2 Fclsensresscnde Vaeillcn. Sehr merkwürdige Beobachtungen kber die Zersetzung und Auflösung der FelSmasse» und die Bildung dcr Acker erde hat A. Müntz gemacht und da rüber in dcr Pariser Akademie dcr Wissenschaften berichtet. Glaubte man bisher, daß als ausschließliche Ursache, welche de» Zerfall des Felsgerüstes dcr Erde herbeiführt, die Atmosphärilien durch ihre chemische» und mechanische» Wirkungen aus das Gestein zu betrach teil seien, so hat A. Müntz jetzt gesun den, daß daneben auch MikcoOrganis men in hohem Grade au der Zertrüm merung des Gesteins betheiligt sind Diese Mikro-Organismen entwickeln sich nach dcn Untersuchuilgc» von Wino gradsky in rein mineralische» Lösungen, indem sie de» Kohlenstoff, dessen sie benöthigen, der Kohlensäure und dem kohlensauren Ammoniak dcr Lnst ent nehmen. Als Nitratbildner im Boden hat diese Mikrobe den Name» Nitro monas erhallen, nnd es ist nicht un wahrscheinlich, daß mehrere Arten der selben vorhanden sind. Müntz fand dieselben zahlreich auf Felsen, beson ders auf solchen, welche im Zerfälle be griffe» sind, und sie dringen in Folge ihrer Kleinheit in die feinsten (capilla- Spalte» der Felsen ein. Auch zeigte sich, daß verwitterte Gesteine stets mit organischer Substanz bedeckt waren, welche von diesen Mikroben stammte. Ihre eigentlichc Thätigkeit entwickeln sie im Sommer; während dcs Winters ruhen sie in einer Art Winterschlaf, aus dem sie mkt steigender Temperatur zu neuer, selsverzehrender Thätigkeit er wachen. Und diese Thätigkeit beschränkt sich keineswegs auf die Oberfläche der Ge steine, sondern selbst in erheblichen Tie fen ist die Mikrobe thätig. Häufig ftn den sich in Schiefern, Graniten uud Kal ken zersetzte oder gewissermaßen ver moderte Theile; in solchen aber hat Müntz ausnahmslos Nitromonaden an getroffen. Am merkwürdigsten in die ser Beziehung sind die Entdeckungen, welche cr am Faulhorn machte. Dieser berühmte, 3K!»V m hohe Gipfel, von dem man bekanntlich eine herrliche Aussicht aus die Spitzen des Berner Oberlandes genießt, ist in Folge dcr Thätigkeit der oben erwähnten Mikro - Organismen wirklich cin saulcS Horn, uud was man bis jetzt lediglich als atmosphärische Verwitterung seines dunkel» Thonschic scrgestcins bctrachtctc, ist nichts als eine Folge dcr LebenSthätigkeit von Bacil len! Das ist allerdings ein Ergebniß, welches mau als völlig unerwartet be zeichnen muß. Im Angesicht dieser großartigen Gebirgszerstörung durch die kleinsten wabriiehmbareii Lebewesen tann man nicht zweifeln, daß diese in außerordentlichem Grade an der Model lirung dcr Erdobcrslächc gearbeitet und zur Bildung dcr Ackerkrnmc bcigctrage» habe» und unuiiterbroche» beitrage», da ihre Thätigkeit sich an den Gesteins trümmern fortsetzt, bis diese zu Staub zerfallen sind. Steht so der Geologe verwundert vor den Ergebnisse» der Arbeit vo» bis vor kurzem völlig unbe kannte« mikroskopischen Lebewesen, so ist dcr Physiolog«' mit Recht noch mehr er staunt über das Vermögen dcr Nito mikrobcn, ihre Substanz völlig aus Kohlensäure und Ammoniak auszu bauen, unabhängig vom Licht, ohne andere Kraftquelle als diejenige Wär me, welche aus der Oxydation des Am moniak entsteht. Es ist dies der erste nachgewiesene Fall, daß eine vollständige Synthese organischer Substanz durch belebte unabhängig vom Sonnenlichte stattfindet, womit einer der Griindlchrcn der Physiologie als nur von beschränkter Giltigkeit ericbeint. —Wc » » oe, eine m K', rgi > iciigastinahl eine besonders vornehme Persönlichkeit zugegen ist, so pflegt diese den klebrigen durch folgende sonderbare Ceremonie cinc große Ehre zu erweisen: Alle übrig gebliebene» Fleischüberreste (das Fleisch wird in miiiidrechl geschnit tene« Würfeln vorgesetzt) legt man vor den hohen Gast nieder, dieser wäscht feine Hände, -wählt dann von de» Re sten eine Portion fetter und magerer Stücke aus, legt so viele, wie nur irgend Platz finden auf die innere Fläche feiner rechte» Hand, ruft de» ihm zuilächst aus de» Bvd-n hockende« Li irgisen zu sich, der aus Händen und Füßen kriechend elirsnrchtdnrchdrungeii uaht uud vor dem Gewaltige» angelangt, hochklopsenden Herzens mit lvci, ausgcspcrrte», Munde der Auszeichnung harrt, die ihm wider fahre» soll. Diese läßt der Erhabene ihm alsbald z» Theil werde», indem er die Fleischstücke von seiner als Präsen tirteller dienende» Handfläche dem An der», wenn nöthig, mit Gewalt in den Mund stopft, worauf der Geehrte, müh sam ka»c»d »nd mitunter dein Ersticken nahe, aber beseligten Gemüthes, aus allen Bieren sich zurückzieht. 