Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, September 04, 1890, Page 2, Image 2

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Sie schwarz« «arte.
Eine heitere Erinnerung an Kaiser
Wilhelm den Ersten hat ein Freund der
„Rat.-Ztg." in Tirol in der Großglock
nergegend entdeckt. Dort befindet sich
inmitten der gewaltigen Natur, e!wa
50v<> Fuß hoch, ei» einsames Uiitcr
kunfishaiis, das eine würdige alte
Jnngfra» bewslmt, und welches sich die
Wirthschaft „Znm Lueashause'." beti
telt. Tie lreifliche Tanie bewahrt un
ter anderen Heiligthümern einen Brief
unseres Generalpostmeisters Ereellenz
v. Stephan, der nns in Abschrift vor
liegt und dessen lustiger Inhalt gerade
jetzt actuell erscheint. Herr v. Stephan
schreibt folgendermaßen an Fräulein
Marie Baumgarten in Ferleilen:
Berlin, ö. Juli 1889.
Liebe schwarze Marie!
Bis seht hatte ich noch immer gehofft,
auch dieses Jahr mit meiner Frau und
den beiden Mädels in die Fusch kommen
zn können, da wir dann wieder über die
Pfande!scharte gehen wollten. Aber
abreisen. Dieses ist, wie du weißt,
eine einsame Felseninsel in der Nordsee,
nicht länger und breiter als vom Lueas
ans ihrer weiten. Reise einst dahin ge
kommen sein sollen. Mancher glaubt
das nicht, aber, wenn man sieht, wie
viele Jnngsranen ans Amerika heute
reisen und selbst zu Euch in die Ferlei-
Liebes Moidel! Ich wollte Dir noch
schon danken für den allerliebsten Brief,
den Du vorigen Winter ans Sennkirche»
geschrieben hast; er hat mir und den
Meinigen große Freude gemacht und ich
babe ihn schon verschiedenen Deiner Be
den, besonders seitdem unser lieber alter
Kaiser damals auf der Reise nach tta
slein Deinen Schnurrbart bemerkt und
Dich unter die Husaren hatte cinrangi
ren wollen. Eonrage genüg würdest
Du da-,» gehabt haben und wärest dann
am Ende noch Wachtmeister Marie ge
worden.
Ich gehe Ende August »ach Loser und
dem steinernen Meer, und in die Lcoga
ncr Sleinberge, wieder auf den Gams
bock. Dann kann ich wenigstens zu
Euch hinüberschaiiein
„Dort wo die weißen Berge hinauf zum
Himmel rag'n,
Erad' als wolllcn's was dem lieben
Herrgott sag'n"—
Jnßerli» haben wir Heuer a Malefiz
Hitzen gehabt da hätte ich gern Deine
leckern Stauitzeln gegessen. Nun behüt
Di Hott, liebstes Moidel! und daß D»
bald wieder schreiben thust. Grüß mir
den Postsecretär im Unterrock, meinen
schönen Eollegen mit die großen schwär
zen Kugclaugen.
Dein alter Freund
v. Stephan.
Steckt der Löffel noch vorn in Teiuein
Mieder?"
Die letzte Beinerknug dieser humor
vollen Epistel begeht sich daraus, daß
jede Bäuerin des Pinzaans zn ihrer
sonstige» originelle», farbenreichen Na
tionaltracht einen silbernen Eßlöffel im
Mieder stecken hat. Kaiser Wilhelm
war zuletzt - und daraus bezieht sich
Jahre 1887 in Gasteiii, bei welcher Ge
—An l ä ß l"> ch de r Ver i n'ä h
'ung der Erzherzogs» Marie Valerie
erzähle» ungarische Blätler folgendes
tiübsche Geschichtchen: Im verflossenen
Winter, als die Erzherzogin bereits
prallt war, ging sie mit einer Hofdame
durch'die Gassen von Gödöllö. Aus dem
Wege begegnete ihr ein hübsches Bau
fraglc das Bancrnmädchen: Wohin
gehst Dn?" „In die Spinnstnbe."
„Ich möchte auch spinnen lernen."
„Nun, ich unterrichte Sie gern." „Ich
gehe also mit Dir in die Spinnstnbe."
gin zu dein Baucrninädchen: ~Du bist
schon erwachsen, hast Du schon einen
Zukünftigen?" „Ja wohl, aber ich be
hüte ibn sehr eifersüchtig, denn er ist
jetzt Soldat." „Und warum bist Du
denn eisersüchtig auf ihn?" fragte die
Erzherzogin. „Weil ein Soldat Einen«
sehr leicht abgepfuscht wird." „Siehst
Du", sagte die Erzherzogin, „ich bin auf
meinen Znknnsligen nicht eifersüchtig;
denn wisse, ich liabe auch einen „Zuküni
erwiderte das Bauernmädcke»
„dann geben Sie gut Acht ans ihn, be
sonders wenn er ein schmucker Junge
ist!" Die Königstochter lachte ül>er
diese Naivetät, dann begab sie sich in
die Spinnstube, »ahm den Rocken zur
Hand und lernte spinnen. Sie ging zu
widerhollen Malen hin. Inzwischen
aber sorgte sie dafür, daß der Soldat
des Banernmädchens einen Brief er
hielt. in weichem geschrieben stand, daß
er sich ja nicht einfallen lasse, seiner
Sari die Treue zu brechen, denn die
Sari sei ein prächtiges Mädel.
