Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, April 16, 1891, Page 7, Image 7

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    Deutsche Loealnachrtchten.
Provinz Brandenbarg.
Die Begnadigung des früheren Ban
kiers Eduard Mertens in Potsdam bil
det gegenwärtig das Tagesgespräch
Mertens war vom Landgericht wegen
fortgesetzter thätlicher Bedrohungen fei
ner alten Mutter, welche inzwischen ver
storbeu ist, zu 4 Monaten Gefänzniß
verurtheilt. Da diese Proceßacten spä
ter, nachdem Mertens Revision einge
legt, aus dem Sekretariat der Straf
kammer verschwanden, so gerieth Mer
tenS dieserhalb in Verdacht und würd,
in Untersuchung genommen. Nachden
er wegen des ActendiebstahlS wege,
Mangels von positiven Beweisen sreige
fprochen, hat er durch ein an den Kaiiei
gerichtetes Gnadengesuch seine Begnadi
gung durchgesetzt. Mertens erzählt ei
jetzt Jedem triumphirend, daß sein Ein
fluß weiter reicht, als der der Staats,
anwaltschaft. —Nachdem die Tuchmache»
Schulze schen Eheleute in Cottbus im
vergangenen Jahre das seltene Fest der
eisernen Hochzeit gestiert haben, sind sie
letzter Tage fast gleichzeitig gestorben.
Provinz Ostpreußen.
Dem Altsitzer Gottfried Marqnardt
schen Ehepaare in Hermsdorf ist an
läßlich seiner goldenen Hochitit vom
Kaiser die goldene EhejubiläumS-
Mtdaille verliehen worden. Tie in
Jnsterburg garnisonirende reitende Ab
theilung des ostpr. Feld-Artillerie-
Regiments (Prinz August) wird am
1. April or. nach Gumbinnen verlegt,
112 In Wittgirren der Bauunternehmer
W. Bludau. Zur Errichtung einer
neuen Schule in Schedlisken hat der
Staat einen Kostenbeitrag von 400«
M. bewilligt. Bisher war der Ort
Schedlisken nach Chrzanowen einge
schult. —Todtgesahren wurden die Bahn
arbeiier RelSs,ies in Jon Kugeleit und
Groll in Mlinicken i von zwei Hunden
wurde die Tochter des Eigenthümers
Kiwall in Kabieuen zerrissen; der
Schiffer Jul. Wichmann aus Wehlau
zerstörte: in Heiligen
beil die Rohrdeckenfabrik von Laub
schat H Becker und in Heinrichswalde
die Bröckert'sche Windmühle.
Provinz West Preußen.
Die Firma F. Schichau in Danzig
errichtet gegenwärtig außer einem gro
Ben Werft-Etablissement vor dem Öli
vaer Thore eine Anzahl billiger Ar
beiterwohnungen. Unter der Füh
rung der Frau Dr. Baum hat sich nach
dem Vorbilde in anderen Städtcn auch
in Danzig ein Berein „Frauenwohl"
konstituirt, der sich die Ausbildung
junger Mädchen zu tüchtigen Haus
frauen zur Ausgabe stellt. Der
Fischer Johann Labudda aus Seerelen,
welcher am I. Novbr. v. I. von dem
Förster Sawada ebendaher beim Wil
dern ertappt worden war und letzteren
durch einen Schuß in die Brust lebens
gefährlich verletzte, wurde vom Gerichts
hof zu 12 Jalireu Zuchthaus verur
theilt. In Czersk wurde der katho
lische Pfarrer Semrau unter großer
Betheiligung iur letzten Ruhe bestattet.
Durch Beschluß des Kreis-Ausschus
ses ist das Borwerk Rothhof von dem
fiskalischen Gutsbezirk „Domaineamt
Stuhm" abgetrennt und der Gemeinde
Loofendori einverleibt worden. We
gen Betrugs wurden die Baronin
Jenny v. Schulta aus Hohenkirch und
der Inspektor Max Föllmer ans Fre
dau zu 5(1 bczw. IVO M. Geldstrafe
ord»eten in Tuchel wurde die Commu
ualsteuer von 500 Proc. der Klaffen
steuer im Vorjahre auf 375 Proc. jetzt
herabgesetzt. Es seierten: die goldene
Hochzeit die Eheleute Wichert in Kon
radswalde, Lehrer emer. Haarig in
Schlappe und Altsitzer Roß in Waldau;
das s»jähr. Bürgerjubiläum der Ober
glöckner der Kirche Hl. Dreikönige in
Elbing, Preetz und das 50jähr. Mei
sterjubiläuni der Schuhmacher Nagel in
Riesen bürg.
Provinz Pommern.
In Stettin wurde eine „PsarrhilfS
kafse" begründet, aus welcher in Be
drängniß gerathene Geistliche in der
Provinz Darlehn zu einem geringen
Zinssuß voraestreckt erhalten sollen.
In den Borstand des aus 80 Mitglie
chow und Umgegend wurden gewählt:
die Rittergutsbej. v. Kleist-Drenow, v.
Heydebreck Neu Buckow, Janke Acker
hos, Guse Carfin, v. Kleist Gr. Dubbe
row, v. Dassel Schinz, die Schulzen
Borth Roggow und Maaß-Lülsitz, sowie
der Landrath von Kleist-Retzow.
Zur Verbindung des Bahnhoss Schön
werder mit der Bernstein - Dölitzer
Chaussee bei Tokberphul ist vom kreis-
Autichuß die Einrichtung eines »ffent
licheu Weges Landow Dobberphul be
schlossen worden. —Zum Gemeindevor
steher in Neuendorf - Haide wurde der
Büdner Th. Burmeister erwählt:
Provinz Schleswi g-H olstein.
