v a l e s c a. (K, Fortsetzung. Der Fremde ruhte ein wenig. Ein finsteres Lächeln entstellte sein aschsarbe neS Antliv »och mehr, als er eine ellen lange Schnur aus seiner Hosentasche zog nnd die Schnur zu einer Schlinge knotete. Er schaute ringS nm sich. Niemand war in der Nähe. Er klappte ein großes Messer aus, faßte dasselbe am Griff nnd that den letzte» Schrif bergan. Der Fremde stand jetzt dicht hinter wärtS, zur Linken ValeScas. Er beugte sei» finsteres Antlitz vor und flüsterte mit heiserer Stimme: Ich bin Psen »ig, den Sic a»S dc» Blättern kenucn werdcn. Gcben Sie mir Ihr Geld heraus! Entsetzt fuhr Balesca auf. Sic bo>> mit rascher Weuduug in den am Graben hinlaufenden Weg ein. Reinland! Hilfe! kreischte sie. So schnell ihre Kräfte ge statteten, raiiiite sie vorwärts. Der Schreck verlangsamte ihre Flucht. Sie riß im Fliehen ihr Portemonnaie her vor und wars eS aus den Waidweg hin. Ans dicse Weise hoffte fie, den ihr fol genden schreckliche» Menschen anszuhal tcn. Der letztere schien kcinc Eile zn habcn. Seine Schritte waren lang, aber nicht hastig. Er wnßte, daß sein Opfer nicht weit laufe» würde. In einer Minute mußte er eS ohne Anstrengung in seiner Gewalt haben. AIS BaleSca ihr Geldtäschchen wcg schleude'.tc, sah sie sich flüchtig rückwärts um. Der Verfolger, der ihr Gesicht anstarrte, war nur noch wenige Schritte von ihr ciltscriit. Seltlamerweise blieb in diesem Augen blicke Pscuuig wie angewurzelt stehe». Oho, die blonde Vallq! Valesea, welche fortwährend weiter strebte, hörte diese Worte ihres Verfolgers, dann ein wahnsinniges Lachen abcr nicht mehr die Schritte ihres Feindes hinter sich. Au der nächsten Biegung des WegcS sich abermals scheu umblickend, gewahr:« sie, daß Pfennig noch auf derselben Stelle und jetzt wohl über fünfzig Schritte von ihr entfernt stillstand, ohne den Ort, wo sie das Portemounaie weggeworfen, erreicht zu haben. Sie nahm ihre letzten Kräfte znsam nie». Bald war ihr Widersacher ans ihrem Gesichtskreise. Kein Zweifel, daß er wegen irgend eines ihm entgegenge tretenen Hindernisses die Verfolgung aufgegeben hatte. Er kannte sie. Oder war eS ein Trug ihrer erregte» Sinne gewesen, daß sie ihre» Namen in der verhaßte» Bezeichnung, die ihm die Berliner und die Zeitungen beigelegt, ans seinem Munde vernommen hatte? Oho, die blonde Vally! Diese heiser« Laute klangen noch in ihre» Ohre». Ei» uttueniibares Gesühl von Bitterkeit nnd Haß durchzuckte ihre nach Athem ringende Brust. Gebrandmarkt war sie, ivohin sie auch gehe» mochte in den Straßen der Hauptstadt, in den Tnnnenwäldnii des Gebirges. Einige liundert Schritte weiter begeg nete Vally eine große Gesellschaft von Männern. A»scheinend halten die gc schär-te» Sinne Pfennigs das Geräusch geworden nnd hatte deswegen seine» Angriff uiitcrlasscn. Diese Männer wareil zum Theil mrt Knüppeln, zum Theil mit Gewehren bewaffnet. Zwei große Jagdhunde sprangen nebenher und suchten lii deu Büschen. Weiterhin tauchten die Gestalten von Frau Gc hcimräthin uud Richard Reinland anf. Valcska war erschöpft. Der Forst eandiöat im moosgrünen Anzüge, ihr unter der hereinkommende» Schaar. Er stützte sie und geleitete sie aus die nächste aus Tanuenä slen ausgczininierte Ruhe rus gehört zu haben, sagte er. Hier ist ein Frevel geschehen! Taun