'Von dem Heimgegange nen Baiicrnseld wisse» Wiener Blätter viele Eiiizelzüge zu berichte». Hier nur etwas vo» de». Alten, als er noch jung uud lustig war. Als sideler Student hat der Dichter einem gemüth lichen Kreise von Genossen Schuberts angehört, dem auch der Maler Schwind zugesellt war. Es waren geniale Nacht schwärmer. Banernfeld gehörte zu de» regelmäßige« Gäste» der ländlichen Lustgelage. Die gewöhnlichen Ausflüge der frohe» Cumpane führten aber zum Heurigen „gleich außerhalb des Tho res". Das nächtliche Treiben der Ge nossen schildert Bauernseld in dem Buch von den Wiener»: Und frisch nach Grinzing, Sievering Mit andern munter» Gesellen. Zickzack gar Mancher nach Hause ging, Wir lachten im Mondschein, in, helle», Nicht immer ging es so herrlich zu, 'Nicht inimer waren wir Prasser, So trug mir Schubert au das Du Zuerst mit Zuckerwasser. . Die Künstler waren damals arm! Wir hatten auch Holz nicht immer, Dock wäre» wir jung und liebten war» -Im ungeheizten Zimmer. Ter arme Lo-seng. » ». »!»>«»«. Lo seng ja, hieß cr eigentlich Lo seng? Also Lo seng war von Unglück, Mißgeschick und bösen Mächte» verfolgt, so lange er denke» konnte. Sein« Mutter Kwun-tain hatte ihm ziva, gleich »ach feiucr Geburt die Sliru mil dem wilnderwirkeiidci, Betelmußbrei sc dick wie mir möglich cingericbcn, aber dieses Mittcl, was doch sonst die kleinen Chinesenkiilder gegen den Kummer und das Unglück des Lebens seit, hals dies mal merkwürdigerweise nichts; vielleicht war der Brei verhext, Kwun tai» hal das leider nie ergründet. Kwun laiiis Man» starb, ehe Lo seng das Licht der Welt im Reiche der Mitte zum erste» Mal erblickte. Als cr ein Jahr gcwordeu, erblindete urplötzlich Kwun tain; das war natürlich eine Strafe der Götter, und Jedermann wandte sich vo» der heimathlichen Sün den», was mochte sie verbrochen haben ? Mitleidlos war das blinde junge Weib Hnngcr und Elend preisgegeben! Wer wollte sich auch der Rache der Gotthei ten ailssetzc», vor Allem dcr des finstern Juh Woug, indem er die also Gezeich nete beschützte »nd beschirmte. Kw»n tain verließ ihr Heimathsdorj und tappte sich mit eii«:m Stock, den Kleine» in. Sack auf dem Rücke», bis »ach Canto». Dort, an einem de, ersten Häuser, legte sie ihr kleines, un schuldiges Knäblcin ans einen harte» Stein und floh davon. Ob Kwuu-tain verhungerte oder ob eine mitleidige Gottheit ihr den Weg in ein naßes Grab wies, wer kann es wissen? Als Lo seng zum Bewiißtsein erwachte, daß cr ei» Geschöpf, cin Wesen, ein Mensch, befand cr sich in einen, großen, steinernen, grauen, viereckigen Gebäude zusammen mit Findlinge», Greise» und Krankcn und sragte vergeblich nach Vater »nd Mutter. Man ries ihn Lo-seng, aber Kwun tain hatte ihn wohl anders genannt. Der kleine Lo-seng lernte früh das menschliche Elend kennen, er brauchte nur um sich zu blicken mit den hellen, klaren, klugen Auge», brauchte nur in jede der vielen kleine» Zellen der Anstalt zn schaue«: hier Krankheit, dort ge brechlicheS Alter, und über allem Armuth »nd Schmutz, Kummer und Noth, uud doch ginge» alle dzcft' Mensche» mit ge kreuzte» Anne» tagtäglich hinanS aus den steiilgrps!asterte»,el>!geschlossknenHoi und beteten das große, plunipe, hölzern« Götzenbild an uud dankte» ihm sür das Glück des Lebens. Ja, Bcjcheidenhe't lernte Lo scng in dem große» Riesenviereck hinter den kleinen vergitterte» Fenstern. Einst, Lo se«g war genau fünf Jahn alt, es war vielleicht gerade sein Ge burtstag, kniete er mit den Findelkin dern und Waisen vor dem Götzenbild auf dem Hose. Vor ihnen in Reih und Glied die Alten und Schwachen. Mit großen Augen schaute Lo seng aus de» heilige«, dicken Götzen, er vermag alles, so sagt man, ob er ihm wohl auch einen kleine» Kash zuwerfen könnte, damit er nur einmal die langen, weißen, süße» Stange» bei», Tokohändler schmecke» kann? Inbrünstig sollet Lo-seng die kleinen Hände und schaut vor sich nieder. Da, was ist das? Ein kleiner Ledcrbciitel fällt in seinen Schooß. Mit glänzende» Augen »ud dankbare», Lä cheln »ickt der Kleine dem steifen, ern sten Götzenbild zu und steckt de» Beutel i» die Rocktasche. Lraing, sei» Nachbar, sieht verwun dert a»s de» »«redliche» Lo seiig. Hat er de«» nicht bemcrkt, daß der Alte vor ihm das schmutzige Käppi vom Kopfe gezogen »nd der darunter verborgene Beutcl ihm deshalb in den Schooß ge fallen ist? AIS das Gebet zu Ende ist, stürzt Oraiug z»m Herrn der Anstalt. Er schreit nnd hentt und zeigt wüthend ans deu davouspriiigeiiden Loscug: Daist ein Dieb, ein Dieb, er hat dem Alten de» Kash