112 In Berlin an einem Herzleiden
der von Schleswig gebürtige Regie
rungs-Assessor Tramuiß. —In Nutzhorn
hat sich eine aus 25 Landwirthen be
stehende Genossenschast zur Errichtung
einer Molkerei gebildet. —Dem Gerber
Jansen in Elmshorn, der als eine Art
„Ausjchlitzer" Mädchen und Frauen
nächtlicher Weile überfiel und durch
Messerstiche am Unierleib verwundete,
wurden vom Landgericht 5 Jahre Ge
fängniß zuerkannt. —Heiligenhasen hat
jetzt 2213 Einwohner. Behufs fest
licher Begehung der3sojähr. Gründung
des Gymnasiums in Meldors hat sich
ein Festcomite gebildet.— In Neumü«.
ster wurde das üvjähr. StistungSfest
der Krankenkasse „Eintracht" gefeiert.
-j- I« Rendsburg der bisherige Lei
ter der mechanischen Weberei von Ed.
LeerS 6 Co, Fr. Kindla. Mit dem
Bau der Eisenbahn Tönning Garding
soll am I. April ca. begonnen. 112 In
Wandsbeck der Geh. Reg.-Rath a. D.
Aug. Haussen.—Den Eheleuten Niduus
in Wandsbeck wurde anläßlich ihrer
goldenen Hochzeit vom Kaiser die Ehe
jubiläums Medaille verliehen. Den
Tod durch Ertrinken fanden der Gärt
ner Rooie in Aastrup, der Müller
Schulz in Perdoel und der Maurer N
Tannin in Woyen. Feuer zerstörte:
in Altona die Kaffeesurrogatfabrik,
Grotjahnstr. 28, und in Rümpel b.
Ottensen das Schulhaus.
Provinz Schlesien.
Wegen Beleidigung des Geistlich«,
Raths Nippels durch anonyme Briese
wurde die Böttcher Wittwe Johanna
Schneider in Neustadt zu 1 Jahr Ge
sängniß verurtheilt. Dem Sohn des
Gasthausbesitzers S. Königsseld in Ko
dier, Eandidaten der Medicin Paul,
K öuigSse'.d, welcher am 21. März v. I.
den stucl. me<l. Treuer aus Pommer»
im Duell erschossen hatte und deswegen
zu SH Jahren Festung verurtheilt wor»
den "war, ist vom bayerischen Prinz-
Regenten der Rest der Strase erlassen
worden. Vom Schwurgericht in Ra
tibor wurde der srühere Kammerdiener
des Grafen Stillfried und des Unter
staatssecretärs v. Köller, Duda, wegen
einer Reihe großartiger Schwindeleien,
sowie wegen Meineids zu einer zehn
jährigen Zuchthausstrafe verurtheilt.
Provinz Posen.
Im Jahre 1890 sind der deutschen
AnsiedlungSkomniissivn in der Provinz
freihändig zum Ankaufe angeboten wor
den: 52 Güter uud 46 bäuerliche
Grundstücke, davon aus polnischer
Hand: 25 Güter und 2«; bäuerliche
Grundstücke, aus deutscher: 27 Güter
und 2(1 bäuerliche Grundstücke. Ange
kauft wurden: 10 Rittergüter, 1 ade
liges Gut, 1 Freischulzengut und 2
bäuerliche Grundstücke. In Posen
ist ein Comite zusammengetreten behufs
Berathung über die Feier des 10V.
Jahrestages der polnischen Konstitution
vom 3. Mai 1791. In Prinzenthal
wird mit einem Kostenauswande von
57,000 M. eine Kreis-Siechenanstalt
errichtet. In Guesen fand in Ge
genwart mehrerer höherer Postbeam
ten und der Vertreter der Stadt die
feierliche Einweihung des neuen, ge
genüber der evangelischen Kirche errich
teten PostgcbäudcS statt. Durch
Verfügung der Regierung sind die
evangelischen Hausväter der Landge
meinden Turze und Kochlow und des
GutSbezirks Kochlow zu einer evange
lischen Schulgemeinde Turze vereinigt
worden. In Wien verstarb der von
Lissa gebürtige Rentner Joseph Woll
heim, der Begründer der Salonion-
Joseph Johanna Wollheim'schen Stif
tung (Kranken- »nd SiechenhauS).
Provinz Sachsen.
Letzter Tage beging das Magdebur
gische Feldartillerie-Regiment Nr. 4 die
Feier seines 75jährigen Bestehens.
Die Eröffnung der neuen Eisenbahn
linie Förderstedt Etgersleben ist sür den
I. Sept. d. I. in Aussicht genommen.
Dieser Tage wnrde die Leiche unse
res auf Teneriffa in Santa Cruz ver
storbene« weitbekannten Mitbürgers,
KunstgSrtnercibcsitzcr Schmidt in Er
furt einbefördert. Der focialdemo
kratische Agitator Schuhm. Rob. Roack
in Erfurt wurde wegen Beleidigung
des Oberbürgermeisters und der Poli
zei, sowie Bejchimpsuug christlicher Re
ligionseinrichtnngen zu einer Gesammt
s>rase von 10 Monaten Gefängniß ver
urtheilt.
Provinz Hannover.
In Hannover hat sich ein Comite ge
bildet zwecks einer nächsten Herbst abzu
haltenden K ochkunstausstelluug. 1°
daselbst der Redacteur des „Hannover
'schen Tageblattes", Rudolf Hoppe.
112 In Terborg der letzte Veteran aus
den Besreiungskriegen, Marten Janssen.
Handarbeiter Christian König in Ein
beck zu sechs Jahren Zuchthaus verur
theilt. 112 In Hildesheim Prosessdr
a. D. Arnold Albrecht. Derselbe hat
38 Jahre dem Lehxercollegium des hie
sigen Gymnasiums angehört. Der
ArchidiakonnS Ballstädt aus Uelzen ist
zum Nachfolger des verstorbenen Su
perintendenten Kaiser in Osterode a. H.
ernannt worden. Der nach Unter
schlagung einer Gesammlsumnie von
80,000 M. geflüchtete Auctiouator
Schacht aus Weste» ist in New ?<ork ver
haftet worden. Wegen Veruntreuung
im Amte wurde der Landbriefträger
Aug. Bührke aus Dähre zu ein Jahr
Gefängniß verurtheilt. Anläßlich
eines Streites erschoß der Arbeiter Bar
tels in Küsten feinen Bruder. Der
Mörder wurde verhaftet. Die gol
de« Hochzeit seierten die Eheleute Can
tor Ch. in Harburg, K ausmann L. Trey
in Landschastspolder und Arbeiter Hom
feld in Weener. Todtgefahren wur
den der Bahnarbeiter Hegewisch in Em
den, der FuhrwerkSbefitzer Möller in
giühlk und der Bremser Schulenburg
in Uelzen' unglücklichem Sturze erla
gen der Arbeiter Langeops in Burgdors,
die unverehelichte Bertha Steinmaier in
Gronau und der Brückenwärter Wilh.
