Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, April 10, 1890, Page 3, Image 3

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    Joppelle ben.
(4. Fortsetzung.)
In zwei Stunden dann war es
beller Tag man suchte nach ihr, sand
sie hier, hielt sie gewaltsam zurück. Sie
sah es vor sich, als geschehe es bereits,
ihr Mund sragte ohne Besinne»: „Wo
hin geht dieser Zug ?"
„Nach Köln."
„So geben Sie mir ein Billet nach
Köln."
Es war seltsam, daß es einem jungen
Weibe in der Nacht gleichgiltig fiel, nach
der entgegengesetzten Richtung der eben
zuvor von ihr beabsichtigten zn reisen.
Doch es kam manches Wunderliche an
«S nichts an und außerdem dachte er an
nichts, als sich wieder in seinen Ohrlehn
stuhl an der Wand zurückstrecken zu kön
nen. Gähnend stempelte er das ver
langte Billet ab, zog den hingelegten
Schein ein 'nnd gib einige kleine.Mün-
Hung und rief: „Sie Frau Fräu
lein Sie vergessen Ihr Geld!"
Aber Silvana hörte nicht darauf, de>
Zug war gekommen, sie lief achtlos wei
ter, aus den ersten Wagen zu. Ein
Schaffner fragte: „Zweiter Klaffe?'
Ihre Hand hielt das Billet hin.
„Dritter hier einsteigen!"
Der Billeteur hatte sie, ohne zu fra
gen, daraus geschätzt, sie ver-
Conpee dritter Klasse befand sich Nie-
Sechstes Capitel.
in ihre Augen war kein Schlaf gekom
men. Das „Nadelgeld" ihres BaterS
enthob sie lang hinaus materieller Be-
Ter Kutscher eines Miethfuhrwerks
rief sie an: „Hinüberfahren Fräulein?"
ihrem Wissen, und sie befand sich nur
eine Minute später an Bord des Dampf
booteS, das bald daraus die Taue löste
senbahiizug hier angelegt, ging nun lang
sam stromauf.
Siloana empfand, daß halb unbewußt
noch etwas Anderes zu ihrem schnellen
Thun mitgewirkt habe. Wohin hätte sie
drüben in der großen Stadt denn ge
sollt? Hier gewann sie in der Stille noch
weitere Stunden zum Denken. Es war
Samstag und das Schiff wesentlich ein
WochenmarktSsahrzeug, der zweite Play
dicht von Frauen istit geleerte» Verkanfs
körben eingenommen. Auf dem ersten
Platz dagegen besand sich Niemand außer
ihr; sie stieg ein paar Treppenstufen am
Rückende des Schiffes hinunter und
sehte sich in die dortige k.eine Ausrun
dung. Hier war sie so einsam, um ih
ren Gedanken nachzuhängen, als sei sie
allein aus der Welt.
Alles sprach sie „Fräulein" an, wie es
ja eigentlich auch richtig war. Aber wie
sollte sie sich selbst benennen? Sie
mußte doch einen Namen haben und vor
Allem den ihr ausbetrogenen von sich wer
fen. Gestern um diese Zeit hatte sie
,bn noch nicht getragen, ihn noch nie mit
eigenem Mund« ausgesprochen. Wenn
maniie befragt hätte, würde sie wahr-
scheinlich noch unwillkürlich geantwortet
haben, sie heiße Silvana Nodwald.
Doch ein Znsall konnte sein Spiel
treiben, den Namen durste sie auch nicht
führen.
Nein, das Eine unbedingt nicht, nicht
nach Haus zurück! Weder zu ihrem
Vater, noch zu ihrer Schwester stand sie
in einem Verhältniß, um ein Fortleben
mit ihnen zu ertragen, als nichts
dein.
daß eine Stunde ihr das Herz, das
Innerste, Schönste, Höchste darin ge
tödtet halte, daß ihr Leben zerbrochen vor
über. Besinnungslos hob sie ihre Knie
zur Bank aus, bog mit hastiger Bewe
gung ihren Oberkörper über bie Brüstung
sie unbemerkt leise hinunter. Da legte
sich ihr eine Hand halteud auf die Schul
ter, und eine Stimme sagte hinter ihr:
Das ist gefährlich, Sie dürfen sich nicht
so weit überblicken."
Es hatte sich doch noch ei» Passagier
mehr, allerdings nicht wahrnehmbar,
auf dem ersten Platz des Dampfschiffs
lonkajüte heraufgekommen »nd im letzten
Augenblick raschen Fußes die Stufen zu
dem kleinen Hinterplatz hinuntergetrete».
Ihr Mund fügte der ersten Warnung
nach: „Sie scheinen noch unersahrcn,
wie leicht ein Unglück geschieht."
