Psrilgisl. (7. Fortsetzung.) Je tiefer die Abendschatten hcr-infan ken, ein desto weheres Brennen fühlt« Angelika im Herze»: Wie ost schon war sie an jenem von außen ganz schmucken Gebäude aus rothen Ziegelvcrblendsteinen vorübcrgeschritte», welches doch in seinem Weltstadt zn letzter kurzer Rast barg. Im Leichenschailhause weilte eben auch die Leiche Werner's sie wußte es ja, daß kein Anderer als ihr früherer Gatte jener fiill- Schläser war— in der Abendaus gabe hatte sie es gelesen. Nnr einige karge Notizen hatte ihr brennender, nach näherer Information dürstender Blick vorgefunden. Der Reporter meldete, daß der Verhaftete hartnäckig leugne und an feine Schuld doch wohl nicht ohne jed weden Zweifel zu glauben fei, da einige der schwer wiegendsten Verdachtsmomente inzwischen eine natürliche uud völlig un verfängliche Erklärung gesunde» hätte». Angelika athmete aus. Sie wußte selbst nicht, warum ihr wieder etwas leichter um das Herz werden wollte ... wenn Senckeu schwieg, dann war sie ge rettet, denn jetzt, wo Werner todt und sein unbändiger Rachedrang für immer zum Schweigen vernrtheilt worden war, hatte sie von diesem nichts mehr zu be fürchten. Abcr im nächsten Augeublicke schon schämte sie sich dieser egoistischen »nd herzlosen Anwandlung!.. Wahr lich, das hatte Werners treulicbeudes Herz nicht um sie verdient, daß sie in seinem Tod« nichts Anderes sah, als einen erlö senden Ausweg aus einer sie persönlich bedrückenden Verlegenheit!.... Wenn die Schilderung seines Bruders der Wahrheit entsprach uud er »ainenlos empört über ihren angeblichen Treubruch gewesen war war er ausschließlich nicht in seinem vollen Rechte gewesen ? verstorbene Mutter sie allesamnit unter schlagen hatte! Er konnte nicht wis sen, daß sie in gutem Glauben an seinen Tod, i»ir de» Birten der Mutter gehor chend, jetzigen die Hand gewandelt und fast ohne zu wissen, war i sie allmählich zu einer der glücklichsten und auf weiten j und heißeste Liebe gehört, unversöhnt nnd mit bitterem Groll im Herze» gegen sie gegangen war, nm klagend vor Gottes l lichten Wclithro» zu trete»!.... Seltsame Unbeständigkeit des Weibes! ... -Jetzt zog es sie mit einem Male mit ties-innerlicher Sehnsucht, der sie kaum zu gebieten vermochte, zu demselben stil- ! len Schläfer hin, vor dessen Begegnung sie, als er noch unter den Lebenden weilte, Angelika war allein zu Hanse an die sem Abend. Ihr Gatte war in seinen Club gegangen. Er hasste in diesem, Eckender Prinzenstraße und bestieg dort kurz entschlossen einen Omnibus der Li,»ie Görlitzer Bahnhof —Neues Thor. An der Eomniunicatio» des Neuen Tho res ist die Morgue gelegen, zu welcher sie ihre Schritte zu lenken entschlossen u>ar. Abcr als sie nachher über den men schenleeren Luisenplatz schritt und die Comliiunication betrat, welche nnr gar spärlich von wenigen trüb brennenden Laternen erhellt wurde, da sank ihr Muth wieder und als nun gar jenes unheim liche, kastenähulichc Gefährt herangei ollt kam und die unschlüssig Vorwärtsschrei tende überholte, in welchem die Todten zur Morgue gebracht werden, da ging rin banger Schaker durch ihre Glieder. Aber dennoch ging sie bis an den Ein gang des Hoses, in dessen Mitte daS Lei chenschauhans sich erhebt. Sie hörte den schweren Wagen über das holperige Pfla ster dröhnen und blieb stehen. Zusällig sah sie de» Wächter, welcher eben das Einsahrtsthor Himer dein Wa gen schließen wollte. Kopfschüttelnd be- der Einsame» eine Mutter, Schwefle, oder Gattin, die gekommen war, um das ihr gehörige Opser der Großstadt zu re> cognosciren. Ein leises Stöhne» ging über Angeli. las Lippe». »Ich bin gekommen. . . um um einen Herrn Brown zu seh.