v Wt»»« Thter«. / „Wenn der einmal lvS käme!" oder möchte ich auch nicht allein im Walde begegnen!" Das find so gewöhn lich die erste» Gedanken, die angesichts »er Raubthierkäfige den Besucher des Zoologischen Gartens bewegen, wenn «r nicht gerade Thierfreund oder Künst ler ist. Wie oft habe ich im Raubthier- HauS diese Gedanken mit mehr oder weniger grausamer Phantasie weiter »iiSspiuneu hören und dabei als stiller Beobachler meine heimliche Freude ge habt an dem behaglichen Gruseln, das Zich bc! solch sinniger Naturbetrachtuug »uf den Mienen der betreffenden Thier- Ikeuner zu malen Pflegt! Diesem prickeln den Mischgefühl, das hervorgeht aus »er Vorstellung möglicher Todesgefahr »nd der Ueberzeugung wirklicher Sicher heit, kann sich nicht leicht Jemand ent ziehen und dies halte ich für den Haupt grund, warum das Publikum zur Raub- Ithiersütterung stets so massenhaft zu sammenströmt,' daß das Raubthier- Mus zu dieser Zeit an großen Sonnta gen ein ergiebiges Arbeitsfeld für Ta schendiebe ist. Die sunkelnden Augen der hungerigen ,Bestien und ihre gierigen Sprünge zu sjehen, nnr einige Schritte von sich, soc>tkl>sns aber hinter den massiven iEisengittern, zwischen den furchtbaren Hähnen die Knochen krachen zu hören «nd sicher zu fühlen, daß eS nicht du «igene» sind, das ist und bleibt eben für lVielc eine sehr beliebte Sonntagsnach lmittags Aufregung. Wurzeln doch in «äs Allen noch mehr oder weniger fest kie Anschauungen von den „wilden iThieren", wie sie die Menagerie» mit jihre» haarsträubenden Erklärern und Idie älteren Naturgeschichte» uns von IKindsbeinen an eingepflanzt haben! In der allerneuestcn Zeit schienen zwar selbst die Menagerie» der wissen lschislliche» Aufklärung huldigen zu wolle»: wenigstens habe ich es diesen Herbst auf der Reise beim Besuch einer Menagerie in meiner süddeutschen Hei math mit Staunen angehört, wie die Hyäne, jene hervorragende Säule der Menagerie, vollständig ihres greulichen viiinbuS als Leichenräuberin entkleidet, «nd ihre angebliche Neigung zur Lei chenschändung auf die „bekannte Sitte der Eingeborenen ihrer Heimath, Afrika und Bengalen", zurückgeführt wurde, „ihre Todte» entweder gar »icht »der nur ganz oberflächlich im Sande ßn begrabe» und so die Gebeine ihrer Angehörigen gewissermaßen selbst den Thieren der Wildniß zum Fraße dar Mutten." Gleich darauf erllaug aber allerdings beim Tiger wieder ganz das alte Lied «oiii blutdürstigsten aller Raubthiere: „Während der Löwe nur aus Hunger »lis Raub ausgeht, thut es der Tiger dahingegen nur aus Mordlust." Als ob der arme Kerl nicht auch seinen ganz gesunden Appetit hätte! In besserem Stil, aber nicht viel anderem Ton und Sinn sind die Raubthierschilderun lieii der älteren Naturgeschichte» gehal ten Da sigurirt bei der Beschreibung des Tigers überall der furchtbare Men tchenfresser, der Meuschenfleisch jedem «»deren Wildpret vorzieht und so ganze Gegenden entvölkert; da prangen schau dereregende Zahlen von Menschenleben, d.e i» diesen» oder jenem Tropenland alljährlich „wilden Thieren" znm Opser Men! „Ob sie niir wirklich was thäten?" dachte ich gar manchmal in einem frühe re» WidknngskreiS, wo mir die einfache re» Verhältnisse einen sehr intimen Ver kehr mit weinen einzelnen Pfleglingen erlaubte», wenn ich des Morgens bei meinem Eintritt ins RaubthierbanS stets aus das Freudigste von allen In sasse» begrüßt wurde, und insbesondere der große Königstiger jenes eigenthüm «ichc Nasenschiiauben hören ließ, welcher zum Unterschied vom Kehlsauchcn ein untrügliches Zeichen freundlichster Ge sinnung und Stimmung ist. Und wenn ich dann de» „greuliche» Katzen" einer «lach der anderen g»t zugeredet, dieser de» Bttckel gestrichen und jener den Bauch geklopft hatte, mit Borsicht aller dings. aber ohne jedes Herzklopfen, da war ich wirklich nicht ganz ohne Zuver sicht, daß ich nicht aus nianchem Käfig mil heiler Haut wieder herausgekommen wäre. Wie war es denn im Alterthum? Dieser Vergleich drängte sich mir in solchen Momenten oft sehr lebhast aus, obwohl ich sonst seit glücklich überstau dener Gymnasialzeit im Allgemeinen wenig geneigt bin, „klassische Eriune ruugeii" auszilsrischen. Die Alten ginge» allen« Anscheine nach mit den großen Raubthieren um, wie wir jetzt mit großen Hunden. Der altegyptische König RhamseS, der Große, wird in der Schlacht abgebildet, als Kampsge- Rosseil einen zahme» Löwen zur Seite. Daß Löwen und Leoparden bei Königs audienzeii Tributpflichtiger und bei Triumphzügc» einfach an Stricken mit alten Bild- und Geschichtswerke». Die hirnverbrannte» römischen »aiser lspannle» bei ihre» Bacchusorgien sogar Tiger/>or ihrr