gestohlen! Lo-seng wird herbeigeholt, schon stand er beim Tokohändler. Schlucht zend vertheidigt er sich und erzählt von dem gute», heilige» Götze», der ihm den Kash zugeworfen. Den Aorten des Knaben wird nicht geglaubt. Man schleppt ihn znm Schandpfahl aus den Hos, er steht grade dem steifen, hölzernen Götzen gegenüber, jeder Bewohner der Anstalt nimmt die Peitsche, die am Schandpsahl hängt, »nd ob alt oder jmig, ob schwach und krank, schlügt crbarmmigsloS auf de» zittern de», weinenden Linaben, der die thräiie»- sicht der Gottheit richtet. Oraing ivar ein starlknochiger, großer Junge, mit einen, pvckeiivcrnarble» Ge ficht; er haßte de» Lo seng, vor Allem fein glattes, Helles, kluges Gesicht u»d die freundliche» Mattieren. Jahre ver ginge». In der Anstalt war der Dieb stahl des kleinen Lo seng sast vergessen. Musterhaft, brav, räumte er de» Alte» schrei, es klang aus der Zelle des alte», kranken Suang. Erschreckt eilte der Knabe herbei. Suaug vermißte sei» holzgeschiiitteiies Ainnlct, nirgends war eS zn finde«. Nach lange», Suchen brachte Oraing behutsam das heilige Bild und flüsterte dem Herrn der An stalt zu: Der Dieb da hat es gehabt, unter der Pritsche des Lo-seng sand ich eS ver steckt! Lo seng betheuerte weinend und schrei end seine Unschuld aber vergebens wer sollte der Dieb sein? Das Amulct lag ja unter seiner Pritsche! Die Handschellen wnrde» hervorge holt »nd dem arme», unschuldigen Kna ben umgelegt, das gestohlene Anmlct knüustc der alle, kranle Suaiia mit iit- ternden Finger» NM dm Hals des Lo seng lind gesolgt von allen Insassen der Anstalt und dcm fast jubelnden Entrü stunysgeschrei der Straßenjugend peitschte man unter wilden Trommel schlägen dcn bcschämte», wimmernden Lo seng durch das Straßenviertel. Or-riiig ging mit fröhlichem Lachen ne be« feinem Opfer her, wie die Peitsch« in das Antlitz des Knaben suhr und braunrothe Streifen hinterließ, glatt und weiß wird es «immer fei«, Lo feng! Viel Unheil richtet der Neid in dcr incnfchlichcn Brust an. Mit sast sechzehn Jahren verließ Lo-seng die Anstalt. Sein Gesicht war criist, das Lächeln schien cr vcrlcrnt zu habe», wie Trübsinn lag es un, die sei ne», schmale» Lippen. Nie hatte der Jüngling cin Unrccht begangen und zahllos wurde es ihm zur Last gelegt. Ter eigcnllichc Urheber aller Missetha ten ward nie entdeckt,.man gab sich auch nicht die Mühe, man hatteja den Prügel jungen. Nu« stand Lo seng aus eigenen Füßen. Er war mit den Schristzeichen bekannt, schnell »nd sicher warf er sie aus das Pergament, darum wollte er öffentlicher Schreiber werden und dem fchreibun kundigcn Volke die Briefe versaßen und abschreiben und dafür mit der Zeit ein reichcr Man» sein. Schon hatte er sein polirtes Tischchen an der Straßenecke nnd Alt und Jung umlagerte ih». Un ter den Junge» waren zwei listig aus sehende Männer; mit Schmeichclrcde» über Lo scngs Verstand und Fähigkei ten vermochten sie den Jüngling zn über reden, in einen Bund zu treten, derWissc» schast und Büchern diente. So nahm Lo-seng an. In Wirklichkeit bestand der Bund ans jungen Taugenichtsen, di« sich gegen das allzustrenge Vorgehen der Regierung empörten und den schristge lehrten Lo-seng als Deckmantel gebrau che» wollte». ES »iiithete de» unerfahrene« Jüng ling wilnderfam an, als die Bundesge nosse» ihn in ein unterirdisches Gelaß führten. Bei dem rothen Schein des Glühlichts saßen viele junge Männer und rauchte» aus langen Pseisen das süß berauschende Opiumgift, gesticulir ten, stritten und revoltirten, bis einer nach dem andern bewußtlos zu Boden sank. Mit großen Blicken überschaut! Lo-seng das wilde Treiben, die Pseise lag unberührt neben ihm auf dem Bo den, alles um ihn her schien in Todes schlaf versunken. Leise öffnete sich di« schwere Holzthür, erstaunt blickte Lo-seng aus, eine ganze Reihe Gerichtspersonei! trat in das unterirdische Gemach, und Gesicht. Drei Tage später ward ihm und seinen Bundesgenossen als Rebellen das rcchlc Ohr abgcschnitte« zur Warnung für alle Aufrührer im himm lifcheu Reiche der Mitte. In ohnmächtiger Wuth faßte sich Lo seng an die Stirn, der Bctelnußbrei war doch sicherlich verhext gewesen. Nur mit einem Ohr und de», Herzen voll Trauer uud Bitterkeit wandte Lo seng Kaiitou den Rücken und ging ge» Amoy. Ohne Kash in der Tasche, hungrig nnd durstig, langte der Jüngling nach mehreren Wochen bei Sonnenuiitcrgaug in Amoy an. Voller Müdigkeit betrat er ciueS der ersten Häuser: ein Spruch stand in gold vcrzierten Lettern hoch oben an der blnmigei. Wand; „Wendet euch ab