Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, October 16, 1890, Page 2, Image 2

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«ründllch a«ge«lN.
Vom jüngsten Sängerseste in Wen
weiß das „N. W. Tgbl." folgenden Ulk
I» berichten: War da ein Sangesbrnder
aus dem Lande des „Bliemchenkaffees"
im Vereine mit zahlreichen Genossen in
einem bekannten Leopoldstädter Hotel
abgestiegen. Der Gast hatte erst eine
Nacht in dem prächtigen Logirhause zu
gebracht, als er schon vor dem Hotelier
erschien uud sich bitter über das „ent
setzliche Bett" beklagte, welches er er
halten. Er sei wie zerbrochen, er spüre
seine Knochen kaum, so furchtbar hart sei
er gelegen. Der dienstwillige Gastge
ber, sich der Güte seiner Betten bewußt,
tonnte die traurige Mär nicht glauben
und beschloß, das beklagte Möbel einer
Besichtigung zu unterziehen. Cine so
fortige eigenhändige Untersuchung ergab,
vaß nicht nur Polster und Decken, son
dern überraschender Weise auch ein aus
gewachsener Kleiderstock.und mehrere
Ltiefelzieker in dem Bette vorhanden
waren, Utensilien, die, so nützlich sie
auch sind, doch zu anderen Zwecken die
nen, als zur Erzielung eines gesunden
Schlafes. Die Slörer der nächtlichen
Ruhe wurden an die ihnen gebührenden
Plätze gebracht und in der nächsten Nacht
lag unser Sagesbruder gar wonnewohl
in Morpheus Armen. Aber schon 25
Stunden später erschien er mit einer
neue», noch schwerer wiegenden Klage
vor scinem Wirth. „Denken Sie sich,"
jammerte er ganz betrübt, „denken Sie
sich mein Malheur. Mein guter, schö
ner Lodenrock, den ich erst vor vier,
fünf Jahren um 24 M. gekauft habe,
ist mir gestohlen worden.!" „Nicht
möglich!" „Es ist so. Nirgends die
Spur von dem prächtigen Kleidungs
itück."
Dabei blieb es auch. Alle Nachfor
schungen nach der verschwundenen Hülle
blieben erfolgslos. Der coulante Ho
telier, der seinen Gast nicht zu Schaden
kommen lassen wollte, erbot sich zum
Ersatz und übergab dem Bestohlcnen
den „vollen Werth" dcS Rockes 24 M.
Der Gast reiste ab. Etwa vierzehn
Tage später erhielt der Hotelier, der an
die Sache gar nicht mehr dachte, einen
mit 18 M. beschwerten Geldbrief, in
welchem der Absender meldete: „Denken
Sie sich nur, Herr Hotelbesitzer, mein
mtwendeler Lodenrock ist mir gestern
»urch die Post zugekommen. Er ist so
weit noch ganz hübsch, nur die beiden
kennet schleu ihm leider. Ich behalte
mir von Ihrer SchadenSsummc also
noch «! M. zurück, um mir solche neu
machen zu lassen. Ich kaun doch nicht
Ihne Aerinel ausgehen." Der Hotelier
hatte sich von seinem heiteren Erstaunen
»och nicht erholt, als ein zweites, dies
mal nur 3 M. enthaltendes Schreiben
eintraf, in welchem es hieß: „Soeben
ist mir zu meiner Freude der rechte
Lermel meines lieben Rockes zugekom
men, für welchen ich Ihnen anbei 3 M.
retournire...." Seit fast einer Woche
«ber „schweigt nun des Sängers Höf
lichkeit." Es scheint, daß die Veran
stalter des ihm gespielten Schabernacks
den letzten Act des Schwankes noch eine
Weile hinausschiebe» wollen. Die rest
lichen 3 M. des Hoteliers und gewiß
euch der „restliche Aermel" sind noch
«usständig. Hoffentlich erscheinen sie
bald, damit der „liebe Rock" kein Tors»
bleibe.
Aitton von Werners „Kronprinz Fried
rich Wilhelm an der Leiche des Generals
Donay" den Anstoß gegeben, ein ganz
neues Licht. Die „Nordd. Allg. Ztg."
welches ihr, wie das Blatt sagt, von
hochgeschätzter Seite Einsicht gewährt
worden, folgende Auszüge: „Abel
Douay siel durch die Hand eines seiner
Ossinere vom L. oder 3. Tnrkv - Regi
ment. Diese Thatsache wurde mir ver
bürgt, scheint aber nicht bekannt zn sein.
Ich war in Wörth, Mvrsbrunn ». s. w.
am V., 7. und 9. August 187 V.' In der
Nacht vom 9. August brachte ich einen
Transport von siebzehn Wagen fran-
Verwundeter von Hagenau
renschmidt ani Wacien bei Straßbiirg,
Schilrigheiin. Der Bcrwnndetc wei
gerte sich, den Fnß ampntiren zu lassen,
und sprach von seinem baldigen Tode.
vorstürmen dursten. Als die Bayern
vorrückten nnd Abel Duay den Beseht
zum Rückzüge gab, erhob ein Tnrkv
ossk'ier Revolver und schoß init
über den Fall dej Generals Touay vor
dem Empsäuger des oben mitgetheilten
Schreibens bemerkte, es habe schon am
iTage von Weißenburg den Xironvrinzen
selbst und die deutsche Generalität über
rascht, daß der sranzösische General an
einem Punkte gefallen fei, bis zn wel
neral Douaq von einem verirrten
Granatsplitter tödtlich getroffen worden
jti.