-n, welcher ..." „Ah so, ganz recht der Amerikaner ist heute Stacht ciiigeliesert worden " nicinte der Wächte». „Es ist abcr schon zu spät müssen morgen früh wieder kommen aber beeilen Sie sich, denn um elf Uhr wird er begraben." Wieder glitt ein weher Senfzer über ihre Lippen. Sie drehte sich wortlos um und wollte gehen. „Warten Sie 'mal," rief der Wärter ihr nach. „Haben Sie denn ein beson deres Interesse an dem Amerikaner ? " Angelika war stehe» geblieben uud nickte mit dem Kopse. „Ich kannte ihn einst" murinelte sie dann leise. „Und kommen vermuthlich weit her., hin, es ist zwar nicht in der Ordnung... aber kommen Sie nur, morgen früh kom men die Herren Gerichtsärzte noch ein mal, da kommen Sie vielleicht gar nicht mehr 'ran zndem liegt er im Leichen keller, weil er ja bekannt i5t...." Wieder erfüllte angstvolles Zagen die Seele Angelika's, als sie nnn dem freund lichen Wächter folgte. Sie umfchritten das Gebäude und traten durch einen Ouereingang in dieses ein. Links strahlte Lichtschimmer aus einer Glassensterthür. „Da gibt es wil der Arbeit", sagte der Wächter, mit dem Kopfe nach der Thür nickend, „eine Wasserleiche .... brachten sie gerade eben " Er ergriss eine Laterne und nickte Ange lika ermuthigend z». „Kommen Sie jetzt, Frauchen, u»d zittern Sie nur nicht 50.... es liegen eben nicht viel drunten .. sonst kann ich Sie nicht gut hin untcrsühren...." Dabei össuete er eine eiscnbeschlagene Thür und leuchtete mit der Laterne auf die sauberen, bequemen Stusen, welche »ach unten sührten. „Es ist überhaupt ein Unsinn, sich vor den Todten zn sürchtcn", brummte er dann. ~Von denen, die's einmal überstanden haben, will keiner mehr zurück ... die fchlafen sanst und gut.... wollt' Gott, daß ein jeder Lebendige so ohne Her zensangst schlafen könnte!" Sie hatten inzwischen, sorglich eine Stuse um die andere herabsteigend, einen srenndlichcn nnd hohen Naum erreicht, an dessen beiden Längsseiten sich hohe Glaswände erhoben. Angelika zuckte zusammen »nd hielt sich dicht bei dem freundlichcn Wärter. Das Lalernenlicht wars solch' eigenthümliche Schatten uud der Erschauernde» war eS, als ob sie da und dort hinter den trennende» Glas scheibe», eine starre, unbc>vegliche Ge stalt erspäht habe.... einen von jenen Lebensmüden, die mit stolzer Hoffiiung einst Einzug gehalten hatten in das lachende, gleißende und so gar versühre- riiche Großstadtlebcn und die gerungen hallen um »ach langein, vergeblichem Kampfe dein Elend, dem hohläugig ! grinsenden Gespenst der Noth zu erliegen und ihr Leben und all' den herzlosen Glanz rings um sich verfluchend, den letzten Schritt zu unternehmen, das schauerliche letzte Recht zu suchen, welches einem Verzweifelten noch offensteht! An nun» der Glaskästen blieb der ! Wächter stehen. „Hier liegt er," sagte er in gedämpftem Tone. „Er sieht ! gut aus Zittern Sie doch nicht, Frauche»...." Dabei zog er, nachdem er das Glas fenster geöffnet, die auf Eisenrollen ruhende Bahre hervor, ans welch r der ! Verblichene lag, dessen ganzer Körper durch ein graues, sackähnliches Tuch ver ! hüllt wurde; nur der Kops war srei ge blieben und, das Gesicht ein wenig nach der Seite geneigt, lag der stille Schläfer friedlich da. Ja, bei dein flackernden ! Schein der Laterne war es fast, als ob ein friedliches Lächeln um seine sest aus einander gepreßten Lippen schwebe. Ein lc>!er unterdriickter Schrei entrang sich den Lippen Angelikas und diese blieb mit über der Brust zusammengesallelcn Händen regungslos stehen und starrte gel zu schasse» machte. „Ja. er war's! auf den ersten Blick hatte Angelika ih» erkannt! Die Sonne halte sein Gesicht ver brannt, der Ernst des Lebens mit har tem, »»barmherzige» VchicksalSgrisfel in feinem Gesicht geschrieben »nd die ehe mals glatte» und rosigen Züge welk »nd verrunzelt gemacht. Aber er war's!.... thüiulich fest geschlosse» war, als ob die Lippen sich scheuie», auszusprechen, was der Todte wüßte, halte sie i» seliger Lie bcsveigejjenhelt