Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, May 29, 1890, Page 2, Image 2

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Z
Wegen Zweikampfe«
nit tödtlilbem Ausgange wurde an, 29.
llpril vom Schwurgericht zu Würzbnrg
»er »tuä. mcä. Königsfeld von Kodier
,u 24 Jahre» Festungshaft unter Abrech
nung der Alltägigen Untersuchunghaft
»crurtheilt. Königsberg war von einem
mir ihm auf bestem Fuße verkehrende»
Mitburschcnschafler, den, str,6. »iv»l.
greuer aus Posen, Erlanger „Frankone"
in einem einer »»bedeutenden Sache hal
ber angefangenen Streite in feiner Ei
genschaft als „Israelit" schwer ge
schmäht worden, halte dafür Satisfac
lion mit der Pistole gefordert und feinen
Gegner bei de», dritten Kugelwcchsel
niedergestreckt. Der Streit war auge
gangen um Mitternacht in eine», Tin
geltangelcatt (Schieferst-in), wcil Freuer
in einer Aeußerung Königsfelds: „eS
mache nichts, wenn er auch nachmittags
ordentlich beim Billardspiel verloren
habe" eine persönliche Kränkung und eine
Uebcrhtbung desselben ihm gegenüber,
der nicht mit gleichem Wechsel ausgestat
tet war, erblickte, darüber raisonnivle »nd
sich zu Aeußerungen wie „srechschuauzi
ger, verfluchter Jndcnbengcl" hinreißen
ließ.
Da Freuer «nd Königsseld sonst ganz
gut miteinander verkehrten, ist nicht an
zunehmen, daß Ersterer aus bewußt an
tisemitischer Absicht den K. kränken
wollte; in der nächtlichen Bierlaune ließ
er sich eben hinreißen, und dabei kam der
versteckt neidisch-abweisende Zug gegen
alles Israelitische,der nur zu viele Kreise
an s Tageslicht. Frcuer
lenteS studentisches Benehmen nachreden,
faßte die Sache ernst aus; erst stellte er
außerhalb des Lokals den Freaer zur
Rede, und als dieser weiter prcvozirend
sich äußerte, den Ausdruck „Judenjunge"
wiederholte und mit „Ohrfeigen" drohte,
ja daz» fchon auaezogen haben
tödtlich war und auch bei der Rückfahrt
aus dem Gutenbergcr Wald das Ableben
des nicht mehr zun, Bcwußrsein gelaug-
Baier legt Zeugniß dafür ab, wie schwer
derselbe von der Gewissenslast, einen
„Mord" begangen zu haben, sich bedrückt
sühlt, „nur um dem Egoismus der eige
nen Ehre genug zu thun"), eine War
nung für unsere studireude Jugend
sei», das Gift der Confesfions- und Ras
senvcrhctzung nicht aufkomme» zu lasten,
das unwillkürlich auch Solche in unbe
dachten Augenblicken übernimmt, denen
sonst der kühle Verstand dieselbe nieder
zuhalten ermöglicht.
Prtome».
Kein Nosenblatt ist so v:rblichen, e«
strotzte einst vcn Wohlgerüchen,
schon übern Durst getrunken,
kein Ding so schlecht in Näh'und Weite,
es hatte seine befs're Seite.
alte Leinwand hat! "
Die ältesten Bäume
Englands sind die „Eiche der drei Graf
schaften", deren Krone eine Fläche von
777 Ouadratsuß beschattet, welche theils
zu Nottinzhainjhire, Derbyshir«, theils
zu Aorkshire gehören; die zu Calthorpe
in Uorkshire stehende Eiche, welche am
Erdboden einen Umfang von 70 Fuß hat;
die Eiche in dem zum Besitztum des
Herzogs von Portland gehörenden Clib
sonpark, welche ISOO Jahre alt sein soll,
und der berühmte Eichenbaum von For-
in Schottland, dessen Alter auf
sooo Jahre geschätzt wird.
Das kleinere Uebel.