von Sünde nnd Unreinheit." Buchstabirend lchnt Lo seng an dem Eingang. Ein alter, weißzöpfiger Ehinesc schaut aus der iniiern Kammer thür ans de» Eindringling. Er tritt näher, blickt gespannt nach der rechten Seite vo» Lo sciigS Kops und zeigt ge bieterisch zuerst nach dem Spruch hoch oben an der Wand und dann nach der AuSgangsthür. Lo seng hebt flehend die Hände, aber der alte Ehinesc schüttelt den Kops und weist nach der Straße. Lo seng wen det sich znm Fortgehen, aber seine Füße tragen ihn nicht länger, kraftlos bricht er unter dem Spruche des fromme» Eonsuccilis zusammen. Der alte weiß zöpfige Chinese gibt dem Fremdling eine» Fußstoß uud schleuderte ihn auf die Straße. Nun liegt Lo seng bewußtlos dort Tic Menschen stoßen den Eiiiohrige», die Hniidc beschnupperte» ihn und in Gier fallen die Geier über ihn her. Tiefer sinkt die Nacht. Endlich er wacht Lo seng. Ihn sriert. Ter Frost hat die Dächer »iit Reis überzogen, wo ist er? Er hat geträumt. Die Sterne hatten roth geleuchtet und die Pfingst rosen waren ihm erblüht. Aber die Sterne sind silbern am Himmel und die , Pfiiigstroseiizcit ist dahin. Laxgsam erhebt sich Lo-seng nnd gebt querfeldein dem leise murmelnden Bach zn. Tort lindert er den quälenden Durst mit dem klaren Wasser und sucht nach einer Maisstaude, aber die Stande» sind leer, die Kolben liegen verdorrt am Boden. Von ferne tönt ei» rascher Schritt. Lo seng verbirgt sich hinter dem liohen Gras. Ein Mädchen, nach Art der Sklavin nen gekleidet, naht sich mit dem thöner nen Wasicrgefüß. Leise tritt der Jüngling näher. Mich liungert, Mädchen, bittet er sanst, gieb mir Speise, ein Stück Zuckerrohr, eine Kastanie! Mit helle» Augen schaut das Mäd chcn aus den Fremdling, sie sucht nicht, ob er nur eiu Ohr hat, sie sieht, daß es ei» junger, kranker Mann ist, der um ein Almosen fleht, und langt schnell in die Tasche ihres weiten Oberkleidcs. Lächelnd holt sie ein Stück gedörrtes Fleisch heraus und reicht eS dem Jüng mg. Gierig verschlingt es Lo-seng. Hast du nicht mehr, frag!? er bittend, seit Wochen habe ich nichts verzehrt, als ein gesalzenes Fischchen und einige Maulbeeren am Weg». Ich werde dir Speise und Trank holen, erwiderte freundlich das Mädchen, aber wer bist du? Ich bin Lo-seng, cin Fremdling aus Kanton, und du? Ich bin Sina-lei, die Sklavin des Oberrichters. So eile, Sina-lei, aber kehre wieder zurück! Die Sklavin nickt jind jagt leicht wie ein Reh davon. In wenigen Minuten ist das Mäd chen zurück, in eine», Topse trägt sie warme Jngwersuppe und cin Stück vom körnig gekochten Reis. Als Lo seng die Mahlzeit verzehrt hat, fühlt cr sich von neuem Leben durchströmt und mit heißem Blut sagt er: Sina lei, ich danke dir, du hast mir das Lebe» gerettet. Die erste gute That! lacht das Mäd chen und zeigt ihre schimmernden Zähne; doch nun muß ich eilen, es wird spät, dort hinter den Weiden steht das Haus, sich nur, wie das Licht des Oberrichtcrs wie ein Glühwürmchen hin und her leuchtet, cr sucht mich, che cr z»r Nach! zeit das Haus verschließt. Gchab dich wohl, Fremdling! Nein, bleibe hier, Sina lei, sagte bittend Lo seng, drängt eS dich so schnell von hier sort? Kennst du nicht die Reden dcs alten todten KaiscrS Aong Tsching, gehorche deinem Ober»? Wer bist du, daß du mich abhältst, meine Pflicht zu thun? Du weißt es, ich biu Lo-seng aber Sina-lei, ich l>ebe Dich, denn du warst Armer Lo seng, antwortete mitleidig die Sklavin, war denn noch niemand gut gegen dich, jedes Jahr hat doch einen Frühling? Er blühte nie für mich, Sina-lei. die flüsternden Winde, die ricfclndcn Bäche erfüllte» nicht mein Ohr mit zaubervol le» Töne», ich verstand ihre Sprach« nicht, die Sterne leuchteten, aber ihr fil bernes Licht leuchtete nicht bis in di« Brust, heule ist das ganze Himmelsfir mameill in mir S>na lei ich lieb« dich! ' Sina-lei kichert. Lo seng, was für eine Sprache sprichst du? Sie klingt fremd nnd undeutlich meinem Ohr. Aber leife naht sich Sina-lei dem Jüngling. Lo-seng, ruft sie entsetzt und prallt zurück, bist du cin Rebell, cin Dieb, ei» Mörder, du hast ja nur ein Ohr, »nd ehe nur ihre Stimme verhallt, ist sie ge flohen. Nacht und Dunkelheit herrschen wie der »in Lo-seng. Tief uud qualvoll entringt sich cin Scuszer scincr Brust. Dcr Mond, der aus dem Gewölke em porgetaucht war, ist wieder verschwun den. Kalt ist die Nacht. Lo-seng ist allein, einsam und verlassen. Di« Pfingstrosen blühen nicht für ihn. Glück und ehrlich Leben armer Lo-seng. d» findest es nimmer. Sohn dcr Kwun - tain, dcr Betelnußbrei war verhext. Hart