Prnnkwagcn! Nu» dars mau dabei, wie bei Betrachtung so vie ler Verhältnisse des Alterthums, aller ldiugS nicht vergessen, daß es damals auf ciueu Sklaven nicht ankam, wenn »in solches Thier auch eine» oder meh> »ere seiner Führer zerfleischte, so waren »uf einen Wink des Herrn gewiß sosort moai ei» aal so viel andere zur Stelle, «s zu bändigen. DaS Menschenleben >an sich halte damals eben noch nicht jjene hohe prinzipielle Bedeutung, die 'von dem faktischen und praktischen Werthe ganz unabhängig ist. Trotz dem kaun ich persönlich mich des be- Ichämendcil Gefühls nicht entschlagc», »ls ob die Menschen heutzutage »icht mehr so viel Cvuraze hätte», als in den «ltcn Zeiten. Die Courage ich wähle absichtlich das Fremdwort, »nd -meine daniit jenen Ueberschuß an un mittelbarem. sozusagen körperlichem Muth, der bei zeder Gelegenhelt yer vortritt, auch wenn es gar nicht nöthig ist diese Courage hat ja mit den Fortschritten der jtultur ohne Zweifel abgenommen, seit wir nicht mehr mit dem Körper ums Dasein kämpfen. DaS hat ja auch Weiler gar nicht» zu sagen, wenn der Muth und die moralische Kraft, wo sie ernsthaft noth thun, zu- oder wenigstens nicht abgenommen ha be», was man ja wohl ebenfalls behaup ten darf. Nun sollte man den Sinn sür die frische, fröhliche Bethätigung jenes kör perlichen Muthes, körperlicher Kraft und Gewandtheit nicht Rohheit schelten. Ich habe im Gespräch schon manche Lanze sür daS Artistenthum gebrochen, für die sogenannten brodlofen Künste, die aller dings gegenwärtig nichts weniger als brodlos sind, man frage nur die Unter nehmer, die die MonatSgagen zahlen müssen! Wer hier einmal hinter die Eoulisseu gesehen hat und ich habe von Jugend auf aus angeborenem In teresse auf graden und krummen Wegen danach gestrebt —. der wird staunen über die außerordentliche Summe von Muth, Courage und Ausdauer, Selbst beherrschung und Geistesgegenwart, kurzum, ich kann nicht anders sagen, als: moralischer Kraft, die in diesem Gewerbe ausgewendek wird, und wer die Gymnastiker, Thierbändiger und Kunst reiter wirklich kennt, wird ihnen sicher eine gewisse Theilnahme und Achtung nicht versagen. Sind sie es doch, die gewissermaßen die Ueberlieferung dessen lebendig erhalten, was der Mensch kör perlich leisten kann und waS in recken hafter Vorzeit thatsächlich auch Jeder geleistet hat. Dieses Gefühl hatte ich instinktiv als wilder Junge schon, wenn es mich in jeder freien Stunde unwiderstehlich nach Cirkus und Menagerie hiinog und in diesem Sinne begrüßte ich auch die ersten Nachrichten mit Freuden, die mir vor zwei Jahren von den neuen Hagen beck'scheu Löweudressuren in offener Reitbahn zu Ohren kamen. Ich sah diese sensationellen Leistungen modern ster Thierbändigerkunst später selbst. Zuerst bei Wilhelm Hagcnbeck den zwei jährigen Senegallöwen zu Pserde, der als "Xoii s>lu?> ult,r»" mit seinem Brük kensprnng während der Weltausstellung den Pariser Hippodrom allabendlich bis zum letzten Play füllte, und dann bei Carl Hagenbeck, unserem weltbekannten großen Thierhändler und Völkerschau steiler, die vier „in Freiheit dressirten" anderthalbjährigen Löwen, die ja durch Leutemann's Stift auch in der Leipzi ger Jllustrirten Zeitung verewigt sind, Sie waren damals noch nicht ganz „fertig", aber es ging bei der „Arbeit" so ruhig nnd selbstverständlich zu, daß ich, ganz bei der Sache, bald selbst thätig mit eingriff und bald hier und da mit dem Spazierstock in' den richtigen Platz und in der richtigen Stellung half, und dabei hatte ich keinen Augen blick das Gefühl, es mit gefährlichen „wilden Thieren" zu thun zu haben. Als ich mir freilich nachher zu Hause wieder Brehms Thierleben zur Hand nahm, da hätte mir fast nachher noch bange werden könne» über meine» „Löweii"muth, denn auch uufer genialer Brehm stößt noch in der zweiten Auf lage seines klassischen Werkes bei den Schilderungen mehr oder weniger kräf tig mit in das Horn der Graulich und Fürchtenmacher. Um so größer war meine freudige Ueberraschung und Ge nugthuung, als ich neulich die ileueste dritte Auflage, die erste seit Brehms Tod herausgegebene, zur Beurtheilung erhielt und mich überzeugte, daß darin durch den Bearbeiter, den vielgereisten Jencnser Forscher Pechuel Lösche, jetzt eine durchaus nüchterne und unbefan gene Betrachtung der „wilden Thiere" Platz gegriffen hat. Dies zeigt sich gleich bei der Lebens beschreibung des Gorillas, jenes gro ßen. menschenähnlichen Affe:!, der dank den phantastischen Berichten solcher Mis- und Afrikarcisen: cll, dic ihn nie mals selbst gesehen habe», in uü-cier Naturgeschichle zu einem „wilden ?hierc" schlimmster Sorte, zu