2 Roman vom Berliner Schüt zenseste. In der Schönhauser Allee war es, wo bie «beschichte begann. Und sie kam in Flnß durch ein Taschentuch, ganz wie in „Oihello". nur daß sie sich nicht so eifer jüchiig znipitzen und traurig werden sollte. Sie Itand auf hohem Balköne, eine allerliebste Blondine, er marfchirtc vo> über und ihre Blicke trafen lich, der erste „Treuer", der am ersten Sonntage zu verzeichnen war. Sie gefiel ihm aus nehmend, er ihr nicht übel; er warf in i'ibcrmüchigcr Schützenlaunc einen ,N»ß -finger, sie bekam einen kleinen Schreck, errathet- und ließ in der augenblicklichen Verwirrung das wehende Taschentuch der Hand entgleiten, so daß es in lang samem Fluge zur Erde niedcrflatlertc. Da war cS um feine Nuhe geschehen, er eilt« aus dem Gliede, haschte nach dem vom Winde fortgetragene» Durch gänger und hielt ihn dann beglückt in feiner Hand. Ein zartes Batistluch, mit Spitzen umsäumt. Da in der Ecke ein weißgesticktes Moncgramm: M. B. Das ist zunächst alles, was er weiß! Und er drückt den dusligen Fund an die Lippen »nd schaut noch einmal hinauf. Sie wird von neuem dunkelroth und zieht sich verschämt von der Brüstung zurück ; er läust dem Zuge nach, um wie der. in seine Reihe zu gelangen, schiebt das Kleinod in seine Brusttasche »nd das kurze Idyll ist zu Ende. Aber nur für heute, denn der junge Fabrikant Peter D., der aus Wien zum iischützen feste herbeigekommen, war nicht geson nen, das liebenswürdige kleine Abenteuer nnverfolgt zu lassen und sich mit dem batistenen Andenken daran zu begnügen. Zunächst zwar zog er mit hinaus nach Pankow, bankellirte nnd schoß, aber er mußte unausgesetzt an die reizende Blon dine denken, zog wiederholt das Taschen tuch aus dem Busen hervor und betrach tete es zärtlich, so daß ihm Speise und Trank nicht recht munden wollten und »in Scheibensland sein Arm eine be vcnülichc Unsicherheit zeigte. Als abcr der andere Tag gekommen war, «ilte er schon fiühzeitig hin zu dem Schauplatze seines Erlebnisses. Er ging hin und her, um das Haus wieder zu finden, auf dessen Balkon sie gestanden hatte. Die Nummer hatte er sich in der Hast nicht merken könne», sie war viel- Adler in einem Laubkianze etwas schief über dem Thorwege saß und unter den Guirlanden des Balkons vier fähnchen geschmückte Schießscheiben aiigcbracht gar nicht dort. Die Inhaberin der Wohnung, die ihre Fenster an dein Festtags vcriniethn hatte, der Liebenden »nd sein Vertraue» sollte nicht getäuscht werde». Tage vergingen und er saß wiederum am Banketlisch in einem hübschen Behälter, den er als Hülle daz» gestiftet halte. Die Freude der Verliererin war groß, ob nur um zuletzt hingerichtet werden sollte, gesähr lich krank. Die Behörde faßte deshalb folgenden Beschluß: „Da Jnqmsii N. leicht vor seinem Tode sleibe» könnte, so soll er zuerst abgethan werden." schwer abzuweisen. 4 ame: Fräulein, Sie werden sich doch nicht selbst bemühen? Wenn Sie erlauben, rufe ich den Schutzmann. . . „Sympathie". Was ist Sympathie? Ein Etwas, und zwar ein wohlwollendes Gefühl. Man empfindet Sympathie für M>»- fchen; die Dienstmagd bringt sie den Jüngern des MarS der Backfiich dem Darsteller der jugendliche» Liebhaber rollen der Schwiegersohn manchmal der Schwiegermutter entgegen. 