Sie ist ihr über! Zwei
Fieuuve, Hensel n»d Menzel, beide seit
linrzem ve.heirathet und in Wonne
schwelgend, loben gegenseitig die Vor
züge ihrer Frauen. Denke Dir, sagt
Hensel, wenn meine Frau ihr Haar öff
net, fallen die Spitzen fast zu ihren Fü
ße» ! Nnr die Spitzen? erwiderte
Mcnzel in verächtlichem Ton, ich
Dir, wenn die meine daZ Haar löst,
fällt es gleich ganz zur Erde!
Ter Kasseeist das
Innrer».
Ter Morpftittmdämon.
i heftet, wie dankbar müssen wir der Na
j lur sein, das; sie eine» Stoss schuf, der
! wie kein anderer es vernlag, ihm seine»
Stachel zu brechen: das Morphium!
Was wäre der Arzt ohne dies göttliche
Mittel! Wie viele Leiden blieben ungc
heilt. wie viele schmerzen uugcliudcrt
ohne diese Himmclsgabe, diesen freund
in langwierigen, und Trostspender in
unheilbaren Nraniheiten. Wenn nur
seine Wirkung immer gleichmässig er
quickeud bliebe, uud nicht öfters bei zu
langem Gebrauch ein garstiger hinkender
Pole nachkäme! Die Dosis, welche die
ersten Male so schönen Erfolg hatte,
versagt mit der Zeit und will gar nicht
mehr recht wirke»! sie muß bald mehr
und mehr verstärkt werden. Darunter
leidet wieder die Verdauung, der Appe
tit schwindet, die Darmthätigkeit stockt,
vor Mageu verträgt gar nichts mehr,
der Kops wird Wust und eingenommen,
wie nach einem Rausch, Da bleibt
denn de»! Arzt nichts übrig, als sür
längere oder kürzere Zeit dem Kranken
seinen einzige» Schmcrzbäudiger zu ent
ziehen.
Noch ein anderer Uebelstand hastet
dem Mopbium an; der, da» seine
schiuerzlöjende Wirkung nicht alsbald,
sundern nur allinälig eintritt; der
kranke mich zuweilen Stunden lang
warten, bevor ihm das Mittel die er
sehnte Ruhe verschafft doch diese
Langsamkeit der Wirkung galt bis in dic
Neuzeit hinein a!s unvermeidlich und
mußte, den unschätzbaren Vortheilen ge
genüber, die es brachte, mit in den Kauj
genommen werden.
Da verbreitete sich vor etwa dre>
Jahrzehnten eine Erfindung über Eu
ropa und die ganze eivilisirle Welt,
welche der Morphiumwirkuug eine frü
her nicht geahnt» Sicherheit und eine
wie aus Znubcrfillige getragene Schucl
ligkeit verlieh. Das kleine Kästchen mit
der Glasröhre nnd der hohen Stahl
nadel befindet sich jetzt in der Hand
jedes Arztes und leider auch vieler
Laien, es hat Unzähligen die Schmer
zen gestiüt nnd selige R»he gebracht,
aber wenige wissen den Namen ihres
Wohlthäters. Alerander Wood, ein
Ediiiburghcr Ar't war es, der im Jahr
1K53 die Erfindung der Einspritzung
von Arzneimitteln, insbesondere von
Morphin»! ilnter die Haut machte mit
zwei Jabre später veröffentlichte. Doch
verging noch ein? Reihe von Jahren,
bevor die kleine nnd doch so wichtig,
Operation zum Gemeingut der Acrzt!
wnrde und eine Beliebtheit erlangte,
welche dringend der Einschränkung bc
dcrrs.
Der Gedanke, Arzncistosse in das Un
tcrlptttzcUgcwebe zu Heilzwecken ein;u
spritzen, gehört zn den großartigsten
Lichtblicke», seine Anführung zu de»
herrlichsten Erriingenschasie» der Wissen
schaft. Eigentlich hat fchv» Jenner mit
feiner Schutzblatlcruimpsi.ug, wobei ja
anch ein ircindartigcr Stoss, die 5! uh
pockenltnuphe, mittelst einer kleinen
Wunde unter die Hant gebracht >iud dem
Körper einverleibt wird, diese Bahn be
schritte», aber erst seit Wood Hai man
gelernt, ans derselben weiter zu gehen
nnd anch andere Heilstoffe in den Orga
nismus überzuleiten. Ans dicfeni Wege
allein gelangt ein Arzueimiltet rein nnd
unverändert in die Säftemaise nnd per
mag, durch gesättigte Lösung in de»
Raum weniger Tropfe» zusammen
gedrängt, seine Wirtnng rascher nnd zu
verlässige': zn als es durch ir
gend einen anderen Weg möglich ist.