Behuke aus Intschede bei Langwedel!
ertrunken sind der LandwirthSjohn
Hölting in Ahrenseld und die Wittwe
Heuer in Hage. Feuer, zerstörte: in
Eschede das Wohnhaus des Hofbesitzers
Schweißhelm, in Fiukenwerder das der
Wittwe v. Eitzen, in Geestemünde das
Gehöst des Landwirths Böning. in
Grohn das Wohnwesen der Wittwe Ha
zestedt, in Harburg die F. Thörl'sche
Oelsabrik, in Melle das Hau» des Neu
bauers Lindhorst, in Schwarme das
BeHöst des Landwirths Lüß und in
LolluiarShausen das des Musikers Au
gust Twele.
Provinz Westfalen.
Infolge Lehrermangel« sind in der
Provinz zur Zeit 54 Lehrerstellen un
besetzt. 1- Der srühere Regierungs
präsiVent von Hohenzolleru, Frhr. von
Graf in Münster. Dem an, i. Ok
tober cr. in Bochum zu errichtenden
Landgericht werden u. A. die Amtsge
richte Recklinghausen, Dorsten, Buer
and Bottrop, bisher dem Landgerichte
Münster zugehörig, angezweigt. We
gen Unterschlagung wird in Dortmund
der frühere Vollziehungsbeamte Wilh.
Müller steckbrieflich verfolgt. Dem
Zuschneider H. Nieder in Iserlohn wur
den wege» Meineids 1 Jahr ö Mon.
Gefängniß zuerkannt. Wegen Unter
schlagung wurde der frühere GerichtS
fecretär I. Schröder in Plettenberg zu
1 Jahr Gefängniß verurtheilt. An
einem Tage wurden in Südkirchen der
83jährige Organist Lonnemann und
dessen gleichalterige Gattin in's Grab
gesenkt. Seitens der Stadtverordne
ten Wanne wurde die Errichtung einer
höheren Töchterschule beschlossen. Zu
dem am 31. Mai a. c. in Witten abzu
haltenden Sängerfeste haben sich bis
jetzt 44 Vereine mit weit über 1,000
Sängern aus Rheinland und Westfalen
angemeldet. Feuer zerstörte: in
Brackel das Wohnhaus, des Ackerers
Lappe, in Rehberg das des Hammer
schmiedes Carl Ruggeberg und auf der
Saline Königsborn bei Unna die Schrei
neiwerkstätte (Schaden 20,000 M.).
Rheinprovinz.
Eine nochmals vorgenommene Volks
zählung in Aachen hat eine Personen
zahl von 10«),000 statt 103,000 am 1.
Dezbr. 1890 ergeben. Der am 7.
Mai 1890 lierstorbene Rentier Wilh.
Weddigen in Barmen hat der Stadt
eine Stiftung von 20,000 M. zu Ar
menzwecken vermacht. Die Zinsen eines
weiteren Legates von l! 000 M. solle»
sür die Rittershauser und Heckliughau
ser Kleinkinderschule zur Speisung der
Kinder Verwendung finden. Der
Lerem „Beethovenhaus" in Bonn hat
das Bcethoven'sche Geburtshaus s. Zt.
für 57,000 M. angekauft. Die innere
Instandsetzung des Hauses erfordere
die Summe von ca. 21,000 M. Die
Zahl der Ehrenmitglieder des Vereins
beträgt 35, die der Patrone 22, die der
»ußerordentlichen Mitglieder 310, wo
von 80 auf das Ausland kommen.
Die nordwestliche Gruppe des „Vereins
»eutscher Eisen und' Stahlindustrieller"
unter dem Vorsitz des Direktors Ser
oaes in Düsseldorf erklärte sich gegen
die Beschickung der Weltausstellung in
Chicago und gegen eine deutschuationale
Ausstellüng in Berlin.
Provinz Hessen-Nassau.
Der Kaufm. Helnr. Cleves in Cassel,
der s. Zt. mit Hinterlassung bedeuten
der Verbindlichkeiten durchbrannte, in
Frankfurt a. M. aber verhaltet wurde,
ist wegen Betrugs zu 1 Jahr 4 Mon.
Vefängniß verurtheilt worden. Das
nahezu fertiggestellte neue Krankenhaus
des Kreisvereins vom Rothen Kreuz in
Biebrich soll am 15. April cr. seiner
Sestiminung übergeben werden. Die
Gesellschaft zur Erbauung billiger Woh
nungen in Frankfurt a. M. wird im
Lause deS Sommers 80- neuerbaute
Wohnungen, bestehend aus je zwei Zim
mer» mit Küche, Boden und Keller, dem
Gebrauch übergeben.—f Infolge eines
Zchlaganfalles der Dr. med.
W. Strister, eine weit über die Gren
>en unserer Stadt hinaus als Schrift
steller geschätzte Persönlichkeit. Der
unter dein Verdacht des Meineids ge
fänglich eingezogene Kaufmann Manny
Ehrenbacher in Frankfurt a. M. ist ge
zen eine Bürgschaft von 20,000 M.
ius der Hast entlasse» worden. Bon
den beiden Lithographen Gebr. Bauer
in Höchst a. M., welche unter dem Ver
sucht der Anfertigung falscher Brief
marken verhaftet worden waren, hat der
ältere, Valentin, das ihm zur Last ge?
legte Verbrechen eingestanden, seinen
Bruder, Konrad, aber als unschuldig
bezeichnet. Der Männergesangverein
in Langenschwalbach feiert am 14. und
»nd 15. d. I. fein 50jähr. Stiftungs
>est und verbindet damit einen Gesang-
Wettstreit.