'Xber man kann auch Sympathie für nndere Dinge haben für alten Cognac, jnnge Möpse, russischen Eaviar, englischen Bucklki» —für eine» Sonnenauf- und einen Venusdurchgang für daS hohe „E" eines Tenoristen und die Anpflan zungen von Gewürznelken in Onasrika. Und dann gibt es »och eine Art von Sympathie, eine, die nicht empfunden, sondern „gebraucht" wirch, und zwar nicht gebraucht im alltäglichen, sondern im Höheren Sinne. Weise Männer und Frauen, unter einer besonders günltigen Sternconstellatio» geboren, sind im Stande, mit Hilfe von „Sympathie" bei Mcnfchen und Thieren die bösen Geister zu bannen, die gar oft in Form von Schicksalsschlägen aller Art, von Krankheiten, Hagelwetter, allzugroßeni Familicnsege» :c. !. ihr Wesen treibe». Mein Junge war krank mir wenig stens schien es, als ob er krank sei» müsse. Bleich und hager war sei» Gesichtchcn geworden trüb« die sonst so s.rahleiidcn blauen Augen »lüde der Gang »nd der Appetit, der früher nicht zu stillende Appetit er war ver schwunden! Der Hausarzt, unser gu ter Do'ior, dcrsonst stets Nach iür Alles wußte, wollte absolut nichts Beängstigen des an dein Zustande finden. „Nasch gewachsen nervös! lassen Sie ihn iüchlig spaziere» gehen Lust Luft! das ist die beste Arzenei! —" Jedoch dieser Ausspruch genügte mir durchaus nicht. Namentlich wollte eS mir nicht einleuchten, daß ich daS müde, matte Kind auch noch mit Spazierlaufen in der frischen Winterluft anstrenge» sollte. „Nein, Herr Doktor, ich iverde Jdre» Nath diesmal nicht besolgcn. Eine Mutter weiß auch, was ihrem Liebling gut thut und mein armes Kind braucht vor Allcm N»he und Schonung."— Abcr trotz Nuhe und Schonung, trotz backe» »nd braten der besten Leckerbissen blieb der Zustand des armen Jungen der — Ehinawcin, Eisenwajscr, SalzbäScc Alles vergeblich! Da schlug ein Wort an mein Ohr: Sympathie Gebrauch! —Die Eicrfrciu hatte mir zuerst davon gesprochen. Sie rieth zu Multer Erlenbach das war die „Sybille" ihres Ortes z» fahren »nd die weife Fran gegen ocs Kindes gc hcimuißvotteS Leiden „gebrauchen"— zu lassen. Ich lachte über den Nath; abcr dann, als er mir noch drei viermal gegeben ward» von gebildeten Leuten, sogar von einer sehr «ufgeklär te», liebenswürdige» Bühnenkünstlerin gegeben ward, die mir versicherte, daß sie geradezu Wunderbares schon mit Sym pathie-Gebrauch erlebt habe, ja, daß Sympathie bei ihr HauSmiltcl geworden Die Ausführung des Vorsatzes war aber nicht so leicht. Zwar hatte mir die Eierfrau genau angegeben, wo und wann ich die „Sympathische" aufzusuchen hätte, doh es war beschwer lich, zu ihr zu gelangen. Der Ort in dein sie lebie, lag entfernt. Ich mußte habe. Da er nun aber doch schon einmal im HauS war, verlangte er auch, den ll h ch mal g ünd Wie ein Blitz schoß inir nun der Ge danke durch de» Kops, daß der Arzt bei der Untersuchung da« Amulet entdecken, ivandsäckchen in der Hand und »eritichiel sinke ich iit die Kijsen meines Lagers In höchster Verlegenheit, mit hellen Thränen i» de» Auge» uickie ich schwci- sehr spöilisches Lächeln um seine Mund winkel zucke abcr daS muß wohl Täu schung gewesen sein, denn jetzt sagte er ganz ernsthaft »nd gemessen: „Ah! —ich verstehe!—eine sympatheti sche Kur. —Nun, der Glaube macht see lig. Es gibt ja auch mehr Dinec zwi schen Himmel und Erde, als unsere Schulweisheit sich träumen läßt. Pro kuren Sie es immerhin einmal mit Sym pathie; ich habe nichts dagegen."