bat er Balesca. einige Tropfen Ruin aus sei- Valescas früherer Begleitung zur Stelle. Miillj. BaleSca! rief er dcr Erschöpften und Erhitzten zn. Lehne» Sie fich zurück und suche» Sie lies uud mein Antrag Sie so sehr erregen! Er glaubte, daß dies dcr Fall sei. Hinter ihm kam Frau Ludovica sam mciii Kind! Fort, satt: Rcinland, ergriff die Hand Val' uns wehrte der Mutter. Nur Ru!:e ift nothwendig. Vicllcicht ist das Fräulcin dem von im Halbkreise die Bank »uistaiidc». Balcsca, die keine» A»ge»blick ihre Besinnung verlöre» hatte, nur vo» der vor Schreck athemlos gewordeu i nd noch sprachlos war, hörte diese Worte und nickte mit dem K opse. AuS de» weiteren Gesprächen dcr Hinzugekommene» ging hervor, daß je ncr gefürchtet? Mensch, dcr den Namen Pfennig führt: iu Götlinge» anSgebro che» w>ir nnd die Wälder westwärts des Brockens unsicher machte, neuerdings vo» Bergleute» ans dcr Ehaussee von Elanslhal »»d später hinter Altenau gesehen worden war. Man hatte sich deshalb zn seiner Bersolgnng vereinigt. Vo» so viel theiinchinenden Menschcn kommcnster Sicherheit ValeSea ihre durch den Schreck gelähmten Kräsle bin neu kurzer Frist wieder. Sie richtete sich im Sitzen ans und siel dcr vor ihr kniecnde» Mutter unter ausbrechenden Thränen um deu Hals. Dan», nachdem sie aiifgestande» war. erzählte sie im Kreise der herzugekomme nen Männer ihr Abenteuer. Vorwärts denn, ohne Säumen! Wir sind aus der richtige» Fährte, sagte der alte Förster. Tod oder lebend, er soll uuS nicht entgehen. Er trieb znm Auf brnch und rief den Hunde» zu: Such, Hector! Such, Diana! Aber Diana, eine hellbraune Hündin mit gefleckter Brnft, war bereits früher weiter getrottet, die Nase ans der Erde haltend und mit dem Schwänze wedelnd. Jetzt kam sie in großen Sätzen zurück und richtete mit dc» Vorderpfoten sich an Balesca auf. Mein Portemonnaie, sagte Valesea staunend und mit mattem Lächeln —du bringst es der Eigenthümern! zurück. Sie liebkoste den Hund. Der schreckliche Mensch hat eS nicht berührt, fügte sie, nachdem sie das von Diana rapportirte Geldtäschchen geöffnet und den Inhalt flüchtig überblickt hatte, Hinz». Seltsam! Vorwärts, Diana, vor wärts, Hector! Ries der alte Förster kommt alle! Die Spur ist noch warm. Er kann nicht weit sein! Während jene eisrig ihre Nachsuchung fortsetzten, nahm Balesca wieder ans der Bank Platz, neben ihr Frau Ludo vica und der junge Arzt. Die Ruhe und die eintretende Stille wirkten wohl thuend. ValeSea, an der Schulter der Mutter lehnend, neigte sich zu schlum mern. Sprechen wir nicht, bat Rein land, als Fran Ludovica noch mehr Einzelheiten des bedauerlichen Vorfalls erfragen wollte. Mit Ueberwindung fügte die Mutter sich dieser Bitte. So saßen die Drei wohl eine halbe Stunde lang schweigend zusammen. Da fielen in der Ferne kurz hinterein ander mehrere Schüsse, die im Echo des Waldes widerhallten. Das hat ihm gegolten! meinte Frau Ludovica. Balesca zuckte zusammen. O Gott! sprach sie langsam ein Menschenle ben ! Die Gestalt schwebt mir noch im mer vor Augen. Mir träumte, ich hätte sie schon früher gesehen. Doch meine Erinnerung ist schwach, mein Kops angegriffen. Was ich längst ge ahnt, geht nun bald seiner Erfüllung Kurze Zeit hernach äußerte ValeSea de» Wunsch, zn gehen. Mir wird Woh le? sein, wenn ich mich