Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, May 14, 1891, Page 7, Image 7

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    Deutsche Lvcalnachrichte».
Provinz Brandenburg.
Um der Feuerprämie willen ist in .
Berlin ein noch nicht zwölfjähriger ,
Knabe zum Brandstifter geworden, wo- ,
durch mehrere Klassenräume der Ge- <
meindeschule Pankstraße Bjg Feuerscha- ,
den erlisten haben. ES ist der Sohn ,
eines in der Pankstraße wohnenden Ar- -
beiters L., der, nach seinem eigenen Ge-
ständnis;, deswegen Feuer in den Schul- ,
räumen angelegt hat, um als „Erster"
zum Feuermelder laufen zu können, und
sich so die darauf gesetzten drei Mark
Präm»e zu verdienen. Der Verdacht >
hatte sich aus ihn gelenkt, da er kurz vor
dem Brande Papier aus den Papier»! >
körben verschiedener Klassen bei Seite
geschasst hatte. Er hatte sich Schwefel j
verschafft und mittels desselben das Pa- j
Pier angezündet, nachdem er bereils am
Mittag desselben Tagest um die Wir
kung zu erproben, die Müllgrube
eines Nachbarhauses mittelst Papier
und Sch-wesel in Brand gesetzt
hatte. Ta Nachmittags kein Unter
richt in de: Knabenschule stattfand
und der Eingang verschlossen war,
schlich sich L. durch den Eingang der
Mädchenschule in daS Gebinde.
Von einem Arbeiter auS Teutsch Wil
mersdorf wurde in früher Morgen
stunde an der Thiergarten-Schleuse auf
«inigen am User abgelegten Frauen
lachen ein Zettel ge unden, welcher die
Worte enthielt: „Hier bin ich mit mei
nem Kind gestern Abend in's Wasser
gesprungen; bitte, benachrichtigen Sie
Frau Goldbach, Landsbergerstraße N),
und meine Herrschast. Bülowstraße 47
und 48. Ich kann nicht mebr leben
wegen unglücklicher Liebe." Diese Zei
len rührien von der 27 Jahre alten un
verehelichten Bertha Dornberg her, die
im Februar 1888 einem Kinde weibli
chen Geschlechts daS Leben gegeben hatte.
Die seiner Zeit angestellten Versuche, l
die Leiche« Mutler und des Töch
terchens aufzufinden, sind erfolglos ge
blieb«». Am Sonnabend Abend gegen
VH Uhr trieben nun im Landwehrcanal
vor dem Grundstück Salzufer 2 in Ehar
lottenburg zwei Leichen an. Dieselben
wurden als diejenigen der beiden Vor
genannten erkannt. Das Töchterchen
war mittels einer wollenen Schnur a»
die Mutter gebunden und diese hatte de»
Arm fest um des K indes Hals gelegt.
Pro v'i'N Z Schleswig-Hol
stein.
Ueber einen Knabenraub, den ei»
Zögling des Previgen-SeminarS ir.
Kropp ausgesührt hat, berichtet maiiZol
gendes: Der Proseminarist Krug«
in Breklum wandle sich kürzlich an einen
Pastor in Pole», welcher der Anstalt in
Kropps Söhne zur Erziehung übergeben
hatte,und verlangle von ihm einDarlehen
von Äsvl> Mark. Als der Vater ans
dieses Geiuch nickt eingehen wollte, ent
führte Krüger seine beiden Söhne aus
Kropp. Pastor Jenjen in Breklum,
der Leiter des dortigen Prediger Se
minars, bot Krüger, von ihm gelauscht,
ein Asyl an, und von diesem aus richlele
Krkzer an den Vater die Drohung, ihm
seine Söhne nach Amerika zu enljühren.
Der Vater schickte nach Kropp Briefe
und Telegramme, um die Knaben dort
hin zurückzubringen. Er bat die Pasti
ren am Krovper Prediger Seminar,
Pautsen und Pfass, sie möchten sich doch
seiner Knaben annehmen. Aber alle
Versuche von Kropp aus, die Knaben
jnrückzusüyreu, scheiterten an der Wei
gerung des Pastors Jensen, trotzdem
diesem die Abschriften der Briese des
Vaters gejchickt wurden. Letzterer ver
langte jetzt polizeiliche Zurücksührung;
darauf wurde »in Beamter nach Brek
lum gejchickt, die Knaben zu holen.
Pastor Jensen hatte dem Vater tele
graphirt, daß.er den 16—17 jährige«
iltervn Sohn, der nicht im Stande ist,
auch nur einen Brief ohne die gröbste»
grammatischen Schnitzer zu schreiben,
in's Prediger-Seminar ausgenommen
habe
Provinz Westfalen.
Znr Nachtzeit brach in einer Abthei
lung des Baumwolllagers der Spinne
rei J»h, Fiiedr. Klauser in M> Glad
bach Feuer aus, tvelcheS an 2700 Ballen
Baumwolle gänzlich vernichtete. In
dem Haufe des Bötichermeisters Voß m
Hemer gab plötzlich eine Seitenwand
nach und kurze Zeit daraus stürzte die
Wohnung in fich zufsinmen. Die zahl
reichen Familienmitglieder waren in
dem Wohuhause, aber wie durch ein
Wunder lauien alle mit dem bloßen
Schrecken davon. Der Einsturz soll
noch eine Folge deS vorjährigen Hoch
wasser« sein.—Dem berühmten Dichter
von „Dreizehnlmden", dem Centrums-
Abgcordneten Sanitätsrath Dr. I. W.
Weber in Nieheim (Kr, Höxter) ist der
Charakter als Geheimer SanitätSrath
verliehen worden. 112 In Rheine der
emerirte geistl. Gymnasiallehrer Joseph
Lerbeck. Die seit mehr als 10» Jah
ren bestehende Zeche „Rothe Erde" bei
Schwelm, welche in den letzten 20 Jah
ren circa 45V Mann beschäftigte und
täglich 0 bis 12 Waggonladungen Eisen
stein und Schwefelkies sörderte, ist er
schöpft und soll am 1. Juli außer Be
trieb gesetzt werden, Soest ist zum
Festort sür das 6. Westfälische Singer
fest au?ersel,en. Dasselbe wird unter
Betheiligung von ca. 500 Sängern am
«. und 7. Juni geseiert werden.
