeit. Blickt man von der Gal leri« eines Börsen- oder Verhandlungs saales herab, so erschrickt man über di« Menge von Kahlköpfen. Es können viele bedeutende Geister, viele gewaltig« Charaktere unter ihnen sein, aber als Männer haben sie ihre Rolle ausgespielt. Der Kahlkopf kann, und wenn er noch so viel Geist und Liebenswürdigkeit be sitzt, kein Frauenherz mehr bezaubern, unersetzlich in jedem Sinuc ist ihm der Verlust der Haare. Es ist etwas Sonderbares um das Haar, dem sonst kaum eine körperlich« Erscheinung gleich kommt. Es ist der schönst« Schmuck des Mannes, wie des Weibes; bei dem Ersteren drückt «S Kraft und Würde aus, bei dem Letzte ren vermag es fast jeden andern Reiz zu ersetzen. Schönes Frauenhaar setzt diu Mann in Entzücken, ist «in Gegen stand poetischer Begeisterung. Und losgetrennt vom Haupte ist es meist ein Gegenstand des Ekels, ist es Schmutz, ist es Nichts. „Um ein Haar" ist eine sprichwörtliche Redens art, welche eine Geringfügigkeit aus drückt. Warum ist ein Haar etwas so Verpöntes, Widerwärtiges, während man im Stande ist, eine abgeschnittene Locke mit Inbrunst zu küssen? Wir wissen es nicht. Vielleicht darum, w«il das Haar in seiner Mehrheit das menschliche Haupt schmückt, diesen Tem pel des Geistes, die idealste Verkörpe rung der Seele, den Stempel der dividualität; das einzelne Haar verliert seinen Zusammenhang mit der Indivi dualität. Wie schon die Geschichte von Simson andeutet, spielt das Haar eine gewal tige Rolle in der Kulturgeschichte aller Völker. Die alten Griechen erfaßte» vollkommen feine Schönheit und Poesie. Zeus besaß eine Löwenmähne und weun er sie schüttelte, so bebten Himmel und Erde. Phöbes Haupt war mit golde nem Haar geschmückt, wie aus Sonnen strahlen geivoben und Benus bedurfte keines anderen Schmuckes, keiner andern Hülle, als ihres Haarmantels. Alle Venusgcstalten besaßen ihn reichlich Wenn Achill seine Locken schüttelte, schien eine feurige Gloriole sein edles Antlitz zu uinzebcn. Die Spartaner kämmten sich sorg fältig vor der Schlacht, um anständig im Reiche der Todten zu erscheinen. Der römische Kaiser Trajan, der edelsten und besten einer, trug wegen seines herrlichen Haarschmuckes den Beinamen „Crinitns". Schon in alten Zeiten gilt das Abscheeren des Haares als eine Schmach. Die Griechen schoren ihren Sklaven die Köpse, wie wir es noch heute an Sträflingen thun. Die Römer zwangen nicht nur ihre Kriegs gefangenen dazu, sondern auch gänzlich unterjochte Völker, so die Gallier, Ace tonen und Ligurier. Bei den alten Germanen wurden dem ehebrecherischen Weibe der Kopf kahl ge schoren, als schrecklichstes Schandmal, als Zeichen, daß sie nicht m?hr bezeh rcnswerth sei. Aehnlich wird in unserer Zeit den Nonnen daS Haar verschnitten, weil sie sich ihres natürlichen Reizes entkleiden sollen und im selben Sinne verbergen jüdische strenggläubige Ehefrauen das Haar uuter künstlichen „Scheiteln" aus Stoff, weil sie nicht mehr gefallen wol len. Sie erfüllen damit übrigens gleichzeitig die jüdische Vorschrift, nicht baarhäuptiz vor dem Angesicht Gottes zu erscheinen. Die natürliche Kahlköpfigkeit wurde im Allerthum geradezu als em Unglück betrachtet. Sueton schildert uns die Kunstmittel, durch welche Eäsar seine Kahlköpfigkeit zu verbergen suchte, Kaiser Domitian, auch ein Kahlkops, setzte strenge Strasen aus jeden Spott, welcher einen nackten Schädel zum Ge genstand halte. Agatholle!, der Tyrann von Syra kus, trug einen Myrtenkranz, um die Mängel seines Haupchaares zu bedecken. Auch die Bibel enthält noch verschiedene Stellen, welche den Abscheu der Juden vor der Kahlköpfigkeit ausdrücken, Je hova in feinem Zorne strafte den König vou Assyrien mit diesem Uebel. Esau weissagt eS als schreckliche Strafe den Moabitern, und der Prophet Ezechiel weiß aus das Haupt der fündigen Sy rier nichts Schlimmeres hcrabzuflucheii, als die Kahlköpfigkeit. Der fromme Prophet Elisäus leidet an derselben, und cIZ er deshalb von den bö!