am Büchlein liegt der Jüngling, im tiefen Schlaf vergißt er das Elend seiner Existenz. Lo-seng träumt, träumt schon wieder. Ein Blitz fährt zündend vom Himmel hernieder nnd tödtet ihn. Als er erwacht, sinnt er, was bedeutet der Blitz, wie sagt der alte Traumdeu ter Tfchau-Kung? Ein Freudenstrahl zuckt über Lo-sengs weiche Züge, ein Blitz der tödtet. bedeu tet Rang »nd Reichthum. Rang und Reichthum ihm, den, Einährigen?! Das wäre ein Wunder aber nengestärkt von Hoffnung erhebt sich der Jüngling, wer weiß, was die nächsten Tage brin gen, hurtig schüttelt er die Glieder und schreitet mit hoch erhobenem Kopfe durch Amoy, weit hinein, immer weiter i» die Welt. Nach drei Tagen hat Lo seng daZ Wasser erreicht und schaut verwundert auf seine Bewohner. Grell bemalte Boote stehen gleich Häusern im Wasser und lange Fähren führen bis dicht heran. Mit glänzenden Blicken ficht er ans das fremdartige Treibe»; das sind die Flußbewohner, sie werden ihn bei sich ausnehmen, und hier wird der Traum in Erfüllung gehen und Rang und Reichthum feiner harren. Behende steigt Lo seng ans die Fähre, viele Menschen sind darauf, ei» Greis sitzt »iit zitternde» Gliedern nahe der niederen Holzbrüstung: als die Fähre schwankt, sällt er um und rollt in das Wasser: gleichgiltig blicken die Men schen aus den Alten und bekreuzen sich. Lo seng sprang dem Greis »ach und rettete ihn in ein kleines Boot. Wildes Geschrei tönte von der Fähre zn ihm herüber: Fremdling, was tha test du? Du versuchtest den Flnßgott, du entreißt ihm sein Opfer, o wehe über uns und unser» Fluß! Stoßt ihn und den Alten wieder zurück i» das Wasser. Eilig nahen sich die Schiffer de», klei ne» Boot und stoßen den Greis nnd den Jüngling zurück in die hochgehenden Wogen aber Lo-seng schwimmt mil Endlich wird er müde. Er ist weit von den erbarmungslosen Menschen. Ei» einsames Schiff liegt unweit vor ihm, bis dorthin tragen ihn noch seine Arme, bald ist es erreicht und mit zitternden Gliedern steigt er an Bord. Das Schiff ist menschenleer. In de, Kajüte ist eine Tafel gedeckt, blinkendes Geschirr und kräftige Speise» stehe» da raus. Am Riegel hängt ein langer, warmer Kaftan. Schnell entledigt sick Lo seng feiner nassen Kleider und dann genießt er von Speise und Tram und streckt sich behaglich. Ist sei» Traum erfüllt? Ist das de. Ansang und Reichthum? Freilich de. Reichthu», ist nicht ehrlich verdient, abe, was hat dem armen Lo seiig Ehrlichkeil im Leben genützt? Er dars einmal u» ehrlich sein, wenn es solche Freuden bringt. Lo seng zündet sich eine lang« Pfeife an und legt sich, vom Opium rausch besangen, auf die gelbglüuzendt Strohmatte. Und wieder naht sich der Tranmgott und macht ihm zum Kaiser vo» China und schenkt ihm alle Reichthümer der Welt und Lo-seng ist glücklich und lobt im Traum den Tscha» Ku»z, den alte» klugen Traumdeuter. Lo-seng schläft noch immer, er lächelt gnädig im Schlas, er schläft weiter, als die Kajütcnthür geöffnet wird und Männer mit crstauntcn, böse» Gesich ter» ihn bctrachtc». Ei» Frcmdling nnd ciner mit einem Ohr, flüstern sie geschäftig, fort mit ihm, er verräth »ns, nicht! Aber Lo seng schläft weiter, er ist ja glücklich, ist der Kaiser von China »nd umgeben von aller Macht uud allem Glanz der Welt. Die Männer heben Lo seng a»s, c, schlägt im Traum um sich. Aha, lachen die Männer, ivcnn man es eilig hat, scheut das Pferd, aber es beruhigt sich bald Ueber das dunkle Wasser tönt cin schwerer Fall. Mit erregten Blicken schauen die wilden Männer in die Wogen. in Ersülluiig gegangen Lo seng ist glücklich. Qehir» uns ?l»r. - „Zwei Röhre« befinden sich im rech teil Ohr, durch welche die Lebenslust eintritt, und zwei Röhren im linken Ohr, durch welche die Lust austritt." So lese» wir's in dem ältesten ohren ärztliche» Dokument, aus einer altegyp tischen, i», Berliner Museum besiudli che» PapyruSrolle, von der man glaubt daß sie aus den Zeiten jcncS Pharac stamme, dessen Tochter die Rettung des Moses zu danke» ist. Auf derselben Rolle befinden sich serner »och einig« vollständige Recepte gegen die „Schwer, im Ohr" und gegen den „Aussatz ar beiden Ohre»". Welch gewaltiger Abstand zwischen diesen ersten naiven otiatrische» Lcller und der heutige» Höhe der Ohrenheil kunde? Und doch würde man sehlge hen mit der Annahme, daß die fort fchreitendc Erkenntniß auf diesem Ge biet stufenweife sich vollzogen habe Vielmehr folgte der bis zum I(i. Jahr hundert währenden finsteren Nacht un mittelbar der helle Tag, eingeleitet durck die anatomischen Untersuchungen eines