— „Dank, herzlichen Dank!" rief ich erleichiert. Ich hatte nicht gedacht, daß er so liebevoll auf meine Ideen eingehen bevor wir Anderes mit dem Kinde vor nehmen," fuhr der Ar»t sich verabschie dend sort. An der Thüre drehte er sich noch einmal um und sagte in beleh'e» „O, sehr einfach. Sie lassen concen trirle Schwefelsäure in einer erhitzten Netorte aus glühende Platinschniv-l flie ßen, Sie tonnen auch dicke .'iaUinilch mit etwas Kobaltialz erhitzen " „lim GotrcSivillcn hören Sie auf! Ich bin ja nicht im Stande solche fürch terliche Erperi, »eilte ,u machen. Wissen übrig als dem Kinde auf dem natürlich sten Wege Sauerstoff zuzuführen- " und wieder war eS mir, als hätte ich das Lächeln »m des Doktors Mundwickel zucke» sehe»,—abcr gleich darauf fuhr ec ernsthaft fort : „In der Luft ist der beste enthalten. Sic müssen also so viel wie möglich die Luft dem Amulct zu gänglich machen. Ohne Sauerstoff be sitzt es nämlich bekanntermaßen gar - Daß ich es mit einem Schalk zu thu» hatte, merkte ich in meiner Erre gung nicht. Diese Geschichte mit dem selbst !—h > y , »nd dabei zwinkerie er mit schalkhaftem „Aber Sic sagten doch —? und der Sauerstoff " Der Doktor brach nun, angesichts meiner Verlegenheit in schallendes Gelächter aus. „Jawohl der Sauerstoff, den ich dem armen, kleine» Bursche» nur mit List zuführen konnte! —Der hatte dem Kind gefehlt, sonst nichts. Verzärtelt war das Kerlchen. jetzt ist er abgehärtet und Ihr ganzer Sympathie-Gebrauch Doktors Mundwinkel —dieses Mal gab eliic so oerstäiidige Frau gehalten —!" Sluö den «rtnnerungen eincS t!o»ntkers. es Ferdinand Lang, der unvergessene Ko miker deö Münchener Hosthcatcrs, in Gang, Sprache und Gcberdeu den König Abend in jeder Woche" so erzählt die „M. A. Z," pflegten sich zur Zeit des kunstliebenden Herrschers Mitglieder deS HostheaterS, Dichter, Maler und Bild ten Leutseligkei, begrüßte und seine Alle Platz, er selbst ließ sich am Ende spielend: ~J' woaß nör, was Oes habt's! Wann's steht's, so geht's wann's geht's, so geht's nöt!" —P afsendeFo rm. A: „Warum in Sonett-Form an?" B: »Nun, wissen Sie weil sie halt gar so nett ist!" Wenn der Hahn krüyt. Stuhl. „Ah, liier ist's doch kühl. Guten Tag, Mütterchen! Gebt mir ein Glas „Wen» Sie wollen, nur recht viel." „Eier. Wurst »nd Fleisch, Butter, Käse »nd Brat haben wir da." „Na, nur her!" nickte Jener. Und die Alt« trug eifrig herbei und füllte die Gläser immcr wieder. Und dem emsig umherlausenden Fliegen, welch« sich rasch bei ihm z>> Gast geladen halten. Und aIS er einen Augenblick allein in Mütterchen wieder kereinz.'lrippelt, und dahinter ward der Wirth sichtbar »nd ein alter Knecht, die eben Beide a»S dem Waide zurückgekehrt waren. Der Fremde fragte nach seiner Zeche. Dan» legte er de» Betrag erleichtert aus de» Tisch und sah mit vornehmer Gleichmütigkeit zu, auf. „Herr Wirth", sprach er mit Würde, „ick, diu ein reisender Schauspieldireklor, wohl einen kleinen Saal oben oder eine geräumige Stube. Darf ich heute Abend eine kleine Vorstellung bei Ihnen geben? Meine Schauspieler könne» jeden Augenblick eintreffen. Sie aber werden das Haus voll Gäste bekommen." Der Wirth sah de» Mann an, der im Gesicht einen Zug verwitterter Intelli genz und auf dem hageren Leibe einen in Farbe und Stoff schwer leidenöen Anzug trug. Aber er hatte ja bezahlt, was er verzehrt hatt«. „Mir ist's recht," lachte der Wirth, „also nur was recht Lustiges. Die Leute fehen's Alle gern und ich auch." Nun bat sich der Herr Direktor den alten Knecht zum Gehilfe» aus und be gann sofort die Zulüftungen. Bald