Die „snbcutanic Jnjeetion" so lan
tet »ach dein Kuustansdruck das Berscih
ren, Arzneistosie in das Zellgewebe ein
.znjpii'.ie» hat sich schon einer große»
Meuze vrii.Heiliniticln bemächtigt: dii
rare, der Aeiber .>nd das
letzteres ist das weiiauS häufigste.
Tic Fori» der Einspritzung vereinigt
alle Vortheile nnd zeigt fast keine» de,
Nachtheile des innerlich genommenen
Morphiums. Sic bewirkt dic säst au
gniblicluche Aufp'ngnng des Arznei
Bi/sjes und eine!, sast wunderbar scbiiel
le:i Erfolg desjelbeu. t"eiviß, man ~'^ß
zen gcpeinlgt wurde, sich sast sofort,
höchstens zehn Minute» nach dem Ein
stich mehr und mehr beruhigt sicht; oft
folgt »ach kurzer Zeit der Schlas, sast
sicher aber ei» Gesühk vo» Befreiung
und Wohlbehagen, welches längere Zeil
a,ihlilt. Ter Schlaf ist in der Regel
ei» mehrstündiger und das Erwachen
daraus ein sreieS, leichtes, gestärktes,
während das innerlich gebraiiäie Mor
phinm bis zum Eintritt der Wirkung
meistens eine Frist von 1- Stunden
erfordert, und doch nicht selten eiu Ge
fühl von Schwere und Wüstfein im
Kopfe zur Folge hat.
Es gibt nur wenig Arten von Schmer
zen, welcbc die Anwendung des Mor
p'.ü.imS verbieten, odcr wo sie nichte
»:tzt, und in vielen Fällen heil: f>«
gänzlich odcr lindcrt doch bedeutend.
Der rheumati/he, gichtische, nervöst
Schmerz, das Asthma —über alle ergieß«
sich die Wohlthat der Morphinincin
spritzuiig, hier dauernde Geiicfniig, dort
we-'.igftcnS Bcsjeruiig odcr Lindcru»?
spendend. Ja, gerade in Krankheiten,
die ih:er Natur nach »»heilbar si»d,
weil sie ans immer weiter schreitende!
über das Erwachen hinaus, ganz anders
als das Chloralhtidrzt, welches nnr sü>
einige Stunden Schlaf schenkt uud als
bald »ach dcm Erwachcn das nllc Wcl
iinverni'.nder: wieder juin Lorschein
! bringt
! Leider befindet sich das winzige Jn
ftrument. dessen leichte Handhabung sie
den Aerzten abgeguckt haben, schon im
Lesitze zahlloser Ünbernsener. die, ver
loikt von seinen ansänglichen Wunder-
Morphium verschrieben haben.
Jetzt wird schon im kleinsten Städt
chen »nd auf dem Lande in gar vielen
Schlössern und Psarrhäusern injieirt,
jahraus, jahrein, bei Tag und Nacht.
Das Zentigramm, das ?inst so herrlich
wirkte, verfängt schon lange nicht mehr,
nur durch dreiste und immer häufiger
wiederholte Gaben läßt sich der Erfolg,
das Gefühl der Erheiterung und
Schmerzlinderung, aber nicht einmal der
Schlaf noch fesseln. Mit dem Wider
stand der Angehörigen wächst die Gier
der Unglücklichen und die Schlauheit,
Ei» schlcsischer Magnat, der anch später
an seiner Leidenschast zu Grunde ging,
hatte sich der Mvrphinmmanix ergeben;
so sorgfältig, daß er zu Hanse nicht mehr
injiciren sollte. Räch seinem Tode in
des; fand man im Park, in den Höhlun
gen vieler Bäume versteckt, eine Anzahl
Tie Morphiiimgicr nimmt jetzt in er
schreckender Weise überhand »nd es sind
ausschliesilich die gebildeten Stände, in
denen sie herrscht: Aerzte, Ofsicicre,
hohe Beamte, reiche Kaufleute. Im
Lause der letzten Jahre sind drei be
rühmte Professoren der Medicin an
Morphiumsncht n»d ihren Folgen ge
storben. Anch bei Franen greift die
verderbliche Leidenschaft nm sich.
Wood's Erfindung hat die pathologi
schcn Lehrbücher mit einem nenen Ka
pitel, überschrieben: „Die Morphium
sucht", bereichert. Nervöser Gesichts
schmerz, Migräne, Hüftweh. Rheuma
tismus, Asthma stellen di' 'meisten Re
kruten sür dieselbe und die Armee wächst
zusehends. Man spritzt, »in den Schinerz
zn vertreiben, man spritzt, selbst wenn
nur auf ihren eigene» Ruin los, sie
führe» auch den der ihrigen herbei.
Gatten werden gleichgültig gegen das
Wohl der Familie, Frauen vernachlässi
gen den Hanshalt, die Erziehung der
Kinder; dem geliebten Morphium op
fern sie das zugezählte Wirtschaftsgeld,
mit erfinderischem Scharssinn treiben
sie die Mittel treiben um ihrem Moloch
dienen zu könne».