Vater: Ich sehe schon, gegen Dich muß
ich anders auftreten. Entweder lernst
Du mir Deine Hausaufgabe pünktlich
oder ich hau Dich, daß Du eine Zeit lang
daran denkst. Neunjähriger Eugen.-
Vater, hau mich lieber!
Der verkürzte AlauSro».
norcm «klänge, daß die Konlissen wackel
ten. I» dciiiselben Kunsrinstitutc sun
girte seit Beginn der letzten Saison als
bei! Was thu»?
Er hatte eine kleine, aber angenehme
Varitonstimme und «in intimere«
Verhältniß mit einer junge» »nd hüb
sche» Choristin. Rasch entschlossen warf
er Pandekten und Allgemeines Landrechl
in den Winkel und „ging zum Theater",
um sei»« Lausbahil auf de» weltbedeu
tenden Bretter» als Chorist zu begin
ne». Natürlich hoffte er, im Flug«
Carriere z» machen, in wenigen Jahren
ein Baritonist von europäischem Rufe
zu werde». Arge Täuschung! Sein«
Stimme war für Solopartien zu
schwach, er brachte es über den Choristen
So lange sein« Frau er hatte als
ehrlicher Mann seine geliebte Selma
längst zum Altar geführt noch al«
tüchtige Chorsopraniftin wirke» konnte,
ging es ja schlecht und recht, doch als sich
dutzeud Sprößlinge eingestellt halte,
als die Frau im Haufe genug zu thun
hatte und nicht mehr daran denke»
k-ii»tc, noch ferner im Chor mitzusin
gen, als somit die ganz« Famili« nur
auf die knappe Gag« des Vaters
Küch- und Kellermeister, und bitter«
Noth kehrte nur zu häufig iu den Haus
stand ein.
Ein« kleine Aufbesserung erfuhr sein«
materielle Lage, als es ihm «ach einer
Reihe von Jahren in Folge seiner allge
meinen Bildung und seiner tüchtigen
mnsikalischen Kenntnisse, mehr aber »och
in Folge seiner erprobten Gewissenhaf
inipicient zu erhalten. Bei uns bezog
Müller ein« sür die damaligen Verhält
nisse Monatsgage von
Sommermonate gezwungen gewesen zu
„privalifiren", d. h. Schulde» zu ma
chen. So saß «r denn beim Beginn des
An diesen Stammtisch-Abenden bil-
den Mittel^
von dem »»vergleichlichen Wiener Bas
sisten Staudigl; wie drastisch gab er die
hundert, zum gute» Theil miterlebten
Anekdoten des trefflichen, leider zu früh
im selbstverschuldeten Elend verkomme
nen Bassisten Karl Sesselniann wieder I
Es kam der Monat December heran;
Null, sank häufig bis aus 12 Grad R.
Wer sich in einen warmen Pelz oder einen
guten Winterüberzieher hüllen konnte,
der mochte es ja aushallen, aber unser
armer Müller! Wie klapperten ihm dir
Zähne, wenn er im kurze» Hundetrapp
entlegene» Wohnung zur Probe oder
Vorstellung bezw. zurück eilte. Sein
einziges Winterkleid war ein langer
bis auf die Füße des Trägers reichte. !
Der Oberstoss des Flausrockes war einst
langhaang gewesen, allein Sturm
hin!
An einem ganz besonders kalten Vor
liittag hatten wir Probe von Webers!
„Euryanthe" ; es waren noch ein paar
Minuten vor dem Beginn der Probe;
ich stand mit mehreren College» vor dem
Hauptportal des Theaters, da trabte, vor
Kälte der arme
Tuchfabrikant, sing ein paar Worte von
unserem Gespräch auf und als wir ihm
einiges Nähere mitgetheilt, sagte er kurz:
„Den Stoss sammt allen Zuthaten zuni
Winterüberzieher liefere ich, und es soll
ein Gewand werden, dzs jeder Cavalier
Beiträge zu, sodaß wir sicher waren, un
serm guten Müller ein frohes Weih
nachtsfist bereiten zu können.