prangten am Wirthshause, am Spritzen haus« und an «in«r ehrwürdigen Linde Die barfüßige Dorfjugend stndirte staunend den Inhalt und erzählte zu Hause in fieberhafter Erregung, welches Petrus Herr Leopard! Gianetti. Paulus Herr Pckuskampi. Ziömiiche Kricgskncchte, griechische Jnng srauen, Juden, Steuereinnehmer, Gelehrte, Kinder, Wahnsin nige. murrendes Volk. Ort: Die Stadt Abdera in Thracien. Beginn 7 Uhr. Tntree zwaniig Pfennige, Honoratioren nach Belieben. Das ganze Dörfchen wnrde rebellisch vor Erwartung. „Das Alles sollte heute Abend in der „grünen Taune" zu sehen sein? An jedem Zaune standen neugie rige Weiber beisammen. Die Kinder um ihrer Freude Ausdruck zu gebe» »nd sich die Zeit bis zum Abend zu ver kürzen. Und der alte Knecht des Wirthes trieb die Spannung auf's Höchste, indem er geheimnißvoU verrieth, der Herr Director habe ihm erzählt, sie würden einen Hauptspaß erleben. Der Knecht hatte ihm bei der Errichtung der Bühne mit zur Hand gehen müssen und konnte die Ge lehrtheit und Leutseligkeit des Herrn nicht genug rühmen. Wenn er so sprach, dann fühlte Mancher heimlich au die Westen tasche nach den zwanzig Pfennige», die er vorsichtig schon längst dorthin gesteckt hatte. Die Schanspielgefellschaft des Hcrrn Leopardi Gianettino war um halb sieben deswegen nicht. Er sagte dem Wirthe, daß sie morgen ganz bestimm! bei ihm sein würde und daß er die heutig, Vorstellung auch ohne sie ins Werk setze. Er möge ihm nur ruhiß alles überlassen. Dann zog er den Knecht ins Vertrauen und Um siebe» Uhr war dasselbe über u«t über voll. An der Thür befand sich dii Kasse. Dort saß der Herr Directoi selbst >n seltsamer Tracht, die er erfinde! hergestellt und schob die Nickel- Hitze »nd der Tabackgualm waren füich terlich. Dazu herrschte ein Lache» unt Schreien in der Menge, die von der in im Orte, da er außer zwei Kühen auct ein alles Pferd besaß, während ein, Kuh und etliche Ziegen den Viehbestaui Vorhangc heftig mit einer Kuhglocke ge schellt. „Bst, 's geht los", durchlief es di, Rechen. Im Nu entstand andächligci und eben solchen Perrückc» aus d"em Kopse. „ES ist nun Abend geworden. Im stellen sollte. hüllten, krähl^!" Geld." nahm den Bart ab, fuhr sich mit dem Werge über das schweißtriefende Gesicht und jagte kläglich: »Hollah, der Gottlieb, der Gott- lieb!" schrie alles und stürmte de, Der Gottlieb, der alte Knecht des Wirthes hob aber einen Zettel hoch: „Ich kann ja nicht lesen." Da gebot der Vorstand Nuhe und las laut vor: „Nun habt Ihr das Wunder gesehen, wie aus einem Paulus ein Goltlieb wird. Wen« man Tchtller salutirt. Es mag vielleicht sieben öder acht Jahr« her sein, als ich aus dem Schillcrplatze zu Wien das Denkmal des deutschen Dichterfürsten betrachtete. Eben wollte ich mich cntferne». als ich Zeug« einer aus dem Erercilplatz die Kopfwendung und leistete dem unsterblichen Dichter die Ehrenbezeugung dnrch Salutiren. In demselben Augenblicke jedoch hörte er sich militärisch mit „Halt. Eadet!" angeru fen und bemerkte zu seinem nicht gerin mäße einem General gegenüber außer Acht gelassen hatte. Mit erbleichendem Gesicht sah er den General auf sich zu kommen, schon hörte er im Geiste die Ar restthüre knarreu, blickte aber trotzdem in strammer miliiSiischer Haltung dein gegen. „Wen Haben'S da salutirt, Cadet?' »Den Dichter Schiller", lautete die offene Antwort des Eadetten. „Wa rum?" forschte der General weiter.