Königreich Sachsen.
Gemeindevorstand Meyer in Bad
Alfter wurde wegen Unterschlagung ver
haftet. Beim Erscheinen des Revisors
?ilte er nach Adorf und stellt» kZch dem
Bericht. Großes Aussehen erregt in
Chemnitz die Verhaftung zweier in Con
mrs gerathener Inhaber einer großen
Tricotage Manufacturwaareuhandlung
in der Längcnstraße, die bis jetzt eine
hervorragende Stellung einnahmen.
Dem Dichter Paul Flemming (geboren
in Hartenstein i, I. IVO9 und gestorben
»ls Arzt in Hamburg 1640) soll hier
n» Denkmal errichtet werden. Der
Tischlern,eistor Th. Heckel, Inhaber der
Vampsmöbeltischlerei in Hennersdorf,
hat eine plötzliche Reise nach Amerika
»»getreten, wie es heißt, in Begleitung
nner Frauensperson, dagegen unter Zu
rücklassung bedeutender Passiva, sowie
jeiner Familie Pros. Coccius, der
»erstorbene hochberühmte Leiter der
Slugenheilaustalt in Leipzig, hat der
letzteren 10,000 M. testirt.
Thüringische Staaten.
In veni Konkurse über das Verinö
zen deS Bankiers Arnold CaUmann in
Weimar beträgt der zur Bertheilung
verfügbare Massenbestand 16,089 M.,
die Passiven stellen sich auf 237,201 M.
112 In Apolda der Director der
Töchterschule, Emil Wolsf. Wege»
Zntwendttng einer Geldtasche mit 2l>oo
ZN. Inhalt wurde in Coburg die ledige
Cathariua Gerber verhaftet. Ter
Lürgerschuldirector Dr. Staude in
Tisenach ist zum Director des Lehrer
jemiuars in Coburg xrnannt worden.
fln Gera der zweite Director der
falliten Geraer Handels- und Kredit
bank, Karl Zetzsch?. —Zum Schultheißen
wurde in Gräfenroda der Zicgeleibcs.
Ziichs geioählt. Der durch die Ueber
jchwemmung im Novbr. v. I. im Ohr
drufer Landrathsauitsbczirk angerichtete
Schade» wird ans 200,000 geschätzt.
An Pvßneck wurde die ueuerbäute Bade
inftalt in feierlicher Weife eröffnet.
112 In Kirchhofe! der als hervorragen
der Landwirth und Viehzüchter be
kannte Ortsbürger Albert Slockmann.
112 In Sondershaufen der frühere
hosthcater - Director Ferdinand Heck
icher. Den Tod des Erfrierens erlitt
> »ie unvereh. Michlich aus Georgenthal;
in einem Brunnen ertranken die Brun
nenarb. Keil (Vater und Sohn) in
Greiz. —Feuer vernichtete: im Schorte
thal b. Ilmenau die Ritter'sche Schnei
demühle, in Krauthausen die Bley'sch«
Mahlmühle, in Lichtenhain b. Ober
weißbach das Gehöft deS Schultheißen
Emil Schneider, in Neustadt b. Coburg
die WirlhschaftSgebäude des Tünchers
Bunzel, in Pleßen das Anwesen de»
Wittwe Vorndran (wobei 19 Schase
mitverbrannten) und in Rottmar das
GeHöst des Landwirths Werner (muth
maßliche Brandstiftung).
Hessen-Darm st ad t.
112 In Babenhausen der Lehrer Fried.
Beck. Der Makler L. Wartensleben
in Gernsheim, der seinen Sohn in der
israelitischen Synagoge während des
Gottesdienstes geprügelt hatte,wurde zu
vier Wochen Gefängniß verurtheilt.
s In Harxheim Bürgermeister Happel.
Unter großer Betheiligung der Orts
einwohner feierte der Burgermeiste»
Schneider iu K lein-Karben sein 25jähr
Dienstjubiläum. Ter vor etwa zwei
Monaten in Kastel verhaftete Schwind
ler, Kaufmani» Jakob Rieger, wurde ir
Bonn zu ciner Zuchthausstrafe von 2Z
Jahre» verurtheilt. Der verstorben,
Kaufmann Balthasar Schröder in Mainz
hat in seinem Testamente dem städti
schen Orchester PensionSsond 2000 M
vermacht. DaS diesjährige Mittel
rheinische Turnersest soll im Juli in
Main; abgehalten werden. Wegen
bösartigen Umsichgreifens der Diph
theritis in Groß Welzheim und Dettin
gen wurden die Schulen dortselbst ge
schlossen. In Lindenstruth ertranl
der Straßenwärter W.; an Kvhlengas
erstickte der Bäcker Hofmann in Roß
dorf; unglücklichem Sturze erlag dei
Landw. Greb in Wohnbach. Feue»
vernichtete in Erfelden die Gehöfte de»
Bes. Jak. Röhl und Friehr. Hamann.
Königreich Bayern.
Die in Regensburg verstorbene Pri
vatierswittwe Frau Wolf vermachte
dem Lokalarmenfond Abersberg 2,000
Mark. s In Bamberg der kgl. Real
lehrer Jos. Stenger, weithin bekannt
als der größte Theoretiker der Gabel
berger'schen Stenographie, Herausgeber
der „Stenogr. Unterhalkungsblätter."
In dem Anwesen, das früher den
Geschwistern Schimmel in Bergtheim
gehörte und nach dem Ableben dersel
ben von dem Oekonomen Schnabel käuf
lich erworben wurde, fand letzterer bei
Einlegung emes Nebengebäudes in al
ten Häsen einen Schatz von über 40,000
Mark in alten Thalern :c. Dem
Maurer Ncichold in Erbendorf, gebo
ren am 20. October 1800, wnrde die
Zulassung als „Apostel" zur Fußwa
schung am Gründonnerstag zu Theil. —
Königreich Württemberg.
