6 Am «hristabend. So geringfügig war die Veranlas sung gewesen, und so traurig waren die Folgen! Eine Meinungsverschieden' bett, gereizte Worte hinüber und herü ber. zuletzt Vorwürfe und Anklagen. Daun hatte der jugendlich frische Mann den Stuhl heftig beiseite gestoßen und war hinausgestürzt durch den kleinen Garten ans die jetzt einsam liegende Straße: und die junge Frau, eine noch zierliche Erscheinung, mit lebliasten dunklen Augen und kindlich weichen Zügen, hastete glühenden Ant litzes in die Nebenstube und rüstete sich zum Ausgehen, als ob ihr der Boden unter den Füßen brenne. Der Tag war grau nnd regnerisch: schwere Tropfen rannen an den matten Fensterscheiben herunter; qualmiger Ne bel brante über den sumpfigen Wiesen und breit« Wasserlachen machten die Wege beinahe ungangbar. Wie häßlich und unbehaglich Alles da draußen, wie wohnlich und traut hier drinnen in dem kleinen, sauberen Gemache! Am Tische, der noch die Reste des Mittagsmahles trägt, sitzen zwei Kin der, ein Knabe nnd ein Mädchen, und drücke» sich verschüchtert, ängstlich an einander: die ungewohnten lauten Worte haben die armen Dinger er schreckt. Beim Anblick der rothwangigen Lockenköpfchen stockte Lisa Dormanns Fuß, das Herz krampst sich ihr zusam men. und unwillkürlich lösen ihre Hände das bereits geknüpfte Hutband wieder. Ein Augenblick nur, dann erwachte der Trotz in ihr. Es war ein böses Wort gewesen, das der Vater dieser Kinder vorhin gesprochen. „So geh', wenn Du „lagst: ich halt« Dich nicht!" Nun wohl, sie will auch gehen und sich vor her nicht erst weich machen lassen. Mit zitternder Hand sährt sie noch einmal über die zarten Blondhaare der Kinder, beißt sie mit verschleierter Stimme sich ruhig verhalten, bis der Vater zurückgekehrt sein werde: dann, ohne Abschiedskuß, ohne ein zärtliches Wort, verläßt sie Stube und Haus sie will ja doch stark und entschlossen bleiben. Wie sie den kleinen, winterlichen Gar ten durchschreitet, trifft sie mit dem heim kehrende» Gatten zusammen über rasch! blickt dieser auf, und seine Züge verfinstern sich. „Ich gehe zu »keinen Eltern zurück," erklärt sie, „Du hast mich gehen heißen, wohlan, ich gehe " „Wenn Du das Herz dazu hast, gehe inunerhin! Aus Deine Verautwov tung!" „Ans meine Verantwortung!" Kein Lebewohl —in Groll uud Bitter keit gehen sie von einander, deren Her zen bisher eins gewesen. Lisas elterliches Haus, ein kleines Bauerngut, liegt über eine Wegstunde entfernt; der Weg ist durchweicht und schwer gangbar: mühsam, im »»aus. hörlich niedertropfenden Regen, watet die junge Frau die morastige Straße entlang, das Herz voll zornige» Eifers sest entschlösse», den Mann ihren Groll empsinden z» lassen, der ihr so zu be gegnen vermochte. Wie war er liebevoll lind zärtlick gewesen, als er sie zum Altar geführt, sie, die wohlhabende Bauerntockter, die eine weit bessere Partie hätte machen können, als den »»bemittelt?» Steiger, der nichts besaß, als feine kernfeste Gesundheit und aller dings sein recht auskömmliches Gehalt. den hübschen, schlanken Man» verloren gehabt, hatte de» vermöglichen Pack terssvh» verschmäht nnd sich den Mann ihrer Liebe von den Elter» ertrotzt. Und das war i.nn her Dank. Die Stelle ivar erreicht, Ivo dcr Weg sich abzweigte: hinter ihr, in qualmigen Dunst gehüllt, lag die kleine Stadt, an deren Ausgange auch ihr bisheriges Nebelschleiern umwobciie» Thaimulde lag das Gehöft ihre? Vaters. Einen Inrzen Moment blieb sie zögernd stehen dort «»ich » cht Mann nnd minder be» durste» ihrer unr zu sehr. Aber ihr Manu hatte ihr Unrecht gethan, sie inochte ihr selbst das Herz auch uoch so wehe dabei sei»: finstere» Antlitzes schrill sie in den Nebel hinein. Tage ans dem einsamen Baucrnhosc da «>iii. Die allen Leute waren froh ge wesen. die Tochter wieder zn haben, und die Mutter hatte besonders Lisa's Thuu vollkommen gerechtfertigt gesun den. Lisa selbst aber fühlte sich nicht »»ehr zu Hause im alten Heim: als Mädchen hatte sie so sröhliche Tage dort verlebt, hatte lustig umher gewirthichaf tel in Haus und Hof und dazu gesungen waren vorüber, nnd Lisa's Interessen seither andere geworden. Oede nnd traurig schien ihr die Hei inath ihrer Jugend, und doch war diese die alte geblieben: mir Lisa war vcrä» dert dahin zurückgekehn. »nd die Sch» sucht uach dem eigene» Herde, nach ihre» Kleine». die sie'so schnöde verlassen, «ach dem Manne, dem trotz allem ihr ganzes Herz gehörte. l»cß sie ihr jetziges Dasein wie eine schwere