Ter Morphinmselave fühlt sich eine
Zeit lang bei täglicher oder allmälig
täglich wiederholter Befriedigung seiner
Lnst wie neu geboren und mag nun aus
sichte». Morphin»! wird der Hanpt
nhalt seines Denkens und Fühlens, das
Ziel seines Lebens. AnsangS dauert
die gehobene Stinimnng, das Lustgefühl,
nur sür Stnndcn vor, und es treibt den
zu erneuter Befriedi
ge n>; seines Gifthungers. Die Centi
gramme thun es nicht mehr, er braucht
dem er sich nnr durch neuen Genuß zu
retten und zn neuer Seligkeit zu erhebe»
vermag. Es vergckien, je nach der
Empfänglichkeit sür das Gift, drei bis
acht Monate »nd darüber, bevor offen
bare Gesnndheitsstörungeil zum Bor
schein kommcn. Dann aber finden sich
Trockenheit im Mund, Tins!, Uebelkeit,
u. f. w. ein. Tie Farbe der Haut wird
blast und iveik, der Blick matt, das Ge
sicht verschwommen, der Gang »»sicher
anssalleude Aehulichkeit mit der chroni
schen Alkoholvergiftung, nur daß bei
dieser der Körper zur Fetiausammlung
hinneigt, während das Morphium be
trächtliche Abmagernng mit sich zn brin
gen pflegt. Mit dem physischen Verfall
des MorphiumipritzerS geht aber auch
der geistige nud sittliche Hand in Hand,
die Stimmung schwankt zwischen deu
weitesten Extremen; das Gedächtniß und
die Willenskrast nehmen ab, die Klarheit
des Geistes wird dnrch phantastische Ge
sichtserscheinungen getrübt. Mit diesem
schlaffen, trägen Schwächling ist nichts
mehr anzufangen. Ter sür seinen Be
rus schon längst ganz untauglich, sür sein«
Familie znm nnnützen Ballast Geworde
ne cudet gewöhnlich an Herzleiden, Ent
artung der Nerven oder allgemeiner
Nervenlähmung.
Noch ein Umstand erweist schlagend
die Aehulichkeit der chronischen Mor
phiilmvcrgistnng mit der durch Alcohol:
der Ausbruch von Raserei »nd Tobsucht
bei plötzlicher Entziehung des znr Lei
denschaft gewordenen Genußmittels.
Einem wegen Betrugs zu 24 Stunden
Hast verurtheiltcu Wiener Photographen
wurde, ehe er in die Zelle eintrat, ein
Einspritznngscipparat weggenommen.
Am nächsten Tage sand man ihn im Zu
stande höchster Aufregung, er lief in der
Zelle nmhcr, schrie, er werde wahnsinnig
nnd war anf keine Weife zn beschwichti
gen. Da nun seine Strafzeit abgelau
fen wa, so entließ man ihn, indem man
ihm die in Beschlag genommencn Ge>
genstünde wieder aushändigte. Kaum
ivar er im Besitz der letzteren, als ei
noch im Flur des Gesüngnisses sich
schleunigst eine Einspritzung beibracht!
und srisch nnd munter das Gerichtsge>
bände verließ.
Daß die Rettung eines eingefleischten
Morphiomancn nicht in seiner Häuslich
keit sich vornehmen läßt, darüber sind
.ille Sachvcr'tändigen einig. Entzie
lmngsversnche daheim, Vorstellungen,
Ermahnungen haben stets einen klägli
chen Ersolg. Mit List ist nichts zu
machen; so klug sind die Kranken noch,
daß sie den Betrug bald merken, wenn
mit energischer Leitung und steter ärztli
cher Aussicht kauu die Entzichnngscilr
durchgesetzt werden.
Oli aber ein plötzlicher Abbruch oder
eine allmälige Verringerung vorzuziehen
sei, darüber sind die Aerzte getheilter
Ansicht. Es kommen nämlich in ersterem
Falle geradezu surchlbare Kalastrvphcn
zum Ausbruch; die Kraule» rase» und
'oben, verfalle» in Krämpfe, versuchen
iand a» sich zu legen nnd gerathen
hließlich in einen Versall, der das
Aergste befürchte» läßt n»d die sorgsäl
ligste ärztliche Ueberwachung erfordert.
Indessen die Krisis geht doch allmälig
vorüber, und ist diese erst überwnnden,
dann hat der Arzt gewonnenes Spiel.
Der Kranke lernt sich in seine Lage fin
den, die weinerliche Unthätigkeit verliert
sich, die Thatkraft erwach', die Gcsnnd
heit kehrt wieder; cr verläßt mit den
besten Vorsätzen, mit den heiligsten
Schwüren die Anstalt. Leider schmelzen
dieselben bei der Heimkehr gar vst wie
der Schnee in der Mittagssonne; zu
mächtig lockt der Reiz der verbotenen
Frnchl. Der Untergang ist besiegelt.