eincm wahren Teufel in Assengestalt geworden war. Jeder Mensch, der ihm im Urwalde be gegnete, war unrettbar verloren; er griff ihn unter allen Umständen an, er ivürgte ihn mit seinen gewaltigen Ar men und zerfleischte ihn mit seine» furchtbaren Zähnen. Gewehrläufe biß er platt wie Rohrsteugel! Die Krone setzte all' diese» Schreckgeschichten daS unverschämte Jägerlatein Du ChailluS aus, jeueS asrikauischeu Münchhausen, dem Reade später öffentlich nachwies, daß er niemals wirklich einen Gorilla erlegt hat. Wenn trotzdem Du Chaillu'S Schilderungen auch iu der zweiten Auf lage des Brehm'scheu ThierlcbenS sei- Ablehnung aller Verantwortung sür die Wahrheit, so kann ich mir das nur so erklären, daß Brehm, der große Thier maler mit Worten, wie ich ihn immer war sür die ausgezeichnete Forin dieser allerdings ganz prächtig, drastisch und plastisch geschriebenen Jagdgeschichten, die sich lesen, wie ein ausregeudeS Ro maucapitel. mögen »un ungehc»erliche ich glauben, daß einen wesentlichen An theil daran das leidige Trinkgeld hat, das ja, einerlei in welcher Form es ver ibreich! wird, aus der ganzen Welt die selbe fatale Rolle spielt. Dic Eingeborene» werden gefragt, aufgefordert, SelbstgeseheueS und Er lebtes mitzutheilen oder einen jagd- und thierkundigen Stammesgenojscn zur Stelle zu schasse». Das Trinkgeld wirkt und „mail thut, WaS mau kauu". Schließlich findet sich immer ein geris sener Junge, der seinen Mann zu neh men weiß Er antwortet viel mehr, als ver Reisende fragt, erzählt Geschichten, waS d»S Zeug hält uud je toller er lugt, desto mehr glaubt er zu verdienen! Da bleibt, um die Wahrheit zu erfah ren, am Ende nichts übrig, als selbst hinauszuwandern in d»e Wildniß, um sich mit eigene», scharfen und unbefan genen Augen umzusehen. DaS hat Hugo von KoppenselS in den siebziger Jahren aus mehreren Reisen in der westafrika nischen Heimath deS Gorillas gethan. Er war der erste und bis jetzt einzige Europäer, der nachweislich Gorillas in der Freiheit beobachtet und erlegt hat, und er hat seine Jagdleidenschast und Tropeilsehnsucht, die ihm diesen Ruhm einbrachte, mit Gesunoheit und Leben büßen müssen, wie so mancher vor ihm. Bou einem Büffel zu Schanden gesto ßen, ist er, soviel ich weiß, nach länge ren» Sicchthum im Erfurter Kranken haus gestorben. Seine Erfahrungen über das Beneh men de« Gorillas dein Menschen gegen über, mit andere» Worten, über dessen Gefährlichkeit oder Nichtgefährlichkeit, bestätigen nur die durch unbefangene Prüfung immer allgemeiner werdende Ueberzeugung, daß, völlig ungereizt, so leichr kein Thier den Menschen angreift und daß man bei einer solchen Begeg nung immer hoffen darf, unversehrt da von zu kommen, wenn man mit einiger Vorsicht und Klugheit nach dem Wahl spruch handelt: „Thu' mir nichts, ich thu' Dir auch nichts!" Koppenfels behauptet, daß der Go rilla dem Menschen geradezu geflissent lich aus dem Wege geht, und erklärt es so, daß auch von den Eingeborenen nur die wenigsten jemals einen gesehen ha bei«. Läßt er sich zur Zeit der Dürre durch Hunger einmal verleiten, in eine »bgelcgene Pflanzung einzubrechen, so zenügt gewöhnlich etwas blindes Flin lengelnalter, »m ihn sür immer wieder ju verscheuche». Im ersten Augenblick, inen» der Gorilla einen Menschen ge wahr wird, ist gewiß sein Schreck oder wenigstens seine unangenehme Ueber raschung ebenso groß wie die des Men schen. Diese erste Bestürzung ist aber rasch überwunden, und daun folge», nach Koppenfels' Beschreibung zu ur theilen, wie bei allen wehrhasten Thie ren, die instinctiven Bemühungen, durch Stimme, Haltung «nd Geberde dem Feinde Furcht einzuflößen, der Gorilla „richtet sich auf, stößt aus tiefer Brust ein nicht wiederzugebendes, kurz abge brochenes, bald rollendes, bald grunzen des Gebrüll aus und bearbeitet mit sei nen Ricsenfäusten die gigantische Brust, wobei unter Zähnefletschen und einem unendlich boshaften Ausdruck des Ge sichts sich seine Haare auf Kops und Nacken vibrirend sträuben." Indeß auch in diesem Stadium hat eS nach Koppenfels' Ueberzeugung der Jäger noch ganz in der Hand, durch vorsichtigen Rückzug dem peinlichen Reneontre ein stilles Ende zu machen. Wird der Gorilla allerdings immer wei ter gereizt, in die Enge getrieben und schließlich gar leicht verwundet, so be sinnt er sich sreilich nicht länger, fällt über den Gegner her und würgt ihn unfehlbar im Nu ab, wenn nicht im letzten Moment noch eine tödtliche Ku gel sitzt. Aber unter solchen Umstän den nimmt jedes starke Wildschwein ven Schützen an, und wird jeder Stier zum lebensgefährlichen Wütherich. Daß da her auch ei» mannS- oder übermanns großer, herkulisch