Last cinpfii, den. So schlich sie wohl hinaus in den frühen Decemberabend nnd blickte star ren Auges den Weg hinauf, de» sie vor wenig Tage» so trotzige» Sinnes daher gekommen. O, wenn sie jenen Tag aus ihrem Lebe» hätte streichen können! Ob ihr Gatte nicht doch einmal kommen wnrde. sie in jei» verödetes Heim zu rückzuholen? Ob er nicht wenigstcnS eine Botschaft schickte, ein Lebenszeichen von sich gab? Und während dessen tobte drinnen in der wohldurchwärmt«n Stnbe die Mntter der Tochter stol^S er,. „Sie hat recht gehandelt, und et stände dem rauhen Mann wohl an, ihre Verzeihung zu erbitten, statt sich so hochmüthig fern zu halten." Der weißhaarige Bauer aber klopfte bedächtig seine Pfeife aus uud schwieg cr hatte sich mit keinem Worte in den ehelichen Zwist der Tochter ge mischt. Nun fiel der erste Schnee. Wieder stand Lisa in der Dämmerung unter dem Thorwege und spähte die Straße hinauf, die unter der Schneedecke sich schier endlos zwischen ihr und ihren Lieben zu dchncn schien. Morgen war Christabend! Lisas Herz krampfte sich zusammen. Christabend! Wie die Erinnerung an vcrgcuigetie Christabende da leuchtend vor ihr aufstieg: die freundliche Straße, in der sie gewohnt, wo aus jedem der kleinen Häuser Heller Lichtschein auf das schneebedeckte Pflaster fiel. Und drinnen, in ihrer eigenen Wohnung, in ihrer sauberen, behaglich eingerichteten Stube der weißgedcckte Tisch, darauf sie stolz geschäftig ihre kleinen Gaben ausbreitete, während süßer Klichendust sich mit dem Aroma »es eben zubereiteten Weihnachtspun sches mischte. Da wohlbekannte Tritte auf dem Flur ihr Mann stampft den Schnee von leinen hohen Stiefeln ab und trägt ihr die Tanne in's Haus, die er draußen im Holzschuppen iu den Kübel gepflanzt und mit Lichtchen versehen hat aus dcr Küche aber klingt Helles Kinder lachen uud frohe, erwartungsvolle Rufe o, wie das Alles deutlich vor ihrem geistigen Auge steht, so greifbar deut lich, daß sie Plötzlich laut ausschluchzt, wie sie jetzt um sich blickt und nichts ihrem Auge begegnet, als die öde, öde, weiße Fläche! Wie war sie doch thöricht gewesen, um eines übereilten Wortes willen sich von Allem loszusagen, was ihr das Leben lieb und werth gemacht! Er allein trug nicht die Schuld, auch sie war unverständig, heftig und empfind lich gewesen. In Thränen aus brechend, eilte sie in das Haus zurück lind schloß sich in ihrem ehemaligen Mädchenstübchen ein. Hell und strahlend stieg am nächsten Morgen die Sonne über die glitzernde Schneefläche empor. Heute war die Straße ungewöhnlich belebt, denn aus dem Dorfe und von den Bauernhöfen zog heute mancher zur Stadt, um Waa ren dort abzusetzen oder selbst Einkäufe zu machen. Auch der Landbote, der mit der Kiepe anf dem Rücken allwöchentlich einmal kam, etwaige Bestellungen einzu holen, war heute schon frühe hinausgc wandert, und gegen den sinkende» Abend stand LisaS Mutter vor dem Thore und schaute nach ihm aus; sollte er doch zur Festesfeier noch feines Wcizengebäck und Hoiiigkuche» mitbringen. Außerdem hatte dcr „alte Schmitz" auch immer Zeit, einen Schnaps zu trinken »nd da. bei alle Neuigkeiten des Städtchens zu erzähle», »nd den Genuß dieses Plau derstündchens ließ sich Frau Fcchel so bald nicht entgehen. „Das ist 'mal ein prächtiger Christ abend", leitete sie denn auch die Unter haltung ein. indem sie dem Boten ver schiedene Packete abnahm. „Freilich ja, ein schöner Abend" Weißes Christfest, grüne Ostern, so muß es fein. Aber für manchen gibt es Heuer meine ich —" dabei deutete er mit dem Kopfe nach dem Städtchen hin. „Trauriges Fest für wen denn?" fragt Frau Fcchel, deren Neugierde er wacht ist, indeß Lisa von unerklärlicher Unruhe gclricbcn näher tritt „was hat es denn gegeben?" „Ein schlagendes Wetter hat eS gege ben," berichtet der Bote mit selbstzufrie dener Wichtigkeit: ein schlagendes Wet ter in der Fortunagrube. Zu Dutzenden holte man eben die Todten und Ver wundeten herauf das Jammergeschrei der Weiber und Kinder war schrecklich zuzuhören." In dcr Fortunagrube! Das war ja sie Grube, wo Lisas Man» als Steiger angestellt war. Jeder Blutstropfen war zus ihrem Gesichte gewichen heftig umklammerte sie den Arm des Unglücks „lst Heinrich Dormaun auch unter >en - - unter den—Vernnglücklen ?" Ter Bote erschrak. „O, Frau Tormann es thut mir 'eien " „Ist er darunter?" „Gewiß uicht, daß ich wüßte. Aber !