Siloanas Kopf fuhr jetzt herum nnd
sah die Sprecherin wortlos verdutzt an.
dunklen Kleidung eine lunge Wittwe i»
ihr vermuthen. Der Ton ihrer Stimme
besaß einen srcnndlichcn, doch gelassen
gleichmüthigen Klang. Ihr Blick richtet«
sich jetzt kurz prnsend in die blaß-ver
störte Miene des stummbleibenden Mäd
chens, dann sragte sie: „Warum weinen
Äe denn.Kind? In Ihrem Alter braucht
man das doch nicht."
Der Abstand der Jahre zwischen Bei
den
der Capit-in kam mit dem Billeikaste»
stotternd: „Wohin? Nach —»ach
ich will i» die fügte sie unsicher
au» dem Winkel de« Au»e» die Be«e>
Zungen der ihr gegenüber Sitzenden in
ihren Blick gefaßt halte. Die letztere
"ch ' 'S
W-ifser stürzen?"
ilnng ausschloß. Aus de» kurze» Worte»
redete, die stillbeobachtende» Auge» der
Fremden hatten i» die Seele des Mäd
gl«ich fortfuhr:
„Ich Habs kein Recht, darnach zu fra
ge» und Vertraue» vo» Ihnen zu ver
schliniine Frucht tragen kann. Aber als
die Aellere habe ich das Recht einer
Pflicht, einem Mädchen Ihres Alters,
standen, zn sagen: Du bist allein hier in
der Fremde, Kind, nnv weißt nicht, wo
hin D» willst. Wenn Du eine Heiinath
hast, so ist sie Dir verschlossen, Du
rannst oder willst nicht zu ihr zurück.
Dich zn frage», ob ich Dir helfen kann.
Menschen sollen sich Beistand leiste» und
wir Fran?» vor Allein, denn die Nai»r
berührt. Die schöne Unbekannte snhr
fort:
sprach:
„Oder vielmehr, die Verhältnisse ge
fluteten es nicht. Ich lebe nicht in Um
stände», die mir erlauben, eine Gesell
fühlie sie, wenn sie so ihre» Lebensunter
halt selbst bestreite» konnte, fiel das Pein
liche einem derartigen Verhältniß
oerwirrt aus, denn Osilie von Thalhof
!»gte: »Ich habe noch nicht nach Ihrem
Namen gefragt?"
! „Silvana —"
Die Antwortende stockte.
Welchen Zunamen sollte sie denn bei
füg»»? Den, welchen sie gestern Abend
erhalten, hatte sie von sich gethan, er war
nicht der ihrige. Aber ihr früherer ge
hörte ihr anch nicht mehr, und es konnte
fahren?"
vor den Nngei,.^
Die schnelle Fahrt am Rheinuser auf
wärts dauerte kaum eine Pierlelstunde,
große», doch vornehm aussehende«,
schloßartig mit Erker» nnd kleinen Thür
men ausgestatteten Gebäude. Eine
Zofe eilt« heraus, ihre heimkehrende Her
rin zu empsangen; diese faßte die Hand
Silvanas, zog sie mit sich in s Hans und
durch mehrere reich nnd künstlerisch schön
eingerichtete Wohngemächer in ein ge
räumiges, sonnenfreudiges Eckzimmer.
Hier sprach sie: „Wenn dies Ihnen zu
sagt, so denke ich, machen Sie den Ver
such, ob Sie sich wohl darin fühlen kön
nen."
Die Sinne Silvana» hatten nur einen
oberflächlichen Eindruck von Allem um
st« her aufgenommen, doch konnte dieser
nicht umhin, halb unbewußt Verwunde
rung in ihr zu rege», daß die Besitzerin
eines derartigen Hanse« nicht in der Lage
sei, sich eine Gesellschafterin ohne Rück
sicht auf die äußeren Verhältnisse dersel
ben zn wählen. Aber dieser Gedanke des
Kopses vermochte der Fülle des Herzens
gegenüber kau», einen Augenblick zu be
anspruchen; stotternd antwortete sie:
„Soll ich wirklick) hier —?" nnd wie sie
es schon einmal aus dem Schiff gethan,
ergriff sie beide Hände ihrer Beschützerin
nnd fügte abbrechend hinzu: „Dqnn
„Welche, Silvana?"
„Daß Sie mich so nennen, wie Sie e»
zuerst thaten."