R h e i n p r o v i»z.
Vor zwei Jahren starb zu Ronheide
d» Rcntner Ofsergelt und hinterließ fein
etwa 120,000 Mark betragendes Ver
mögen der Aachener evangelischen Ge
meinde. Das Testament wurde indes
sen von den gesetzlichen Erben des Ver
storbenen angefochten. Jetzt wurde
vom hiesigen Landgericht das Testament
sür nichtig erklärt. Der Bäckermei
ster Weiler und seine Frau in Aachen
wurden Nachts von dem Gesellen Albert
Dössing übersallen und durch Beilhiebe
verwundet. Weiler ist bereits gestorben.
Die Verletzungen der Frau sind schwere.
Ter Thäter ist sofort entflohen, jedoch
i» Lüttich festgenommen worden. D»c
Arzt Dr. Karl Meisenburg in Barm«
zog sich dadurch, daß bei Gelegenheit
einer Operation ihm etwas Eiter in
eine kleine Wunde an der rechten Hand
gerathen war, eine Blutvergiftung zu,
welcher der beliebte Arzt jetzt erlegen ist.
—Während man bisher die Stadt Bonn
auf 42,000 Einwohner berechnet hat,
ergibt die letzte Volkszählung endgiltig
nur 4V.LIS Beelen. Hiervon sind
3V,889 Katholiken, 80S0 Protestant-»
und 801 Israeliten. 112 Der langjäh
rige Redalteur der „Deutsche Reichs
zeitung," Dr. Franz Matzner in Bon».
112 Fürst Georg zu Solms-Braunsels
nach längerer Krankheit in Frankfurt a.
M. Die Firma Jammers und
Schreiber in Crefeld ist vom Gericht für
zahlungsunfähig erklärt worden. Den
Schulden, die eine halbe Million über
steigen, stehen nur geringe Besitzstücke
pegenüber, so daß der Verlust für die
Gläubiger bedeutend sein wird. An
dem MarkfchneiderKirchberg in Dudwei
ler nahmen dieser Tage drei Aerzte eine
Operation vor, wodurch derselbe durch
eine Kugel befreit wurde, die er 4Ä
Jahre im Körper gehabt hat. Der
Mann wurde nämlich im badilchen
Heldzuge 1840 in einem Gerecht
durch einen Schuß in die Lenden
verwundet. Die Kugel hatte sich bis
oberhalb des Kniegelenkes gesenkt.
In Oberkassel brannte kürzlich die
Rheinische Porzellan Manufaktur nie
der. Der Besitzer derselben, Herrmann,
erscheint nun dringend verdächtig, den
Brand vorsätzlich angelegt, bezw. den
Anlaß dazu gegeben zu haben, um sich
in den Besiy der hohen Versicherungs
summe zu setzen, und ist verhastet wor
den. Ferner wird dem Verhasteten
auch noch ein anderes Verbrechen zur
Last gelegt, nämlich die Ermordung
seines Portiers, welcher vor mehreren
Jahren unter sehr auffallenden Umsiän
Ken erhängt aufgefunden wurde. That
sache ist, daß es schon srüher in der
Herrmann'jchen Fabrik gebrannt hat.
Auch soll Herrmann in Bayern bereits
eine Porzellan Fabrik besessen haben,
die ebenfalls abgebrannt ist.
Der Redacteur der socialdemokratischen
.Freien Presse" in Elberfeld, Hermann
GriniPe, wurde von der Strafkammer
wegen öffentlicher Beschimpfung von
Einrichtungen der christlichen Kirche zu
einer einmonatlichen Geiängnißstraf«
verurtbeilt. Der „Rheinisch - West
. sälischen Zeitung" in Essen ist der amt
liche Charakter als Kreisblatt entzogen
! worden, weil sie wiederholt, um ihre
! Aufiraggeber, die Grubendirectoren. zu
vertreten, eüizelne Minister angegriffen
hat. 's In Essxn Justizrall, Franz
Anz. Der Redacteur Möller von
der „Bergarbeiter-Zeitung" von Elber
seld wurde wegen Ausreizung zum Klas
senhaß zu neun Monaten, ferner wegen
Beleidigung zu sechs Wochen und in
einem weiteren Falle zu vier Wochen
Ge'ängniß verurtbeilt und sofort ver
haftet. Ter frühere Stadtrendant
Nrämer in Mayen wurde vom Schwur
gericht in Coblenz zu zwei Jahren Ge
fängniß verurtheilt. Als mildernde
Umstände wurden in Betracht gezogen,
daß Krämer ein reumüthiges Genänd
niß abgelegt hatte nnd der Fehlbetrag
(»000 bis 500 t) Mark) nicht sehr hoch
lei.
Kvnig reich Sachse».
Wie man mit Kritiken Anstoß erre
gen kann, geht auZ folgendem Geschicht
che» hervor: Von Dresden nach Leipzig
fuhren mehrere Damen und Herren in
einem Eisenbahn-K uvee. Das Gespräch
kam auf die Dresdener Oper und eine
Dame sprach sich sehr abfällig über die
Sängerin H. aus. „Sind Sie nicht
auch meiner Meinung?" fragte sie end
lich einen Herrn an ihrer Seite. Sehr
kühl antworiete derselbe: „Wollen Sie
das Alles nicht lieber mit Frl. H. selbst
besprechen? Sie sitzt Ihnen gerade ge
genüber.' Betroffen wandle die Dame
sich an Frl. H. und stammelte ein ge
verwirrte Entschuldigungen. Endlich
glaubte sie eine gute Ausrede gefunden
zu haben: „Ich habe mich nur durch
>den Kritiker U. beeinflussen lassen. Ich
glaube er ist es, der immer gegen Sie
schreibt. Er muß ein sehr unangeneh
mer pedantiicher Mensch sein!" Lä
kclnd erwiederte Frl. H.: „Können
Sie das Alles nicht lieber Herrn A.