Der Theatergarderobier hatte es über
nommen, die Anfertigung des Ueberzie
hers für Müller zu besorgen. DaS
Nacht!" aus der Garderobe. Ge
redete er dann das Gew,rnd an: „Mir
scheint, Du schrumpfst auf Deine alten
Tage gehörig zusammen! Na! Es geht
uns Menschen anch nicht anders. Bist
tüchtig naß geworden. Thut nichts;
dieses Jahr mußt Du noch aushalten;
habe kein Geld einen neuen zu kaufen;
kann Dich noch nicht in den wohlver
dienten Ruhestand »ersetze». Gute Nacht,
meine Herren!"
Garderobiers hing aber bereits der neue
prachtvolle Winterüberzieher. Wir hat
ten den Ne^isseur^ ersucht, nach der Por^
zisseur und das gesammle Solopersonal
in unserer Garderobe versammelt, als
Müller eintrat, um sich zum Gang nach
Hause umzukleiden. Ein wenig verdutzt
schaute er zuerst auf die ziemlich stattliche
Versammlung, dann griss er nach seinem
Flausrock, doch al« er nur den Tor'»
hervorzog, da stürzten Thränen aus sei
nen Augen, und schluchzend rief er aus:
„Na, beruhigen Sie sich nur, lieber
Müller!" sagte gutmüthig der Director
und winkle dem Oarderobier.
hcrooitrat. ' !
Müller drehte sich »m; als er den >
Winlerüberzichcr erblickte, er in
heran, legte nuinen Arm um seine
Schulter», und tröstete ihn: „Alter
Landsmann, eS war ja nur «in kleiner
Scherz, und alles ist ja gut gemacht.
Wir alle schöben Sie so hoch, daß wir es
ei» freudiges Lächel» über sein Gesicht.
„Mülle,cheu," rief jetzt der Kapell-
Beethoven sind."
Und Müller griss in die Brusttasche,
holte ein schönes Portefeuille hervor >.»d
steuerte mit dem Zuruf au uns: „DaS
ist das schönste Weihnachlsfest meines
Lebens!" feiner Wohnung zu.
Doch das Beste für deu braveu Kerl
kam noch. Für den ersten Feiertag
Vormittag hatte der reiche Tuchfabri
kant, welcher de» Stoff zu deui^Ueber
kaniitc» Etablissement.
„Ich habe," so redete der Fabrikant
Herrn Müller an, „Sie als hochbe
gabten, zuverlässigen und rechtschaffene:,
Mann kennen und schützen gelernt.
Eine» solche» Man» brauche ich sür
diese» Posten. Nehmen Sie an?"
„Ja, mit innigstem Dank!" erwiderte
Müller. Er hat das in ihn gesetzte
Vertraue» voll uud ganz gerechtscrtigt,
reu eingetretenes Ende gelebt. Fried
seiner Asche!
Sin Fisch, der Nester baut.
Männchen dieser Arbeit unt«rziehi. So
bald das Nest fertig ist, führt er ein
' Weibchen nach dem andern hinein; sie
in s
. daß die größten Feinde der Kleinen die
Weibchen selbst sind, welche keine» An
stand haben würden, ihr« eigene Brut zu
, übersetzt Stachelfisch.
KuSderSkyllain die Ch »-
rybdis.
—Nutz «n d« r G«f «llfchaft.
ES ist wohl bcssir, daß ich gehe. Oh
st«n.
eptrittstett-Sehelmuisse.
wünsche Das Schristchen trägt die
Aufschrift: „Wichtige Enthüllunzen für
eine neue Probe auf die Dummheit und
Leichtgläubigkeit der Massen »lacht, läßt
sich über Stades Schreibtaselkunststück«
in der von Fr. Mauthner herauSgegebe-
Mr. Äad«, so erzählt Hildegard Nil-
Arm und behielt von dem Unfall eine
solche Steifheit des Gliedes zurück, daß
er umsatleln und eine andere Specialität
suchen mußte. Er blieb Artist und bil
dete sich zum Fußkünstler aus. Bei sei
nen Produktionen hatte er von jetzt ab die
haben. Er macht ganz einfach alle sein«
Kunststücke mit den Füßen.