Eine Zeit lang glaubte man in Eo
'ain Einspritzungen ei» wirksames Heil
iittel gegen die Morphiumsucht ent
deckt zn haben; die Kranken wurden in
verfielen aber nunmehr in die Eocain
sucht, dic noch vicl schlinimcr ist der
Tcusel wurde durch Beelzebub ausge
trieben.
Die Morphinmanie bildet he»tz»tagc
wäre erfolgreich zn begegnen nnr dann,
wenn die Morphinmverkäuser gewissen
haft genug wären, ihre Schränke vvr
Unbefugten zu verschließen. Die Ge
setze sind da n»d lanlen streng: die
Gewinnsncht verhöhnt sie und verwan
delt eines der edelste» uud wohlthätig
sten Mittel in einen fluchbeladene?
Dämon.
Bierstuben mit Ta>ne»l>edie«nng
wie viele Leftr zu glanöe» geneigt sein
mögen. Jedenfalls war der Rnf der
„Tamenkneipen" damals ein anderer
als heute. Ei»e alte Berliner Chronik
ans dem Jahre li!'.'i> erzählt, daß in
der Lindenstraße ein Branherr eine
Naß", das ans vorzüglichem Hopsen und
Malz bestand, verschleißen. Die Schank
stube glich einem großen Saal, sie war
weiligen ReimleinS verziert. Das An
heimelndste in der Schcnkstnbe jedvch
war das achtzehnjährige „blonde Ma
riechen", eine schöne Blierin. So man
cher tapsere Zecher kam weniger des
Durstes als Mariechen's wegen in der
Lindenstraße. Ihr Brotherr, der reiche
wenn dic Gäste der schönen Baierin Ans
iiierksamkeiten crwicse». Er stellte ihr
nach, aber Marie blieb kciisch »nd züch
einer Nacht, als es ihr Versvlgcr z»i»
Acnßerstcn trcibcn wollte. Der reiche
Braner denunrirte nun seine Schlenßerin
daß inai! eine Menge Goldstücke in der
Kammer des nnschnldige» Mädchens
seind. Die schöne Baierin wurde nach
den damalige» Gesetzen znin Tode ver
urtheilt nnd vor dem Halleschen Thore
in Gegenwart einer ungeheuren Volks
menge vom Lebe» zum Tode besördert.
Ihre letzten Worte waren: „Ich sterbe
»nschnldig, aber mein Blut wird nach
von Ansang an nicht an die Schuld der
Angeklagten. Die Gäste aus der präch
tigc» Kneipe in der Lindcnstraßc zogen
einen »nheilbarcu Wahnsinn. In einem
unbewachten Augenblicke entfloh er sei
nen Wächtern, stürzte sich aus einem
Fcnster ans die Straße und er fand aus
der Stelle seinen Tod. Die Chronil
von nennt auch de« Namen des
BranerS, den jedoch unser Berichterstat
ter verschweigt, weil Nachkomme» jenes
Mannes in der Reichsstadt leben, di>
sich des besten Leumundes erfreuen
Ein Erbe, so schließt die Chronik, ha
später das Hans in der Lindciistraßl
niederreißen lassen, damit mit den
Hanse das Denkmal einer ' Blntschuli
verschwinden sollte. Des nmsangreichei
Grnndstückks Grund und Boden würd,
zu guten Zwecken verschenkt.
Vergiß mich nicht. Buch
drncker: Wünschen, Sie ans den Rech
iliiiigS Formulare» vielleicht Ihre Jni
' tiale» angebracht? Schneidermeister!
Nein, aber einen großen Vergißmcinnichl
Slrauß!
Ablehnung. Onkel: Aber
Karl, beff're Dich doch endlich, geh' in
Dich! Stndent: Ach, Onkel, ich wür
de de.nn doch erst recht außer mir ge
> ratheu.
Taschenspieler.
Es wird Einem heutzutage recht leicht
gemacht, dem Taschenspieler in die Kar
ies, was wir begehren: Hölzer, Becher,
Zilnge, Brillen, salsche Karlen, Doppel
ihaler u. s. w., und fügt jedem Instru
ment höchst liebenswürdig eine „Ge
brauchsanweisung" bei. Ungezählte
Bücher, vom dünnen Jahrmarksbest auf
wärts bis zum bildergeschniücklen Pracht
in die Geheimnisse der schwarzen Knnst
:i»z»lveihen, Aber alle diese Bücher
lind Gebrauch'anwcisnngen, wenige ans
ler verschwinde!, so weiß man noch gar
nichtS: man wird sich trotzdem Hnnderle
von Male» gerade mir diesem Trie täu
schen lassen: nnd wenn man ge»a» nach
der Vorschrift denselben Griff ansnbt,
so wird man damit allein nicht den min
der Täuschung macht,' ist nicht die lechni
sche Außenseite, sondern der psychologi
sche Kern. Die sinnreiche Ausnütznng
sertigkeil Und Maschinerie. In" einem
lcsenswerthen Aussatze..Zur Psychologie
der Taschcnft'ielerknnst", welchen Max
Dessoir vor einiger Zeit in „Nord nnd
s ans er mit großem Scharssinn, diese
Thatsache zn erweisen und theoretisch
zu zergliedern. Was in seinem Aussatz
fesselt, ist die hübsche Schilderung der
Gesellschaft, deren Thun »»d Treiben
ihn in wissenschaftlicher Art beschäftigt,
viele anekdotische -jüge von Taschenspie
lern besseren Schlages, welche man zu
den Meistern ihrer Zunst rechne» kemn.