«selbst sagen? Er sitzt neben Jhneu "
Wie wesentlich die Ausfuhr Sach'enS
»ach den Ver. Staaten vou Amerika
fortgesetzt unter den durch die McKin
tey-Bill eingetretenen Erschwerungen
(insbesondere für dieTertil-Jndustrie)
leidet, zeigen die jetzt vollständig vorlie
genden amtliche» Ausweise der 5 Eon
julatsbezirke für das erste Vierteljahr
1891. Hiernach betrug der Werth der
gefammten Waarenaussuhr Sachsens
»ach der amerikanischen Union 5,530,-
VS7 Dollar», gegen den gleichen Zeit
raum des Vorjahres einen Ausfall um
855,249 Dollars, oder 13,39 Procent.
Derselbe wurde in allererster Linie
durch Ehemuitz herbeigeführt, welches
bei 2,320,210 Dollars Gesammtaus
fuhr für 874,822 Dollars weniger als
im 1. Onartal I89t) exportirte; ist doch
in diesem Bezirke allein die Aussuhr
baumwollener Striimpfwaaren von
88»,490 Dollars auf 315,859 Dollars
zurückgegangen, serner die seidenen Han
dschuhe von 330,317 Dollars auf 205,101
Dollars, die von Möbel- und Polster
waaren von 111,427 Doll. auf 53,357
Doli. Eine kleine Zunahme weisen nur
Kleiderstoffe ». dgl,, sowie Handschuhe
»uf. Nächst Chemnitz hat Plauen i. V.
«it 729,043 Doli. Waarenwerth den
stärksten Ausfall, nämlich um 477,229
Doll., auszuweisen; auch hier erstreckte
sich der Rückgang in erster Linie auf
Textil Erzeugnisse, speciell Kleiderstoffe,
oon denen »280,100, und
Spitzen, von denen nur »129,0!<1 aus
geführt wurden: der zweitstärkstc Aus
fuhrartikel des Vogtlandes waren dies
mal Musikinstrumente und Saiten
(5228,553). Dresden exportirte bei
einer Gesammtwerthsumme von »380,-
ZO6 und einem Ausfall von »115,38«
in erster Reihe leinene und halbleinene
Waaren <»176,188), uächstdem Gla»
, iwd Porzellan, W»llwaare» und photo-
graphische Papiere. Zunahmen der
Ausfuhr verzeichnen im verflossenen
Vierteljahre: Leipzig um »302,083 bei
»1,356,580 GesammtauSsuhr von
welcher K 419.833 auf Rauchwaaren und
Häute, »278,704 aus wollene Kleider
stoffe, »188,077 auf Borsten und je ca.
iü05,000 auf Rohzucker, sowie Bücher
etnschl. Zeitschriften entfielen und
Annaberg um 5310,105 bei »730,788
Gesammtausfuhr, von welcher allein
»539,130 aus Posamente, Stickereien u.
dgl., welche hauptsächlich Eibenstock aus
führte, entfallen. Am 7. November
verschwand in Leipzig die Frau des
Buchhändlers Otto Maier, Elisabeth,
geb. Gehry aus Stettin, und alle Nach
forschungen nach ihrem Verbleib waren
bis jetzt vergeblich; es wurde nicht die
geringste Spur gesunden, die dem Gat
ten oder der Behörde einen Anhalts«
punkt gegeben hätte. Da die 30jährige
Frau in den glücklichsten Verhältnissen
lebte nnd ihr Wesen jede Vermuthung
auf Flucht oder Selbstmord ausschließt,
so bleibt nur die Annahme, daß sie in
verbrecherischer Weise beseitigt worden
ist. Ter unglückliche Gatte hat eine
Belohnung von 1000 Mark für die
Entdeckung des Verbrechers ausgesetzt.
Thüringische Staate»
-f In Rudolstadt der um das schwarz
burg'sche Schulwesen hochverdienle
Oberschulrath, Generalinspektor und
Seminardirektor a. D. Robert Wächter.
Zur Erzielung einer einheitliche»
Vorbereitung der Seminaristen im
Fürstenthum ist iu Rudolstadt eine Prä
parandenanstalt mit einjährigem K ursus
mit Beginn des neuen Schuljahres ins
Leben getrete». Der schon seit einem
Vierteljahr andauernde Strike der
Handschuhmacher in Arnstadt zeigt keine
Aussicht auf Erfolg, da die Fabrikanten
anderweitige Arbeitskräfte gefunden
haben. Vielen der verheiratheten Zu
schneider ist es trotz mehrfacher Be
mühungen nicht geglückt, auswärts eine
andere Arbeitsstelle zu finden. Beson
ders aber sind zahlreiche alleinstehende
Frauen und Mädchen um Arbeit und
Verdienst gekomme», und Noth und
Bedrängnis; ist vielfach in diesen unver
schuldet in Mitleidenschaft gezogenen
Kreisen eingekehrt. Der in guten
Verhältnissen lebende Klempnermeister
Günther in Arnstadt wurde erhängt
aufgesunden. Neuerer Bestiiumung
zufolge soll der Grundstein zum Kaiser
Wilhelm-Denkmal auf dem Kyffhäufer
nicht, wie ursprünglich geplant, am
S. September, sondern am 18. Oktober
d. IS. gelegt werden. Gegenwärtig ist
man mit der Herstellung von Zufuhr-
Wegen, Terrassenbauten, sowie einer
Verbiiikuilg mit dem am Sndaohange
gelegenen Steinbruche, woselbst ein
Gasthaus errichtet werden soll, beschäf
tigt. Die Arbeiten werden mit großer
Rührigkeit betrieben. Die Gebrüder
St„ welche in Oelze Massemühlen be
trieben, haben sich kürzlich entfernt und,
nachdem iie in Arnstadt ihre vier Pferde
und Geschirr verkauft, sind sie spurlos
verschwunden. Die Schuld soll eine sür
hiesige Verhältnisse bedeutende sein;
man nimmt an, daß wenigstens sür
18,000 Mark Wechsel im Umlauf sind.