Der Thee.
lii» cult-rhislorilche SN»»» von Dr. ». Mich««».
Z» den Prodncten derjenigen Pflan
zen, welche die Menschen kleiden oder
nähren bezw. anregen und deshalb im
Laufe der Jahrhunderte eine wirth
schastlichc Bedeutung bekommen haben,
die einer kurzen Besprechung an dinier
Stelle würdig ist, gehört ohne Zweisel
der Thee. Seine Cultur ist troy zahl
reicher Versuche doch so gut wie ganz
ans seine ursprüngliche Heimath be
schränkt geblieben: der Thechandel ket
tete in sehr kurzer Zeit den Verkehr aller
civilisirtcn Völker der alten und neuen
Welt an China, und unser Erdtheil wird
noch lange seine Edelmetalle dorthin ab
strömen sehen müssen.
Der Gebrauch des TheeS in China
und Japan ist sehr alt und reicht in die
graue Vorzeit hinauf. Tic Sage er
zählt: Ein frommer Priester kam von
Indien nach China, um seine buddhisti
sche» Lehren zu verbreiten. Und nm
sich sür diese seine Thätigkeit würdig
vorzubereiten, gelobte er sich, Tag und
Nacht in uiittntcrbrochcnen Andachts
übungen zuzubringen: aber der Schlaf
überwältigte ihn. Als er wieder er
wacht war, schnitt er, böse aus sein eige
nes schwaches Fleisch, sich die Augen
lider ab und warf sie zur Erde: aus
ihnen aber erwuchs ein bislang unbe
kanntes Gewächs, dessen Blätter er ge
noß und dem Schlase Hinsort besser
widerstehen konnte. Er empsahl seinen
Schülern in gleicher asketischer Hinsicht
diese Pslmize. Darina, so hieß der
Priester, ist eine historische Person, die
nach chinesischen Qnellen im Jahre 4VS,
nach japanischen im Jahre s!>l gestor
ben sein soll. Er ist der achtundzwan
zigste Apostel der Buddha Religio» »iid
bei de» Chinesen uuter dem Namen
Tamo wohl bekannt.
Der Theetrank. welchen er seinen
Schülern als Besänstiguugsmittel gegen
alles Uebermaß hinterlassen hatte, fand
willige Aufnahme, uud zum Jahre 782
sage» die chinesische» Annalen: Im
ersten Monat dieses JahreS wurde vom
»aiser Te-Tsiug Zoll aus den Thee ge
legt. Wie er in seiner Heimath hin
fort beliebt wnrde, dazu sagt ein ara
bischer Reisender aus dem Ende des !>.
Jahrhunderts: „Der Kaiser der Chi
nesen erhält seine Abgaben von dem
Salz und einem Gewächs, dessen Blät
ter sie mit Wasser abgekocht trinken nnd
wovon in allen Städten in große» Men
gen verkauft wird, was große Summen
einbringt. Sie nennen eS Sah, es ist
ein Busch, noch reicher an Blattern als
der Granatbauin, ihr Geruch ist ange
nehm, sie haben aber etwas Bitteres.
Man läßt >as Wasser kochen, gießt eS
auf die Blätter, und dieses Getränk heilt
mancherlei Uebel.
Marco Polo, der auf seinen Reise»
im östlichen Asien so ausgezcichnc'.e Ge
legenheit gesunden hatte, Sitten und
Gebräuche kennen zu lernen, erwnhut
aussallenderweise dieses Getränkes nicht.
Von spätern Reisenden ist e» um die
Mitte des 17. Jahrhunderts der Jesni
tenpater Martin Martini, der den Thee
trank rühmend erwähnt, indem er n, A.
sagt: „Ihm schreibe man zu. daß die
Sineser nichts von Stein und Podagra
wüßten, daß er alle Unrerdaulichkeil des
Magens wegnehme, dem Trunkenen
Leichtigkeit dringe und neue Kräfte,
mehr als gewöhnlich zu trinken. Er
lasse alle Uiigclegenhciten der Völlerei
verschwinden, er vertreibe auch denen,
die wachen wollen, die schlassüchttgen
Dämpfe und lasse die fleißigen Studen
ten vom Schlafe nicht überfallen wer
den." Nach einem chinesischen Sprich
wort entsernt der Thee das Fell und
läßt den Menschen nicht schlafen, d. h.
er benimmt die Müdigkeit und ruf! Be-
Iveglichkeit des Geistes hervor. Von
einer Ausfuhr ist aber weder in der
arabischen Quelle noch in der zulegt ge
cine gan',e Reihe nlmlich lautender Na
men, welche K. Ritter in seiner Erd
kunde mittheilt. In Japan ist er nicht
heimisch, denn die japanische gelchrie
Sprache besaß keinen einheitlichen
Sprachcharakter.
Die Heimath des TheeS ist im süd
lichen gebirgigen« China zu suche» und
ans die Breite von 27 Grad bis höch
stens 31 Grad nördl. Br. bei einer
mittlern Jahrestemperatur von 17 bis
Ltt Grad C. beschränkt. Von dort hat
er sich weit über die engen Grenzen aus
gedehnt. Er erreicht aber mit wenigen
AnSnahmcn nicht den tropischen Wende
kreis, sein Vorkommen ist vielmehr rein
subtropischer Art. Die Chinesen stim
nien darin überein, daß es eigentlich
nur eiuc Species des Theestrauchs gebe.