«h habe »ich! alle Name» gehört, liebe Frau Dormaun —" Lisa ließ ihn nicht ausreden, schon war sie in das Haus geeilt, und als ihre Mntter. welche sich noch Einzelheilen der Katastrophe berichten ließ, ihr dorthin nachfolgte, sand sie in der behaglichen Stlib« den alten Baucr allein am Fcner schon in Hut und Mantel dic Treppe ! hinab kam. Verwirrt blickte sie von nncm zum andern. - ich muß gchcu und " Thrä neu crsticktc» ihre Stimmc. „Aber. Lisa, ich sehe nicht ci», wcs halb Tu jctzl gehe» solltest", redete di« »ich elwas geschehe» wäre, hätte schwitz doch auch davon gehört. Lieber wollen wir dranßcn »ock cinc Wcilc acht ha dann ein Unglück geschchc», so ist »och immer Zeit hinzugehen jetzt aber bleibst Tu wo Tu bist und «jemand rauh mit Dir ist." Da aber legte sich der alte Baucr ins Mittel. „Du lässest das Kind gehen, Frau," besaht er mit einer sonst an ihm »n zewohilten Bestimmtheit. „Sie thu! «echt und ich bin froh, daß sie endlich nnfieht, was ihre Pflicht ist. Und mm iile, Lisa, nnd Gott lenke alles zum Be ?ten'," schloß er in seiner schlicht?« Frömmigkeit. Lisa küßte ihn weinend auf die fal> tige Stirn, reichte der unzufrieden dlik keuden Mutter die Hand, und trat dann den Heiuiwcg an, so schnell ihre Füße si« zu tragen vermochten. Nie war ihr der Weg zur Stadt so laug erschiene» als hcutc, wo ihre Gedanken ängstlich ihce» Schritten vorauseilten. Was würde ihrer daheim warten ? Und als endlich das Städtchen crreicht war, wollte ihr fast der Herzschlag stocke»; wie sonst wohl fiel hie uud da Heller Lichtschein auf die Straße, doch die Grnppen, welche allent halben umherstanden, trugen kein Heitel festliches Gepräge: leises Weinen, lau> tes Schluchzen drang an Lisas Ohr. Eilig schritt sie weiter: zu fragen wagn sie nicht ihr bangte zu entsetzlich vor der Antwort, welche ihr werden könnte. Und da war ihre eigene Wohnung! Weit offeu stand die Hausthüre; iu der seitwärts licgcndcu Küche flackerte das Herdfeuer hell auf, und bei dein züngeln den Scheine crkannte sie ihre beiden Kleinen, wie sie Hand in Hand in di« Herdecke geschmiegt, aus erschreckten Kinderaugen scheu und angstvoll ans eine am Boden hingestreckte Männer gestalt starrten. Lisa wankte hinein, und die armen Kleinen, die langentbehrte Mutter er kennend, stürzten ihr entgegen und um klammcrten ihre Knice. Aber der kind liche Jubel war gedämpst: das beklem> mend Unheimliche der starren Gestalt am Boden wirkte anch auf das Kiuder gemüth. „Bater hat noch gar nicht mit uns gesprochen, seit die Männer ihn gebracht haben, Mntter," flüsterte das Mädchen ängstlich. Vor LisaS Augen legte sich eine blu tige Wolke keines Wortes mächtig starrte sie in das von Rauch und Staub geschwärzte Gesicht des todten Mannes, dann brachen ihr die Knie und sie sank neben der Leiche zusammen. In ihrem Hirne hatte nur der eine Gedanke Platz, daß Gott sie gestraft habe für ihre Thorheit. Es war gekommen, wie si« es den endlos langen Weg hinaus im mer gcsürchtct zwischen Hoffen und Bangen. Heinrich war von ihr gegarr gen und kein Liebeswort vermocht« inehr, ihn zurückzurufen. Nichts in der Welt konnte eS ungeschehen machen, daß sie im Streite von ihm geschieden, daß er im Zorn und Groll ihrer gedacht. Nun war'S vorbei für immer, immer. „Lisa, mein Herz", sagte da eine Stimme hinter ,hr. Starke Männer arme umfaßten die ohmuächtig Schwan kende, Verwirrte und richtete» sie auf. Unversehrt, mit ernsten uud doch glückstrahlenden Augen stand ihr Gatte vor ihr, und hilflos weinend schlang sie die Arme um seinen Hals. „O, Heinrich, Heinrich!" „Ich wäre schon heute gekommen, Dich zu holen", sagte er, ihr in die Augen blickend. „Ohne Dich wäre es ja doch nicht „Christabend" gewesen sür mich und die Kleinen. Aber wie das Unglück geschah, mußte ich zur Stelle bleiben und helfen, soviel zu hel fen war." Und einen mitleidigen Blick aus den Todlcn werfend, fuhr cr in ge dämpftem Tone fort: „Du glaubtest wohl, ich sei's nicht doch, eS ist der arme Jauser vou hier nebenan. Die Träger haben ihn nur in's falsche Haus getragen ich kam eben deswegen." Von tiefster Seeleuqual so jäh zu neuem, seligen Glücke erweckt, lehnt Lisa gleichsam traumverloren in des Gatten Arm. Wic war er so gut, o so gut mit ihr, und sie hatte »och nicht einmal cm Wort gesagt, ihn zu ver söhnen. „O, Heinrich, ich war ich hätte nicht " stammelte sie uu» er aber schloß ihr mit innigem Kusse de» Mund. „Nichts mehr davon, m.ein Herz, laß das vergeben sei», wir wäre» ebe» alle Beide im Unrecht. Aber von nun an soll dergleichen nie wieder vorkommen— gelt, Lisa, wir