bewege! Man ging langsam nnd ohne zu spre chen den breite» Rasenweg am Garten entlang, der zur „Rose" sührt. Im Gehe» erholte sich Balesca sichtlich. Sie wurde gesprächig nnd erzählte wie derholt, wie sie von jenem Landstreicher erschreckt worden sei. Was mir Onkel Geuikeuthal sagen wird, wenn er hört, was mir heute Schreckliches begegnete! wiederholte sie mehrmal-s. Die „Rose" ist ein von wettergrauen Taunenbrettcr» cl-richtctcS Häuschen am Waldrande. Von den drei offenen Vorderseiten thut sich ein Blick aus das in entgegengesetzter Richtung an der Oker entlang streichende Gebirge, die näheren Waldungen und die von grauen Wesen durchschnittene» Thalschluchten des Vordergrundes auf. Ju diesen Scliluchteu, fächerartig, doch eng zusam ineugeilistet, zeigen sichdie rothen Dächer der „Bergstadt", die, im Grünen, wie in Blättern gelagert, hier in der Thst den Anblick einer ausbrechenden Rose gewährt—wovon der bezeichnete Pavillon seine Benennung ableitet. Als man sich de? Rose näherte, er scholl aus dem Bretterhäuschen ein Ju bellaut, ein fröhlich entgegeiigeriisenes: willkommen? Willkommen! Zur größten Ueberraschung eilte aus dem Innern der Rose die Treppen stttsen hinab, den Ankommenden mit aus gebreiteten Armen entgegen, Heinrich Gemkenthal. Balesca, wie neugeboren, fl»g in seine Arme und hing an seinem Halse: Dn, Onkel Heinrich, hier ich dachte gleich, daß du komme» würdest welche Frende, wie schön, wie entzückend! Ich hatte eine wahre Sehnsucht, euch wiederzusehen. Es war aus meinem Schlachtfelde gar zu traurig. Uud seht nur, was ich sogleich angerichtet habe! Er deutete mit glückseligem Lächeln aus de» Tisch in dem Bretterhanse, auf welchem eine Flasche Rothwein zwischen zwei reinlich mit kaltem Ausschnitt be legten Tellern stand. Ich crsuhr da unten bei meiner An kunft. snhr Gemkenthal fort, daß ihr auf einem Waldspaziergange begriffen wä ret und über die Rose zurückkehren wür det. Ist da Wirthschaft? Nein! Gilt, so werde ich den Wirth machen. Ein kleiner Pochjunge hat den Korb mit Vesperbrot hierlstr getragen. N»n, nochmals willkommen in meiner Wirth schast. Setzt euch, ihr seid ermüdet ich sehe eS! Mehr als das, bemerkte Richard Neinlaud. Ja, Doetor, hätt' ich ahnen können, sagte Gemkenthal, einen zweiselhasten und verwunderte» Seitenblick auf Rein land werfend, ahnen, daß Sie hier wä ren, fo hatt' es einer zweite« Flasche bedurft. Es ist gut, daß Doctvr Rciuland zur Stelle war. als ValeSea so elend wur sctzte. Elend? —mei» Herzenskind? Ich dachte gleich, daß dieser Weg zu an- sein würde. Die Lust ist begann die Frau Geheiinrätb!». Und ilnn begab sie sich ohne Rückhalt an ein Erzählen des eben Erlebten, ei» Erzäh len, was gar kein Eude nehmen wollte. lÄemkcuthal zitterte sörmlich, als er er fuhr. in welcher Gefahr sein Liebling geschwebt hatte. O, eS ist »ichtZ, betheuerte ValeSea lud streichelte die Hand des OheimS ;'s ist Alle- vorüber. Ich bin so frisch ivie immer Kopfweh und Schwäche isiud geschwunden. Wie schön, daß du . gekommen bist, Onkel H.inrich —und wie du gleich gesorgt hast. ES ist zu rüh rend, zu lleb! Bci diesen mit srischer Stimme und in Heller Freude geäußerten Worten »inwölkte sich die Stirn deS Doctor Rcinland. Er gönnte dem alten Mann dcn diesem von seiner jngciidlichcn Ver