Er wird aber seit uildeuklichc» Zeiten in
zahllosen Varietäten gebaut, welche dort
ebenso unterschiede» »verde», wie bei uns
die Weinsorten. Ebensalls wie der
Wein liebt der Theestrauch, ein Ver
wandter der Kamelien, hauptsächlich die
Berggelände, welche sich Wege» ihrer
Lage zum Kornbau nicht eignen. Ge
schick nnd Sorgfalt in der Bestellung des
Bodens wie in der Bereitung des Er
zeugnisses sprechen wensentlich bei der
Güte des Thees mit; guter Thee ist von
der Geschicklichkeit, und dem ausge
wandten Fleiß der Chinesen abhängig.
In Japan findet man ihn auch längs
der Grenzen der Felder als eine Art
Hecke» zum eigenen Hausbedarf der Be
wohner angebaut. Er hat wohlriechende
weiße Blüthe».
Die Blätter des immergrünen Siran
che?, der, wenn er sich selbst überlassen
bleibt, eine Höhe von sast 4m erreichen
kann, unter der Cultur aber im allge
meinen nur 2m, ja, an mehreren Stellen
geben den besten Thee, den sogenannten
Uaiierthee. welcher nur ielir ielte» tur
Ausfuhr gelangt. Die Knospen und
jungen Blätter geben je uach Boden,
Klima uud Behandlung den schwarzen
Pekothee und den grünen Perl- nnd
Hysvnlhee. Tie bereilS weiter ausge
bildete» aber doch «och jungen Blätter
liesern den Pouchong, Sonchong »»ler
den schwarzen Theesorten nud deuPoudrc
i>. Cauou unter den grünen. Alle übri
gen Sorten sind weniger geschätzt, sie
sind das Product gröberer älterer Blät
ter, oft auch gar mit andern Pflanzen
gemischt. Die gesammelten Blätter
werden in kechendeS Wasser getaucht und
aus heißen Eisenplatten getrocknet; sie
erhalten auch gewisse Farbstoffe und
aromatische Beimischungen. So vorbe
reitet werde» die Theeblätter zumeist in
wohlverschlossenen Kisten verpackt, da
mit sie ihr köstliches Aroma behalte».
Die ersten Producenten verknusen den
Ertrag ihrer Einten an Kleinhändler,
diese wieder an die Großhändler in
Schanghai, Kanton uud den Grenz
mark! Kjachla, von welcher Stadt er
durch die Russe» abgeholt wird, wäh
rend der Seehunde! mit diesem wichtigen
Artikel sast ganz in den Händen der
Engländer und Holländer ist.
Mit dem Vordringen der Europäer in
Hinterasicn mußte» sie auch de» Thee
.enncn lcriikn, deuu damals und bis aus
den heutigen Tag ist er dort im allge
meinen Gebranch, und ein Holländer der
vormals viclvermögende» Ostindischen
Handelseompagnie sagte einmal: „Wer
an großer Herren Hösen etwas zn ver
richten hat, dem wird anch von Stund
an, nachdem man ihn niederzusetzen
genöthigt, eine Tasse dieses Getränkes
präseutirt." Vor dem 17. Jahrhun
dert war er in Europa unbekannt, und
»och im Jahre IW4 glaubte die Eng
lisch - Ostindische Handelscompagnie
dem König von England mit zwei
Psund Thee ein glänzendes Geschenk zu
machen.
Namentlich scheinen aber anfangs
Russen und Holländer sich des Theehan
dels angenommen zu haben. Man er
zählt, daß eine russische Gesaudschast,
welche in der Mongolei Thee sür ihre
Geschenke an Zobelfellen erhalten hatte,
gegen eine so unnütze, aufgedrängte
Waare protestirt habe; als sie dieselbe
aber nach Moskau gebracht hätten, habe
sie Beisall gesunde». Wir ersehen hier
aus, daß dieser Handelsartikel die Ka
rawane« über die Wüste Gobi >« be
ständiger Wanderung erhalten haben
mnß. Die chinesischen Kaiser besoldeten
wie erwiesen ist, ihre mongolischen Trup
pen mit den Theetaseln hierbei wird
der Thee in längliche, backsteinartige
Formen gepreßt, welche durch Schaf und
Ochsenblut sester gekittet sind uud in
Lesen getrocknet; daher auch Ziegel
öder Backstein g.'nannt —; diese wur
den unter den nomadischen Völkern
Nordasiens geradezu eine Handels
münze.
So hat nichts weiter als der Thee die
Wüste allmählich in ein Land der Pas
sage verwandelt, er ist eine allgemein
geltende Münze gleich den Salzlafeln
Stcinsalzpiatten von l m Länge nnd
Breite in der Wüste Sahara
unter den Nomadenvölkern AsrieaS
geworden und hat den Norde» mit
dem Süden Asiens verknüpft. Im
Lause der Zeit ist allerdings der Thee
den mongolischen Völkern zu etwas an
derem geworden als zum eigentlichen
Theeirank, denn er wurde von ihnen zu
sammen mit Milch, Butter, Salz,
Mehl, Reis, oder was sonst an nähren
den Zuthaten vorhanden, ist, gekocht.