wollen des heutigen Abends eingedenk bleiben! Doch nun muß ich eben zn der arnie» Frau Jan sen hinüber und ein paar Leute hole», um den Armen dort fortzubriu geu nachher bin ich wieder bei Dir. Und morgen, nicht wahr, wenn die Heu tigcn Schrecken ein wenig überwunden find, hole ich zum Nachmittag Deine Eltern herüber, während Dn die Be schickung vorbereitest unser Bäum chen steht bereits schon fertig im Schup pen!" „O, Du Guter. Lieber!" schluchzte Lisa an des Gatten Brust. Durch die stille Abendlust aber tön ten die Weihnachtsglocken: „Ehre sei Gott in dcr Höhe und Frieden den Mcnschcn aus Erdcn, dic eines guten Willens sind." Sin «in« Dichterin. Besing' dcn Mond, besing' die Sternc, Dc» Lcnz »nd jcdc Jahreszeit, Sing' des Geliehten Näh' und Ferne, Auch all' Dein Minncglück und Leid! Sing', was vor Dir in tansciid Zungcii Millionen And re schon besungen, Und ob D» ganze Bände füllst, Sing' Alles, AllcS. was Du willst.... Eins bit? ich Dich: Laß niich's nicht lesen! —ZweiG i s t c. Gast: Mir ist ivirth, ich glaube, das kommt von dcm schlechten Rathen, den wir gestern bei Jhncn getrunken habcn!—Wirth: So? wieder von meinem Weißen trinken! Gast: Nichts zu wundern, wissen Sie, ich huldige eben dem Princip: „Gist und Gegengist!" Das Schlimmere. Hwei junge Damen sprechen dieser Tage über eine dritte, welche sich mit eincm Witt wer verlobt hatte, der vier Kinder hat uud dic Troinpkte bläst. Nnn.was kann es wohl Schlimmeres gebe», rief die Eine, als vier Kinder und eine Trom pete? Nichts, sagte die Ander«, anSge nomine» etwa, einen Mann, der sechs Kinder hat »nd ein paar Pauke >! Vater «nd «ahn.. von »mil Der heilige Abend. Jetzt sind alle, welche liebe Menschen haben, daheim, bescheereii einander, freuen sich mit ein ander und lachen dem Banme zu, der, ein Bildniß der ewigen Hoffnung, auch in starrer Winterkälte, uns mit grünen Slestcn grüßt. Für den ärmsten Arbei ter ist der heutige Abend eine kurz« spanne von Glück nur er, der reiche, vielbcueidete Fabrikant sitzt ein sam daheim in seinem mit verschwende rischer, schier ausdringlicher Pracht aus gestatteten Gemache, sitzt einsam daheim bei seiner Lampe und weiß nichts von Freude und Lnst. An dieses eine Zimmer reiht sich eine Flucht elegant möblirter Wohnräume —die meisten sind abgeschlossen und die Möbel verhüllt. Nur selten entschließt sich der Hausherr, diese abgeschlossenen Gemächer zu betreten, und wenn er eS einmal thut zu nachtschlafender Zeit, damit keiner dcr zahlreich müßig herum lungernden Dienstlente davon erfahren könne verläßt er sie wieder mit ties gebcugtcm Hauplc. Alles in diesen Zimmern spricht so laut von Jenen, welche vordem darinnen wohnten. Da, in dem einen mit dem Erker, hielt die Hausfrau sich am liebsten auf: da steht noch ihr Arbeitstischlein, ihre auser wählte Bibliothek, ihr Klavier mit dem Notenpulte ganz so, wie sie es verlassen. Und das Zimmer mit den vielen Bücherschränken, dem schweren Schreiblisch aus Eichenholz, den zahl reichen Büsten großer Fachgenossen ivar das Studirziniiner des SohueS. Hier hatte er gelesen, gedacht, gear beitet, und auf den Fußspitzen hatten die Diener an dem geheiligten Raume vorbeischleichen, hatten im Flüsterton sprechen müssen, damit der junge Doc tor nicht gestört werde in seiner Arbeit. Alles war iniverändert -nur die beiden Bewohner waren ausgeflogen. Der Fabrikant hatte sie nicht zurückgehalten, hatte bestimmt geglaubt, sie würden wiederkehren zu ihm, dem reichen Manne, desse' Geld ihnen ein behagliches Leben bereitet, der ihnen kaufe» konnte, was immer sie begehrten und cr hatte sich im Voraus gefreut auf den Triumph, den ihre demüthige Rückkehr ihm ge währen würde Aber er hatte sich umsonst gefreut. Sie hatten sein Geld verachtet und waren in's Haus der Eltern seiner Frau gezogen und da lebten sie nun bescheiden und zurück gezogen, aber glücklich und zufrieden. Ja, glücklich und zufrieden —das wußte er; glücklicher vielleicht, als sie jemals an seiner Seite gewesen. Er trat zum Fenster hin und schloß die Läden. Im Hause gegenüber er glänzte hinter den Fenstern Lichter schein .... Den wollte er nicht sehen; wollte nicht daran gemahnt werden, daß heute ein Fest der Freude war. Und dennoch dachte er in einem fort daran.. Wodurch hatte er das um sie verdient? WaS ging cö sie an, wie er gegen andere versuhr? Gegen sie war cr immer gut gewesen. Und zum Dank dasür hatten sie ihn verlassen nnd dcr ärmstc Mann in Wien konnte das hehre, heilige