wandten entgegengebrachten Ausdruck dcr LlcbcuSivürZigteit nicht. Er selbst meinte, viel weniger freuudlich cmpsan gcn zu sci». Es lag ctwas von Eifer sucht in seiner Bemerknug: Die Ueber raschungeil, welche Fräulein Berg heute erfahre» muß, find so zahlreich, das; ich besorge, ihr Einfluß «verde die guten Wirkungen der Harzlust wieder aufheben und vernichten. Um daS Gegentheil zu bcwciscn, laugte Balesca deu vou dem Oheim gespendete» Erfrischungen tapfer zu. l!S war eiue völlig veränderte Stim iiiuttg bci dcm juilgcn Mädchcn seit dcr Ankunft GemkeuthalS eingekchrt. Uud tvic lauge, Onkel Heinrich, wirst dn uns deine liebe Gegenwart schenke»? sragte Valesea. Ich habe mich entschlossen, so lange zu bleiben, wie euer Ansenthalt dauert. Oben am Berge bei einem Hütteuman» finde ich cin klcincS Stübcheu mit rciu lichcm Bctt. Leider will uns dagegen Herr Doctor Ncinland schon hcutc Abc»d ivicdcr vcr lasse», klagte Fra» Ludovica mit erustein Gesicht. Ja, vielbeschäftigte Leute habcn nicht lange Zeit, ihrcn Privatncigungen nach zuleben, meinte Gemkenthal, der dicse Nachricht mit Glcichmuth ausnahm. Ich ziehe wieder nach Berlin uud muß niciue Firma wicdcr übcrnchnicn. Der Abschluß, dcu mcin Pächter gemacht hat, ist ein so günstiger, daß cr scincrsctts die Absicht hat, sich in dcr Provinz selbständig zu machen. Gleichzeitig ist mir von hoher Hand cin Verlagsnnter »chnicn angcbotcn worden, bci wclchcm Ich fange an, »cu zn lcbcn, ja, incine liebe ValcSca, ich werde wieder jnng! Die heitere, scherzhafte Laniie Gem keuthals machte dcn Doctor Reinland fast »lißmuthlg, wenigstens ging cr auf dcm Rückwcge aus dcm Walde an der Seite der Frau Geheimräthin nachdenk lich. Gemkenthal »nd Balesca waren i» eifrigem Gespräch etwas vorausge gangen. Während Reinland auf dem Wege über die grüne» Matte», welche die Gipfel der »icht mit Forst beftaudene» Berge schmückten, die Köpse dcr rothen Tisteln mit dem Stocke abschlug, hatte Balesca sciiic» Antrag unterwegs dem Oheim niitcrbrcitct. Was soll ich thun? fragtc sie zu ihm ausblickend. Gemkenthal hatte sich verfärbt. Er blieb stehe». Ei» fchmcrzlichcS Gcsühl, Wcilcrgehcn, das ist eine Frage des hcrzcns, dic nur das dcinige beantwor >cn kann. Ich werde nicht mehr lange lebe». Tr würde bald verwittwet sein. ohne Ueberwindung Hinz», ist ei» ge achteter Mann. Er hat eine Zukunft oor sich. Ma» sagt, er sei jetzt i» de» beste» eingesührt. Du wirst haben. Dic Mntter würde bessere Tage sehen, sagte ValeSea traurig; so meinst —oder »ei», die Dankbarkeit !st die Mutter unserer Liebe. Wie würde es ih» verletze», äußerte Baleöea leise vor sich hin, wenn ich lagen müßte Sic stockte. sagtc Dn darfst Zicinland. Tic letzte Wegstrecke legte» sie schwei gend zurück. Als sie nun unten im Thale ange be, Ihre» Wunsch z» ersüUen' Zwölftes Eapitel. Welche Frende, dnß tvir nun noch rickte. ValeSea blickte dcn Okicinl init freude itrahlendc» Augc» a». Run wollc» wir n dcr frcicn Natur »och täglich wander» and alles Schöne, was sich hier darbietet, Zoppelt genießen! Herr Pfennig wird wohl dcn Weg nach dcr Wolfswartc nicht mchr vcrbie 'en können, meinte Frau Ludovica. Schön, schön, liebe Schwester, doch werde» wir wenig Freude an ValeScas Gesellschaft haben. O, wie hart und grausam du bist! schmollte