A> k.ind'g mg, eine» lebende» Mensche»
anszehren z» wolle», großes Ausjehen
erregte. Des Räthsels Lösung bestand
zeichulliig Prestidigltatenr stammt von
Jules de Rovcre. Der Bcdenlcndste
war iinstreitig Comte. Franzose vom
griff dann mit de» leere» Händen in die
Lust und zanberle euie Fülle schönster
Rosen aus dem Nichts hervor. Er suhr
(französisch) sort: „Ich versprach, alle
anwesende» Damen z» eSeainotcren nnd
Nun ging er a» die Verlheilung: „Mein
Fränlein, hier eine Rose, die Sie
Neid haben erröthen lassen." Vor einer
anderen hübschen jungen Dame verwan
delte sich die Blume bei der Ueverreichnng
in Coeur Aß, und der galante Hexen
meister sügle Hinz»: „Bitte, mein Fräu
lein, legen Sie die Hand auf's Herz...
Verzeihen Sie mir diese Frage, den»
wohl Ihnen, daß Sie nur eins haben,
Sie könnten sie alle besitzen."
Einen Fortschritt in der Entwickelung
unserer Knnst kennzeichnen die Namen
Philippe nnd Torrini. Bei seiner An
wesenheit in Rom war Letzterer ein
Verhältnisse in die Lansbah» des Presti
digitatcurs gestoßen hatten zn einer
Vorstellung vor dem Papst ausgefordert
worden. Znsällig sah er am Tage vor
her bei eine.» Uhrmacher eine .kostbar«
Uhr, von der dieser versicherte, sie sei
das einzige Pendant zu der berühmten
Uhr des Cardinals T. und erst gestern
ans Paris angekommen. Torrini kanste
den Chronometer sür den respeetablen
Preis von Francs, nachdem ei
dem Uhrmachcr Stillschweige» auserlegl
uud sich versichert hatte, daß der Cardi
ual seiner Vorstellung beiwohnejl werde
Am Schluß gedachter Vorstellung
! machte er nnii folgenden Coup. Er bat
l sich einnen recht kostbaren und womög
lich nur einmal auf der ganzen Well
vorhandenen Gegenstand aus; diese
Bitte hatte zur Folge, daß der Cardi
nal ans des Papstes Wunsch, wenngleich
mit sichtbarem Widerstreben, dem Künst
ler die Uhr aushändigte. Jetzt ließ sich
Tvrrini Mörser und Stößer geben und
zerstampfte zum Entsetze» der Anwesen
den das unersetzliche Kleinod i» tausend
Splitter. Der Cardinal erklärte mit
!>a er in de» Resten Stück für Stück sein
llttienm wiedererkenne; in Wirklichkeit
jedoch war natürlich das jüngst ent
standene Pendanl vernichtet worden.
Diesen Augenblick allgemeinster Auf
regung besiutzte der küiiiller, um mibe
zetreie» war, forderte er die Versamni
lung auf, ihm eine Persönlichkeit zn be
zeichnen, welche sicherlich nicht im Ein
oerständniß mit ihm stände. Wie ge
wünscht. deutete Alles ans de» Papst.
„Nun wohl," suhr Torriui sort, indem
„ich will, Saß die Uhr wieder hergestellt
sei und sich i» der Tasche Er. Heiligkeit
finde." Der Papst griff sosvrt mit
deutlich zweiielnder Miene in die Tasche
und zog selbstverständlich die lllir her
vor, welche er dem Besitzer einhändigte.
Man kann sich denken, welches Aufsehe»
der kecke Streich in Rom erregte!—Tor
clame niemals bereut. Die Genannten
alle, auch Philadelphia, Döbler und
BoSeo nnd die unzähligen Nichtgenanu
te» werde» »m Hanpteslänge überragt
durch den „Klassiker der Taschenspieler
kunst", durch Robert - Hondin. Der
selbe hat seine Lebensschicksale in einem
Gliche erzählt, das wegen seines sesseln
de», bniiten I »Haltes und der Anspruchs
losigkeit der Darstellung eine aiigcnchme
Leetüre bieiet. Ein Jahrniarktsgankler
deutscher Abkunft gab dem zehnjährigen
si niibc» eine» ersten Begriff der Tasehen
spiclerei, ein Buch belehrte ihn später
über die wichtigsten Kunstgriffe. Wie
er dann sich fortbilde!? und schließlich
zum Entsetzen seiner Familie in die
Lansbah» des EscamolenrS eintrat,
darüber gibt seiue Biographie Aus
schluß.