Fest Acht nnsroher begehen, als er, welcher zu den Reichen und scheinbar Glücklichen der Stadt gehörte. Bitter lachte er in sich hinein. Reich, ja wohl, reich war er auch heute noch; aber glücklich nicht mehr. Das hatten dic Beidcn auf dem Gewissen. Er war zum alten Mann geworden, seit sie, in Zorn und Groll, sich von ihm getrennt hatten. Sein stolzes Selbstbewußtsein war dahin, und mit der Schaffens sreudigkeit Ivar es auch vorbei. Wie hoch hatte cr vordem daS Haupt ge tragen! Jetzt suchte sein Blick immer den Boden, als ob er nach Verlorenem spWe Dieses Leben war uner träglich am Ende! Ja, einstens. ES hatte keinen selbst zufriedenere» Mensche» als ihn geben können. Immer und überall hatte er damit geprahlt, wie gute Leute seines Schlages sichren nnd wie wohl eS ihnen erginge aus dieser Erde. Es stand auch fest, daß ihm das Glück förmlich nach gelaufe« war.... viellsicht darum, weil er um die Mittel niemals verlegen ge Wesen: aber eben daraus that er sich etwas Besonderes zn Gute. Wie war cr denn zu so großem Reichthum ge kommen? Aus eine, im Grunde genommen,, ziemlich einfache Weis«, Sein Vatcr, ebensalls Fabrikant, hatte den Grund zu dem Vevmögen gelegt und der Sohn war in die Fußstapsen des Vaters ge treten nur das er diese» an' Klugheit weitaus übertroffen hatte. Für ihn, den Sohn, gab es keine braven und schlechten Leute sondern nur dumme und vernünftige. Wer sich auf den eigene» V»rtheil verstand, gehörte zu den Schlauen. Ob Andere darunter litte», galt ihm gleich. „Selber essen macht seit", lautete sein Wahlspruch: uud daran hatte cr sich gctrculich gchal tcu. Das Menscheuausnützen verstaild cr so gut wie irgend Einer. Menschciunatcrial ist ja wohlfeil, und wenn dic Arbeiter über den Hunger brodlosen Arbeitern ist ja, Gott sei Dank! kein Mangel. Uud so läßt man diese, welche durch ihre Kraft und Ge schicklichkeit das Vermögen eines Ein zclnc» anqänfcn Helsen, Mangel lcidcn und ihre Gesundheit untergrabe»: und siehe da! Tie Jahresbilanz licscrt das erfreuliche Ergebniß, daß dcr Reichthum abermals um eiu Beträchtliches gewach sen sei. Daß so und so viele Mensche» wäh rend des Jahre» ihre Kräste verbraucht haben, zu Grunde gegangen oder er werbSunsShig geworden sind das ist natürtich nicht der Rede werth. Hielte man es anders, würde man eben zu nichts kommen.' Und bekanntlich ist Je der sich selbst der Rächst«. Aber auch abgesehen von der also vor trefflich geleitete» Fabrik hatte der«» Besitzer noch über andere, nicht weniger einträgliche Einnahmsquellen verfügt. Sein Name war in der kaufmännische» Welt ein geachteter daß seine Arbei tcr ihn verfluchten, hatte daraus keinen Einfluß. Kraft diefeS feines geachteten NqmenS hatte der Fabrikant sich an schwindelhasten Unternehmungen betei ligt und seinen Namen hergelicheu, um daS Vertrauen des Publikums zu ge winnen. Am Ende war AllcS in die Brüche gegangen, uud er hatte die dummen Äctionäre ausgelackt, dercu ganze Thorheit freilich in nichts Ande rem bestanden hatte, als ihn für einen Ehrenmann zu halte». Er selber war ohne materiellen Schaden davon gekom men, obschon er genöthigt gewesen war, sich vor Gericht zu verantworten. Dic Richter hattcn ihw nach den Paragra phen des Gesetzes eine Schuld nicht be weisen können; sie hatten ihn freisprv chen müssen. Da aber war ihm ein anderer, strengerer, durch nichts zum Schweigen zu bringender Richter erstanden: der eigene, einzige Sohn. Vergebens hatte der Vater sich bemüht, dem Sohne beizubringen, daß er anders nicht habe vorgehen können, daß jeder vernünftige Mensch an seiner Stelle eben so ge handelt haben würde. Der jmiHe Mann hatte ihm mit finsterem Schwei gen zugehört und am Ende erwidert: „Deine Wege, Vater, sind niemals die meinen gewesen. Seit ich denken ge lernt habe, hat Dein Gebahren mir Grauen eingeflößt, und wenn ich da rüber nachsann, daß Dein und Deines Vaters Reichthum durch den Schweiß und das Blut armer, von Euch ab hängiger Mcnschcn erworben wordcn ist, habe ich ost wünschen müssen, der Sohn eines Deiner Arbeiter zu sein, damit ich rücksichtslos gegen Dich und deinesgleichen vorgehen könne. Was Du aber jetzt gethan hast, dazu darf nicht einmal ein Sohn stumm bleiben. Wie Andere an Deiner Stelle gehandelt ha ben würden, kann für mich nicht maßge bend sein. Ich kann und darf nur fra gen: Wie würde ein Ehrenmann gehan delt haben? Ein Ehrenmann, Vater, würde lieber sein ganzes Vermögen hingegeben haben, als mit dem Bewußt sein zu