„Wenn es Dir lieber ist, warnm
nicht, Silvana NheinselS." Osilie Thal
sagen, ich sei eine »»bedachte Thörin,
aber der Mensch thut das Richtige, das
Beste nicht immer aus besonnener Ueber-
ben au» den Schriftvorlagen auf seinem
Comtoirpult keine Bilanz zu ziehen. Er
hatte einen Kalkül gemacht, der auf
Schwiegersohn auf den Namen sein«,
Tochter gemachte GeschästSeinlage her
altes Kindermärchen auf, in welchem sich
vermeintliche Goldstücke bei nähere,
Besichtigung in gelbe Blätter verwan
delten. Das mußte der Fall sein, oder,
in'S Reale übertragen, die Tansend-Tha
ler-Banknoten niupten sich als gefälscht,
herausstellen. Gewaltsam beherrschte e,
jetzt die Zittererregung seiner Finger, uir
mit einer Loupe die Ke-nzeichen der Fäl
schung ausfindig zu mache,,. Doch de,
Schlnßzeile. „Erhofftes nnd geglauö
hat als Erbtheil ihrer Mutter, von
in, Gange der und des Lebens
vor, man mußte sie richtig beurtheile»,
ihnen keine ihr Maß überschreitend«
Bedeutung beilegen. Wenn der Haupt-
sähen erlogen habe. Dann erst besann
Martha sich auf ihren Vorsatz und fuhr
schleunig sort: „Ich habe t>as selbst-
(Fortsetzung folgt.)
Weltweisheit.
Kommt man durch die ganze Welt.
Der Wein erfreut des Menschen Herz,
DaS ist ein alter Spruch,
Doch daS Bezahlen bringt nur Schmerz
Da wird der Wein zum Fluch.
Betrunkenheit ist zuweilen
«in Zeichen der Solidität.
Di« Eif«rsucht verhält sich
z»r Liebe, wi« dal Deficit zum Budget.
3
Eingegangen.
Der Privatier Lauserle war wohl eine«
der boshaftestenMenschen desSlädtchenS;
sein Haupivergnügcii war das Ei,,rücke»
Da schlich er eines TageS wieder mit
einem solchen Schriftstück znm Brief
kasten er hatte diesmal eine ältliche
Jungfraii, die zärtlichen Gefühlen für
sehr geneigt galt, anonym zn einen»
königlich auf den Erfolg seines Send
schreibens! Am Abend des Stelldicheins,
der mit ungewöhnlicher Kälte angebro
chen war, hüllte sich Lauserle tses in sei
nen Pelz, zog die dicken Gallofchen über
die Füße und gewann aus Unwegen feine»
Lauschcrposten. Der war nun meisterhaft
gewählt.
tief«,, Muschel des Neptunbrunnens,
dessen Figuren nun in Bretter gehüllt
waren es war wie im Theater, nnii
konnte es los gehen! Es schlug die
Rendczvousstunde, es schlug viertel,
halb, dreiviertel, ganz. Lauserle war
den vergeblich gewartet und wie ihn fror!
Nun, feine Bosheit würde schon die ge
eignete Revanche finden sür jetzt aber
stampft» er empört mit den Füße», in
dem er dazu rief: „Ist diese alte, ver
liebte Weibsperson durch die Lappen ge
gangen! Wer hätte das gedacht! Na
warte nur, dich kriege ich doch noch dran
und wenn mein ganzer Briefpapiervor
ralh drans geht!" Wehe, kaum waren
dies« W seinem Mund^. cnl^ohcn,
w.'ithin in den Schnee zu streuen begän
ne» und ach! sie ruhten nicht eher, als
bis der Hügel so ziemlich abgeholzt war,
Lanscrlcs Gesicht so anhaltend nnd nach
drücklich zu bearbeiten, daß ihn selbst
sei» bester Freund im nächsten Viertel
jahr nicht mehr zu erkennen im Stande
war. Lanserlc war an die Unrechte ge
kommen !
Laus!
Theui eGa stjr enn ds cha ft.
Dein junge» Prinzen von Orleans ist
derartige Maßregel würde nicht nur zur
Hebung des Pariser Gastwirlhsstandes
beitragen, sondern auch die Ruhe und
Dieser Tage starb in St.
Petersburg, wie von dort berichtet wird,
zückte das Publikum so sehr, daß ihm der
bekannte Millionär Jalowlew 200,Wt»
Rubel schenkte, damit er sich einen eigene»
reisen durch die Theater in der da« a S
beliebten Posse „Der Asse und der Bräu
tigam" als vielbewunderter, unglaublich
«lenkiger Vierhänder.
Dies er Tage erhielt ein
Kaufmann in Aachen ein namenlose«
Die Antwort auf das Anerbieten sollte
»uf telegraphischem Wege unter Chiffre
postlagernd nach Köln gesandt werden.
Der Kaufmann legte den Brief der Po
lizei vor. Diese entsandte sofert eine»
Beamten nach Köln, dem es gelang, dorr
als Absender de« Schreibens drei Gau
ner zu ermitteln und zu verhaften, auf
die wegen ähnlicher Betrügereien von der
Behörde bereit? i'eit einiger Zeit gefahn»
bet wurde.