i In Sondershausen der ehemalige
Hostheaterdirektor Ferdinand Heckscher,
einst ein berühmter Schauspieler,
Rechtsanwalt Arno Siegen in Weimar
hat sich seit einigen Wochen entfernt,
ohne die Angelegenheilen seiner Clien
ten zuvor zu ordnen oder dem Gericht
irgend welche Mittheilung zukommen zu
l»sse». Jetzt macht nun das Amts
gericht bekannt, daß für den in „unbe
kannier Ferne verweilenden" Anwalt
ei» Vormund in der Person des Rechts
anwalts Johannes Wilke bestellt wor
den ist. Acht Bürgern in Jnna:
Gerbkrmeister Joh. Elkardt, Arbeiter
August Enax, Seilermeister Hermann
Germar, Rechtsanwalt Jacobs, Bäcker
meister Karl Köhne, Handarbeiter
ChristiaiiOst, Bernhard Pretzfch, Schutz
mann Otto Zenner, welche sich bei dem
vorjährigen Hochwasser durch Rettung
von Menschenleben unter eigenerLebeus
gefahr hervorragend betheiligt haben,
wurde vom Bürgermeister Singer im
Auftrage des Lebens
rettungsmedaille feierlichst überreicht.
Der frühere Wirth des „Herzog
Bernhard" in Jena ist kürzlich mit
Hinterlassung von Schulden nach Ame
rika geschwommen. Jetzt hat er aus
Chicago an einen Gläubiger geschrie
ben, daß es ihn, gut gehe, und wenn er
diese» Sommer ein wenig Glück habe,
hoffe er seine rückständigen Rechnungen
begleichen zu können.
Königreich Bayer».
Daß im Lande der Bierbereitung
auch die Trinlsähigkeit nicht ausstirbt,
haben ein Metzgergehilfe und ein Wag
ner jüngst im Bayerischen Walde be
wiesen, indem jeder binnen fünf Stun
den wettgeinäß dreißig Liter Bier ver
tilgten. Und sie versanken dabei nicht
einmal unter den Tisch. Vermuthlich
gibt es noch manchen Bajuwaren, der
AelKiliches zu leisten vermöchte. Leute,
die zehn bis fünfzehn Liier hinter die
Binde zu gießen vermöge», könnte man
in nicht geringer Zahl finden. Vor
Kurzem sah ich einem Manne zu, der
einen mit zwei Liter Bier gesüllten zin
nernen Pokal am Rande mit den Zäh
nen faßte und ihn ohne abzusetzen bis
zur Nagelprobe in einem langen Zuge
leertrank. Uebung macht eben den
vteister! Die Nesseln sangen bei uns
ber auch früh zu brennen an.
Großherzogthum Baden.
Am 19. April, vierzig Jahre nach
dem Tode des Erfinders des Zweirades,
Karl v. Drais, Freiherrn von Sauer
bronn. löste die Vaterstadt des Erfin
ders, Karlsruhe, und die deutsche Rad
fahrerschast eine Ehrenschuld ein, welche
sie dem Genannten seither schuldete.
Freiherr v. Drais wurde 1785 gebo
ren; ursprünglich Forstmeister, widmete
er sein ganzes Leben nur Erfindungen,
»ie ihm sein ganzes Vermögen kosteten
znd ihm den Spottnamen „Professor
»er, Mechanik" einbrachten, so daß er
hier im Jahre 1851 in völliger Armuth
verstarb. Wie kaum je eine Erfindung,
wurde seine des Fahrrades verkannt
und er verspottet. Heute gehört dem
Zweirade die ganze Welt, während übe«
das Leben seines Erfinders noch voll
ständiges Dunkel herrscht; nur ei«
primitive Gedenktafel am Sterbehaus«
nannte seinen Namen. Vollständig auS
der Erinnerung gestrichen werden sollt«
er durch die Einebenung seines Grabes,
welches sich aus dem alten Friedhofe be
fand, der jetzt zu einer Bahnhofsanlag«
umgewandelt worden. Den Bemühun
gen der vereinigten KarlSrnhcr Rad
fahrer gelang es, die Erlaubniß zu er
wirken, die irdischen Ueberreste Draii
nach dem neuen Friedhofe zu überfüh!
ren. Bei der Ausgrabung zeigte sich
daß der Kopf des Erfinders noch gu>
erhalten, und wurde ein Gypsabguß
von ihm angefertigt. Die Ueberführung
erfolgte in Mrlicher Ceremonie unte,
lebhafter Theilnahme. Zahlreiche Lor
beerkränze mit Schleifen und Widmun
gen wurden von der Radfahrerschafl
Badens, dem deutschen Radsahrerbund,
dem allgemeinen Radfahrer Bunt
„Union", den einzelnen Gauen und
Vereinen aus dem Grabe niedergelegt,
auch die Redaction des „Stohlrad" i«
Leipzig hatte einen Lorbeerkranz ge
schickt.
Elsaß -Lothringen.
Ein blutiges Familiendrama spielt,
sich in Metz ab. Die Ehefrau Finkle!
aus Otzenhausen bei Trier hatte sich
wegen schiechter Behandlung seitens
ihres Mannes nach Metz zu ihrem
Bruder, einem gewissen Kleinbauer ge
flüchtet. Finkler langte nun an, begab
sich in die Wohnung seines Schwagers
und stieß ihm, ohne ein Wort zu sagen,
sein Messer in die Brust. In dem
Glauben, ihn getödtet zu haben, schnitt
sich F. mit demselben Messer die Kehli
durch. Der Mörder und sein Opfer
wurden schwer verletzt nach dem Hospi
tal Bonsecours gebracht. Beim An
stecken eines neuen HoqofenS in Nekin
gen bei Metz ereignete sich ein recht
schwerer Unglücksfall. Einer schlecht
schließenden Klappe entströmten Gase.