Die vereinigten Fachvereine in Cann
statt haben die Gründung einer „Allge
meinen Arbeiterbildungsschule Cann
statt" beschlossen. s In Eßlingen die
Handschuhsabrikanteil Gttl. Mangold
und I. Gunzenhauser. Als eine er
freuliche Thatsache verdient erwähnt
zu werden, daß in der Lcuchtkircher
Oberamtsfparkafse auf Lichtmeß von
den Dienstboten allein ca. 36,000 M.
eingelegt wurden.—Anläßlich eines Fa
milienstreites mißhandelte der Gerber
meister Christian Senner in Marbach
seine Mutter in so roher Weist, daß die
bejahrte Frau den erhaltenen Verletzun
gen erlag. Als der Thäter verhaftet
werden sollte, entfloh er und stürzte sich
bei Benningen in den Neckar. Seine
Leiche wurde bis her nicht gefunden.
Großherzogthum Baden.
DaS neue Klcinkindtrfchulgrbäude in
Furtwaugen wurde feierlich eingeweiht.
Die Zahl der Schüler beträgt z. Zt.
100. Die kosten in Höhe von etwa
30,000 M. wurden durch freiwillige
Beiträge aufgebracht.—Die Sammlung
des „Hinkenden Boten" für das Rcichs
waifenhauS in Lahr trug bis zum l.
Februar d. I. die Summe von 271,-
502 M. ein. Die Einnahme im ver
gangenen Jahr betrug 426 l Mark.—
Gutsbesitzer Eckels in Liel ließ dem
Gemeinderath die Summe von 1500 M.
mit der Bestimmung zugehen, daß hier
von 500 M. an seinem bevorstehenden
Hochzeitstag unter unbemittelte Ein
wohner des Ortes vertheilt und 1000
sollen.
Aus der Rheinpfalz.
Der kürzlich ganz plötzlich verstor
bene ledige Weinhändler Eugen Spies
es heißt, er habe sich vergijlet —hat
sein ziemlich bedeutendes Vermögen,
soweit er über dasselbe versügen konnte,
dem ReichSwaisenhauS in Lahr testa
mentarijch vermacht. Gegenüber dem
Berbot schwavz-roth goldener Fahnen,
welches der Ausschuß des pfälzischen
Turnerbundes sür die Betheiligung an
den Münchener Festlichkeiten erlassen
hatte, hat der Neustädter Turnverein
sofort »ach Erlaß des Rundschreibens
einstimmig beschlossen, aus die Theil
nähme verzichten zu wollen, wenn nicht
die schwarz roth goldene Fahne, mit der
die Turnjache vo» Ansang an verknüpft
gewesen, zugelassen würde. Taraushin
istdasVerbot gnädigst aufgehoben wor
den. Der am Soollmcher Berg bei
Niederwürzbach gelegene iog. „Schlau
hof" brannte letzthin vollständig nieder.
Unter dem dringenden Verdacht der
Brandstiftung wurde der Besitzer des
selben, Jakob Preßmann, verhastet.
Elsaß-Lothringen.
fln Buchsweiler der Lehrer em.
Fürslenberger —Dem verstorbenen Lan
desauSschußiiiitglicd Karl Grad soll in
Colmar ein Tenlmal errichtet werden.
112 In Dellweilcr der Ortspsarrer G.
Scheyder.
Braunschwcig. Anhalt. Lippe.
W a l d eck.
Der Ackermann Heinr. Hagerodt in
Ahlshausen ist als Gemeindevorsteher
dortselbst gewählt worden. Zum
Nachsolger deS pensionirten Bürger
meisters Hille in Seesen wurde der
Stadtverordnete Schönemark erwählt.
Wegen Beleidigung deS Redacteur«
der „Schöppenstedter Ztg.", Karl Erich
sen, wurde der Redacteur der „Elm-
Zeitung", Robert Riesland, zu einer
Gefängnißstrafe von V Monaten verur
theilt. Der Landtag in Dessau ging
über eine Petition des Teutschen
FrauenvereinS „Reform" zu Weimar
wegen Zulassung von Personen weib
lichen Geschlechts zum Universilätsstu
dium, bezw. Errichtung eines Mädchen-
Gymnasiums dahier zur Tagesordnuyg
über. Die Schuhmacherinnunz in
Bernburg feierte ihr 200jähr.Stiftungs
fest. Die neue Handels und Ge
werbe-Akademie in Cötheu soll am I.
April cr. eröffnet werden. Der
Maurer Kaiser in Coswig wurde wegen
Unterschlagung zu 6 Monaten Gesäng
niß verurtheilt. Angestellte Bohrun
gen in der Osternienburger Flur legten
mächtige Braunkohlenlager blos.
Mecklenburg.
's In Rostock der Pastor emer. Herm.
Aigenstadl.—:Z6 Landwirthe von Weseu
berq und aus der Umgegend gründeten
eine GeuossenschastSmolkerei. Feuer
vernichtete: in Blücher die Büdnerei Nr.
28 und in Hirschburg den Keding'schen
Kathen.
Oldenburg.
Den geplanten Gebietsaustausch zwi
schen der diesseitigen und der preußi
schen Regierung betreffend, würden für
die seitens Oldenburg's an Preußen ab
zutretenden, in der Nähe von Wilhelms
haven belegenen Orte Heppens, Bant
und Neuende die dem Kreise Osnabrück
zugehörigen preußischen Dörfer Fried
richShof, Erbpachthof, Ruhleben, Wald
shagen, Meinsdorf, Behl, Bulands
teich und HarmZhorn unserem Grosiher
zogthum einverleibt werden. Wegen
verschiedener Betrügereien wurde der
LebenS-VersicherungSagent H. Schäfer
ein Brak zu 6 Monaten Gefängniß ver
urtheilt. —In Elsfleth wird die Errich
tung einer SeemanSfchule nach dem Vor
bilde in Hamburg geplant. Wegen
Sittlichkeitsverbrechens wurden die
Bauernsöhne Janßen.Godelmann. Högl,
Müller und Jung zu Gefängnißstrasen
von 3 Mon. bis 1 Jahr verurtheilt.
Durch Feuer wurden die Gehöfte der
Besitzer Böhms in Jaderberg und Lin
nemann in Ostersander zerstört.