Hunderte von mißtrauisch«» Besu^ern,
seine Bewunderer sind so einsaitig, dies«
Geräuschlosigkeit seines Auftretens „gei
sterhast" zu finden.
unter dem Spann von seinen Ledernem-»
zusammengehalten und am Fuße befestigt
werden. Dieser selbst steckt in einer Art
von Halbsocken, welche unsere» Halb
hanvschuhen ähnlich sehen und den gan
zen Vordersnß freilassen. So kann
Slade, während er ganz
Schuhe zu tragen scheint, mit de» Zcy.'>>
unter dem Tische im buchstäblichen Sinn
des Wortes hantiren Viele haben ge
sehen und die Meisten h.,be» erzählen
hören, wie er die linke Hand auf dem
Tische liegen läßt, mit der rechten aber
die Schiefertafel oder zwei zusammen
geschnürte Schiefertafeln unter die Tisch
platte hält, wo daiin bald das Gekritzel
einer kleinen Grisfelspitze zu hören ist.
Es ist unmöglich, mit ci»er Hand zu
gleich die Schiefertafel festzuhalten und
daraus zu schreiben, eS ist gauz und gar
unmöglich, mit einer Hand die verschnür
ten Tafeln von einander zu lösen. Mit
seinen Füßen aber, welch« er genau so zu
benutzen weiß, wie ge> ö »lich eMensche»
ihre Hände, besorgt Mr. Slade das
Alles in der einfachste» Weise. Er nimmt
tue Schiesenas-l sofort mit dem linken
Fuß in Empfang, löst eventuell den
Knoten auf und schreibt, während die
linken Zehen die «wchreibtafel festhalten,
mit der rechten Hand ganz kalligraphisch
die Eingebungen seiner amerikanische»
SpiritiS hin. Gege» ein höheres Ho
norar zeichnet er anch etwas aus, wie er
es früher im Zirkus gethan hat. Als
einmal ein skeptischer Geist —es war ein
reicher mecklenburgischer Gutsbesitzer
plötzlich uiitrr den Tilch wollte, um
dem Geheimniß auf die Spur zu kom
me», da war Slade schneller als der
dicke Herr, der ihn überraschen wollte.
Mit einer geschickten Fuß- und Handbe
wegung zerschmetterte Mr. Slade die
Schiefertafel und dem verdutzten Meck
lenburger flogen die Splitter um die
Nase; sonst bekam er nichts zu sehen und
er bezahlte willig dem Engländer, der
von heftige» Herzkrimpfei, befallen zu
sein schien, ein bedeutendes Schmerzens
geld.
Den größten und wohlfeilsten Erfolg
erzielt Slade, wenn er die Schiefertafel,
wie eS in den spiritistischen Schriften
heißt, frei durch die Luft fliegen läßt.
Tie Geschichte ist lächerlich, einfach.
Wayrend feine linke Hand aus dem Tisch
liege» bleibt und die rechte am Tifch
rande sichtbar ist, wo sie scheinbar die
Schieferlas-l festhält, hat das Medium
die Tafel mit dem linken Fuße gefaßt,
und indem es sein lange« Bein ausstreckt,
zeigt es dieselbe mit gespenstischerSchnel
ligkeit am entgegengrsetzten End- de«
Tisches. Mein Gatte hat mir erzählt,
daß die Besucher von dieser Manifestation
des Geistes jedesmal ganz verblüfft wa
ren. Am Lustigsten ist eS aber, daß bei
der Schnelligkeit der Bewegung der vor
dere Fuß mitunter mitfammt der Tafel
über dem Rande des Tisches sichtbar
wurde, und dann die Zuschauer jedesmal
immer ein fruchtbarer Boden Vorhände»
ist. („Berliner Volkszeuung.")
Neglementsmätzlg.
schneit wie toll vom Himmel
mit dem Centrum zu verbinden.