Um dem Uebel abzuhelfen, entsandt«
der Schmelzmeister Thiesmeier den
Arbeiter Metz, aber von dm giftigen
Gasen betäubt, sank dieser ohnmächtig
nieder. Dem zur Hilfe herbeieilenden
Schmelzmeister widerfuhr das gleich«
Schicksal. Erst als man die Gase nact
einer anderen Seite geleitet, konnte man
die Verunglückten, die bereits erstickt
waren, von dem Ofen entsernen. Drei
weitere Arbeiter, welche sich an dem
Rettuugswerle betheiligt und ebenfalls
die Besinnung verloren hatten, schweben
»och in Lebensgefahr. Aus Metz
wird berichtet: Die junge Frau des
Weinbauern Wiscart in dem französi
fchen Grenzdorse Preny erfuhr vor eini
gen Tagen, daß sie von ihrem Ehemann«
hintergangen werde. Besinnungslos
»or Schmerz und Zorn schloß sich di«
unglückliche Frau mit ihren Kindern,
einem Mädchen von zwei und einem
Knaben von drei Jahren, in ihr Schlaf
zimmer ein und erwürgte die armen
Kleinen. Sie selbst stürzte sich nach
vollbrachter That in den Brunnen des
Hofes. Es gelang jedoch, die Unglück
liche noch lebend aus dem Brunnen z«
ziehe« und in s Krankenhaus zu ver
bringen.
Br«unschweig. Anhalt.
Lippe.
-s- In Braunschweig Regierungs- nnd
Baurath Alb. Sterncke, stellvertreten
der Direktor des königl. Eisenbahntie
triebSamts. Der Gymnasioldirektoi
Professor Dr. Albrecht in Braunschweig
wurde, während er Turnübungen der
feit einiger Zeit hier bestehenden sogen,
akademischen Riege mitmachte, während
eines Dauerlaufes vom Gehirnschlage
getroffen und war nach wenigen Minu
ten todt. In Blankenburg a. H.
hat sich ein Unteroffizier des Bataillons,
Namens Oelkers, erschossen; derselbe
war mit der Leitung einer Kompagnie
kammer betraut. In Hasselfelde hat
sich der Dachdecker Tobias Heydecker
erhängt.— Die Frau des Schuhmachers
Wilh Rieche in Hafselselde ertränkte
sich in der Nähe ihres Geburtsortes
Traulenitein. Fast vergessene Reli
quien befinden sich in Detmold: Die
Flaggen der Schiffe, welche einst die
.deuyche Flotte" bildeten und 1852
unter deu Hammer kamen. Bis auf
einige Exemplare find diese Flaggen in
einer Hand vereinigt; der Neffe deS
einstigen reaktionären lippischen Mini
sters Hannidal Fischer kaufte sie bei der
„Flottenauklion", die sein Onlel da
mals trotz der Entrüstung des deutschen
B lkeS vollzog. Der Reffe hat die
Flaggen vor der Vernichtung bewahrt.
Der jetzige Besitzer ist der KabinetS
'ekretär a. D. Fischer.
Mecklenburg.
Die Vorarbeiten zu dem i» de«
Tagen vom 5. bis 8. Juli d. I. in
Schwerin stattfindenden 11. Mecklen«
burgischen LandeSschützenfeste werde»
sehr eifrig gefördet. Es bestehen acht
Ausschüsse, unter denen die Arbeiten
vertheilt worden sind. Der Grogherzog,
welcher das Protectorat über das Fest
übernommen hat, hat auch einen Ehren:
preis bkwilligt und wird voraussichtlich
zur Zeit des Festes in Schwerin anwe
send sein u»d dann auch das Fest be
suchen. Aus dem zum Festplatz auser
sehenen großen Exercierplay wird ein«
Schießhalle von tili Meter Front und
18 Meter Tiefe, sowie ein Gabenlempel,
ein Musiktempel und ein Zelt für den
Großherzog erbaut werden. —Bei dem
siebenten Sohne des Einwohners
Trilck in Schwartow hat der
Großherzog Pathenstelle übernommen.--
Jnjolge böswilliger Brandstiftung
brannte in Brüel ein Schuppen deS
Tischlermeisters Hasemeister nieder.
Der Nachbar Haseineister'S, Malermei
ster Schulz, welche? wegen Krankheit
das Bett hüten mußte, erlitt in der
Nacht in Folge d«5 Schreckes und der
Angst über die NSHe de» Feuers einen
wiederholten Schlagansall, welcher fei
nem Leben ein Ende machte. Schulz
war seit einer Reihe von Jahren Km»!
mandHr der Schützenzunft. Bürgxr-
Schneider Krause in Criritz feierte sein
50jährize» Jubiläum. In Doberan
hat sich der Forstmeister von Wickede, >
der schon einmal in einer Anstalt gewe-!
sen, in Geistesumnachtung selbst den
Tod gegeben. Er sollte dieser Tage in
Doberan in sein neues Amt eingeführt
werden. In Goldberg feierten Se
nator Borngräber, Böttchermeister
Stau und Glasermeister Päpke, gleich
zeilig den Tag, an welchem sie vor S 0
Jahren Bürger wurden.
Oldenburg.
Der wegen Ermordung seiner Bra»t
zum Tode verurtheilte Arbeiter Rüde
busch aus Logemoor ist zu lebensläng
licher Zuchthausstrafe begnadigt worden.
In dem bei Rodenkirchen belegenen
Hakendorferwurp ist das Wiemken sche
Bauernhaus mit zwe« Arbeiterhäufern
ein Raub der Flammen geworden. Der
Großknecht des Landmanns A. wurde
als verkohlte Leiche in dem Schutt auf
gefundeit. Dem von Eutin fcheiden
den Geh. Kirchenrath Dr. Rupertt ist
von dem Großherzog das Ehren Com
thurkreuz des Haus- u»d Verdienst
ordens verliehen worden. Ueber di«
Hollmann'sche Holzhandlung in Jever
ist der Concurs eröffnet worden. Da
durch hat eine große Anzahl „kleiner
Leute", als Handwerker, Schiffern, s. w.
empfindliche Verluste erlitten. Den
Passiven m Höhe von 400,000 Mk.
stehen nur etwa 100,000 Mk. Activa
gegenüber.
Freie Städte.