gebauter Asse sich mit eutsprechulder Kraft feiiler Haut wehrt, ist doch am Ende nur selbstverständlich, berechtigt aber nicht im Geringsten, aus ein dem Menschen gefährliches, vo» vornherein znm Angriff auf ihn neigen des Naturell z» schließen. Mit andern Worten, wie Burton mit derber, echt englischer Nüchternheit sagt: „Der Go rilla ist ein armer Teufel vo» Asse, nicht ein höllisches Traumgebilde, halb Mensch, halb Bestie." — Der Winter am Nycin. Vom eiserstarrten Rhein entwirft eiu Mitarbeiter der ..Köln. Volksztg." folgendes Büd: Wo die Strömung ganz besonders ruhig ist. vor Allem zwischen den weit hiueuirageiide» Steindüinmen, hat sich schon seit Wochen an beiden Ufern ein breiter Eisrand gebildet, der die freie Strömung einengt. So ist es von »öln hinauf bis Boppard und noch darüber hinaus. Je höher man den Rhein von Köln hinauf kommt, umfo mchr nimmt die Große der Schollen ab, bis sie bei Koblentz in vcrmindcrler Zahl und nur noch in der Große ei»eS Stmnmtijches herabkoiumeu. Der breite östliche Arm bei Vallendar ist großen theils zugefroren, nach Niederwerth ver kehrt mau über das Eis. :luf dem, Hafenarin .bei Ehrenbreitstein hat die Jugend sich ei» mit Wimpeln geschmück tes Schlitten Karussel eingerichtet; ein Pfahl ins Eis gerammt, darüber ein in der Mitte befestigter Querbaum, an dessen einein Ende die treibende Men schcnkraft, am anderen der wohlbesetzte Schiffsschlitten. Die Lahn bei Nieder lahnsteiu ist vollständig zur Landstraße geworden; eine Freude »icht nur.für t>k Jugend, sondern auch sür Alle, die nicht einsehen wollen, weshalb für die Benutzung der kleinen Lahnbrücke immer noch Brückengeld gefordert wird. Die Empfänger haben jetzt schöne Ferien. Die Sonne bricht durch den kalten Dunstschleier: in blendendem Weiß er strahlen die Einwände des Stromes, während daS offene Wasser tiesdnnkel dazwischen einherschleicht. Immer nä her kommt der Punkt, von wo ab das liebliche lebensvolle Rheinthal einem Todtenthale gleichen soll. Boppard, Salzig, Kestert fliegen dem ungeduldi gen Reisenden nur zu langsam vorbei, kaum hat er ein Auge sür die malerisch in den Schutzhäsen ancinandergedräng ten Schisse: die großen langgestreckten Eisbänke im Strome bereiten schon aus das Kommende vor. Vorbei an St. Goar da streckt die Lorelei sürwitzig ihre Felsennase vor, mitten im Strom tritt der FelSboden, mit Eis und Schnee bedeckt, zu Tage, und plötzlich sieht daS Auge nur eine Eiswüste; hier und da noch kleine, offene Stellen, über denen «m Morgendunst der Nebei haft in Form von kleinen Sträuchern tanzt, . während von der verhängten Sonneuicheibe blutiger Schein darüber sällt. Daun öffnet sich inmitten der rauhen EiSgefilde ein schmaler Bach, lebhaft fließend, an seinen beiden Enden im Schollengewirr verloren. Wilder thürmen sich die Massen, zak kig aufragend, hier gewaltfam hoch die Ufer hiiiaufgeschoben, dort scharf wie eine Mauer abgeschnitten; ganze Hü gelzüge, dazwischen Thäler, theils mit Schnee gefüllt. Bei Oberwesel zeigt sich der erste Pfad über den Rhein, krumm zwischen den Schollcngebirgeu hindurchsühreud. Läge nicht die Psalz bei Caub mitten im Strome, vielleicht stände dann das Eis heute nicht bis Mainz. Vielleicht! Unterhalb der Pfalz weit und breit eine Strecke offenen Wassers, oberhalb dieses FelsenbaueS in Pontonfarm EiSschichtungen so hoch, wie man sie bisher noch nicht erblickt hat und auch weiter hinauf nicht mehr zu Gesicht bekommt. Von Caub nach Langfcheid hinüber wie a»ch von Bacha rach nach Lorchhausen mit Asche bestreute, braun sich abzeichnende EiSpsade über de» Strom. Ob Nsc-clii -li-s, diesmal sichtbar ge worden ist, jener im Rhein ruhende Felsstein mit sagenhafter Inschrift, dessen Erscheine» über dem Wasser ein trockenes durstiges Jahr, dafür aber auch einen Weinscgcn ankündigt, haben wir nicht feststelle» können, denn es sehlte uns an der nöthigen philologischen Ausdauer und vor allem an Zeit; da gegen haben wir festgestellt, daß, wen» der alte Blücher heute noch zu thun hätte, was ihm in der Neujahrsnacht Ittlt oblag, er eine» vortrefflichen Rheinübergaiig bei Caub bewerkstelligen könnte. Weiter nach Lorch, Trecht ingshausen, Aßmaiinshausen über all dasselbe Eisthal, »nd nun um die Witzbung des Niederwalds herum nach Rüdesheim. Bingen's ist heute gelöst freilich weiß Niemand, wie lange die Lösung vorhält. Wir schreiten über Niedermendiger Platten und Kleinschlag, das heißt, über Schollen und Eisstückchen. Asche ist darüber gestreut, jedoch nur sparsam, so daß es sich empsehlen dürste, an den Brückenköpfen den Anschlag anzubrin gen: Warnung sür Schoppenstecher. Nach weiterem