Als Hondiu sich einen Namen als
Prestidigltatenr erworben, führte er eine
wichtige Resorni ein. Er verbannte
nämlich die bisher übliche» verhangene»
lange» Tische und setzte au ihre Stelle
die unbedeckten kleinen Servante».
Ebenso warf er die excentrischen Costüme
der andere» Eseamotenre m die Rnni
eiuer Stange scheinbar srei schniebc» zu
lassen (während sie in Wirklichkeit burch
einen eorjetähnlichen Halter gestützt
wird), ersand er zu einer Zeit, wo alle
Welt vom Acther sprach. Er brachte
also den Tric damit in Verbiiidung, in
dem er die Person durch Riechen a» einer
Flasche scheinbar narcotcsirte.DieFlasche
war natürlich leer, aber hiliter der
Bühne wurden in demselben Augenblick
ein paar Tropsen Acther vergossen, s»
daß ci» schwacher Dnft in de» Zu
schauerraum hiueindrang und die Illu
sion beträchtlich erhöhte.
Die, welche Hondin am besten copir
hcutk in Hannover ansässig: liabcn be
reits vor Jahrcn ihrer Kunst Valet ge
sagt.
den Schnliiicisler ans dem Felde und
fragte ihin „Ist'S noch Encr Ernst,,
Herr Lehrer, was Ihr gestern den Kin
dern gciagl habt: „So Dich Jemand
schlägt ans Deine» rechte» Backe», dem
biete de» andern anch dar?" Der Leh
rer erwiderte: „Gewiß! Den» so steht
es im Evangelium." Da gab ihm der
Bauer eine Ohrfeige ans die rechte Backe
de» Lehrer. Ju diesem Augenblick ritt
der Gutsbesitzer in der Nähe vorbei, sah
herüber uud befühl seinem Reitknecht:
„Schau doch »ach, Joses, was die Zwei
dort miteinander haben." Als der
Reitknecht heransprengte, gab der Schul
meister, der ei» starker Man» war, den»
Bauer» seinerseits zwei Ohrfeigen und
jagle: „Es steht auch geschrieben: Mit
welcherlei Maß Ihr messet, wird Euch
wieder gemesse» werden. Ei» vollge
rüttelt und überflüssig Maß wird man
i» Eure» Schoost gebe»", uud mit die
' Da kam der Reitliicchi zn seinem Herr»
l zurück »iid sagte: „Es hat nichts zu be
deute», gnädiger sie lege» ciuan
selbst wei n es aus Kosten seiner besten
Freunde ging. Eines Tages vcröffent
lichte er i» seinem Blatte ein Epigramm
saudc» großen Beifall nnd wnrden viel
belacht. Bald daraus begegnete ihm
ein hochstehender Gönner, der von dem
bat ihn »m ein Exceiiiplar der betref
fenden Nummer. „Wozu wollen Sie
die Schilderung erst lesen", war die
Antwort, „Sie besitze» ja das Origi
nal." Natürlich war die Freundschaft
für immer aus!
i Vom Wiener Hosopern
> theater schreibt das „N. W. T": „Im
l Zufchanerranme der Hosoper wurde
! jüngst allgemein über—Kälte geklagt.
! Ju der That war die Temperatur im
Theater niedriger, als aus der Straße,
l und namentlich in der niederen Region
der Füße war eS cmpsindlich kühl. Ei»
Theater im Sommer, in welchem man
> bei war das HauS nicht etwa leer, son
der» ausverkauft. Die Ventilatoren
> hatte» ebe» des Guten etwas zu viel
! gethan." Auch uicht übel!
Englische Kindt».
In einer Reihe von Aussäyen über
englisches Leben und englische Sitte, die
Dr. Maximilian Mayer in der Wiener
„Neuen Freien Presse" veröffentlicht,
entwirst der Versasser u, A. auch fol
gende Schilderung der Jugend Groß
britanniens:
Englische Kinder sind in der Regel
Prachtbilder der Gesundheit, Schönheit
und Kraft, und sie bleiben so bis etwa
zum vierzehnte» Jahre, Ivo sich die
weibliche Linie abzweigt. Tie Eigen
thümlichkeiten der Raee, als National
stolz, Muth und Erwerbssinn, trete»
früh hervor. Ein Kind, das erlrankl
ist, wird eine noch so wohl ich»!eckende
halbe !>irv»e oder je nach den Um
ständen der besorgten Eltern, zahlen zu
lasse»! wein eS zufällig, daß sei» Leben
in Gefahr schwebt, so tritt entsprechende
Pi-eiscryöhung ein. Ich kenne einen
Hall, wo der kleine John Bull sür jeden
Tropfen Brandy, den der Arzt in seiue
Tasse zn träufeln befohlen hatte, IS
Penee forderte und erhielt. Als ich dies
»nter Engländern erzählte, bedenket»
man mir, daß dies etwas ganz Gewöhn
liches sei. Vielleicht ging aber diese
Verhätschelung nicht zu allen Zeiten so
weit, wie jetzt.