leben, daß durch seine wissent liche Schuld Vertrauende in Unglück und Armuth gestürzt worden seien. Lass' uns die Dinge beim rechten Na men nennen. Du und die anderen Lei ter habt daS Publikum getäuscht, habt, so lange es anging, fette Dividenden eingeheimst und Euch vor dem Zusam menbruche, den Ihr habt kommen sehen, zurückgezogen. Wenn Du auch das Gesetz zu uingchc» verstanden hast, bleibt sich die Sache vor -einem höheren Richterstuhle, den, Rechlsgesühle, doch gleich. Das, was Du verübt hast, ist nichts Anderes als ein ganz gemeiner Betrug.... und an solchem will ich keinen Antheil haben. Wenn Du darauf beharrst. Deine Schuld ungesühut zu lassen, dann muß ich mich lossagen von Dir. Dic Ehre muß einem Manne höher stehen, als SöhneSpflichtcn." Dem Fabrikanten wir zu Muthe, als hätte der Sohn ihn» einen Faustschlag in's Gesicht versetzt. Wie betäubt stam melte er: „Gut denn. Geh! Ich brauche Dich nicht." Als aber der Sohn, leichenblaß im Gesichte, darauf zur Antwort gegeben: „Heute noch gehe ich von hier und Dir und die Mutter kommt mit mir": da war dem Fabrikanten eiskalt geworden. Sollte, konnte das Unmögliche sich wirk lich vollziehen? Und kaum wissend, was er sprach, hatte er mit dumpfer stimme erwidert: „Nur zu so! Ver laßt mich, wen» Jhr's vermögt. Ich halte Euch nicht." Sie waren wirklich gegangen nnd nimmer heimgekommen. Sein Reich thum hatte sie nicht znrückgelockt. Das war ein Gedanke, der dem Fabrikanten, ungeachtet allen Grames, unsäglich wohl that. Warum gcficl ihm just an den Seinen, was er bei anderen Menschen als grenzenlose Thorheit verspottet hätte? Vielleicht war es die Sehnsucht nach dem Ideal, die ja im Herzen jedes Menschen schlummert mag cr sie auch jahrelang zum Schweige» verurtheilt habe». Etwas muß der nicht ganz in Gemeinheit Versunkene haben, zu dem er emporschaueu, das er bewuuderu, vor dem er sich beuge» könnte sonst müßte er zu Grunde gehen Wenn der Fabrikant ehrlich gegen sich selbst sein wellte, mußte er bekennen, daß er den Sohn so und nicht anders haben wollte. Sein Glaube, sein Cultus war das ferne Kind. Er war unsagbar stolz aus diesen Sohn, dar, nnbcrührt vom Hauche der Corrupliou, unentwegt, uu angesochte» einem höheren Ziele zu strebte. Wie brav, wie tüchtig war das Kind, sein Kind, das, trotz des reichen Va ters, von der eigenen Arbeit leben wollte, als Privatdocent siir National- Oe!ono»iie an der Universität wirkte und als cilicr der strebsamste», »icist vcrsprcchc:iden Klipse aküberall gerühmt wurvc. Ihm Halle» weder Reichthum noch Minimc Lehre» etwas anhqbcn können fest war dcr Solm gcblicbcn, war ein ganzer Man». Dcm einsamen Vater traten Thränen in die Augen. Seit der Sohn vor Jahresfrist von ihin, gegangen, war kein Tag verstrichen, wo er nicht an sein Kind gedacht hätte. Und o, mit welch' quälcndcr Schnsucht! Anch heute dachte er aifdcn jungen, be dürfnißlosen Gelehrten, der mit dcm reichlichen Taschengelde, das der Valer ihm in verschwenderischem Maße gege ben, nichts anzufangen gewußt hätte, wenn ihm uicht dadurch die Möglichkeit geboten gewesen wäre, Andcrcn zu hel fe», Andere» eine Freude zu bereiten, verleidet war dem Fabrikanten die Ar beit, die ihm den Sohn geraubt hatte. Wie weitaus wcrthviüler wäre ihm ein Kuß des Kindes gewesen, als all' das todte, nutzlos ausgehäuste Geld! Da« Sind nun er's hatte sei« besseres Selbst, se>n leibhaftiges Gc wissen vorgcstcllt, er hatte blos in die klaren Sohnesaugen schauen brauchen, im zu erkennen, ob er Recht oder Un recht that. Wozu quälte er sich? Mut ter und Sohn kamen nicht zn ihm, wür den auch uicht kommen. Wenn er zu ihnen ginge und sie zurückholte? Wa rum immer und ewig nur de» Stolze, der verletzten Eigenliebe Geh'ir leiben, auch wenn daS Herz darüber bricht ? ES war genügt Einige Minuten später hatte er sein verödetes HauS ver lassen. Zu Fuß, durch Schnee und Nebel eilte er zu den Seinen-einem Armen gleich, wie er eS durch ihre Flucht in der That geworden war, wollte er zu ihnen kom men. Ohne sich anmelden zu lassen, ohne anzuklopfen, trat er in die Wohn stube. Die beiden alten Leute, seiner Frau Vater und Mutter, einfache ehr liche Bürger, die in Ehren grau gewor den, saßen am Tische beim festlichen Mahl, und der alte Herr war eben da mit beschäftigt, eine Flasche zu entkor ken. Ans einem anderen, mit weißem Tuch bedeckte» Tisch stand dcr Christ baum, dessen herabgebraunte Kerzlein einen an Weihrauch mahnenden Dust ansströmten. Unter den