fünf Minnte», während deren Jung-Bingen nah und fern um uns her sich tummelt, sind wir bei den Hessen in Bingen. Droben, am jensei tigen Ufer, hält die Germania die Kai serkrone hoch in die Luft: „Kommt nur heran, daran könnt ihr nicht rüh ren, und wenii euch auch der Winter «ine Brücke zu mir baut." Dt« Ehe vcS Herzog» v»n Leuchten »erg. Man schreibt der „Frkf. Ztg." am Petersburg: Der kürzlich in Paris ver storbene Herzog Nikolaus von Leuchten i»erg hat hauptsächlich seiner Gemahlin vegen seinem Baterlande Valet gesagt ,nd sich in Gens niedergelassen, da die russischen Gesetze seine Ehe nicht gestat ieten, Herzog Nikolaus heirathete nämlich eine Frau Akinsjew, geb. Anen !ow, bei Lebzeiten ihres Mannes, der !in Neffe des Fürsten Gortfchakow war ind in diplomatischen Diensten stand. Lieser Neffe war ein mauvais »er seiner Gattin viel Verdruß und Kum ner »lachte, so daß sie ihn schließlich ver ließ. Fürst Gortschakow, der sich schon längst von seinen« Thunichtgut von liessen losgesagt hatte, lud Frau Akin sjew zu sich ei» und die junge Dam« machte in den Salons des russischen Kanzlers die Honneurs. Der junge Herzog von Lenchlenberg, der zuweil-n den Kanzler, mit dem er persönlich be freundet war, besuchte, war durch die reizende Erscheinung von dessen Nichte gefesselt und bald ein steter, immer gern zcfehcncr Gast. Es entspann sich zwischen den beiden jungen Leute» ein zartes Verhältniß. Der Herzog entbrannte in leidenschaft licher Liebe zu der jungen Frau und Nadefchda (so hieß die junge Dame) theilte diese Gefühle des Prinzen. Da alle Versuche, den Gatten zu einer förm lichen Scheidung zu bewegen, vergeblich waren, so entschloß sich der Herzog kurz. Er entsührte seine Geliebte und ließ sich in Genf trauen. Im Angesicht dieses vollzogenen Factums blieb dem verlasse nen Gatten nichts weiter übrig, als in eine Scheidung post kesuirn zu willigen. Selbstredend, daß dieser Entschluß nicht ohne äußeren Druck gefaßt und ausge führt wurde. An hoher Stelle hatte man es längere Zeit dem Fürsten Gort .schakow sehr verübelt, daß er dieser heimliche» Ehe Vorschub geleistet habe. Der Reichskanzler konnte aber seine Unschuld durch unumstößliche Beweise ?rhär!en, darthun, daß er von dem sich vor seinen Augen abspielenden Liebcs drama nichts gewußt und daß, wem, er die geringste Ahnung davon gehabt hätte, er sicherlich ein solch' gewaltsames Durchhaue» des gordischen Knotens nicht zugelassen hätte. Fürst Gortscha kow soll nämlich selbst seiue Nichte lei denschaftlich geliebt und trotz des großen Altersunterschieds sich mit dem Gedan len getragen haben, dieselbe zu eheliche». Wie dem auch sei, die Ehe des Herzogs wurde vom kaiserlichen Hofe als eine Mesalliance nicht aiierkaniit. trotzdem iedoch der junge» Gattin der Titel einer Gräfin Beauharnais verliehen, ei» in der Leuchtenbergische» Familie erblicher Titel, den Josephine Beauharnais, die -rste Frau Napoleons I. und Urgroß mutter des jetzt verstorbenen Herzogs, zetragen. Kaiser Nikolaus lieble seine Tochter, die Großfürstin Marie vou Leuchteiiberg. und deren Kinder schwär merisch. Auch Alexander 11. trug sei ner Tante und seiner Cousine die zärt lichste Liebe uud Anhänglichkeit ent gegen. Daher auch der rasche Schritt o«S Herzogs Nikolaus ohne weitere Fal zen blieb, und obzwar er »ach seiner Heirath fast beständig im Auslande in Genf) lebte, so wür zen doch seine Beziehungen zum kaiser luden Ävke nickt abgebrochen. Volapüt. Es ist noch nicht lange her, seitdem der Ersinder der Universalsprache das Zeitliche gesegnet, und schon beginnt an dem Volapük, das wohlgestaltet und gepanzert dem Haupte seines Erzeu gers entsprang, der Zahn der Zeit zuse hends zu nagen. Nach einem Jahrzehnt wird sein Andenken ebenso verschwom men sein wie die Mündung der Flüsse in Angra Pequena. Vor einigen Jahren reiste ich nach Calisornien. Der Zug schoß pseil grade über die große amerikanische Wüste in Nevada und hielt bei einer „Stadt" an. die, auf der flachen Sandebene hockend, den traurigen Eindruck, den die Wüste hervorbrachte, nur erhöhte. Aergerlich fragte ich einen sonnverbrannten Eingeborenen, der aus dem Perron herumschlenderte, wovon denn eigentlich die Einwohner der Stadt lebten und warum sie diese von Gott verlassene Gegend nicht selber verließen. Bissig antwortete mir der Nevadische Patriot: „Mein Herr, neh men Sie Ihre Brille ab, so werden Sie besser sehen! Die nächste Silbermine ist nur sünszig Meile» vou hier entsernt; achtzig Meilen von hier haben wir grüne Wiesen und Felder. Die? ist ein gesegnetes Land, unS fehlt nur Waf fer." Er hatte recht, der Wüste sehlt Auch dem Volapük