Freie Städte.
112 Der Senatssecretär und Archivar
Dr. Adalbert B«neke, Verfasser von
„Hamburgische Geschichten und Sagen".
—ln voller Rüstigkeit feierten die Ge
müsebauer Peter Suck'schen Eheleute in
Allermöhe ihre goldene Hochzeit. In
dem Konkurse der wegen Hehlerei zu 7
Jahren Zuchthaus vcrurtheilten Con
sektionSgcschästs'inhaberin Henriette
Cohn in Bremen stehen einer Massevon
92,000 M. Forderungen im Gesammt
betrage von 1,2<Z3,1g? M. gegenüber.
Frau Cohn hatte die Summe von ca.
14 Mill. Mark in ihrem Geschäfte ver
wendet, welche der Buchhalter der Firma
Plump <d Heye, Vetters, letzterer inner
halb eines Zeitraums von 10 Jahren
unterschlagen hatte. Feuer zerstörte:
in Grohn ein in der Nähe der Bremer
Tauwerksabrik belegenes Haus, wobei
zwei Kinder im Aller von 2 und 5
Jahren mitverbrannten, in Hamburg
das Mobilienlager des Auktionators
Friemann, in Lübeck das Haus des
Gärtners Stunk.
Schweiz.
In Argau und Umgebung haben sich
etwa 25 größere und kleinere Geschäfte,
sämmtlich der Baubranche angehörend,
verpflichtet, die zehnstündige Arbeits
zeit einzuführen. Ebendort starb
Sländerath Johann Haberstich, wieder
holt auch Mitglied deS Nationalraths,
Leiter der argauischeu Bank, ein aus
gezeichneter Jurist und Parlamenta
rier. Der „Lausenstein" im Rhein
bei Laufenburg ist nun bei dem niede
ren Wasserstand dem Publikum zugäng
lich. Von der Seltenheit dieses Ereig
nisses zeugen die in dem Stein einge
grabenen Jahreszahlen 1602, 1750,
1764, 1797, 1823 und 185«. —An
der Freiburger Universität wirken 38
Professoren. Die theologische Fakultät
zählt 64, die juridische 46 und die histo
risch philosophische 28 Studirende.
Oesterreich.
Wien: 112 Der Oberinspektor der Ge
neralinspektion der Eisenbahnen, Kra--
tochwill und der aus der Gründerperiode
bekannte Dr. Leopold Meyer v. Also-
Rußbach. — Franz von Suppe beging
in vollster körperlicher und geistiger
Frische das Svjähr. Jubiläum seiner
Thätigkeit als Komponist. Mannig
fache und zahlreiche Glückwünsche wur
den ihm zu Theil. — In Niederöster
reich und Mähren sind infolge eingetre
tenen Thauwctters viele Ortschaften und
große Länderstrecken überschwemmt.
Ein stattlicher Besitz.
Wechsel hat sich dieser Tage an der
schlesisch - polnischen Grenze vollzogen.
Wie der „Oberschl. Anz." mittheilt, ist
nunmehr zwischen der kaiserlich-russi
schen Kronverwaltung und dem Grasen
Guido Henckel von Donnersmarck der
Kaufcontract sür den in Polen von
Czenstochau bis in die Nähe der schlesi
scheu Grenze sich ausdehnenden Herr
fchaftSbe'itz Zagorze abgeschlossen wor
den. Dieser aus der Zeit des alten
Polenreiches als Starostei errichtete
Grundbesitz, beflehend ans mehreren
Oekonomien, Hüttenwerken und um
sangreichen Waldungen mit anserleje
nem Hochwildstand, war Eigenthum
des 1863 von polnischen Insurgenten
gehängten Edelmannes Lemainski. Von
den Erben desselben erwarb ihn Graf
Henckel von Donnersmarck. Das von
der russische» »ronverwaltung gestellte
Angebot wurde von dem derzeitige»
gräflichen Besitzer angenommen »nd
jetzt ist das Gut aus dem Fonds des
eingezogenen ehemaligen Fürstenthums
Sowicz für den Preis von vier Millio
nen Mark als Apanagegut für den
russischen Thronfolger angekauft wor
den. Mitbewerber im Raus war der
polnische Gras Branicki, durch dessen
Dazwischenkuiift der Kauf beschleunigt
wurde.
Ueber die anfsehencrre
gende Schlagwetterexplosion auf der
Zeche Hibernia bei Gelsenkirchen vom
23. Januar, in Folge deren 56 Berg
leute verunglückten, bringt der „ReichS
anzeiger" eine Darstellung der Ergeb
nisse der amtlichen Untersuchung. Die
Explosion fand in demselben Theile des
GrubensetdeS statt, wie die Katastrophe
vom S. Juni 1887. In den Flötzen
der Fettkohlengruppe 13 und 15 ent
wickeln sich stetig Grubengas und Koh
lenstaub, ist also eine große Schlagwet
tergefahr vorhanden. Nach der 1887 er
Katastrophe wurde eine neue, sehr lei
stungsfähige Bentilationsanlage einge
baut. Jedem Theile des weitverzweig
ten Grubengebäudes wurde» frische
Wetter zugeführt. Durch Trennung
der Wetterströme sollte eine Ausdeh
nung kleinerer Explosionen und eine
Verbreitung der tödtlich wirkenden Ex
plosionsgase (Nachschwaden) verhütet
werden. BeneselungS Vorrichtungen
vor gesährdeten Arbeitspunkten sollten
den Kohlenstaub unschädlich machen.