VesaliuS, Fallopia, Eustachi. Die volle Würdigung erfuhr das Ge hörorgan indessen erst in unseren Tage» seitdem man die innige» Wechselbezie Hungen desselben zu dem wichtigsten Kor Perorgan, dem Gehirn, erkannt bat Denn nicht ist das Ohr mit der Ohr muschel die uns von der Natur woh! hauptsächlich aus ästhetischen Gründer an den Kops geheftet ist und de» äußerlich sichtbaren „Ohrloch" abge schlössen, wie man Jahrhundertc lanc geglaubt hat. Vielmehr habe» dii Schallwelle» eine weite und mit Hin dernisse» aller Art reichlich besetzte Bahr zu durchlaufen, bevor sie das Ziel, zu, Wahrnebmung zu komme», erreichen. Der Schall gelangt durch de» äußere» Gehörgaug zum Trommelfell, einem fei nen, aber festen »nd derben Häutchen, daß das äußere Ohr von dem sog. Mit telohr abschließt. Dieses selbst ist ei», kleine Höhle, die die Gehörknöchelchen Hammer, Amboß und Steigbügel, ent hält und mit der Rachenhöhle durch ei ne« Kanal, der sog. Eustacht'schen Ohr trompete, die ihm seine Lust zuführt, io Verbindung steht. Die Gehörknöchel chen sind mit einander fest verbunden und übertragen die Schallschmiiignngcv des Trommelsclls auf das innere Oh, das sog. Labyrinth. Dasselbe stellt cin knöchernes Gehäuse dar. dessen einzeln« Bestandtheile der Vorhof, die Schnecki und die Bogengänge sind. Der Vorhoj steht mit dem Mittelohr durch eine klein, Oefsnung in Verbindung, in welche dii Platte des Steigbügels grade hinein paßt. Nach der einen Seite von dem Borhof liegt dann die Schnecke, ein schneckeiiartig ausgewundener Kanal, »ach der ander» breilei, sich sächerartig dii Bogengänge aus, drei halbkreisförmig« Röhreu. die ebenso wie die Schnecke mit einer lympharligci, Flüssigkeit angesülll sind. In diesen Organe» verzweige» sich die Gehörnerven, umspült von der Gehörlymphe, welche die von der Steig, bügelplatte erregten Schallwellen ans diesen Nervcnbalinen dem Gehirn zur Wahrnehmung übermitteln. Alle diese Theile sind in einem pyramidenförmigen Knochen, dem Felsenbein, eingeschlossen, das beiderseits in der Schädelbasis quer gelagert ist, und in dessen », der Mitte sast zusammenstoßenden Spitzen je ein Strang des vom Gehirn kommenden Gehörnerven eintritt. Diese anatomische Anordnung, die vollständige Einlagerung der Gehör theile in die Hiriimasse, läßt es verständ lich erscheine», warum bei gewisse» Ohr leide» das Gehirn so leicht in Mitlei denschaft gezogen wird, eine bis in die Neuzeit hinein gänzlich verkannte und daher als Behandlnngsweise die e»t< mutliigendsten Resultate abgebende Thatsache. Schon das alltägliche Bor komnlniß der übermäßige» Ansammlung von Ohrenschmalz im äußersten Gehör gang kann mitlinicr die beunruhigeiiden Zeiche» einer Gehirnreizung hervorru ft» und zu folgeschwere» Täuschungen Veranlassung geben. Gewöhnlich äu ßert sich diese Erscheinung nur in einem anhaltende« Sausen, dem sich mehr oder weniger erhebliche Schwerhörigkeit zu gesellt. Wird aber der Ohrpsrops im mer größer,so übt er äuf das Trommel fell einen Druck aus, der sich in gewissem Sinne bis zum Gehirn fortpflanzt und dann außer heftigen Ohr- und Kopf schmerzen Schwindel, ja selbst Erbrechen und OhnniachtSansälle hervorruft, also ei» der Gehirnentzündung ähnelndes Bild. Mit einer ein solches Leide» voraussetzende» Behandlung würde man hier allerdings nichts ausrichten, ja selbst das Uebel verschlimmern, ein Mißgriff, der unerfahrenen Männer» j öfters passirt ist; Entferne» des Uebel l thäterS durch Ausspritzen beseitigt aber das Leiden mit einem Schlage. Von cntschcidenders Bedeutung ist die acute Mittelohrentzündung, wie sic namentlich bei Scharlach. Typhus nnd Diphtheritis, bei letzterer durch Fort pflanzung des unhcilbringcndcsProcesscs längs der Ohrtrompete, auftritt und so sehr häufig, na»,entlich bci Kindcr», die Scene zum traurigen Abschluß bringt. Sehr leicht breitet sich nämlich die Ent zündung bis zu den Gehirnhäute» aus; ei» Ergriffcnwerdc» dieser ist aber meist gleichbedeutend mit Tod. Weniger rapide, aber nicht minder gefahrvoll verläuft jener langwierige Proceß, für dessen wcchfckreiche Erscheinungsformen der letzte Gruud in ciner chronischen Mittclohrencntzüildung zu suchcu ist. Eine dcr häufigstcu Folgcu dcrsclbc» ist die Zerstörung dcs knöchcrncn Gehäu ses, des Felsenbeines, namentlich bei solchen niit skrophulöscr und schwind süchtiger Anlage. Der Zerstöruilgsprozcß geht mil ciner Eiterung einher, und der Eiter bricht zugleich mit dcn abgestorbenen Knochenstückchen nach außen dnrch, was als ei» noch verhältnißmäßig günstiger Ablauf angcfehei, werden