Em aller Herr bemerkte jüngst beim
Nachtisch: „Ich habe zeitlebens keinen
gute» Apsel vorgesetzt bekommen; denn
in meiner Jugend bekamen die Kinder
immer das Schlechteste U»d jetzt kriegen
sie stets das Beste." Diese Emaiici
palioii der Kinder, nm die sich alles im
Hause dreht» läßt sich nun zwar in der
ganzen europäische« Welt beobachten.
In England erhält sie aber noch einen
die Schule und die Stellung der Schüler
zum Lehrer. Wo Knabe» und Mäd
chen schon im zartesten Alter zn so hoher
Selbstständigkeit angehalten werden,
weite Strecken allein aus der Eisenbahn
fahren, Einkäufe imd Besuche machen,
ohne daß je Confilsion oder Uiisng
daraus entstünde, da steht der Schüler
Lehrer ganz anders gegenüber als bei
uns. Ter Zustand der Naivetätist dort
sast schon mit dem Lallen überwunden,
k »abe, hat nichts von dem Träumerischen
de? Deutschen,lernt außerordmilich früh
um sich zn blicken, die Menschen und sich
selbst beobachten.
Was ihm an wirklicher Unschuld
fehlt, ersetzt er durch um so srühere
um ihn lauern. Tie Zeitspanne bis
zu der sehr frühen Körpe: reise, durch
schnittlich dem vierzehnten Jahre, wird
rasch und ohne merkliche Krise über
wunden, und schon während derselben
tönt ihm das Wort Gentleman, wohin
die ganze Erziehung strebt, so ost ent
gegen, daß Selbstbewußtsein und inile
alle kindlichen Neigungen
zeitig erstickt. Man hört ihn selten oder
gar nicht singen, und der deutsche Leh
schen Sprache lautet als u to,>l. Die
Phantasie, von Hanse aus schon arm,
wird durch kein Spielzeug beschäftigt;
ein Mangel und ein Glück, wie man
will. Seine Spiele sind dieselben wie
die der größeren K naben nnd Erwach
senen, Hand und Fußball, Kricket, Ten
nis: alles ernsthafte „Partie»" mit
streng vertheilten und sich ablösenden
Nolle», zum Theil auch mit Buchfüh
rung. Träumer und Schwächlinge kön
nen dabei nicht gebraucht werden. Die
wenigen Naturen dieser Art ziehen aller
dings Phantasiespiele, als Jagd, Rän
der, Krieg vor. Während' so gerade die
Schwächeren sich in ausgereisten, unge
ordneten Raufereien und Echeinkanipsci!
gefallen, vollführt die große Mehrheit
in regelrechter Forin Schlag ans Schlag,
Stoß und Lausbewegungen, alles ohne
jeden militärischen Zw-mg (Drill Exer
ciren nnd Gymnastik sind unbeliebt), le
diglich durch den Sinn für Ordnung
und das leidenschaftliche ehrgeizige In
teresse am Ausgang des Spieles. Mit
der Gewandtheit wächst die Krast, wach
sen die Körpersormen anElasticilät.Höhe
und Mnskelstärte, die das Staunen nnd
den Neid der Nutivnen bilden.
Ans dem Württemb er
ster Unterland erzählt man den „M. N.
N." folgende cfspassige Geschichte: Ein
Bäncrlein sährt zweispännig zur Sta
tion und trinkt sich nach des Tages Mü
hen einen „ordentlichen" an. Dann wird
der Bauer auf seinen Wagen gehoben
und sährt tapfer der Heimath zu. Bos
hafte Hände hatten aber vorher den
Gestellnagel entfernt und bald löste sich
der Vorderwagen los. Die Pserde trab
ten damit lustig weiter; das Bäncrlein
aber schläft in der stehen gebliebenen
Hinteren Wagenhälfte ruhig den Schlaf
des Gerechten weiter, bis es von Vor
übergehenden geweckt wird. Da reibt
er sich die Angen, schüttelt den Kops und
thut den salomonischen Spruch: „Ent
weder bin i's, oder i bin's net. Bin i's,
so han i meine Gäul verlora, bin i'S net,
dann han i a Wägele g'sunda."
Starker Vergleich. Zwei
Studenten gehen Abends an einem Hanse
vorbei nnd hören aus einem Fenster
des Hochparterres eine Dame mit schau
erlicher Stimme singen. Rasch steigt
der eine auf den Rücken des andern und
ruft mit seinem Bierbasse, der die Dame
erschreckt anshören ließ: „Halts Viani,
Nero! Hierher." Doch seinen Irr
thum scheinbar gewahrend, entschnldigt
er sich mit den Worten: „Sie entschul
digen mein Stören, gnädiges Fräulein,
aber wir hörten eine bekannte Stimme
und dachten, eS wäre unser Corpshuud!
Der Spruch: „Erst prüfet,
dann wählet", findet aus die Ehe keine
Anwendung. Da wird erst die Wahl
getroffen und die Prüjungcn folgen
nack.