Der Geestemünder Dreimastschoner
„Union", Eapitän Pricker, von Eng
land mit einer Ladung Kohlen nach der
Weser bestimmt, scheiterte aus dem
Nordwest - Riff von Spiekeroog und
wurde gänzlich wrack. Die ganze Mann
schaft ist von dem Rettungsboot der
Station Neuherlingersiel gerettet wor
den. Ueber das Scheitern des engli
schen Dampfers an der Insel Wanze
roog, welches telegraphisch gemeldet
wurde, wird Folgendes bekannt: Da»
Schiff war die große englische Schoner
brigg „Heather Bell," Eapitän Cro
thers, aus Aberyslwith, von Warkworth
ebenfalls mit einer Kohlenladung nach
der Weser unterwegs. Von der Be
satzung wurden nur der Kapitän und
der Koch von dem Bremer Dampfer
„Assecuradeur" gerettet; die Uebrigen
ertranken, nachdem ihr Boot in der
Brandung gekentert war. Fünf Leichen
von der verunglückten Mannschaft sind
auf Waugeroog angetrieben.
Schweiz.
Vor dem Ciiminalgericht in Luzern
spielt gegenwärtig ein Drama, welches,
wenn es in weiteren Kreisen bekannt,
berechtigtes Ausfehen erregen wird. Im
Jahre 1888 wurden die Bewohner des
Dorses Daymersellen im Kanton luzern
durch sich immer wiederholende Brand
stiftungen und durch eine wahre Fluth
von höchst obscönen anonymen Briefen,
welche an die bestbeleumundcten Bewoh
ner gerichtet waren, in Bestürzung und
Aerger versetzt. Trotzdem sich ein frei-
Williger Wachtdienst organifirt hatte,
kamen immer wieder neue Brände vor.
Setzten diese ans, so erschienen die un
fläthigen Briefe, und so ging es fort i»
greulicher Abwechslung. Die Unter
suchung belastete einen gewissen Müller
und dessen Familie und in Folge von
Zeugenaussagen wurde dieser früher
ganz unbescholtene Geschäftsmann spä
ter zu schwerer Zuchthausstrafe ver
urlheilt. Nun, nach drei Jahren, wurde
durch einen neugewähltenUntersuchungS
richier das Verfahren wieder ausge
nommen und in unumstößlicher Art und
Weife der Beweis geliefert, daß die
Familie Müller gänzlich unschuldig ist
und all' die verschiedenen Verbrechen
von einer gewissen Frau Bisanz, deren
Mann Barbier im Dorfeist, begangen
wurden. Dieie Bisanz hatte gegen das
Müller'sche Ehe.aar aus unbedeutender
Ursache einen tiefen Haß gesaßt und be
schlossen.sie zu verderben. Mit teuflischer
Rasfinirtheit suchte sie durch die er
tvähnteußriefedie Ehre des Arztes und
durch wiederholte Brandstiftungen das
Glück der Familie Müller zu untergra
ben. Ihrem und ihrer Verwandtfchaft
falschem Zeugniß ist eS zuzuschreiben,
daß ein Unschuldiger verurtheilt würd«.
Oesterreich.
s Wien: Franz Ritter v. Schröt
er, Sektionschef des Ministeriums deS
Innern; Johann Wierzdicki, Senats
präsident de» obersten Gerichtshofes;
Dr. Karl Fischer, Landesgerichtsrath
i. P,; Johann Hawerlandt, Bezirk»-
AuSfchuß und Oberlehrer; Oberbau
rath Zettl, welcher seinerzeit das Reichs
rathSgebäude vor dem Schottenihor
binnen sechs Wocheu herstellte; Dr.
Alois Urbantschitsch, Primarius des
Krankenhauses zu St. Elisabeth; Franz
Neumann, Hoskürschnermeister; Dr.
Johann Bapt. Kispersky, Piaristen-
Ordenspriester. Großes Aussehen
erregte in PurkerSdorf der Selbstmord
eines kaiserlichen Forstbeamten, deS
Försters Änton Hartmann m Stadi
hiitter (Gemeinde Purlersdorf). Hart
mann lebte iu äußerst günstigen Ver
hältnissen, weshalb man ansangs der
Nachricht von dem Selbstmord dieses
Mannes keinen Glauben beimessen
wollte. Vor Kurzem zwischen Ii) uns
II Uhr Vormittags rief er, noch rm
Bette liegend, seine Gattin und die
zwei herzigen Mädchen zu sich und nahm
Abschied von ihnen. Ehe die Frau
sich noch über diese Scene recht klar
werden konme, führte Hartman» eine»
Gegenstand zum Munde es war,
wie sich später herausstellte, Strichnui,
dem er in einigen Minuten erlag.
Schlechter guter Rath.
Mutter: „Du Verschwender alle
Augenblick' brauchst Du eine Schachtel
Zündhölzer!" Sohn: „Wühle nicht,
wie ich anders meine Cigarren in
Brand brächte!" Mutter: „Wenn
Du sparen wolltest, wüßtest Du'S ganz
gut; da zündet man einfach eiue
Cigarre mit der ander'» an!"
Von einem lustige»!
Aprilscherz wird der „Neuen Freien >
Presse" aus Constantinopel berichtet.
Am 13. April, dem 1. April griechischer
Zeitrechnung brachte die in Stambul
:rscheinende griechische Zeitung „Con
stantinupolis" einen längeren, sehr
sympathisch gehaltenen Aufiatz über den
Wiener Männergesang - Verein, der
Mitte Mai dort erwartet wird. Zum
Schlüsse folgte diesem Aussatze noch ein
Nachtrag folgenden Inhaltes: „Wie
wir in letzter Stunde erfahren, sind die
obenerwähnten Sänger heute Morgen
mit einem Sonderzuge hier eingetrof
fen und werden heute Abend um 12
Uhr türkisch Uhr Abends) auf dem
der Taximcaserne gegenüberliegenden
Exercirplatz singen. (Es ist da ein
ödes, am Ende der Stadt gelegenes,
sür Eavallerie - ccevungen bestimmtes
Sandfeld gemeint). Die Sänger wer- >
den dorthin durch die große Perastraße
unter fortwährendem Absingen der
Nationalhymne und unter den Rufe»
.Elgen" (soll wohl heiße» Eljen) sich
begeben. Selbstverständlich werden die
Sänger festlich geschmückt und mit
Epheu bekränzt sein, überdies vielfar
bige Laternen mit-sich führen. Vor
den Sängern werden hierortige Trom
melschläger. hinter denselben Lauten
bläser marschlren, trommeln und bla
sen, und auf diese Weise mit abend
ländischem Gesänge morgenländische
Weisen verschmelzen." So handgreif
lich auch der Aprilscherz war, so fanden
fich trotzdem Tausende, die nach dem
Exercierpiatze hinauszogen, um die be
kränzten, die Nationalhymne singenden,
Elgen schreienden und Laternen schwin
genden Wiener Sänger zu begrüßen.