Bon den Holländern wird erzählt,
daß sie den Salbei, eine Pflanze, die
früher außer als KüchengewächS, als
Heilmittel in großem Ansehen stand,
nach China brachten und dasür Thee
einzutauschen versuchten. Die Chinesen
wurden jedoch deS Salbeis bald über
drüssig, während der Thee in Holland
immer mehr Verehrer sand. Die Hol
ländcr versuchten auch mit Ersolg den
Anbau aus Java, und in der ersten
Hälfte unseres Jahrhunderts brachten
sie aus Java nach den Niederlanden
ungefähr den vierten Theil des Thee-
Verbrauchs im eigenen Lande. Später
erst führten ihn die Engländer in grö
ßer» Mengcn in ilircm Jnfclreichc ein,
Ivo er zum unentbehrlichen Bedürfniß
geworden ist, wie sich denn beobachten
läßt, daß die erwärmende und mild an
regende Krast des TheeS seinen Gs
brauch besonders in alle» Ländern mit
seuchlem und kaltem Klima hat stets zn
nehmen lassen, während der Gebrauch
des Kaffees sich allmälig, hier und ta
auch nach vielsachen Anscindnngen, über
die ganze Crde ausgcdelinl hat. 'Araber
am 13. December 1773 im Hasen zn
Boston drei Schiffsladungen Thee in
das Meer geworfen waren, dem Sigiuzl
schätzt den eigenen jährlichen Verbrauch
Chinas aus 500 Million?» Psnnd; die
Menge, welche »ach dem Auslande geht,
ist ebenso wenig genau anzugeben. Groß
britannien führt etwa 140 150 Mil
lionen Pfund, die Ber. Staaten Nord
Amerikas über 4t) Millionen Pfund ans
Japan und China ein; die Gefammt
ausfuhr des Ostens von Asien beträgt
über MO Millionen Pfund: ans Ost
indicn, dessen wir gleich noch gedenken,
kommen an 20 Millionen, ans Java
über L Millionen Psund Thee. Und
welche Mengen werden auf Kcrawanen
wegeu nach Rußland geführt! Welche
Uilfummen bezieht daiür das chinesische
Reich! Und doch find nicht viel über
hundert Jahre vergangen, daß der Thee
in Europa etwas allgemeiner bekannt
geworden ist. Er hat seinen Weg zu
'»eu Kalmücken und airoiien bis iur
Wolga gefunden. Da er aber nament
lich in den südlicheren und mittleren
Landschaften Chinas vorkommt, so ist er
mehr ans dem Seewege verbreitet, als
aus dem Landwege; die westlichen Pro
vinzen des weiten Reiches möge« den
Thee für den Landhandel nach Tibet
geliefert haben.
In China selbst lernte man die
financiclle Bedeutung dieser Theeblätter
bald erkennen. Der chinesische Kaiser
Khien long in der Milte des vorigen
Jahrhunderts hatte selbst ein Gedicht
über den Thee auf einem JazdauSsluge
gedichtet; dazu ließ er in zwei Manu
faeturen cine neue Art Porzellantassen
mit dicsem Gedicht beschreiben, welche
einmal den Ruhm des Kaisers »nd dan»
de» Werth des edel» Trankes allen Vol
kern seines himmlischen Reiches verkün
digen sollten.
Der Theestrauch kann die Verpflan
zung nntcr einen andern Himmel ver
tragen nnd bleibt Theestrauch, artet
uicht grade aus, aber das köstliche Aro
ma, der eigentliche Dust des chinesischen
Thees, welcher durch die im Lande ein
tretende Wintertemperatur bedingt sein
soll, wird mit wenigen Ausnahmen ei»
gebüßt. Bis zum Jahre 182«! hatte
mau den Theestrauch als ausschließlich
chiuesischeu Ursprungs erachtet, da sand
ihn Major Bruce in Assam, der von
den Engländern den Burmenen abge
nommenen Provinz, dem Laude am
Mittellauf des Brahmaputra, wild
vor, und der Gedanke, Thee anzubauen
in einem Lande, wo er wahrscheinlich
verwildert war, bahnte sich rasch Bahn.
Die britisch - ostindische Regierung
nahm sich der Sache an, es entstanden
gewonnenen Lande nnd die erste Aus
suhr erfolgte im Jahre 1842. Aber erst
in den folgenden Jahrzehnten ist von
einem größeren Erfolge zu sprechen aus
Samen der einheimischen wie der chine
sischen Pfllmze. Bon Assam ans ging
die junge Pflanze aus an die südlichen
Abhänge des Himalaha-Gebirges. Die
Thee-Ausfuhr aus Indien mag die vom
Jnselreich Japan überholt habeii.