muß; cr kann aber auch seinen Weg in die Ge Hirnmasse nehmen, und in diescm Fallc entwickeln sich allmälig jene schwcren Gchirnersck>einnngcn Schwindel. Er brechen. Sinnestäuschungen, Störungen der Jnlclligcnz, Krämpfc, Lähmungen aller Art, Bewußtlosigkeit —, wo der Tod als eine Erlösung angeschen wer den muß. Nicht immer ist dcr Ausgang ein so trüber uud unabwendbarer, na mentlich wenn durch srühzeilig eingelei tete sachgemäße Behandlung den. Fort schreiten des Prozesses Einkalt gethan wird. Da»» ereignet es sich wohl, daß das Leiden i» Lähmungserscheinuiigeu derjenigen Nerven zu Tage tritt, dcrcn UrsprunqSstelle sich in der Hingebung der krankhast ergriffenen Partien befin det. Znilächst ist eS dcr Gesichtsnerv, dcr in Mitleidenschast gezogen wird, in dem cr mit dem Gehörnerv auf das Engste verbunden ist und auch cinc Strcckc Wcgs in dcm Gehörgang ver läuft. Dcr erstere versorgt aber die Muskcln dcs Gesichts, und er ist der jenige, dcr den mimischen GesichtSanS drnck zu Wege bringt. DaS MuSkel spiel des Gesichtes wird daher mehr oder weniger erschwert, sobald eS zn einer Lähmung der dasselbe verursachenden Nervenfasern gekommen ist: d. h. es wird das Verziehen dcs Gesichts zum Lache», zum Weine», das Spitzen des Mundes zum Pseise», zum Puste» er schwer! oder gänzlich unmöglich. Da mit dem Gesichtsnerv serner auch dcr schwommcn, ja allmälich gänzlich »nvcr ständlich. I» gleicher Weise könne» auch die Nerven dcr Auge», des Schlundes >,. a. ergriffe» werde». Gelingt cS, den zu Gruiidc liegenden krankhaften Pro ceß zur Rückbildung zu bringe», fo kann vollständige Wiedcrhcrstelliiiig der Ncr venthätigkeit eintreten; in vielen Fällen allerdings wird man nur vorüber gehende Besserung zu erzielen i», Stande fein. Zn interessanten Resultaten haben die neucre» Untersuchungen über die Er krankungen dcs innercn Ohres, dcs La byrinths, gcsührt. In einer Reihe von Fällen ergibt nämlich die Untersuchung dcs Ohres »ichlS Krankhaftes, während die sich bemerkbar machenden Erschei nungen dennoch ans ein intensives Er grifseusciii des Gehörorgans und mit ihn, zugleich auch des Gehirns hinwci sei,. Das Krankheitsbild entwickelt sich ganz allmälig und kann bis zu cincr be drohlichcn Höhe ansteigen. Die ersten Zeichcn sind anhaltendes Ohrensausen und eine immer mehr zlinchmelid: Schwerhörigkeit. Bald gcscllcn sich hinzu hcftigcr Schwindel. Erbrechen, OhnmachtSaiifällc und unsicherer Gang, wobei die Krankcn die auffallende Nei gung zeigen, sich entweder nm ihre Längsaxe henimzudrchen (Rollbcwe guiig) oder sich in dcr Peripherie eines Kreises hcrumziibewegen (Mancgebewe gung). Lange Zeit war man diesen vcrblüffcnden Thatsachen gegenüber rathlos. bis der Zufall es herbeiführte, daß man bei der Section cincs folchcn Pattciilc« dic Bogcngängc erkrankt fand. Zugleich ergaben Verfuche an Thieren, namentlich Tauben, daß die Durchfchnei duug dieser Gebilde ähnliche Erschei- Man glaubte sich daher zu den, Schluß berechtigt, daß diesem Menicrc'schen Symptomkomplex, wie eS nach dem ersten Beobachter genannt wird, alle mal eine Erkrankung des Labyrinths, specicll der Bogengänge, zu Grunde liege. Für viele Fälle ist diese Annahm, zutreffend, nicht aber für alle, und dies nm so weniger, als, wie wir oben gese hen haben, auch andere Ohrlciden < na mentlich die so unschuldigen Ohrpsröpfe) ähnliche Erscheinungen hervorzubringen vermöge». Damit betreten wir indessen ein noch nnersorschtes Gebiet, aus dessen Dunkel man sich mit dem Ariadnefaden einer „nervösen Reizung" hinanshilst. Im Ucbrigc» aber sind die Erkrank»» gen des Labyrinths von hervorragender socialer Bedeutung, indem aller Wahr scheiiilichkeit nach die »leisten Fälle an geborener Taubheit auf dieselbe zurück zuführen sind. Auch eine nicht geringe Anzahl von Personen, die erst in einem späteren Lebensalter taub werden und damit zugleich auch das Sprachuermögen einbüßen, habe» ihr körperliches Ge brechen dieser Krankheit zu verdanken. Diese Umstände mögen es rechtfertigen, wenn wir bei dieieni, in Laieilkrclse» bisher wenig gekannte» und beachteten Leiden noch mit einigen Worten ver weilen. Die Erkrankung des Labyrinths mar kirt sich, wie schon erwähnt, durch keine äußerlich sichtbaren Veränderungen im Ohr. Bei Kindern, die an einer aknten Hirnhautentzündung erkrankt sind, be obachtet man öfters, daß nach Schwin den der ursprünglichen Krankheit aus Seiten vollständige und unbcil- bare Taubheit zurückgeblieben ist. Hier handelt es sich dann um cin Uebcrgrei sc» der Entzündung von dcr Hirnbau! ;um Labyrinth. Namentlich häufig triti oiese Taubheit auch bei Erwachsene» Nif, als Folge der berüchtigten epidemi schen Hirnhaut - Entzündung (Genick starre». So ergab die Taubstummen Statistik dcr Provinz Pommern unter l»>.'