Balesca. Nun. dcme Gedanken werden nicht auf dcr Höhe, nicht im Thale weile». Du wirst den Duft der Tanne» nicht spitren. die Feifc», die fprud, luden Wässer deines Blickes »icht würdigen, den» deine Gedanken weilen nicht hier, sie schweife» in dic Ferne nnd Ei, das wäre thöricht. Ich habe später Zeit, an WirthschastSsorgen zu denken. Jetzt will ich mich deiner An wesenheit'freuen. Du wirst meine Ge danken und Einpsiudllngcn vollständig in Beschlag iichmeu, zumal wenn du liest. Dn hast doch etwas zu lesen mit gebracht? O, wie schö» du vorliest. Wen» wir an irgend einem lauschigen Pnukte anSrnhen Nehme» wir aus dem Körbchen eine kleine Erfrischung, sür die ich sorgte, suhr Fran Ludovica fort. Dann aber mußt du vorlesen, lieber, bester Onkel. Doctor Gcmkcnlhal war ci» wenig Poet. Er hatte sür ValcSca srühei einige Verse geleistet, die sie nach be kannte» Kirschinanil'schen oder Abt'schen Melodien zum Elavier zu singen pflegte. Versteht sich, sagte Gemkenthal; ich habe für Lcetüre gesorgt. Dn sollst staune». Doch still, das darf sich erst bei passender Gelegenheit finde». Jetzt wolle» wir überlege», wohin wir heute pilgern. Nach Goslar, um sür BaleSca eiue» Hut eiilzukailse», schlug Frau Ludovica vor. Wi» fahre» mit dcr Post bis Romkerhall. Die Kaiserworth — das lohnt thal. sucht! rieth ValcSca. Sehr muthig, aber keine TageStour, dic zu Fuß abzumachen wäre. Später einmal. Nun, dann Polsterthal uud Polster bcrg! Dieser Vorschlag fand Beifall. Man rüstete sich lind wanderte sröhlich du Platynenattee entlang, welche über di, Silberhütte zu dem rothen Bcrgc führt. ES war ein glücklicher, durch niclM getrübter Tag, welchen die drei Men schen anf dem Polsterberge verlebten. Auf dem Rückwege wurde» Pläne zu der vo» BaleSca gcwünfchtc» Brocke» fahrt und zu weiteren Wanderungen geschmiedet. Diese Wanderungen, bei dem köstlich sten Wetter anSgesührt, füllten du nächsten Woche» aus. ValeSea, dic Mutter und Gemkenthal hießen bald in Alteuau die Unzertrennlichen. Nie mand fühlte sich in ihrer Gegenwart so recht behaglich, weil zu besorgen war, ein störendes Element zu sei». Heinrich Geiulenthal, ein tüchtige, Fußgänger nnd Bergsteiger, »nternahn anch mit BaleSca häufig allein dic wei testen »nd beschwerlichsten Touren, an denen Frau Ludovica ihrer zarten Ge sundheit wegen »icht theilnehmeii konnte. Gemkenthal war die Aufmerksamkeit selbst gegen ValeSea. Du verwöhnst das Kind, sagte Frau Ludovica häufig. Er stützt? ValeSea, wenn sie ermüdete, cr trug ihr Plaid und Shawl uach und verwahrte sie gegen jede Zuglnst. Mit sie Gesallen fand, beschwerte cr sich, Ihrcn Vcrlobtcn vcrmißte ValcSca bci dieser Sorgsalt kaum, sie erwähnte sei ner nicht, denn sie beinerktc, das; Gcm schnelle Flucht dcr Zeit klagte bei dcr Erwähnung des Doctor Reiulaud still uud nachdenklich wnrde. Das Fräulein aus Lübeck, welches eine wollene Dcckc aus dem Schoße, ciu Buch in der Hand, während der Ab Wesenheit beider im Garten des Gastboss dcr Frau Geheimräthin meistens Gesell schaft leistete, äußerte in Bczng aus Gcmkcnlhal: Er ist cin ernster, gebilde ter Man», dcr uns allcn sehr wohl ge fällt. Wenn jener Arzt ans Berlin »icht, so ist er wohl der Berlobte von Fran Lndovica lächelte. Warum nicht? Er ist ja ihr Onkel. BaleSca ist dic Braut dcs Doctor