Außer diese» Gegenden Indiens hat
die Theepflanze nur noch in Ceylon,
dessen Ausfuhr gerade in den letzten
Jahren sich riesig gesteigert hat, und
auf dem ebenfalls schon genannten Ja
va eine dankbare zweite Heimath gefun
den. Der Thee von Japan und Macao
mag der echten chinesischen Blume am
nächsten stehen. Auch die Insel Bour
bou, welche so manche Culturpslauze aus
genommen hat, wen» auch in bescheide
nem Maße, de» Thee gepflegt, weniger
glücklich waren hingegen die in Brasilien
angestellten Versuche. Für die gegen
wärtige und wahrscheinlich auch zukünf
tige Bedeutung der chinesischen Thee
eiiltnr spricht der entscheidende Umstand,
daß bekanntlich nirgends wohl billigere
Arbeitskräfte zu haben sind als in China,
und daß a»ck> kein Volk den Chinesen an
der nöthige» Sorgj.imkeit i» der Be
handlung des TheeS gleichkommt.
Vor rnnd hundert Jahren hat man
den Thee auch in Porto in Portugal,
daS unter gleicher Breite mit Japan
liegt, angepflanzt; bis zur Blüthe, aber
selten bis zur Frucht gezogen.
Weder Brasilien noch andere von der
Natur gesegnete Länder Amerikas haben
sich der Thcccnltur mit peeuniärem Er
folg zuwenden könne»; dafür aber haben
raguay Theestrauch, der in Paraguay
heimisch zu sein scheint, aber auch in den
Wäldern Südamerikas zwischen dem 20.
und 30. Grad südl. Br. sich sindel.
Auch von diesem nnrerscheidet man den
im Hilden Zustand und den besonders
gepflegten und zweckniäßig behandelten,
welcher ein besseres Blatt gibt. In
Südamerika gehen besonders drei Haupt
sorten nntcr den Namen: Caa-cuys,
Caa miri und Caa-guaza. Caa bedeutet
das Blatt selbst. Ter Paraguay Thee
ist ärmer an ätherischen Oelen und wirkt
oaher nicht so aufregend. Er ist den
spanischen Creolen ebenso unenlbehrlich
wieder chinesische jedem Chinesen; die
Bewohner Paraguays kennen und ge
nießen ihn schon seit dem Ansang des
17. Jahrhunderts; er ersetzt ihnen auch
den Kaffee. Er spielt aber eben nur im
wirthschastlichen Leben jenes Länderge
biels eine Rolle, und alle Versuche, ihn
auch iu Europa einzubürgern, bliebe»
ohne Ersolg, vermuthlich nahm man dort
auch Anstoß au der Pulversorm dieses
Thees; die nach dort eingewanderten
Europäer haben sich jedoch rasch daran
gewöhnt.
Bekanntlich unterliegt kaum ein:
zweite sür de» menschlichen Gmuß be
stimmte Waare in gleichem Umfange der
Fälschung wie der chinesische Thee. Die
harmloseste Form einer solchen ist die
chen andern Blättern imtcr Anwendung
eines künstlichen Wohlgeruchs hergestellt
sein. Man hat daher auch daran ge
dacht, besonders für diejenigen, denen
der Genuß des Thees uur die diätetische
öedcutung des Genusses von gekochtem
Wasser als irgend einem Aufguß ist, ein
dem chinesischen Thee im Geschmack ver
wandtes Getränk aus Gewächsen unse
res heimische» Bodens hcrznstellen.
Außer eiuer Reihe anderer machte vor
-licht langer Zeit ein Botaniker, welcher
China bereiste nnd daselbst der Gewin
nung nndHerstellnng beziehnngswe.s.der
Fälschung des Thees seine besondere
Ausinerksamkeit widmete, die Mitthei
lung. daß die jungen Brombcerblätter
denselben Geschmack wie reiner, guter
die meisten in Europa im Handel be
findlichen Theesorten besitzen sollen.
Der Thee ist in seiner engern und
geSzeit; er wird auch aus Straßen und
Wegen in Tbeeschenken überall ohne
Zusatz rerkiuft. Jede Stadt chm
Ausnahme hat ihren Theegarlen, einen
öffentlichen Belustignngsort namentlich
sür die niedern Volksclassen, in denen
eS, wie z. B. in Schanghai, auch nicht
an Wahrsagern, Sängern, Gauklern
aller Art, au Bummlern, Dirnen und
Spitzbuben, welche Gewinn suchen, fehlt.
Thee gut zu bereiten und richtig zu ser
viren ist in China eine besondere Kunst.
Die sachkundigen Theetrinker teS himm
lischen Reichs können cm 700 Sorten
Thee unterscheiden, wie bei uns die
echten Weiukenner, sie sollen schmecken
können, iil welcher Art von Gesäßen der
Thee bereitet, ja, was sür Holz znm
Kochen des Wassers gebraucht ist. Der
Thee ist auch für einen großen Theil
Europas die Freude des Abends am
häuslichen Herd, das elegante Binde
mittel der elegante» Gesellschaft; er ist
auch zum Schiboleth der Maßigkeits
vereine erhoben.
Seberdie lchte Vegegnnng zwischen
Danton und R»i>espierre,
auszusöhnen, finden wir in einem vor
Kurzem veröffentlichten Werke, daS sich
mit dem Ersteren als Staatsmann be
schäftigt die Schilderung viueS Augen
zeugen, Namens Taubigny, abgedruckt.