!? Taubstummen Ä7B, welche das Gebrechen durch Genickstarre erworben hatten. Auch chronische Entzündungen ?eZ Labyrinths, sowohl selbstständig, ivie am Anschluß an Mitielohreiteriin zen, sind beobachtet und anatomisch nachgewiesen worden. Ost äußert sich zas Leiden nur in einer zunehmenden Schwerhörigkeit. Tritt dasselbe nur linseitig ans, so findet man öfter eiir ?ige»thümlichcs Zeiche»; das Falsch höre» vo» Töne». Solche Personen r>er»kl»»en einen Ton ans dem gesunden i7hr richtig, aus dem kranken aber höher sder tieser. Noch auffallender ist eine znderc Erscheinung, daß nämlich beider seits in Folgc bcsagtcr Krailkheil Zchweryörigc bcsscr höre» bci Einwir !uug cincs stärkeren Schalles. So kön ien sich derartige Patienten anf dcr Ziscnbahnsahrt, bei starkem Straßen- Hrm ?e. ganz leidlich unterhalten. Bekanntlich ist dcr von Willis mitgc chciltc Fall, der auch dieses Verhalten iberhaupt zuerst beschriebe» hat, daß !in Mann mit seiner Frau die zolhwendigen häuslichen Angelegenhei !en nur unter Trommelwirbel verhan ?eln konnte (eine für Gardincnprcdig !rn allerdings sehr umständliche Me thode!). Man sülirt die Ursache für diese Er scheinung auf eine Herabsetzung der ' Tmpsiiidlichkeit auf die Gehörnerven juriick, die durch derartige starke Geräu ' sche erst sozusagen aus ihrer Lethargie > zeweckt werde« müsse«, um «u« auck«gc ! ringerc Geräusche wahrnehmen zu kön ' neu. ' Znm Schlüsse sei noch erwähnt, daß ina» auckfwirkliche Geistesstörungen im ' Vesolge von Ohrenleiden beobachte: k hat, selten solcher des Labyrinths: ge ° lvöhnlich sind dieselbe» gröberer Natur e Man vermiithct, daß es sich dabei um ° Ueberleituiig des krankmachende» Stof ° fes durch die Nerven aus das Gehirn ° handelt: den anatomischen Nachweis ' :iner pathologiichen Veränderung ist l man indessen nicht zu erbringen im ' Stande. ' In leichteren Fällen zeigen sich hypo . chondrischc Stimmungen, Ideen der ' Traurigkeit, dcS Argwohns und des Mißtrauens, oder a»S diefe» cutspriii " zend solche des Vcrsolgtwcrdcns: bald zcscllc» sich dazu Abnabme des Gcdäch: nisses, später auch der Intelligenz. Schwerere physische Störungen treten , in Fori« mclai.cholischer Zustände auf. ocrbuiidl-,1 mit Hallucinatioucn dcZ Ge- hörs, wobei die Kranken Geräufchc man nigfacher Arr, laut gesprochene Worte, Schimpsrede» :c. hören. Der Zustand kann zn sörmlichen Delirien anwachsen »nd auch längere oder kürzere Zeit a» ' haltenden Verlust des Bewußtseins her beisühren. Das Interessante bei diesen Seeleiistöriinge» liegt darin, daß diese! - den schwinde», sobald das Ohrleiden ! gebessert oder geheilt. Derartige Kranke zehören daher nicht in die Jrrenanstall, sondern in das Sprechzimmer des > Ohrenarztes, vorausgesetzt, daß das > Wesen ibres Leidens richtig crkannr > worden ist. Nicht immer ist dies der ' Fall. Die neuere Strömling läßt aber erhoffcn, daß man dem Ohr voll und ganz die Beachtung zuwendet, die ihm gebührt, nicht nur im Hinblick auf feine sonstige Bedeutung, sondern vor Allein in Folge seiner cinflußrcichc» Bezieh»» s>e» z» dem wichtigsten Lebensorga», l dem Gehir».' Gedanke nspänc. » Manche Mensche» verwenden ihrgaN' jes Lebe» nur dazu: um reich sterben zu können. Betrachte Jeden, der dir räth, Ob er zum Rathcr tauge; Wer dir mit Rath z« Handen gebt. Hat oft nur sich im Auge. "i--'e »» I Gegner der Despotie, weil sie selber nicht Despoten sein können. Schwatzen lernt man früher, als zu höre». « Wenn Einer bei dir über Abwesende schimpft, sagt er dir: nur deine Amve senheit hält mich ab, auch über dich los zuziehe». * Zum Haß gehört immer eine Spur vo» Achtung. >,.j. -i» *, eine,-,'s w"e er'- Rausch, als wem, man einmal ganz solid hat sein wollen. wll w - e'n 'st bedient Die beste BcrtlieidigungSwafse de: Frau ist die Thräue, die beste Angriffs waffe cin Lächeln. * Aus wie Vieles verfällt man, wenn man im Verfall ist. Ost hat man cinc Antipathie gegen Jemanden, lcdiglich wcil man ihm selbst nicht sympathisch erschien. * » ' Die Tugend kehrt als Siegerin oder gar nicht mehr zurück. Oft werde» wir getadelt, lediglich weil man uns nicht loben wollte. » » Erzieh' dein erstes Kind gut und e» erzieht dir die übrigen. Ahnungsvoll. Referendar? ..... Fräulein spielen wohl auch Kla vier?" Mutter (ihrer Tochter zu flüsternd ): .Sag lieber nein!" /