Bäumchen lagen die Geschenke ausgebreitet.... darunter schwere, dicke Bücher, welch« wohl der Großvater dem gelehrten Eid kel bescheert haben mochte. Mutter und Sohn saßen dem greisen Paare gegen über. Wie schön der Sohn war, wie männlich, wie prächtig er aussah! Der Fabrikant, welcher auf dcr Schwelle ste hen geblieben war, und daS ganze Bild mit einen« Blicke überschaut hatte, kouilte nicht länger an sich halten. „Karl! Marie!" Ein zweifacher Schrei antwortete den, seinen. Dcr Sohn sprang so heftig auf, daß er beinahe den Tisch umwarf, eilte auf den Bater zu und sank an seine Brust. Unbeweglich saß der alte Groß vater, die halb entkorkte Weinflasche in der Hand haltend. Großmütterlein aber lehnte sich an die Schulter des greisen Gatten und weinte still. „Ich hab' es ja gewußt, daß Du kommen würdest," sagte die Frau, trat zu ihrem Mauue hin und gab ihm di« Hand. „Länger habe ich e? ohne euch nicht aushalten können," versetzte er. „DaS war ein fürchterliches Jahr. Ich bin ein anderer Mensch geworden. Zur Ruh« will ich mich setzen und nur für euch le ben.... und," sügte er leiser und mit abgewandtem Antlitz hinzu, „daS gut machen, was euch von mir geschieden hat) und dabei sollst Tu mir behilflich sein, Karl." Dieser drückte ihm blos stumm die Hand. „Nun aber, liebe Leute," rief dcr alt« Großvater und trippelte zur Gruppe hin, „nun setzt euch uud trinkt ein GlaS Wein mit uns. Ich freue mich, daß es so gekommen ist, denn ich bin von« alten Schlage uud meine Meinung geht da hin, daß Frau und Sohn zum Gatten und Vater gehören. Gerne, habe ich sie beherbergt, Deine Leute, Schwieger sohn, und nichts hat ihnen bei mir ge fehlt. Frage sie nur. Demi, Gott sei Dank! meine Alte und ich haben fünf zig Jahre lang gearbeitet und gespart, so daß wir jetzt genug haben, um aus ruhen und nebenbei auch diese Ausreißer zufriedenstellen zn können. Mehr brau chen wir nicht. Wir sind zufrieden und jeder Kreuzer ist ehrlich erworbenes Geld." „Ehrlich erworben!" Leise sprach de« Fabrikant diese Worte »ach, welche ihm wie ein Vorwurs klangen, obschon dcr gute Alte sie in vollkommener Arglosig keit ausgesprochen hatte. Mit ernstem Blick schaute der Sohn den Vater an. Nein! Die Wiedervereinigung sollte dnrch leine unliebsame Erinnerung getrübt werden. Genug hatte der Vatcr nach gegeben, war ihm weit genug entgegen gekommen. Auch wußte er jetzt, wie sehr der Vater ihn lieble Um dieser Liebe willen wollte cr über Vergangenes einen Schleier breiten. Der Vatcr hatte sich ganz in seine Hand gegeben: der Liebe würde eS ohne Zweisel gelin gen, mit leiser Hand die Binde vor den Äugen des Verblendeten zu cutsernen, um ihn in eine andere, bessere Bahn zu lenken. Die Hand deS Vaters in der seinen haltend, gelobte sich der jung« Mann, gnt zu machen, was der Vatcr gesündigt hatte, auf daß die Ver wünschungen, welche am Namen des Vaters klebten, sich durch den Sohn in Segensworte verwandeln möchten. Ans diese Weise würde er Allen gerecht wer den uud würde seine Pflichte» als Mensch erfülle» können, ohne darum aufhören zu müssen, dem alternden Manne, dessen höchstes Glück er war. ein dankbarer litbevoller Sohn zu sein. Seine Entschuldigung.- Oberst (einer parthieenarmen Garni so«!, zu einem LieiUenant, der wegen Schalden schon öfter Anlaß zur Klag« g«b »nd bei dem dies eben wieder der Fak ist): Herr Lieutenant, Herr Lieute »ant, Sie sind schon wieder gestrauchelt, ich warne sie vor dem Falle. Lieute naiit: Entschuldigen, Herr Oberst, hier kann aber Einer auch sehr kicht zum Fall kommen weil und brcit nichts zum Anhalten! Sein Bild. Erster Stu aufgclcgt und iu der beste» Lanne. Weißt Tu, von Dir möcht' ich ei» Bild haben in Oel! Zwcirer Student: Seltsamer Wunsch! Warum denn gcradc in Oel? Erster Stndent: „Na, i« .Thran" sehe ich Dich jeden Tag! Bescheiden. Lieutenant: „Wirklich kolossal das Glück, das der Rentier Bachseid in allen Dingen hat!" Kamerad: „Wahrscheinlich das große Lo»S gewonnen?" - Lieutenant: ..Ali. viel mehr als das! Habe mich gestern mit seiner Tochtcr verlobt!" Erkannt. Frau (zu ihrem Manu«, einem Sonntagsjäger, der eben auf die Jagd geben will): „Ljxber Ed gar, die Hasen sind Heuer so billig, daß. Du wirklich ausnahmsweise 'mal zwei schießen könnlcst!" Beim „Dreiundzwanzig Rekruten zur Stell« I Einer krank!" meldete der Gefreite dem Exerciermeister. »Mr?" Grenadier Pusche." „Aha! DaS ist dock der Kerl mit die doppelte Futterration. was?" „Zu Befehl, Herr Sergeant!" „Was fehlt