fehlt das Wasser des Lebens, und eS werden sich schwer lich gelehrte lia—lin-lali-rci dazu herge ben, das nöthige Wasser in ausgehöhl ten Straußeneiern herbeizuschaffen. Sc muß das Bolapük vergehen. Us>>uiss- Die Zivilisatorischen Bestrebungen der europäischen Mächte werden bald den ganze» Erdball in das Netz ihrer kauf männischen Thätigkeit gezogen haben. den immer coniplicirter, und die Noth wendigkeit einer cinheiilichen Sprach lritl immer dringender hervor. Jnso storbciien Dr. Schleyer anerkeunenS werlh; leider aber bleiben sie eine Chi märe. Eine Kunstsprache wird immer ihr Ziel verfehle», eine Universalsprache zu werden. Dieser Aussatz hat eS sich zur Ausgabe gestellt, den Beweis dafür zu erbringen. Eine spätere Abhand lung soll dem Schicksale der Kulturspra cheu im Allgemeine» gewidmet lein, um zu untersuche», welche von ihnen als Siegerin im Kampse uiu'S Dasein her vorgehen wird und berusen ist. die Füh rerinrolle im große» Weltverkehr zu übernehmen. Die erste Bedingung einer allgemei nen Sprache ist, daß sie nur solche Laute besitze, die alle Nationen leicht ausspre che» können. Es ist bekannt, wie schwer eS fällt, sich einen Laut a»z»eignc»; die Schwierigkeit rührt daher, daß einige Nacen die Muskeln der Brust zur Bil dung von artikulirten Laute» ganz be sonders in Anspruch nehmen, andere den jl ehlkovs, wieder andere den Gaumen, die Nase, die Lippen vorwiegend dazu gebrauchen. So können die meiste» Europäer nur mit Schwierigkeit Ara bisch sprechen, weil das Arabische die Kehlkopf- und Brustmuskeln übermäßig kaum die weichen Laute (moäia) erler nen. Der Ersinder des Bolapük hat diesem Bedürfniß Rechnung tragen wollen, als er sein ABC zusammenstellte; doch wä re» ihm die Lautsysteme der größeren Sprachgriippen genauer bekannt gewe sen, so hätte sich sein ABT auf etwa 5, sage ->, Buchstabe» beschränken müßen. Alle langen Vokale, Doppelvokale und Umlaute fehle» im Russischen: Das kurze im Ungarischen lautet mehr wie ein deutsches o; Das o sehlt dem Arabischen; DaS o sehll den Verbersprachcn: Das- » ist nicht im Malogajsischen (Madagaskar) vorhanden; l> sehit dem Chinesischen Mandari »endialekt): O.uihna (Peru); den Poliuesische» Sprache«; <- sällt im Anfang n»d in der Mitte des Wortes dein Engländer schwer; findet sich nicht im Polynesische»: >1 nicht in Quichua, Polyuesisch, Chi nesisch; t nicht in O.uichua, Polhnesisch, Fin niich; 55 nicht in Quichua, Polyuesisch,Maya (Uucalau) Chinesisch; "l> nicht in Russisch, Nubisch; I nicht in Polhnesisch, (ohne Hawai), Japanesisch: p nicht in Hot.'eutot, Namaqiia; rnich! in Chinesisch, Hawaiisch, Maya, tzafserüsprc.chs; nicht in Finnisch; /. nicht in Quichua, Nubisch. Demnach stehe» etwa dir Buchstabe» K. t. i zur Berfiiguug, ans denen beim besten Willen keine Sprache z» bil de» ist. Wenn aber neue Lante hinzugefügt werde» solle», so ist es eoenso leicht, bei spiclswchc das ganze russische Alphabet zu erlernen als mir ei» Theil davon; es ist also die Ausschließung wie die Ein verleibnng vo» Buchstaben im Volapük gleich verwerflich. Zunächst kommt das grammatikalische System in Betracht. Hier erst sieht man, wie wenig wisseiischastliche Bil dliiig Dr. Schleuer besessen habe» muß, und es nimmt nur Wunder, daß Pro sessorcu sich dazu hergebe» können, dem Bolapük das Wort z» reden. Da die Eniwickelnng des Alphabels vorzüglich die Schwierigkeiten illnstrirt, die sich bei der Bildung einer tünstlich.'u Gramms lik herausstellen, so wollen wir einen Abstecher in'S Gebiet der Alphabete machen. Wie bekannt, besäße» die ältesten Sprachen, wie das Chinesische, nicht ein Alphabet, sonder» ei» Hierogliiphc»- systein, nach dem jedes Wort durch ein besonderes Zeichen dargestellt wird. Wie schwerfällig das System auch sein maa. so beruh! cS ursprünglich nicht aul Zufälligkeit, sondern aus einer Noth wendigkcit, denn da die alte» Sprachen keine Zergliederung der Wörter und keine Anhängsel kennen, um verschiedene Verhältnisse auszudrücken, jedes Wort nur in einer Form, und zwar einsilbig, vorkomme» kann, die Verhältnisse ledig lich durch Juxtaposition ausgedrückt werden, so besitzen die Sprachen nur eiue beschränkte Zahl von Wörtern, die in verschiedenen Stellungen und bei ver schiedener Accentuatio» ganz andere Be- ausdrücken. So findet sich im Chinesische» sür den Gesammtbcgriff lieben, kann Hauptwort, Eigen schaftswort. Beiwort sein, also lieben, gut, Leebc, guter heißen. Dieses System in ein ABC zu zwängen, wäre wohl möglich, an Leichtigkeit des Erler nens würde aber die Sprache nicht be sonders viel gewinnen. Mit der Fortentwicklung der Spra che verlieren gewisse Wörter an