Dieser schrieb über jcncßegcgnung in ei
ner Broschüre, die er bald darauf ver
öffentlichte:
„Ich muß hier ein Ereigniß aufzeich
nen, daß sich vierzehn Tage vor dem
Tode Danton'S zwischen diesem und
Robespierre abspielte und besser als eine
lange Rede geeignet sein wird, die
Charaktere dieser beiden Männer ken
nen zu lernen und abzuschätzen. Dan
ton und Robespierre waren seit einiger
Zeit entzweit: der Umstand betrübte
mich, da er nur den Interessen der Re
publik schädlich sei» konnte. Ich theilte
meine Besürchtungen in dieser Be
ziehung mehreren Patrioten mit, und da
sie über jene Entzweiung wie ich dach
ten, so beriethen wir über das wirk
samstc Mittel, derselben ein Ende zu
machen. Ein gemeinsames Mittags
mahl erschien uns als die günstigste Ge
legenheit dazu, und Humbert, Bureau
ches im Auswärtigen Amt, der wegen
seiner glühenden Liebe für die Freiheit
und die Republik bekannt war, über
nahm es, die Beiden einzuladen.
uns zu ihm. Es war am Ende des
Ventose im zweiten Jahre der Republik
(März 1794). Robespierre und Dan
ton waren schon dort. Ich war beauf
einandcrzusctzen, welche uns bewogen
hatten, sie zusammenzuführen, und so
ließ ich sie denn wissen, wie sehr ihr Zer
würfniß die wahren Freunde des Vater
landes in Erstaunen halte. Nur ihr«
Eigenliebe, oder Eifersucht, oder ver
letzter Stolz konnte die Ursache ihrer
Entzweiung sein, und ich fände eS scit
„Der Haß ist immer meinem Herzen
fremd gewesen, ich habe niemals dies«
schmerzliche O.ual schwacher Seelen em
pfunden. Diejenigen, welche ich nicht
liebe, lasse ich unbeachtet, aber weder
hasse ich sie, noch verfolge ich sie. Ich
weiß nicht, weshalb Robespierre. der
freunde sein sollte, sich fast immer ab
seits hält; noch weniger kenne ich die
Ursache der sehr deutliche» Gleichgiltig
keit, die er seil, einiger Zeit mir gegen
über an den Tag legt und die ich mir
den Intriguen und de« Haß zuschreiben
kann, den mehrere Mitglieder des Wohl
fahrtsausschusses, besonders Saint-Just
und Billaud Varenne nur geschworen
haben: Dieser, weil er es mir nicht ver
zeihen kann, daß ich ihn und seine Fran
im Unglück verpflichtet habe: Jener,
weil ich ihm mein Erstaunen nicht dar
über verhehlt habe, daß er in feinem
Alter so blutigen Grundsätzen huldige.
Ich glaube aber auch, daß das Geschwätz
der Klatschbasen und Dummköpfe, die
ihn Robespierre ist natürlich gemeint
umgeben, nicht wenig dabei mit im
Spiel ist, indem sie nicht aufhören, seine
Phantasie mit tnnfend Hirngespinnsten
zu fülle», ihm die Ohren fortwährend
von Verschwörungen vollzublase» und
ihm einen politischen Horizont voll
Gift uud Dolchen vor die Einbildung
bringen."
„Ja", fuhr Danton dann fort, indem
er sich an Robespierre selbst wandte, da
die Umstände es mir nun möglich ma
che«, Dir in Gegenwart von Patrioten,
die wie wir Veteranen der Revolution
sind, z» sagen, was ich denke, so wieder
hole ich, daß das «ach meiner Ansicht die
Ursachen Deines Verhaltens gegen mich
sind. Ich habe mich nie über die lächer
lichen Verleumdungen beklagt, welche
man über mich verbreitet hat: weder
über diejenigen, welche sich aus meine
Missionen »ach Belgien beziehen, noch
über diejenigen in Bezug ans das Ver
mögen, das ich erworben haben soll.
Ich habe mich niemals um Persönliches
gekümmert, und Jedermann weiß, daß
ich mein mäßiges Vermögen nicht allein
nicht vecinehrt, sondern einen Theil des
selben geopfert habe Höre auf mich,
Robespierre: schüttle die Intriguen von
Tir ab, vereinige Dich mit den Vater
landsfrcunden, laßt uns Alle als ehr
liche Männer aus dasselbe Ziel loS
schreiten; vergessen wir unseren Groll,
damit wir das Vaterland mit seinen Be
dürfnissen und Gefahren allein im Auge
haben können; ahmen wir unseren Waf
fenbrüdern nach, die an der Grenze
kämpsen: schließen wir uns eng zusam
inen, und unsere äußeren Feinde werden
bald besiegt sein. Was die inneren
Feinde anbetrifft, so sind sie nicht zahl
reich genug, um so gefährlich zu sein,
wie gewisse Leute uns glaube« machen
wolle». Bestrafen wir die Schuldigen,
die Führer, aber laßt uns dem Irrthum
verzeihen, und Du wirst sehen, d«ß die
Republik, triumphirend und geachtet
nach Außen, im Innen, bald auch von
Denen geliebt sein wird, die sich bisher
als ihre Feinde gezeigt haben". —„Aber
mit Deinen Grundsätzen und Deiner
Robespierre, der bis dahin das kälteste
Stillschweigen beobachtet hatte. —«Wür-
dest Tu darüber böse sein, wenn eS keine
gewohnt waren. Wer Du auch seist.