>n Jungen verhöhnt wird, verliert er seine Geduld und Heiligkeit und läßt die boshaften Rangen von wilden Thieren verschlin gen. Wie heilig der Bart bei den Juden gehalten wurde, ist allbekannt. So soll des gläubigen Inden Burt kein Messer berühren; andererseits läßt der Jude Haar und Bart verwildern, wenn ein Todesfall ihm Trauer auferlegt; dem Kiraettten „auf den Bart speien," kränkt ihn mehr, als ein Schlag in's Gesicht. —„Beim Barte des Propheten" schwört noch heute der Muselmann, dessen Welt anschauung sich bekanntlich auf hie Leh ren Moses stützt. Wenn Jeremias den trauernden Juden klagend zuruft: „Schneide Dir Deine ab!" so heißt das nichts anderes a.?: „Du bist so gott»erlassen, daß Du der heiligsten Satzungen ledig wurdest." Bei vielen anderen Völkern findet sich Sehnliches. Als die Gallier in Rom einbrachen und im Senat emcn Kreis ehrwürtäger Greise sanden, bewahrte» diese ihre ruhige Haltung, bis einer der Barbaren den Bart eines Greifes be rührte; da erhob der Beleidigte die Hand und das Gemetzel begann. Das Haupt der römischen Knaben war heilig; keine Scheere durfte eS be rühren, bis dem Jüngling die Toga angelegt wurde, d. h. bis er im bürger lichen und natürlichen Sinne Mann wurde. Das freiwillige Abschneiden der Haare galt vielfach als Trauer. Die alten Hellenen follen sich die Harre am Hin terkopf verschnitten haben, als ihr Dich ter Alkäus starb, und die rohen Solda ten Attilas drückten ebenso ihren Schmerz über den Tod ihres königli chen Führers aus. Und noch heute haben wir für die furchtbarste Verzweif lung keinen stärkeren, mimischen Aus druck, als „sich Haare ausreißen!" Man könnte ein Buch schreiben über den Cultus des Haares. Aber die vor stehenden Andeutungen genügen, um die Bedeutung des Kopfhaares klar zu machen. Man ziehe daraus die Lehre, daß man mit Bedacht die Haare pflegen soll, um sie vor vorzeitigem Ausfallen oder Grauwerden zu schütze», das Haar gesund, d. h. schön zu erhalten. Schön ist jedes Haar, welches reichlich und nicht zu starr ist. Dies allen Jenen zum Trost, deren Kopfschmuck eine un bestimmte, charakterlose Farbe hat. DaS Jdealhaar ist zweifellos das blonde, zumeist das goldblonde. Venus ist blond und der alte Homer berichtet uns von dem schönen Blondhaar der Helena. Denselben Reiz besitzt die verführerische Eirce und auch das männliche Schönheitsideal ist blond, nämlich Narciffus, Apoll und Eupido. Bei den römischen Dichtern findet man häufig das Lob des schwarzen Haares. Apnlejus vergleicht das Haar seiner Geliebten mit Ebenholz und Horaz preist seine schwarzhaarige Schöne. Aber das rabenschwarze Haar ist, in unserem Klima wenigstens, ebenso selten wie das goldblonde. Auch die natürlichen Locken finden sich nicht allzu häufig, und für die Mehrheit der SterbliHen handelt es sich darum, ihr schlechtes und farbloses Haar gesuud zu erhalten. Wie dies Ziel zu erreichen, darüber gehen die Meinungen, d. h. die Belehrungen auseinander. In unserer Jugend lehrte man uns, die Haare müßten fleißig geschnitten werden. In neuerer Zeit kam man daoo» ab. Manche Aerzte rathen zum mäßigen Fetten, andere sind für den Naturzustand. Die Einen warnen vor allzu anhalten den Kämmen, die Andern rühmen es als das beste Mittel, daS Haar ge schmeidig zu machen. Wir wollen hier alle hygienischen Maßregeln, für welche die Ersahruiig und die physiologischen Kenntnisse sprechen, kurz zusammen fassen. Man schneidet die Haare, weil man sie nicht in ihrer natürlichen Länge tra gen kann oder will. Man soll diese Operation nur vornehmen, wenn man sich ganz wohl befindet und, wenn mög lich, in der warmen Jahreszeit. Im Winter kann man sich durch plötzliches Scheereu gefährliche Erkältungen der Kopfhaut zuziehen. Ein Borurtheil ist es, daß das Wachsthum der