Die Anwendung der Schießarbeit im
Allgemeinen wurde verboten; nur unter
besonderen Sicherheitsmaßregeln durste
während der Nachtschicht bei Anwesen
heit von höchstens echt Mann in der
fraglichen Bauabtheilung ein besonders
verpflichteter Schießausseher Spreng
schüsse wegthun. Die Explosion ist da
durch entstanden, daß ein 31 jähriger
Hauer, der schon seit 188» (seit 1889
als Ortsältester) aus der Hibernia ar
beitete, trotz des Verbots und" der War
nungen seiner Kameraden selbstständig
eine» Sprengschuß wegthat. Durch
die Flamme des Schusses wurden die
vorher schon bemerkten Grubengase vor
dem Arbeitsorte entzündet. Die Ex
plosion Pflanzte sich uuter Vermittelung
deS Kohlenstaubes weiter fort und raffte
in einem anderen Flötz die meisten Opfer
hinweg. Weil die Vorsichtsmaßregeln
noch nicht ausgereicht haben, erwägt die
zuständige Bergbehörde, wie die nöthi
gen Vorschriften am besten auf das
Strengste durchzuführen und welche
weitere Anordnungen erkorderlich seien,
um selbst im Falle etwaiger Fahrlässig
leiten Einzelner die Gesahr einer Ex
plosion nach Möglichkeit zu beseitige».
Ueber eine Familien
tragödie, welche sich in Paris abspielte,
wird gemeldet: Der seit einiger Zeit
arbeitslose Koch Herbellot gerieth um
10 Uhr Nachts mit seiner Frau in
Streit Herbellot, plötzlich wüthend
geworden, bemächtigte sich des Küchen
messers und stieß dasselbe seine»! vier
jährige» schlasende» Töchterche» in den
Hals. Tas Kind war augenblicklich
eine Leiche. Hierauf wendete sich seine
Wuth gegen die Schwiegermutter, der
er zahlreiche tiefe Stiche beibrachte und
schließlich versolgte er die Gattin, die
sich in das Stiegenhaus geflüchtet hatte
und von dem Wütherich furchtbar zuge
richtet wiirde. Die Schwiegermutter
hatte noch die Kraft, das Kind in die
Arme zu nehmen und die Treppe herab
zusteigen, vor der Portierwohnung
brach sie jedoch entseelt zusammen,
grau Herbellot konnte sich noch auf die
Straße schleppen, von wo die Passanten
die Unglückliche, der das Fleisch von
Gesicht und Brust in Fetzen herabhing,
i« hoffnungslosem Zustande nach der
Rettungsstation brachten. Nach voll
brachter Unthat kleidete sich Herbellot
an und lieserte sich aus der Straße dem
nächsten Schutzmann aus. Mau nimmt
an, daß Eifersucht das Motiv zu der
That war, da Frau Herbellot ein hüb
sches junges Weib war und ihr Mann
nicht dulden wollte, daß sie außer Hause
arbeite, obwohl dies für den Unterhalt
der Familie nöthig war.
Um seiner Verhaftung
und der Auslieferung nach Italien zu
entgehen, wollte Livragln in einem Klo
ster in Tessin als Mönch Zuflucht fin
den! So wenigstens versichert der in
Lugano erscheinende „Redente Catto
lico", welcher erzählt: In den letzten
Tagen pochte an das Thor der Kapuzi
ner zu Bigvrio der Lieutenant Livraghi.
Dem Padre Guardian», der ihn nach
seinem Begehr sragte, eröffnete er seine
Absicht, Kapuziner werden zu wolle»,
da sür ihn die Welt eine Bühne voller
Enttäuschungen wäre. Der Padre ver
wies ihn an den Padre Leonardo, den
Chef deS ConventS von Lugano. Zu
diesem begab sich Livraghi. Als aber
Padre Leonardo den Namen Dario
Livraghi gehört, wie-Z er ihn einfach ab.
Man erinnert bei dieser Gelegenheit
daran, daß derselbe Livraghi, welcher in
einem Kloster Trost suche» wollte, sür
die Enttäuschungen, die er aus dieser
LebenSbühne ersahren, i» Massauah sich
häufig in der Rolle eines Derwische»
gefiel. Livraghi hatte den Korau in
der Ursprache so eingehend studirt, daß
erauS demselben den Muselmanen, gleich'
einem eingeborenen Derwisch, lange
Vorträge halten konnte. Auf diese
Weise verstand er eS, sich mit der ein
heimischen Bevölkerung so gut wie kein
einziger Osficier zu stellen und dadurch
nicht nur seiner Regierung Dienste zu
leisten, sondern auch seine eigenen
Zwecke zu versolgeu.
Ein gewisser Glanville
natlicher Gesängnißstrase wegen Be
schädigung von Handschriften im Briti
schen Museum verurtheilt. Er hatte
selbst eil- Werk über die Genealogie
seiner Familie, der GlanvilleS, ver
öffentlicht : und da er im Museum die
Bekanntschast eines Herrn Namens
Leete machte, der sich mit der Geschichte
seiner eigenen Familie abgab, bot er
diesem gegen eine Geldvcrgütung an,
Nachforschungen über sie anzustellkn.
Auch gelang eS, besagte Familie durch
neunhundert Jahre zurückzuversolgen.
Als aber Lette behuss Bestätigung der
Beweise letztere einem Beamten des
Britischen Museums unterbreitete, ent
veckle dieser, daß Glanville Richards
mehrere der kostbarsten Handschriften
der Leete Familie zuliebe theils entstellt,
theil» mit neue» Blättern versehen
hatte, wodurch denn deren Werth un
rettbar zu Gruade gerichtet ist. Unter
Viesen Umständen erscheint die ztveimo
aatliche Gesängnißstrase sehr milde.