Zu spät merkten sie, daß man sie in den
April geschickt halte. Am nächsten
Tage lachte ganz Constantinvpel über
den Scherz.
Unheimliche Zustände
herrschen gegenwärtig in Smyrna. Die
öffentliche Sicherheit läßt dort immer
Noch sehr viel zu wünschen übrig. Wie
der „Köln. Ztg." geichrieben wird, ver
geht keine Woche, in der dort nicht ein
Einbruch verübt wird oder irgend eine
Schreckensthat die Einwohner in Auf
regung verseht, und wer um feine Börse
und siin Leben besorgt ist, wagt sich
nicht des Nachts allein in entlegenere
Straßen oder Viertel. Unter de» nie
drigeren Klaffen der Bevölkerung ist in
Folge der Mißernten und vielfach auch
der Arbeitsunlust, wie sie in wärmeren
Himmelsstriche» so häufig ist, die Ar
muth in der That so groß, daß selbst
Thürbeschläge und Thüruopfer, trotz
ihres geringen Werthes, in der Nacht
gestohlni werden. Auf die Berge nahe
der Ltadt kann man sich scl on gar nicht
mehr wagen, da es dort an
mächtern vollständig mangelt. AnSflüqe!
kann man nur unter großer Betheiligung
I unternehmen, worauf die Freniden von
! ihrem Confulate regelmäßig aufmerk-
sam gemacht werden. Den Officieren
der von Zeit zu Zeit hier ankernden
! mglischen Kriegsschiffe ist eS ausdrück
, lich verboten, sich von dem Weichbilde
der Stadt über eine gewisse Strecke
hinaus zu entfernen. Daß derartige
! Vorsichtsmaßregeln durchaus am Platze
sind, beweist eine Greuelthat, die dieser
j Tage auf einem wenige Stunden von
hier gelegenen Berge, den „beiden Brü-
dern", verübt worden ist. Ter Chef
einer englischen Firma betreibt nebenbei
die Ausfuhr einer in England nicht vor
kommenden wilden Zwiebel, welche er
»uf dem erwähnten Berge in ziemlich
bedeutenden Mengen einsammeln läßt.
Kürzlich wurden nun vier Mann zu
diesem Zwecke auf die „beiden Brüder"
gesandt, kehrten aber nicht wieder zu
rück. Andere Leute, welche die Ver
mißten aussuchen sollten, entdeckten die
selben nach langem Forschen. Aber
wie? Ein Häuschen Asche und daneben
halbverbrannte Gliedmaßen und andere
Reste von Körpertheilen. Zweifellos
lvaren die armen Leute auf dieser Sielle
verbrannt worden. Von den Thätern
hat man bisher noch keine Spur.
Ein deutscher, oder wie
«an in Ungarn sagt, ein schwäbischer
Bauer aus dem Veßprimer Comitat
war mit seinem Weibe zu den Oster
seiertagen nach Budapest gekommen,
um auch einmal die Herrlichkeiten der
Hauptstadt zu bewundern. Das thaten
denn auch die Beiden ausgiebig und
waren so hingerissen von Allem, was sie
sahen, daß sie einander aus den Augen
berloren und plötzlich wahrnahmen, daß
sie getrennt waren. Der Polizei ge
lang es endlich nach 24 Stunden, Gatte
und Gattin wieder zu vereinigen; der
Erstere wollte aber einen solchen Schreck
nicht zum zweiten Male erleben und
darum befestigte er einen starken Bind
faden an dem Handgelenk der Gespon
fin. Nachdem er das Eheband auf
diese Weife ergänzt, zog er, nach dem
Pester Lloyd, die Gattin hinter sich her,
sicher, daß nun keine Störung des ge
meinsamen Genusses mehr vorkommen
werde.
Die vornehmen Kreist
in London sind zum Theil s l.enbe
eine Art Vecation der Bürger z» er
blicken und ihre»! Aerger ob solcher Be
hellignng durch Chicanirung der Volks
zählungsbehörde Ausdruck zu geben
So schrieb Lord James Douglas in das
VolkszählungSdlanket als Antwort
aus die Frage, welches der Beru' se.ner
Frau sei: „Sie ist Straßcnkchrerin
und verrückt." Die Frage hinsichtlich
des Berufes und des Geburtsortes sei
ner Kinder beantwortete er wie folgt:
„Mein Salinist Schuhputzer, geboren
im dunkelsten Afrika." Die Behörde hat
diese W'tze so wenig geistreich gesunden,
daß sie sich veranlaßt fühlte, den edlen
Lord vor das Zuchtpolizeigericht zu
citiren. Das gleiche Schicksal wider
fuhr dem Baronet Eir Brydger-Heuni
ker, der das VolkszählungSblanket,
wil! folgt aufgefüllt hat : „Meine Frau,
nen derzeit dies»» Haus, das uns ge
hört: alle übrigen Fragen betrachte ich
»lS unzukömmlich und verweigere die
Antwort aus dieselben. Meine Die
«rschast ist angewiesen, gleichfalls jede
Auskunft zu verwtizer«."
7
«»»
Ei« Londoner «Korrespondent schreibt:!
Achthundert Brandstiftungen; ProftS
der Brandstifter-Firma: eine run»
Million Gulden, in englischen Ziffer«
90,000 Pfund St. Bestand diese«
.Feuerringes" unter Leitung eine«
.Feuerkönigs" und einer .Feuerkönigin"
35 Jahre. Der Stifter des Geschäfts
Culmer senior, starb vor zwanzig Jah
ren und nahm Abschied aus de«
Sterbebette von seinen Compagnons,
darunter ein junges Mädchen, Diese«
überreichte ihm das Geschäftsbuch, da«
damals nur 500 Brandstiftungen auf»
wies. Profit 24,000 Pfund. Der
Alte schüttelte wehmüthig das weiße
Haupt und brach in die Worte ans:
„Ach! Ich dachte, eS wäre mehr!" und
that den letzten Athemzug. DieS die
Resultate polizeilicher Nachforschungen,
welche zur Verurtheilung von sech»
Brandstiftern führte.