ost geküßt und von der Surn ringelte» sich noch dieselben ten. Wie o>t hal'e sie ihm, wenn sie in schelmische», Kojen bei einander gesessen waren, die rebellischen Löckchen mit dem Finger ausgewickelt.... Dann hatte er iyre Hai d zu sangen gesncht uuv heiße Rüste aus dieselbe gedruckt... .und dann der ein sehneno und hofsend heim gekehrter Mann zum ewigen Schlummer laiig ansgestreckt lag Ein leises Schluchzen ging über Frau Angelika o Lippe». „Werner.. . .ver gib" murmelte sie so leise, daß nicht einmal der Wächter ihre Worte verstehen konnte aber zu den Todte» braucht man auch nicht laut zu reden, den» diese hören gar schars.. > .und sehe» auch bis mitten hinein in's Herz!.... „Werner ich hab' nicht anders kön nen!" schluchzte die Unglückliche wieder. „Ich habe Dich nie vergessen und wie ich Dich geliebt so heiß und wahr Hab ich auch nimmer wieder lieben könne»... verrathen habe ich Dich auch nicht, Wer ner.... das weißt Du jetzt so bitte ich Dich flehe den Herrgott an, daß er mich aus m-in-m Janrmcr erlöst Du bist ain Ziel, Werner, und kein irdi sches Empfinden lebt mehr in Deiner Gatten willrn, dcr's nicht verdient hat, daß er solch hartes Herzeleid erleben ioll, daß der Herrgott mir meineJugendsündi Und' An elik ch ite deiis geliebt Der Wächter »ahm keine Bclohnnng sür sich au. Das sei Mcnschciipflicht, sagte er, und zudem srcuc es ih», rveiin K. ler waren jcyon i» vollster Thätigkeit be flisse», als gege» halb zehn Uhr der Baron vo» Sencken mit hochmüthigein Gesichtsailsdruck in den Bureauräum lichkeiten erschien. E> verlangte, ohne sich im Geringsten um die i^e r cke der Ange lich sehr erstaunt waren, ihn aus freiem Fuße zu sehen, den Hauxlkassirer zu sprechen. Er erhielt zur Antwort, daß Herr Vahl noch nicht anwesend sei und, wie auch aus ciuem an der Eingangslhür an gebrachten Anschlag zum llcbcrfluß deut lich zu ersehen war, die Kasse selbst erst um zehii Uhr Vormittags geöffnet werde. Ossenbar mißbehagte dieser Bescheid dem Baron ganz außerordentlich, denn er schaute geärgert darein. „Hui," sagte er in unschlüssigein Tone. „Ich rechnete sicherlich darauf, in diesem Bankhaus, daS doch die Prätentionen hat, sür ein großes gelte» zu wollen, Jemanden antresjeii zu könne», mit dem ich zu verhandeln im Stande gewesen wäle. Ich bi» der Baro» von Sencken und habe von meinem New Forker Ban kier Ehecks im Gejammtbetrage von üv,- liihaber nnd zahlbar nach Sicht in die sem Geschäfte hier." Aber selbst diese Eröffnung verinochtc die Angestellten zu keinem aiideren Be scheid zu bewegen. Sie antworteten ihm vielmehr wiederum, daß der Hauptkas sirer noch nicht zugegen sei »ud Niemand „Gut, so sühre» Sie mich zu Herrn Spindler selbst!" Einer der Herren, der zweite Kassirer, der seinen Platz in der Nähe des Fen sters hatte, meinte: „Der Ches ist nie mals zu dieser Stunde zusprechen." rümpfend, während eine düstere Ui,- iiiuihssalte sich zwischen seinen Augen brauen bildete. Dann schritt er ohne Gruß, gerade ebenso, wie er in das Lo- Weinge Minuten später trat Ernst Vahl ein. „Ah. das ist gut, daß Sie kommen, Herr V.ihl!" Man hat schon »ach Ih „Wer war den» da?" „Niemand anders als der Herr Baron von Sencken, der ja eigentlich noch im Justizgebäudc sitzen svll >..." sagte sein College spöttisch. wiederkomme», wüßte übrigens nicht, was derselbe bei uns zu schassen haben könnte", sagte Ernst mit bitterem Lä cheln, während er die Thüre des bis zur reichende» Drahlgitters, das den an den großen Kassenschrank und, de» kunstvoll gesertigien Schlüssel zu diesem aus der Tasche ziehend, öffnete er das war fast einer Ohnmacht nahe und mußte sich setzen, während ihn sein« deutlicher auszudrücken. „Bestohlcn?" frugen Alle durchein holen. „Man hat »rir alle Banknoten gestoh len, die ich in der Casse halte!" „Alle?" zwei Päckchen von