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«in »»sflscher Kr« »tavol«»
Dem Pariser „Matin" wird anS Mt
Petersburg geschrieben: „Das, wai
ich Ihne» heute zu berichten habe, kling!
so ungewöhnlich, daß man versuch
wäre, es für ein Märchen au» der Zeil
zu halten, als das Brigantenthum itz
Italien auf seiner höchsten Blüth,
stand. Und doch hat sich das Ereignij
thatsächlich zugetragen, in der Nähe vo»
Sebastopvl, und nur wenige Stunde»
von der Sommerresidenz deS Zaren
Livadia. Der Schauplatz der Räuber
geschichte ist das Gut der verwittwete»
Generali» v. Trigony, die in der Pari
ser Gesellschaft durch ihre alljährliche»
Besuche wohlbekannt ist. Vor einige»
Tagen hörte der Intendant der Gene
ralin des Abends die Hunde ans den
Hofe heulen. Er glaubte, eS handl«
sich um einen Wols und gab einen blin
den Schuß in die Lust ab. Eine ganz«
Salve von Flintenschüssen antwortet«
ihm und schwer verwundet brach cr zu>
.sammcn. DaS Schloß war von einei
Räuberbande umzingelt, die mit dei»
Augriffe nunmehr nicht zögerte. De>
Hauptmann, dessen Gesicht eine schwarz«
Flormaske verhüllte, verlangte die Ge>
neralin zu sehen. Wohl oder übii
mußte die Dame sich dem Verlange,
fügen und vor den Augen deS Unhol
des Alles, was sie au Geld oder Werth
gegenständen besaß, hervorholen. Nach
dem sich die Bande alle» dessen bemäch
tigt hatte, verlangte der Hauptmann
daß ihm und seinen Spießgesellen ei»
splendides Mahl servirt würde, de»
Generalin auch entsprach.
Die muthige Frau verlor keinen A»»
zenblick lang ihre Kaltblütigkeit, ginj
zus das Verlangen ein und präsidirti
mit der scheinbar liebenswürdigste»
Miene dem schnell improvifirten sonder
baren Souper. Auch dem Ansinnen,
jedem der „Festtheilnehmer" zum An
denken das silberne Besteck zu schenken
leistete sie lächelnd Folge, und nur, als
der Räuberhauptmann sie um den Rinz
ersuchte, den sie an ihrer Linken trug
weigerte sie sich, angeblich, weil sie den
selben nicht vom Finger herunterbekämo
Kaltblütig zog der Räuber ein Messe,
und erklärte, in diesem Falle den wider
spenstigen Finger amputiren zu müssen,
doch Frau von Trizouy wußte ihn vo,
dem Vorhaben abzubringen, indem fi,
ihn darauf aufmerksam machte, daß de,
schmale Goldreif doch sür einen Gentle
man, wie er, keinen Werth hätte. Si«
verspräche ihm, am Tage seiner eventu
ellen Ergreifung und Verschickung nach
Sibirien dafür ein werthvolles Gefchenl
;u machen. Der Räuberhauptmann
Mg darauf ein, nachdem er die Gene
ralin ihr Versprechen hatte beschwöre,
lassen, und zog sich mit seiner Band«
zurück, nicht ohne vorher der Wirth«
galant die Hand geküßt zu haben. Mai
kann sich denken, daß dieser Vorfall hin
großes und unliebsames Aufsehen erreg!
hat. Ein Heer von Polizeiageuten is!
nach ter Krim gesandt worden, und de»
Zar hat den Befehl gegeben, die Band«
bis auf den letzten Mann festzunehmen.
Nach den neuesten Nachrichten ist ina»
derselben in der That bereits aus de»
Spur. WaS die Generalin von-Tri
gony betrifft, so hat dieselbe sich bereit»
von dem ausgestandenen Schrecken er>
holt. Sie gedenkt übrigen», ihr de«
Räuberhauptmann gegebenes Verspre
chen zu halten.
«t« Muster - Journalist.
Als Muster eines englischen Jour
nalisten »vird W. H. Lucy, Redakteui
der „Daily News" gerühmt, der att
Berichterstatter besonders vermöge sei
ner durchdringen der Thatkraft- und Ent
schlossenheit, die ihn in keiner Lage ver
ließ, die „schmierigsten Sachen" »lachte,
und zwar nebenbei bemerkt, ganz ohn«
Apparate; er brauchte nämlich bei sei
nem ausgezeichneten Gedächtniß nicht
einmal Bleistift und Papier. In eng
lischen Blättern wird jetzt an folgend,
Geschichte erinnert: ES war auf einem
Meeting zu Gunsten Gladstone'S, wo
Lucy, iu einer Menschenmenge fest ein
gekeilt, stundenlang einen Lobredne,
nach dem anderen anhörte. Die Ver>
sammlung schien kein Ende nehmen z»
wollen und eS war vollständig unmög
lich, sich vom Platze zu rühren; d»
Menschenmenge stand wie ein yeinernei
Wall. Plötzlich in die Kunstpauie einei
Gladstone-Enthusiasten dringt Lucy'»
scharfe und spöttische Frage: „Und wai
hat Gladstone im Jahre 1866 gethan?*
„Ruhe! Stille! Werft ihn hinau»!*
klingt es von hundert Lippen.
Der Lärm verhallt indessen, der Red
aer sährt fort, wird aber fogleiH noctz
einmal durch Lucys boshafte Frag,
unterbrochen: „Ja, Alle» fehr schön—
aber was hat Gladstone 1866 gethan?*
„Raus, raus!" brüllt jetzt di«
wüthende Menge, hundert Arme greise,
»ach dem Ruhestörer, der Wall vo,
Leiber» öffnet sich in fünf Minuten
ist Lucy an der frischen Luft. Ein tie
fer Athemzug da berührt ihn schlich
lern ein Herr am Arm, der am Ausgang
deS Saales ihn beim „Borüberfliegen"
erkannt halte. „Aber bitte, Mr. Lucy,
was hat Gladstone denn 1866 gethan
Lucy lachte verstohlen: „Hol' mich Die
ser und Jener, wenn ich weiß, ob ei
überhaupt 1866 irgend etwas gethan
Hot —aber sehen Sie, ich konnte unmög
lich länger bleiben, mein Artikel muß
geschrieben werden—gutwillig ließ man
mich nicht hinaus, ich hab' mich als«
einsach Hinauswersen lassen."
Schonung. „... Sie ließen
sich. Angekkagter, schließlich von Ihrer
Wuth so weil sortreißen, daß Sie sogar
mit einem eisernen Tops aus den Kläger
losschlugen... Geben Sie diesen Sach
veralt zu?" „Jawohl, Herr Ge
richtshof —es stimmt.. aber ich Hab'S
blos au» Schonung gethan!* „Wie
soll man das verstehen au» Scho
nung? Gegen wen denn?"— ,Na,
gegen den Tops... denn schau'n S',
ein eiserner hält doch schon eher wa«
aiiS!"