„'setzt!" schallt es der erschreckten
Dame entgegen. „Ich muß mit, bitre,
Schirm. (Die Farbe ist augenblicklich
auch Abends bei Wind und Wetter.)
abgehetzter Stadtreifeuder ist, erhebt sich
Er selbst stellt sich, da kein anderer Platz
Blick zu —:
reisende beinahe ein Päckchen seiner Kry
stallmaaren fallen. Die Herren im
schütteln allefamm» die Köpfe.
matt» höflich und will das Gefährt ver
lasse». Plötzlich greift er in seine Rock
tasche : „Pardon, mein gnädiges Fräu
lein ich ließ wohl mein Notizbuch auf
Ihrem Platz liegen Sie gestatten
vielleicht güiigst —" ,
Majestätisch lanzsam erhebt sich Friiui
lein Amanda. Der Stadtreisende tritt
näher und sitzt im nächsten Augen
blick wieder aus feinem alten Platz.
„Und »un, Fräulein," ruft er, „for
dere ich Sie dringend aus, den Wagen zu
v rlassen! Schaffner, die Dame hier ist
überzählig der Mittelgang muß frei
bleiben, reglementsmäßig sonst Be
schwerde bei der Direction."
Und eS half alles nichts. Mit puter>
vor Wuth, war's aus Furcht vor dem
frostige» Wetter draußen) stürzte Fräu
lein Amanda in die Nacht hinaus —>
reglemenlsmäßig.
Von einer bemerken«-
»erthen Art socialpolitischer Selbsthilfe
irzählt ein Wiener Blatt Folgendes:
Ein Metallwaarensabrikant in der Nähe
von Wien erhielt kürzlich einen Droh
brief, in »clchem ihm mitgetheilt wurde,
daß seine Fabrik demnächst in Flammen
aufgehen werde. Der Fabrikant berief
in Folge dessen alle seine Arbeiter zu einer
Versammlung, las ihnen den Brief vor
und bemerkte dazu: „Wer mag, soll nun
die Fabrik anzünden! Aber das sage ich
Euch, ausbaue» we,de ich sie aus keinen
Fall mehr! Ich habe ge»»g zum Leben."
Der Mann ist seitdem von Drohungen
verschont geblieben.
Ein Frauenkenner. Wenn
eine Frau liebt, so sagt sie es ihrer besten
Freundin; wenn eine Frau geliebt wird,
so sagt sie es Jedermann. Du brauchst
es bloß zu wagen, den Frauen einen Kuß
zu stehlen, die übrigen geben sie Di»
dann schon oon selber.
Wenn sie von der Sonne be
schienen ist, glänzt auch die Pfütze.
Bescheidener Anfang. A.:
.Haben Sie schon etwas für Ihr Tyro
ler Kostüm zum Alpenfest?" B.i
.Allerdings die nackten Kniee!»
Ufr und J»urnaltst.
Eine Parallele.
Uhr «nd Journalist stehe» beide im
Dienste der Zeit und ihre Thätigkeit be
ruht auf der Feder. Große Uhren wir
inehrere Uhren mit einander, bei Jour
nalisten ist dies öfter der Fall. Die Uhr
besitzt oft mehrere Cylinder, der Jour
h«t ein System von Rädern, der Jou>-
ualist oft ein Rädchen zu viel, zuweilen
ist er auch rathlos. Di« Uhr hat sehr
oft einen goldenen Mantel, der Joulna
wöhnlich nichts. Die Uhren werden
häusig im Versatzamt, die Journalisten
in Entrüstung oder Anklagezustand ver
setzt. Jeder zieht seine llhr auf, die
Journalisten ziehen sich gegenseitig auf,
uns gestohlen werden könnten. Die Uhr
hat bloß den weiblichen, der Journalist
zuweilen auch noch den Leit Artikel. Die
Uhr legt man an die Kette, wenn sie auch
noch so richtig geht, den Journalisten
nur dann, wenn er tobsüchtig wird. Die
Uhr läuft ab, der Journalist geht höch
sten« durch.