Leser, lege die Haud aus'S Herz uud
sage mir, sür welchen von diesen beide»
Männer» die Thränen fließen, die ich
an Deinem Gesicht herabrollen sehe. Die
Worte RobcSpicrre's flößten mir Ent
setzen ein, und ebenso Denjenigen, die
sie wie ich hörte». Sei» ganzer Charakter
spiegelte sich in ihnen wieder, wie der
Charakter Danton's in seiner Antwort.
Die Versöhnung schien jedoch eine voll
kommene zu sein: die Beiden umarmten
sich. Danton war mit seiner ganzen
Seele dabei und ticsbewegt. Auch wir
waren gerührt, und wie hätten wir es
lycht sein sollen! Wir dachten nur an
das Vaterland, an die Freiheit, an die
Republik: Robespierre allein blieb kalt
wie Marmor". —Bierzehn Tage später
rollt» Danton's Haupt iu de» Sand.
Und sein Tod war Robespierre's Werk.
C. W.
Merikanisekie Aofschausvieler.
Im Nordosten der Azteken Haupt
stadt liegen eine große Anzahl ans
Lehmziegeln erbauter niederer Mieths
kascrncu, i» denen der ärmste und eleu
deste Theil der Bevölkerung eng zusani
mcuwohnt. Tie kastenartigen Gcbändi
Kupfermünze' im Werth von 4 Pf.)
sammeln. Ueber diese mexikanischen
Hosjchauspicler wird folgendes geschrie
den:
Wie ich so im Hose einer Miethska
dnrch den schmalen Eingang im Gänse
marsch eine lustige Gesellschaft, die so
gleich meine Aufmerksamkeit erregte. Zu
erst traten drei braune Musikanten »i
Heilder und schon ziemlich bejahrter
Mann, in dem ich sofort dm „tiünst
ler", den berühmten Hoskomiker er
lerer GemüthSanlage und den Schlich
bildete ein zerlumpter Geselle, der einen
Kasten aus dem Rücken trug - daS ist
der Hofthcalcrgardcrobicr. Der Ztünst
den üblichen Prolog herzusagen, worin
er der „glücklichen Nachbarschaft" di«
srohe Bolschaft machte, daß er gekommen
wolle.
„Acht Centavos bekommt jeder Musi
kant! Der Rest ist für mich!" ruf: ei
bedeutungsvoll.
Ter Hos bevölkert sich nach nnd nach
und auch von der Straße trelcn Neu-
Medio in die Hand und auch von oben
kommt der Segen als klingender Kupfer
regen.
„Acht Centavos jeder Musiker!" wie
derholt der Hofkünstler in seiner Eigen
schaft als Impresario und überzählt
blikum in guter Laune und bei Geduld
zu erhalte».
Endlich sind etwa zwei Reales (eine
Mark) zusammen und die Freigebigkeit
tastischrn Lederanzug und eine laug«
Perrücke, die sich der Künstler überstreift,
und erscheint nun als CircuS Wilder vor
«nassen, hopst und geberdet sich so wild,
daß sich selbst ei» echter „Wilder" davor
entsetzen würde.
Klinglingling! Zweiler Auftritt! Der
Hoskomödiant entblößt seinen Oberkör-
Muskeln gegen die Rippen klatscht
ein Akrobatenkunststück.
Den dritten Auktritt bildet ein Mu
sikkunststück. Der vielseitige Künstler
spielt verkehrt auf der Harfe und singt
dazu ein lustiges Liedlein.
Zum Schlüsse stellt sich der Wunder
mann als humoristischer Dichter vor.
Er improvisirt in Versen allerhand
Heiterkeit erregen, besonders aber bei
dem zarten Geschlechte. Dann bedankt
er sich sur die gute Aufnahme, wünscht
Groß und Klein gute Gesundheit und
langes Leben und verspricht, bald wie
der zu kommen.
Auf dem lichten Weg e zur
Wahrheit steht oft als Hinderniß die
Nacht des Wahnsinns.
Eine <sri»«cr»»«s a« Düppel.
Das Kaisermanöver in Schleswig
so wird der „Verl. Morgenztg." gc
schrieben hat mich, einen alten Mit
kämpfer von 1864, an eine damals bei
nnserer Compagnie stattgehabte Episode
wieder lebhaft erinnert; keine Helden
that, deren sind genug erzählt, aber doch
vielleicht ebenso viel werth.
Wir waren damals, das Branden
burgische Füsilier - Regiment No.
eine flotte, muntere Truppe, fast lauter
Berliner Kinder. Nur die Minderheit,
besonders die eingezogenen Reservisten
und Wehrleute, waren Dörfler nnd
Kleinstädter. Bei unserer V. Compag
nie hatten wir ein solches Dorfkind mit
dem feltenen Namen Schultze, eiu her
zeusguteS, liebes Kcrlchen, den Jeder
gern hatte. Schultze hatte sich, einige
Zeit bevor der Krieg ausbrach, verhei
rathet und erhielt nun eines Tages die
Nachricht, seine junge Frau habe ihn mit
einem hübschen Jungen beschenkt.Schnltze
war fast närrisch vor Freude, aber dann
überkam ihn aus einmal eine böse Ah
nung. „Den werd' ich wohl nicht zn
sehen bekommen", waren seine Worte,
und eine Thräne stahl sich dabei ans
seinem Ange.
Wir hatten vor den Schanzen schon
verschiedene Gefechte glücklich bestanden,
und die verhängnißvolle Entscheidungs
stunde rückie immer näher; da, am 17.