ihrer Intensität und kommen immer in Ver bindung mit anderen Wörtern vor; dies ist der Ansang eines BiegungS systeniS und stellt sich in den Sprachen ei», die als agglntinativ bekannt sind; dazu gehört das japanesische. Die Sprache gewinnt an Lauten und Wör tern. und das Hieroglyphensystem macht sich z» ungelenk, es wird zu einem Silbensystcm verwandelt, da eine ge wisse Anzahl von Silbe» sür alle For mationen genügt nnd Mißdeutungen kaum vorkommen können wegen der verschiedenen Länge der Wörter. Nur aus der dritten Stufe, wenn die Anhäugfel der agglutinativen Spra chen ganz und gar ihre Durchsichtigkeit verloren haben und nur mit dem Worte als Ganzes gedacht werden können, wird eS zur Nothwendigkeit, ein Alpha bet einzuführen, weil die silben ichweren und ungefügigen Wörter be hufs leichterer PhonefiS ihre Konsonan ten verwischen, Vokale verändern und Silben verkürzen. Ein Silbeusystem von nicht weniger als INO Zeichen könnte diesen neueren Bedürsuissen ent sprechen, eS ist also ein Alphabet von 25—3 S Buchstabe» vorzuziehen. Das hieroglyphensystem auf so entwickelte Sprachen anzuwenden, wäre nicht nur eine Monstrosität, sondern eine absolute Unmöglichkeit. Dieselbe Analogie ist auf eine Uni versalsprache anzuwenden und Dr. Schleyer glaubte einen guten Griff ge than zu haben, als er eiue agglutinative Sprache sich zum Muster nahm. Die Flectionssprachc» der dritten Klasse, zu denen fast alle Sprachen Europas zu rechne» sind, können sich leichter in das Schleyet'sche sügen: den Chinesen ist eS zanz so sremd, wie irgend eine andere Flectionssprachc. Aber auch unter den Europäern können sich die Dänen und Engländer nicht mehr in ein Biegungs system, sei eS noch so leicht, schicken, da ihre Sprachen über die dritte Stufe hinaus sich cutwickeln nnd so dem mono sylabischeu Chinesischen näher zu stehen kommen. Jeder deutsche Lehrer weiß, wie schwer eS sällt, die englischen Kin der an den richtigen Gebrauch der Fülle 5» gewöhnen, und während dem deut schen Quintaner Fehler in der lateini schen Syntar als grobe Verstöße ange rechnet werden, macht die amerikanische Jugend nock in den höheren Klassen der Universität Schnitzer iu der Anwendung Eine Grammatik, die ans Biegung beruht, kann nicht bei de» civilisirten die verschiedene» Völker sich leicht in der Schwierigkeit, die die Aussprache und Grammatik verursachen, zurechtfinden würden, so stellt sich ihnen noch immer eine Schranke entgegen, die sie nicht pas siren können. Dr. Schleyer hat eS näm lich vergessen, seiner Sprache den Le bensgeist einzuhauchen. Die Sprache ist nicht unveränderlich, sonder» spiegelt in ihrem Ban den lebendigen Menschen Wie schön spricht q. B. das erhabene Wesen der kriechen aus ihrer Sprache; und unter ihren Dialekten, wie gut prßt doch das Jonische für die asiatische Ber tveichlichnng, das Dorische für den krie gerischen Spartaner, das leidenich ist liche Aeolische sür die poetische Schöpf ung einer Sappho uud das elegante Attische für den Atheuer! Die verschiedenen Bölkerfamilien un terscheiden sich unter einander durch die größere oder kleinere GemüthSerregung, die durch das Klima und die Lebens weise bedingt ist. So gehören die Ne gervölker zu den erregbarsten der Erde; bei ihnen schlägt eine große Trauer schnell in Ausgelassenheit um, und der kleinste Schreck bringt bei ihnen oft die größte Panik hervor. Ihre Sprache gibt genan diese Beweglichkeit wieder: ilire Sätze sind stark zerstückelt »nd hä» gen nur lose zusammen, während die Thätigkeit der Wörter so stark gedacht wird, daß Theile des Subjects noch im Prädikat »nd Object z» finden sind, während das Object ans das Zeltwort zurückwirkt; so heißt iu der Zulusprache der Satz: Gott weiß alles Gott weiß Dinge alle Im Zeitworte u. vc. ?. »?,> ist » das Einheitlichkeit. Ein Maulthicr heißt »iscl>k»l-i. d h. Pferde - Lang - Ohr. Im Arawakische» lautet der Satz: Du solltest heute nicht gewaschen wer Die europäischen Sprachen stehen zwischen beiden Extremen, indem in den keltischen Sprachen das erregbare Ele ment vorherrscht, das Deutsche zu den weniger erregbaren (pflegmatischen) zu rechnen ist. Dem Neger und Negriten ist da» Schleyer'sche Kauderwälsch eine unüber windliche Monstrosität, da er die ver schiedenen Theile deS Satzes zu lange im Kopfe herumtragen muß. Dem Asiaten und Amerikaner ist das Bolapük zu zerstückelt, und die Europäer könne» aus dem Bolapük keinen andern Geist entnehmen, als den, den sie ihm nach dem Muster ihrer eigenen Sprachen oerleihen. Demnach müßte der Deutsche deutsche» >ind der Italiener italienisches Volapüt schreiben. Da in den slavischen Sprachen die