Haare durch das Abschneiden befördert werde. Kurz abgeschnittenes Haar wächst nie wieder zu seiner vorigen und natürlichen Länge, wie häufig beobachtet -wurde. Es ist also dringend gerathen, jungen Mädchen die Haare nicht kurz abzu schneiden: unschädlich ist es, in langen Pausen die Spitzen abzuschneiden, doch darf dies, wie geiagt. nicht häufig ge schehen. Ein jtalieiiischer Arzt, Namens Cazeuave, berichtet von drei schönen Schwestern, die Alle prächtiges blondes Hayr hallen. Das der Einen, das weitaus schönste, längste und üppigste, hatte eine Länge von anderthalb Meler erreicht. Gerade dieses Haar war nie mals von der Scheere erreicht worden, während das kürzere der andern Schwe stern in der Kindheit kurz verschnitten worden war. Der Glanz und die Feinheit des Haares sind allerdings Eigenschaften, welche in undesinirbarer Weise mit dein Tcm?erament und dem allgemeinen Gesundheitszustand zusammenhängen. Einiges aber kann die Kultur auch dazu beitragen. Besondere Vorsicht verlangt trockenes, sprödes Haar. Die Scheere kann an diesem besonders viel Unheil stiften, denn die Spitzen der abgeschnittenen Haare theile» sich sofort wieder, und so ins Unendliche, wenn man wieder du Scheere anwendet. Unbedingt zu bekämpfen ist die Schup penbildung. Hiergegen sind Waschun gen anzuwenden von Carbolsäure (O,S Gramm), Glycerin,Älkohol, destillirteS Wasser, jedes zu 10 Gramm. Di« Waschungen müssen täglich vorgenom men werden. Kommen die Schuppen nicht von den Talgdrüsen der Haarwur zeln, sondern von der Kopfhaut, genü gen Waschungen mit Kleienwaffer. Trockenes und sprödes Haar ist mä ßig zu selten. Am geeignetsten dazu ist reines Mandelöl. Indianer und Kreolen fetten ihr prachtvolles Haar mit frischem Rizinusöl. Aber es wäre voreilig, die Prosperität ihres Haar schmuckeS ausschließlich dem Rizinusöl zuzuschreiden, da gewiß Klima und Rasse das ihre dazu beitragen. Vor allen angepriesenen Pomaden ist ent direkt schädliche Bestandtheile, doch meist ranziges Fett enthalten. Das Letztere ist entschieden verwerflich, wes halb vor dem Gebrauch aller fertig ge kauften Pomaden dringend zu warnen ist. Wer sich gerne solcher bedient, be reite sich dieselben selbst oder lasse sie nach einen, Rezept frisch bereiten. Ein solches ganz harmloses Rezept, welches nichts weiter beansprucht, als das Haar zu fetten und zu parfümiren ist das Folgende: 20 Gramm Wallrath, 30 Gramm Süßmandelöl, beliebige« Parfüm. Oder: 30 Gramm präparirteS Ochsen mark, 10 Gramm Bittermandelöl. Auch hier kann noch eine Essenz beigo» bracht werden. Pomade und Oel find ganz über flüssig, wo daS Haar von Natur fett ist. Wir machen noch besonders daraus ausmerksam, daß blondes Haar durch anhaltendes Fetten dunkel wird. Da gegen erhält Waschen mit Eigelb und Kleienwaffer das Haar hell, was alle glücklichen Besitzerinnen schönen Blond haares beherzigen mögen. Dennoch trotz aller sorgfältigen Pflege kommt eines TageS das erst« graue Haar. Die gewöhpliche Zeit für sein Erscheine» ist die zwischen dem 35. und 40. Jahre. ES wird mit einem Seufzer oder mit einem Fluche begrüßt, denn es ist der eigentliche Ab schied der Jugend, wenn diese auch noch einige Zeit zu verweile» scheint. Gewöhnlich schlägt diese verhängniß volle Stunde sür die Frau später, als für den Mann, da dieser mehr Gehirn verbraucht. Häufige Kopfschmerzen, Blutverluste, Ausschweifungen sind die physischen Ursache» frühen Ergraueus; ebenso geistige Anstrengung und an haltender Kummer. Außerdem ist srühes oder spätes Ergrauen erblich. Verschiedene Anekdoten erzählen von plötzlichem Erbleichen der Haare. Das bekannteste Beispiel dieser Art bezieht sich auf die unglückttche Königin Marie Antoinette im Kerker. Es ist sicher, daß dieser traurige Proceß des Er grauen? i» sehr kurzer Zeit vor sich geheu kann, unwahrscheinlich aber, daß dies, wie oft behauptet wird, in