Rcinland, dcn Sie hier flüchtig gelernt habcn. Iu dcr That? sagte da-S Fräulcin. Herr Gemkcnthal ficht sast noch jünger land. Das scheint nnr so. Mein Bruder ist in reifer» Jahr»n. Sehr gnt cvnfervirtl Sehr gnt! Die Zeit heiteren Zusammenlebens Fluge vorüber Dic TreiiiiungSstuudc kam rascher als erwünscht, Gemken thal. im Interesse seines »eil eröffnete!» abreise», als Frau Berg uud deren Tochter. Er traf Beide, nachdem er feinen Koffer geordnet, verabredeterma vor. Doctcr Rcinland drückte lebhafter als sonst seine Sehnsucht aus uud freute fich dcr baldigcn Wicdcrkehr. Gemkenthal, wcn» ich euch nicht tägkich scheu kau» —daran denkt cr nicht. Die Sonne versank hinter dcn Höhe»' zügen, dic als Fortsctzung dcm Brocken gcbirge sich anfchlicßcn. Ihre letzten Strahlen fielen aus die grünen Berg wicsen, soweit die violetten Schatte» der Waldlinge» dicse nicht deckten. Die Dächer des unter den Beschauern liegen den Städtchens flammten so roth auf, als - seien die Ziegel erst heute au? dem Ofen ! dcs Kirchlems aus dem »tirchberge ste henden hölzernen Glockenturm ertönte das Abendgeläui. Morgcn durchwandere ich das Oker thal allein. Mein dosier folgt mit der Post, sagte Gemkenthal. Wir sehen uns unter so anmuthigen Umgebliuge» nicht ivieder. Damit ihr meiner inzwischen nicht ganz vergeht, lass' ich Euch dies Andenken. Er überreichte Balesca ein in Ma roquin gebundenes, mit Goldschnitt ver sehenes Büchlein. Es ist mein erster neuer Verlagsartikel, setzte er hinzu. Das ist jedenfalls merkwürdig und vcr dient, das; Ihr Eure Augen daraus richtet. Er pflegte stets Mutter lind Tochter zugleich, selten die letztere nur allein anzureden. Schön ausgestattet! bewunderte Frau Lndovica den Einband. Valesea schlug de» Titel auf. „Die Lieder eines alten Mannes", lautete er. Gott sei Tank! sprach sie lächelnd, also nicht die deiiiigen, Onkel Gemkenthal. Aber wir werden sicherlich des Verlegers dankbar gedenken, so ost wir in dieses geschmückte Buch nnS vertiefen. Valesea und Frau Ludovica berede ten heimlich miteinander, daß sie am nächsten Tage dem Oheim noch das Ge leit eine Strecke weit bis nach dem Was serfall von Romkerhall geben wollten. Sie dachten am Abend, als sie sich vou Gemkenthal trennten, nicht, daß sein Gute Nacht gleichzeitig sein Lebewohl bedeuten würde. Dem seltsamen Manne ließ es keine Rnhe, als Mutter und Tochter sich zu rückgezogen hatten. Er stieg nochmals ans den Schwarzenberg und suchte im Moudlicht das Hans, ilnter dessen Dache Frau Ludovica und Valesea nun der nächtlichen Ruhe pflegten. Vom Schwarzenberg stieg Gemken thal wieder herab und umkreiste Haus und Garten langsam mit übervollem Herzen. ES war ihm, als würde er beide Franen im Leben nicht wieder sehen. Erst spät zog er sich zurück nnd wanderte bereits rüstig und schnellen Schrittes »m 4 Uhr des nächsten Mor gens über das Hüttenwerk, dem Okcr tdale zu, während Lndovica und Va lesea noch in süßem Schlummer ruhten. Die Frauen, als sie den stnmnien Ab schied, srüh morgens in den Garten tre tend, ersnhren, waren überrascht. ES ging ihnen nahe. Sie fühlten sich nicht verletzt, aber plötzlich vereinsamt. Va lesea insonderheit war ein wenig ver stimmt. Sie grübelte dem Grunde nach, ans welchem Gemkenthal so heim lich sich entsernt hatte. Sie suchte sich