Abend spät, außergewöhnliche Besehle,
stiller Ausbruch beim Morgengrauen,
und um neun Uhr standen wir zum
Sturm bereit. Punkt 10 Uhr als
Schlußakkord de-Z furchtbaren Kanonen
donncrs um uns her eine Geschützsalve
von der Gammclmark-Batlcrie, einen
Augenblick Todteustille, „uud dann
blitzet und dann donnert'S gewaltig
übers Feld." Ich war als linker
Flügeluntcrosfieier Nebenmann von nn
scrm kleinen Schultze. „Vorwärts!"
hieß es, „auf Schanze 2!" Doch da
gebot uns ein quergespannter Draht
zäun einen kurzen Halt. In diesem
Augenblick ertönt neben mir ein Aus
schrei, Schultze taumelt und bricht zu
sammen; „Vorwärts!" ertönt die
Stimme unseres Hauptmanns. Das
Hinderniß war mit Beilen und Seiten .
gewehren zufammcngejchlagcn, aber »n
ser braver Schnltze „Kann Dir die
Hand nicht geben, geh' Du zum ewigen
Leben, mein guter Kamerad."
Wir hatten am nächsten Tage unsere
lieben gefallenen Kameraden ans dem
Kirchhofe zu Broaker mit militärischen
Ehren zur lctztenNnhcstütte gebettet und
kehrten still und wehmüthig in unser
Kantonnement zurück; kurz vor dem
Dorfe ließ unser Hauptmann die Com
pagnie zum Kreise schwenken. Wir er
kannten ans seinen Mienen und Bewe
gungen: Jetzt kommt etwas, denn er
war ein sehr strenger, aber gerechter und
edler Vorgesetzter, der ein Herz sür
seine Untergebenen hatte. Pohle war
sein Name: der brave Mann hat im
letzten Feldzuge auch den Heldentod ge
sunden !
Unser Hauptmann sprach zuerst feine
Zufriedenheit mit der Eompagnie aus
und dann, sagte er, läge noch die trau
rige Pflicht vor, die Angehörigen der
Gcsallciicn zu benachrichtigen. Am
meisten zu bedauern wäre das Schicksal
der armen jungen Frau Schultze. Er
würde einen kleinen Betrag fpenden,
die Herren Osficier« der Compagnie
würden auch etwas beisteuern, „und
fuhr er sort, „eS find noch 40 Thaler in
der Compagniekasse: die sind für Vcr
pflegung nnd Erfrischung bewilligt, sie
haben Euch aber, wie Ihr wißt, noch
nicht bezahlt werden können. DaSGeld
gehört Euch, Ihr ha'.it darüber zn be
stimme!'.! wenn Ihr der armeu Frau
Eures brave» Äameraden Schultze et.
was davon, vielleicht süns Thaler mit
übersenden lassen wollt, dann wollen wli
das zusammen mit einem tröstcndenßrief
absenden: seid Ihr damit einverstan
den?" Emen Augenblick lantlofe
Stille, dann erscholl es wie ans einem
Munde von den braven Füsilieren:
„Das ganze Geld, Herr Hailptmann,
das Ganze!" Unserem braven Hanpt.
mann mnß wohl irgend ein Ständchen
ins Auge gekommen sein, er wischte mir
dem Finger mehreremal über die Au
gen, und über die bärtigen Füsiliergr'
sichter sah ich einige verstohlene Thrä
nen herabrinnen.
Bon den DebrecinerKß
nigStage» werden im „Nemzet" einige
hübsche Episoden berichtet: So unter
aiiderm, dajz zur Hostasel auch ein rei
cher Bauer Namens lambor geladen
worden war. Beim Cercle redete der
König auch diesen an. Wie
gehts Ihnen? Mir gehtS gut.
Majestät, und wie gehtS Ew. Ma
jestät? erwiderte lambor und reichte
dem König die Hand. Allgemeine Be
trossenheit und theilweise Heiterkeit
Der König lächelte wohlwollend.— Ich
habe —suhr der Baner fort- Ew. Ma
jestät schon in Ihrer Jngend gekannt:
als Sie vor 33 Jahren hier z» sein be
liebten, machte ich auch meine Auswar
tiing. Tie amüsante Geschichte war
bald in der ganzen Stadt bekannt und
zum Aerger der Debrecziner wärmten
die anwesenden Großwardeiner eine alte
'Anekdote auf, zu deren Helden sie d,e
Debrecziner machten. Ein Gemeinde
richter hatte nämlich dem König eine
Deputation vorgesührt; man batte den
Richter unterwiesen, nach der Be
grüßungsansprache die Mitglieder vor
zustellen. Als er zur „äußersten Grenz
menschlichen Lebens" gelangt war, be
gann er: „Grundbesitzer und Borstandc-
Mitglied Ferdinand ttelepcSeny von
KelpcSeny Se. kaiserl. und apoftolifcl»
königl. Majestät Franz Joses I."
Der König sah erstaunt drein uud der
Nichter setzte sort: „Bendelin Kropacsat
—Se. Majestät Franz Joses I."— De,
König lächelte. „Regalienpächter
Moriz Kohn Franz " Der
König siel ihm in's Wort: „Lassen
Sie doch, lieber Freund, meinen Namen,
die übrigen Herren werden bereits wis
sen wer ich bin."