einer Nacht geschehen kamt. Unrathsam ist es, die ersten grauen Haare auszuzupfen. Gegen das Aus fallen der Haare gibt es kein radikales Mittel, weil die Ursachen zu verschieden sind. Erprobt ist das Kurztragen der Haare, sowie fleißige Waschungen mit kaltem Wasser. Auch muß das Be schneiden der Haare in diesem Falle von kundiger Hand geschehen, d. h. die irkrankten Haare müssen abgeschnitten werden. Außerdem ist es gerathen, den oben angegebenen Pomaden einen Zusatz von zwei Gramm schweselsaurem Chinin zn geben. Man vermeide schwere Hüte, und, wenn es sich um eine Patientin handelt, jede Frisur, welche eine An spannung und Zerrung des Haares fordert. Das Letztere ist überhaupt nach Thunlichkeit zu vermeiden, ebenso wie regelmäßiges Brennen und Sengen. Es ist ganz selbstverständlich, daß ein möglichst natürlicher Zustand dem Haare am zuträglichsten ist. Dies Alles sind unbedingt einpseh lenswerthe Vorsichtsmaßregeln. Gegen so ausgesprochene Erkrankungen des Haares und des Haarbodens ist die Wissenschaft leider so gut wie ohnmäch tig. Sehr selten ist andauerndem Haar ausfall Einhalt zu thun. Das bezeigen die zahllosen Kahlköpfe in allen Ge sellschaftskreisen. Im äußersten Falle, d. h. wenn der kahle Kops Gesundheitsstörungen nach sich zieht, entschließe man sich zu einer Perrücke, ein Aushilfsmittel, welches s» alt ist, wie die menschliche Eitelkeit. Denn schon an altägyptischen Mumien hat man Perrücken beobachtet. Die Träger dieser „falschen Behauptungen" schmeicheln sich sehr irrthümlich, daß Keiner das Geheimniß ihrer Locken durchschaue, weshalb man sich wirklich nur aus hygienischen Gründen zu diesem Aenßersten entschließen sollte. Glücklich zu preisen ist Jener, der sich seinen nor malen Haarwuchs bis in's Greisenalter zu erhalten weiß auch das weiße Haar ist noch immer ein schöner und würdiger Schmuck. Bakkalum! Ein geheimnißvolles Wort, das dem europäische» Diplomaten am Goldene» Horn ebenso bekannt ist wie dem Ein geborenen, der bei türkischen Würden trägern oder auf den langsamen und uncrgründlichcnÄegen türkischer Rechts« pflege etwas zu erreichen hofft. „Bakkalum!" —wir wollen sehen! Wie der gewitzte Türke selbH darüber denjt, das zeigt folgende Geschichte: Ein Kaufmann aus Bagdad kam »ach Kon stantinopel, um eine Beschwerde gegen den Bescheid einer Provinzialbehörde persönlich zu betreiben. Der Großve zier, an den er sich wandte, hatte aber eben erst eine kleine Erörterung mit dem Gesandten einer Großmacht gehabt, er war des trockenen Tones satt und wies die Beschwerde kurzer Hand zurück, ohne die Papiere nur anzusehen. Sobald der Minister diese bündige Entschei dung abgegeben hatte, küßte der Bitt steller ihm den Saum des Gewandes und rief in warmen Worten den Segen Gottes auf sein Haupt herab. Erstaunt über das Benehmen, fragte der Wür dige: „Was fällt Dir denn ein? Du hast Deine Sache, Deine Zeit und Gelt» durch meine Entscheidung verloren und dasür segnest Dn mich?" „Exzellenz", erwiderte der Kaufmann, „heule sehe ich, daß der Sultan den Allah be schützen möge!—nur Männer von höch ster Einsicht auf so hohen Posten beruft. Ihr habt meine Angelegenheit in zwei Minuten beurtheilt und entschieden und mich abgewiesen. Allah sei gepriesen! Ein anderer Großvezier würde mich mit seinem „Bakkalum! Bakkalum!" Mo nate lang hier aufgehalten haben, um mir schließlich dieselbe Antwort zu ge ben. Jetzt kann ich zu meinem Geschäfte und meine Familie Heimkehr«, ohne noch mehr Geld und Zeit zu verschwen den. Daher rufe ich Segenswunsch« auf Euer Haupt herab!« Der Groß vezier lachte, ging in sich, prüfte di« Angelegenheit und widerrief seine über eilte Entscheidung. GefährlicheLiebeSprobe. Tame: „ Wen» Sie mich wirklich wahrhast lieben, so beweisen Liers!" Herr: „Gerne! Das Waffer ist hier sehr reißend und tief: springen Sie hinein ich ziehe Sie sofort heraus!"