ein einsamcs Plätzchen auf dein Schwar zciiberge, dasselbe, wo sie gestern zuletzt gesessen hatten, und nahm die Gedicht sammlung mit, welche Gemkenthal als Geschenk zurückgelassen hatte. Als sie das Buch ausschlug, fielen ihr zufällig folgende, inmitten anderer stehende Verse in die Augen: Tu bist so schön nnd jnng an Jahren, Gott möge dir dein Glück bewahren! Doch ich bin alt, im Bann der Pflich ten, Nicht hoffen darf ich—nur verzichten. Ach habe deinen Pfad gemieden Wir scheiden -ziehe du in Frieden! Ihn todten heißt es, wollt' ich spreche: Wir scheiden nnd mein Herz will brc. che». r ei» Märchen ansbiuden wollen! Das Bildnis; dcr jungen Dame hat er in irgend eiiier Kuusthaiidlung gelaust, -im damit Epoche zu machen es ist die blonde Bally. Während Fräulein d'Jsraeli die-Z sprach, erhellte ein reizendes Lächeln ihre Züge. Ja, sürwahr! DaS mag sein, >'immte Kolsgaiig z», ohne genau ans die Worte der d'Jsraeli zu achten, desto mehr ent zückt über dcu rosigcu Glanz, mit dcm diis graziöse Lächcl» der Sprecherin ,hr ilngesicht verschönte. (Fortsctzliilg solgt.) Ein Optimist. Sie: „Jes ,'as, unser Ziinmcrhcrr ist uns durchge brannt und nichts hat er hinterlassen als den .iHemdkragen da!"—Er: „Run etwas Schamgefühl hat cr halt doch »och g'habt!" 3 Vtn merkwiirdigeS Pserd. Pferde, die im Alter von St> oder gar Jahren noch dicnstsähig sind, gehören 'er ist daher ein von Belgien belichteter sall, >vo eine Stute ein Alter vo» LS Zähren erreicht hat uud ihrem Besitzer loch immer nützlich ist. Dieselbe stammt oon eincr einheimische» Rasse, ist roth braun, untersetzt, wohl proportionirt iild hat eine tadellose Hältung.' Fast ille gewöhnlichen Merkmale eines hohen Alters fehlen bei ihr und »ur ei? ige .sporadische weiße Haare auf der Stirn, im Schweife und au deu Bordergliedern sowie eine starke Abnutzung derLäbue, besonders der Schneidezähne, weise» ins ihre große Bejahrtheit hin. Trotz dem verzehrt die alte Stute ihr Futter ebenso gut als ihre Stallnachbar». Bis nun heutigen Tage wnrde sie zu allen Arbeiten des Gutes verwandt, sogar ;n solchen, welche eine gewisse SchneÜig leit der Bewegungen erfordern, wie das Ziehen der Mähmaschine, und eS bedarf nur einer geringen Ansporiiuiig, um sie i» de» Trab zu versetze». Bo» dc» dreißig Fülle», die sie geworse» hat, datirt das letzte vom 29. Mai 1838; es ist ein schöner Fuchs, dcr, dank dcr kräf tigen Nahrung, die er erhält, ein gulcS und starkes Pserd zu werden verspricht. Dasselbe erhält täglich eine gute Portion Hafer und kommt daher feine:» Herrn theuer zu stehe»; dieser abcr geht vo» dem richtigen Grundsatz aus, daß oh»e gutes Futter eiue rationelle Pferde zucht unmöglich ist. Das aufgewandte Geld kommt mit reichlichen Zinsen wie der. Dabei ist aber zu bemerke», daß der genaimtc Grundsatz nicht in allen Ländern strenge Anwendung findet. Co bekommt das arabische Pferd z. B. nie Hafer und ist dennoch mindestens ebenso kräftig nnd abgehärtet für die Arbeit, wie irgend ein anderes. Aus dem Ge sagten geht hervor, daß das merkwürdig höh: Alter der belgischen Zuchtstute der guten Pflege uud der schonenden Be handlung zuzuschreiben ist, welche die selbe erfuhr, Bedingungen, gegen welche oft gesündigt wird, indem man die Pserde nicht selten durch den Mißbrauch ihrer Arbeits »ud Erzeugungskräfte frühzeitig umbringt. Wenn ma» nach den letzten Fällcn urtheile» darf, so wa ren alle Erzeugnisse dieser Stute gut. Dicse Thatsache bestätigt die vo» vielen Pserdezüchteril aufgestellte Behauptung, daß bei der Erzeugung dcr HauSthiere der weiblich: Autheil vorwiegend und die Wahl der Stuten folglich noch wich tiger als die der Hengste ist. (Pserdcfrciind.) Die indischen Scheiterhaufen, über dic, wenn ihnen auch die Englän der durch das Verbot dcr Wittwcnvcr brennuug de» Zauber dcr höchste» Ro mantik geraubt haben, noch immer viel gesäbelt wird, beschreibt Hugo Zöller mit grausamer Naturtreue in einer Studie über BenareS, welche die „K. Z." veröffentlicht. AIS ich nach mehr stündigem Umhergoiideln aus dem Gan ges so erzählt der Verfasser an's Land stieg und am Ufer entlang spa zirte, traf ich an drei verschiedenen Stellen zahlreiche brennende Scheiter- Hansen, in denen ohne jedwede Feierlich keit menschliche Leichen in Asche vcrwan wnrdc», nm in diesem Zustande in den Fluß gcilvrsc» zu wcrden. Gewöhnlich stellt ma» sich bei nns die Leichen als oben ans dem Scheiterhaufen liegend vor, nnd in dieser Weise pflegen auch von unseren Malern Bcstattuugsscenen dargestellt zu werdcn. Dies ist aber in Wahrheit wcuigstcns für Indien nicht zutreffend. Diejenigen Leichen, deren Verbrennung ich zuschaute, lagen auf verhältnißmäßig kleinen, sparsam her gestellten Holzstößen uud waren über und über mit Holzscheiten und Reisig bedeckt. Da an den Seite» Zipfel von weißen Gewändern, oder gar, wie das felis des öfteren zn beobachten war, menschliche Glieder herunterhingen, so erweckte diese Todtenbestattuiig im Ver ein mit dein widerwärtigen Geruch ver brannten Fleisches einen schauerliche'» Eindruck. Besonders verlebend wirkt ans »nser Gefühl dic geschäftsmäßige Rücksichts losigkeit, womit die verkohlten oder »ur angebratenen Theile derselbe» i» dc» heiligen Strom geworfen werdcn, so lvld der Schcitcrhaiise» ailsgebraiint ist. Bisweilen schwimmen unversehrte nnd aiigcbraiiulc meuschlichc K örper zu Dutzenden und Hnndcrtcn im Flnssc und gerathen in die Schraube der Dampf schiffe. Da es nämlich für besonders sromm gilt, dic sterbliche» Reste seiner Verwandten dem Ganges auzuver trauen, so findet nns ganz Indien ein starker LeichcutranSport »ach BcnareZ statt. An de» Stellen des Uscrs, wo die Leiche» verbrannt werden, erinnert eine Anzahl mit den rohen Relicsbilder» cines Mannes und einer Frau geschmück ter kleiner Steine an die „Sntris" oder gattcntreucn Wittwen, welche hier in früheren Zeiten einen religiösen Helden tod gestorben sind. Die Mutter geht aus 'er Stube und richtet zuvor die Er mahnung an ihr Töchtercheu: „Lieschen, das; D» Dir nicht eiilfalleu läßt, eine Birne aus dem K orb z» nehmen, wenn ich fort bin. Wenn ich Dich nicht sehe, so seht Dich doch dcr liebe Gott." Als die Mutter fort ist, wirft Lieschen einen Blick ans die Birne», dann eincn Blick nach oben und sagt bittende» Tones: „Lieber Gott, dreh' Dich um!" Ansang cincrmodcrncr Novelle. Nacht war's. Schweigend lagen die Andächtigen in dem magisch erleuchteten Dom anf de» Knieen. Gra besstille ringsum man HÄte das scinstc seidene Taschentuch stehle» höre» können. Genau genommen. Herr Wirth, der Braten riecht. Umgekehrt. Sie riechen.