Die alte Feuerkönigin Miß Wheeler
hat sich „knapp" zu machen verstände»
und als Mann verkleidet eine Seereise
angetreten, wie die Polizei vermuthet,
nach Neuseeland. Bei dem Proceß wur
den nur zwanzig Brandstiftungen unter
sucht als genügend, wobei drei Versiche
rung? Gesellschaften zu Schaden gekom
men waren, aber ein siebenter Theil
haber des „Feuerrings", der al«
.Kronzeuge" sungirte gegen freien Par
don, fertigte eine Liste von 800 gelun
genen Unternehmungen an, unter ihne»
als „Räucherungen" bezeichnet. Nu»
zur vielseitigen Geschklstsmethodc. Die
Scene war immer die Millionenstadt
London. Culmer senior, der „Ftuer
könig", machte das erste Experiment,
indem er ein Confeclions - Geschäft
etablirte und dies wiederholt immer
unter verschiedenen Namen fortsetzte.
Er brannte mehrere Male im Jahre
ab, Papier und Paraffin boten da»
Material. Er war Vater von zwei
Kinder», die er im Geschäft unterwies.
Dann fand er eine Konkubine, Miß
Wheeler. Ihr Erstgeborener GeorW
wuchs ebenfalls zum Geschäft heran un«
wurde als Betriebsdirector vou de«
anderen Helfershelfer» erwählt, „weit
er das dümmste und unschuldigste Ge
sicht besaß!"
Miß Wheeler verbesserte die Me»,
thode, und die Brandstiftungen wurde»
zumeist so eingerichtet, daß sie erst ein»
Stunde, nachdem d-r Anzünder sich
fernt, zum Ausbruch kamen. Alles,
was leicht brennbar, wurde durch eiue»
in Paraffin getaucht?» Faden verbun
den, der mit einer brennenden Kerze
derart verknüpft war, daß erst, wen»
dieselbe anderthalb Zoll niederbrannte,
die Leitung Feuer sing. Die „Neu»
Vom Ring" wohnten weit auseinander,
! Jeder in besondere» Häuschen für sich,
und Jeder wechselte nach jedem Brande
und nachdem er die erhaltene Versiche
rungssumme in den gemeinsamen Fond»
gezahlt, den District und die Adresse
nebst Namen, und wechselte die Ver
sicherungsgesellschaft ebenfalls. Der
Miß Wheeler wurde als Belohnunz
sür ihre „Verbesserung" vom versam
melten „Ringe" zum Dank ein
manljchmuck votirl. Brandstiftnnge»!
leisteten sie auch auf
Sie machten Ladenbesitzer ausfindig.,
deren Geschäft wackelig war, und ver^
anlaßten sie, den Inhalt gut zu ver,
sichern. Nachdem das Feuer gewirkt
und die Versicherungssumme gezahlt
war, schenkte der Versicherte dem guteni
Rathgeber und Anzünder Prämien vo»
SV bis 5V Pfund Sterling.
Die „Feuerkönigin" Frau
Mutter der mit Diamanten Beschenkten,
übernahm zumeist die Beschwatzung
jener „Kunden". Sie ist 75 Jahre alt.
Culmer junior, Sohn des verstorbenen
.Königs", verstand es, ein und dasselbe
stark lädirte Mobiliar öfters fünfmal
hintereinander, neu gefirnißt, zu ver
sichern und abbrennen zu lassen. Auch
kaufte er für jede» Feuer gute Gemälde
rahmen. Die Bilder dazu malte er
selber „in raschen Zügen". Einmal
veranstaltete der „Ring", wie er e»
nannte, eine „Kon» Lciv-RSilcherung"
mit scheinbarer Lebensgefahr für sie
vlber als Brandleider. Der Eine
miethete ein HauS und versicherte da»
Nobiliar im Parterre, ein Zweiter
galt als Miether des ersten Stockwerk»
»l« „möblirter Zimmerherr", eii» Drit
ter verfuhr ebenfo im oberen Stockwerk.
Ein Vierter paßte draußen auf und gab
Feuerlärm, als der erste Brandfchunmer
fich zeigte.
Culmer hatte seinen Genossen zuvo,
gesagt: „Ein Bericht wird in die Blät
ter kommen über unsere Rettung, un!»
und den zeigen wir dann der Versiche«
im»gSgeseUjchaft." Zwanzig Liter Pa
raffin wurden verwendet und im Nu
brennt die Treppe und der Flur. «.
rettete sich durch das Parlerresenster.
B. ließ sich an einem bereitgehaltene»
Betttuch aus dem ersten Stock herab
und C., der oberste möblirte Zimmer
herr, erschien im Hemde jammernd am
Fenster und wurde auf der
leiter heruntergeholt Die'alte ,Feuer
königin" aber warf sich, um Hilfe schrei
end, in die WasscrlcitungS-Cistcrne, aus
de» jchon nach zehn Minuten ein Feuer
wehrmann sie erlöste. Die Komödie
trug dem „Ring" 170 Pfund ein, un«
alle guten Herzen ln London sympa
thisirten mit ihrer Lebensrettung. E»
wird vermuthet, daß mit der Sprengung
dieses Feuerrings die Summe der Ent
hüllungen noch bei weitem nichl erschöpft
ist. Versädungen nach Australien lie
gen auf der Hand und Detektives solle»
dort schon »ach dem Zipfel fahnden,
dessen Ergreifung das Bild an'S Licht
führen dürste. Auch glaubt man An
laß zu weneren Forichungen ans ei
genster englischer Erde finde»
nach ähnlichen Verbindungen, Syndika
ten und Ringen .feuergefährlicher"
Spekulanten.
Wetter- Prognose. Junge,
Ehemanns „Dieser Falb ist doch ei>
genialer Mensch; hat der für gester,
einen «ritischen Tag angesagt, und rich
tig ist meine Schwiegermutter an,»,
t»mmenl"