Nu» »emLede» eines Zaren
weiß der russische Schriftsteller Wladi»
.Historischen Boten" veröffentlichten
„Denkwürdigkeiten" zu erzählen. Es
war im Jahre ISS 7, kurz »ach dem gro
ßen Kriinkriege. In Trümmer» lag da«
dreißig Jahre hindurch mir eiserner Faust
ausrecht erhaltene „System Nikolaus»
rung seines jugendlichen Czaren neue
Bahnen zu betreten. Zunächst stürzten
die vom Kaiser Nikolaus an der Grenz«
errichteten Schranken. Die eisernen
und Frauen eilten dnrch
dieselben nach Paris und London in'»
Freie hinaus. Besonders übte London,
wo Alexander Herzen, als „Isländer"
seit Jahren seine „Glocke" läutete, auf
die russische Jugend eine mächtige Anzie
loff »ach London, um den große» Glöck
ner z» schatte». Die Wallfahrt entging
sedoch der dritte» Abtheilung nicht und
tin Beamter dieses Instituts, der mir
Sotoff befreundet war, hielt es für um
aach St. Petersburg zu warne», als
Sotoff bereits im Jahre 184:« schon ein
mal in eine» poittifchen Proceß verwickelt
ze»ise» und bei dieser Gelegenheit sogar
mit Peter Paulsfestung
Bekanntschaft gemacht hatte. Sotoff
wies aber den Rath, Petersburg für
einige Zeit zu verlassen, entschieden zurück
L»d wollte im Bewußtsein seiner Unschuld
einer zweiten Verhastuug niulhif
Me Ereigniß cingelrosfen wäre. Endlich
suchte und fand Sotoff Gelegenheit, sei
nen Freund aus der dritten Abtheilung
heimlich zu sprechen, und da erfuhr er,
daß die Angelegenheit des „verlriebenen
herze»" auf ausdrückliche» Befehl de«
Kaisers niedergeschlagen worden sei.
Ganz ohne Folgen sür alle Beiheiligte»
verlief die L>ache jedoch keineswegs. Für
luug und ihren Bundesgenossen siel da
bei eine Reihe oon Nase» r.v, von de
nen die allergrößte dem ruisilchen Bot
schafter in London, dem Baron Branoffe
ertheilt wurde. Dieser hielt cs nämlich
sür feine vornehmste Aufgabe, in London
Herzen »achzilspioniren, und sandte in
seinem Dienjlcifer u. A. »ach Peters
burg ein Verzeichniß derjenigen Russen
«in, welche in letzter Zeit den, gefürchte
ten Revolutionär einen Besuch abgestat
tet hatten.
Der dritten Abtheilung be
lingsiag und im Kamin brannte ei» lu
stiges Feuer; plötzlich ergriff der Zar'
das „wichtige" Document und warf e«
Entsetzen des EbesS der 111. Abtheilung
zum in die prasselnden Flammen.. »Sie,
mein Lieber," sprach der Kaiser zu de»,
gefürchtet«, hohe» Würdenträger, „sowie
mein Botschafter i» London habe» sich
mit ganz anderen Dingen zu befassen ol«
mit solch«» Denunciationen." Das Er
«igniß erregte natürlich in den hohen
Regionen der Petersburger Gesellschaft
das größte Aufsehen und zeigt« nach und
»ach die Legende, der Zar gehöre zn den
stillen Verehrern Alerander Hirzens »i>s
,u d«n heimlichen, aber eifrigste» Leser»
feiner „Glocke".
i» .Madame Bonivard". Am Schluß
deS I. Aktes erhält bekanntlich Diane
von Duoal eine Ghrftig«. ..Herr
Fraulein hörbar zu applieiren. So
das war schon besser. Nu», noch mal!"
Die Gastin: Aber, das halte ich nicht
auS! Der Regisseur: Thut nicht«
die Ohrfeigen-Scene muß noch mal
prokirt werden, damit c« am Abend or
dentlich klappt!
Auch ein Wunsch. Rentier«»
srau (zu ihrem Manne): Geh' Alter,,
pump' dem Varon die hundert Mark,,
einen adligen Schuldner habe ich mir
schon lang' gewünscht I