dem Kujou. he?" .Er Hat'S in, Halse.' .Unsinn, wird sich ani Commißbrod verschluckt haben. Schon im Lazareth, wie?" .Nein, geht erst zur ärztlichen Visite." „Na. den Marodeur soll der Deibel srikassi ren, wenn ihn der Assistenzarzt uicht sor krank anerkennt." Nach diesem kurzen Zwiegespräch wandte sich der Gestrenge der Abthei lung zu und begann die Adjustirung und Haltung der jungen Soldaten zu mustern. Eben hatte der Gewaltige das zweite Glied wieder ausschließen lassen und, die Ankunft des Officier» erwartend, Wendungen commandirt, da erschien, sehr niedergeschlagen der Re krut Pusche. „Melde mir zur Stelle!" krächzte e> heiser. „Mich heißt's, mein Junge. Haben wohl mit's Marodiren kein Jlück gehabt, was, Sie Drückeberger?" „Ter Herr AckziiiStcnzdoctor hat z» mich gesagt, wenn's schlimmer wird, soll ick mir krank melden." „Na, denn können Sie froh sein. Wenn Sie in Lazareth gekommen wä ren, hätten Sie sich heute Mittag die doppelte Menageportion bei die Kran kensuppe ohne Fettaugen malen können. Ich sage Ihnen, so'ne vierte Form ist die beste Medicin sor'n solchen Simu» lanten-Bielsraß, wie Sie. Was istden» das Schwarze da, was unter JhreAus» schlage hervorlungert?" .Wulswurmer." .Wat sor Würmer?» „Pulswurmer." „Sie meinen wohl Pulswärmer? Runter mit die Dinger! So was is jut sor die ollen Marktweiber, aber nich for unsereins über Null Jrad. Und nun scheeren Sie sich in Reih und Jlied. Sie Hupelfritze", befahl der Sergeant. Weihnachten. Halt' ein in der Geschäfte Drange.— Der heil'ge Abend bricht herein. — Der Weihnachtsglocken süßem Klang« Laß' Ohr und Herz geöffnet sein! Wohl dir. wenn noch in deinem Herze» Ein holdes Märchen findet Raum, Und es durchzieht beim Glanz der Kerze» Ein tanncnduft'ger Weihnachtsbaum. O glücklich, wenn dir ward beschicken Das scl'ge Fest im Vaterhaus. Dort findest Freude du im Frieden Und fröhlich ziehst d» wieder aus: Lenk' deines müden Fußes Schritte Zu dem dir wohlbekannten Raum, Dort wartet dein in niedrer Hütte Der lichtgeschmückte Wcihuachtsbani» Und kannst du nicht da? Ziel ereilen. Der trauten Heimath fernen Strand. Und trennen Tausende von Meilen Dich vom geliebten Baterland, — Verzage nicht und blick' »ach Oben, Es grüßt auch in der neuen Welt Dein Ang', von mildem Glanz umwo ben, — Der WcihnachlSstcrn am Himmelszelt. O bleib' dir treu! Laß' nimmer rauben Dir deiner gold'nen Kindheit Traum. Den holden Wahn, den süßen Glauben. Den immer grünen Weihnachtsbaum k Knüpf fest und treu der Liebe Bande. Ob auch dein Glück liegt, ach! —so fern. Dann lächelt auch im fremden Lande Am Himmel dir der A'eibnachtSstern. George Tubbe. Sin sonderbarer tkauz war der Londoner Gelehrte Maxim Stailhope. Er war als ein eifriger Sammler von Bücherraritäten bekannt und seiner Sammelwuth opferte er so ziemlich sein ganzes nicht unbedeutendes Vermögen. Unter andern Seltenheiten besaß er auch ein Buch, welches er be sonders hochichätzte, weil es seiner Mei nung nach das einzige auf der Welt exi stirende Exemplar sei. Da erfuhr er durch Zufall, daß sich in Paris eine Co pie seines Werkes befände. Er hatte um» nichts Eiligeres zu thun, als sich di« Taschen voll Banknoten zu stopfen, über den Kanal zu setzen und nach Paris al>- zudampfen. Hier angekommen, fuhr er «sogleich nach der Wohnung seines „Rivalen." Nach den üblichen Compjimenten ent spann sich folgendes Gespräch zwischen Beiden: „Mein Herr, Sie besitzen eine Copi» des und des Werkes?" „Ganz reckt, das Buch befindet sich in meiner Bibliothek. Wenn Sie eS in Augenschein nehmen wollen, bitte, hier ist eS." „Gut. ich gebe Ihnen 1000 Franc» dafür." „Mein Herr, ich handle nich: mit Büchern." .5000 Franks." „Ick wiederliole —' .10.000 Francs?" „Allerdings, ein solches Angebot, mein Herr, kinn ich unmöglich ver weigern hier, daS Buch gehört Ihnen." Der Engländer zählte die IC.OOO Francs gewissenhaft auf und nahm das Buch an sich. Die Unterhaltung fand in einen« große» Bibliotheksziunner statt, in dem ein Helles Feuer brannte. Stanhope betrachtete das erworbene Buch eine Zeit laug aufmerksam und warf es dann plötzlich mit einer Genug thuung, die er nicht zu verbergen sucht«, in das Feuer. Der Franzose, der einen Wahnsinni gen vor sich zu haben glaubte, suchte den Schatz zu retten, wurde aber von dem Anderu daran gehindert, der mit der größten Gemüthsruhe erklärte: „Mein Herr, ich besitze ebensalls eine Copie dieses Werkes sie ist die ein zige. welche jetzt »och aus Erden existirt.