Flektion start entwickelt ist, so hängt der Sinn deS Satzes nicht von der Ord nung ab: die Endungen der Wörter be stimme» deren Bedeutung und Verhält nisse zu einander vollständig, und durch die Rkihensolge werden Schattirungen hervorgebracht, die der Westeuropäer kaum verstehen, geschweige fühlen kann. Dagegen ist das Englische stramm ge wickelt, die Ordnung ist durchaus keine willkürliche, und die Emphase wird durch Wendungen und den Wörterreichthum ersetzt. Wenn also im Allgemeinen eine Sprache der Schleyer'schen Art der gan zen Welt unzugänglich ist, so bleibt sie eine Chimäre, selbst wenn sie für den Gebrauch der civilisirten europäischen Nationen bestimmt ist ; denn der Pole oder der Türke erlernt das wirkliche Deutsch ebenso leicht, wenn nicht leichter, wie das sabricirte Conglomerat de» Bolapük. Man macht gewöhnlich den Einwand, daß die nationale Eisersucht die Euro päer daran hindern, eine lebende Sprache Europas sür den Universalgebrauch her vorzuheben. Dieser Einwand trifft ober nicht das Persische, das die Ein sachheit selbst ist. Die Conjugation ist so einsach wie im Volapük; eine Decli nation gibt es nicht; das Verhältniß deS Eigenschaftswortes oder des Haupt wortes zum Hauptwort wird durch ein angehängtes i ausgedrückt. Die Sprache ist melodisch und ihre Wort-Combina tionen bezaubernd schön. Sie hat de» Vortheil, eine indo-germanische Sprache, also eine den meisten europäischen Spra chen verwandte zu sein und besitzt be reits eine reiche Literatur. Zur Zeit des Firdusi war das Perfische noch mcht durch das Arabische getrübt, und wäre eS also nur nöthig, zur damaligen Pehlevi-sorm zurückzugreifen, um sie >ur Uuiversalsprache zu verwenden. Doch davon eiu ander Mal. Erinnerung an Uhland. Eine Erinnerung an Ludwig Uhland, vie sie nach einer handschristlicher Aus zeichnung eiue» Tübingers ein alte» iurhessischeS ZeitungSblatt erzählt, Wirt» zur Neubelebuug mitgetheilt. ES war im Jahre 1857, als eine ganze Schaar unger begeisterter Verehrer des großen LolksdichtsrS die Universität Tübingen >ezog. Ihm vor Allem galt ihrer Her fen warmer Schlag, und Schwaben lowohl wie Norddeutsche juchten ihn ins und schätzte» sich glücklich, de» gro ze» Ulilanv, vaS Ideal ihrer Jugend, persönlich kennen zu lernen. Einer au» Lreinen war der schwärmerischste unter >en jugendlichen Schwärmern, und so »st sie Abends oder vielmehr des Mor lens aus der „Kneipe" kamen, stiftete !r die Kommilitonen an, daß sie mit chm vor UhlandS Haus zogen und dort loch einen Gesang anstimmten. Meist vählten sie dazn das herrliche Lied: .Wenn heut' ein Geist herniederstiege.- md sänge» dann gewissenhast alle sieben »chtzeiligen Strophen. So ging es' längere Zeit fast jede )!acht fort. Da erhielten sie eines Ta ;sS sämmtlich eine Einladung zu einem iinsachcn Abendbrot in das Haus des Dichters. Glühend folgte Jeder dieser seltenen Auszeichnung und stellte sich rechtzeitig in Gala ein. Uhland be wirthete sie ausS Liebenswürdigste und >aS „frugale Abenhbrod" ließ nichts zu wünsche» übrig. Ans das Essen solgte eine förmliche Weinschlacht, und im Eiithiis! sü?ieu die Studenten ein Ll.d nach !' i nudeni. Endlich K:su::te der (.x' lriner aus Bremen VaS Lied vom an, der jetzt in der T'vit zu ihm herniedergestiegcn war. ! h i»d hörte still vor sich hinläche n> Sc» Gesang bis zu Ende an. Aber wie staunten seine jugendlichen Verehrer, iIS er hieraus ganz ernsthast versicherte, dieses Lied gefalle ihm jetzt gar nicht mehr, eS fei »in viele Strophe» zu lang; wen» er eS noch einmal zu dichten hätte, würde er eS viel kürzer machen. Dieser Ausspruch des Meisters, der fast einem Lerdammungsurtheil seines herrlichsten Gedichtes gleichkam, wnrde zuerst-mit stummem, starrem Erstaunen angehört and dann folgte» die lebhaftesten Wider sprüche von allen Seiten. Uhland ließ ruhig de» Sturm an sich vorübergehen and sagte zuletzt: „Aber, meine Herren, dieses Lied kostet mich jede Nacht mei ne» beste» Bormitternachtsschlaf; wär' eS kürzer, könnt' ich eher wieder ein schlafen." Damit lenkte er freundlich die Unterhqjtuiig auf eine» anderen Ge genstand und -- durfte von nun an un gestört schlafen. Nur der Schwärmer ans Bremen soll es noch zuweilen ganz leise beim Nachhausegehe» vor sich hin- Zchrecke» inid Entrüstung „Ja", jährt die Kleine fort, „Mama sagt, Du hast ciiien Spid, »nd wen» Papa aus jagt sie a»ch maiichmal, daß er eine» Zpitz hat." Che hilide r n i ß. Tochter (flehentlich billend): „Ach, Papachen, )ab' doch Erbarmen und laß' mich mit Eduard glücklich werden!" Bater sNatnrsorjcher. wüthend emporsprin ;e»d): „Was!? An'S Heirathen denkst ,iel' die Eidechse hat! ?-