je 100,000 Eassirer. „Rein, es ist Alles in Ordnung, abcr das ändert keinen Buchstaben an der Thatsache, daß ich gesteru Abend allein in Banknoten L0 liche Anwesenheit in dem Lokale bemerkte, hielt er im Reden inne »nd ging schnur stracks aus diesen zn. „Ah, endlich welches Glück, daß ich Sie selbst treffe, Herr Spindler ich wandtest» Mor ! aber noch nicht geöffnet der Eassirer »och nicht anwesend und Sie selbst auch »och nicht zu sprechen!" Der Bankier sah ihn mit einem er staunten Blick- an. Dann richtete er sich stolz empor, während gleichzeitig ein verächtliches Lächeln seine Lippen um spielte. „Ich begreise nicht, was Sie veranlassen kann, Herr Baron, mir Jh.en Besuch zu schenken", sagte er mit abweisender Kälte im Tone. „Sie müsse» einsehe», daß »ach den Vorsällen der letzten Tage alle »nd jede Beziehun gen zivischenJhnei, und meinem Haufe. —^ »Pab. ersparn, Sie sich die vielen Checks honorircn zu lassen... .das ist mein gutes Recht! über andere Pri vatgelcgeiiheiten plauder» wir vielleicht ... .ci» andcr Mal!" Dabei zuckte ein hämisches Lächeln über seine dünnen, blutlosen Lippen: „Zur Sache!" setzte er hinzu. ~Jch will an Ihrer Kasse 50,000 Dollars er heben... .sind Sie zahlungssähig?" Der Bankier horchte hoch aus. Vor Erregung war ihm die Zornesader aus der Stirn dick aiigcschwoUe», dennoch sich eine» Augenblick gedulden müssen." Der Baron lächelte cynisch. ~Wird er lange dauern... .dieser Augenblick?" frug er mit verletzendem Hohne. ~Nur um auf die Neichsbank zu schicken, bidars ich Ausschub!" stam melte der Bankier, kochend vor Wuth. Damit wendete er sich zu Vahl: ~Stell le» Sie sofort Vollmacht aus, um die »och auf der Reichsbank liegenden Fonds augenblicklich erheben zu können...." Vahl rührt- sich nicht von der Stelle. ~Haben Sie nicht verstanden?" Der Kassirer zögerte. Es siel ihm ersichtlich schwer, zu reden. „Dorthin tele er dann. ~Die Forderung des Herrn Barons belänst sich aus über ürw.vcw Mark »nd wir habe» »icht mehr ganz IUV.VOU Mark aus der Bank." Sencken schob mit vieldeutige», Lä cheln die Achfrli, i» die Höhe. „Sehr seltsamer Zufall das und äußerst bedenk lich für de» Kredit eiues Bankhauses," meinte er da»» in näselnden, Tone »nd ~Seien Si- unbesorgt... .ick) bin durchaus in der Lag-, die Ehecks meines Newyorker Gcschäsissreundcs zu respek tiren," cntgcgnele Spindle, ebenso spöt tisch. „Vorher aber haben Sie wohl die Gütc, mir die Ehecks zu zeigen, aus Grund deren Sie sich zur Abhebung ei ner solchen, immerhi» doch erhebliche» Summe berechtigt glaube»!" Mit spöttischer» Lächeln griff Sencken nach seiner Brieftasche und entnahm die werden Sie iir Ordnung finden," sagte er leichthin. Ein aufiirerksainer Beobachter würde indessen wahrgenom sällige, wenn auch nur eine Sekunde aü danerttde Verfärbe» der Gesichtszüge des Droschke und fahreu Sie mit dein Herrn Baron zu Bleichröder.... über geben Sie daselbst diese Papiere hier.... l Mar^ ich habe durchaus nicht die Absicht ge habt, Sie zu beleidige».. . .wir sind ri»s „Gcnug, mein Herr," unterbrach ihn der Bankier schross. „Zwischen uns kann keine Rede von Bekanntschaft oder Freundschast sein, sondern wir haben uns nur mit der Thatsache abzufinde», daß Sie es... . eilig haben ... und zudem Arbeit wieder ausnehmen." Fast in demselben Augenblicke hatte sich auch schou der Kassenratlm ganz ge leert. Noch unter dem Banne der über ihn so plövlich hereingebrachten Ereignisse durchschritt der Bankier einige Male das Gemach. Von Zeit zu Zeil emschlüpf ten seinen Lippen unverständliche Aus ruse. Vahl war aus seinem Platze stehen geblieben. Er lehnte bleich wie eine Statue an seinein Pulte, seine glanzlose» Augen starrten ins Leere; eS war sast, kräfie beraubt habe. Endlich, nach einer langen Weile, blieb Spindler vor seinem Eassirer wie der stehen und sagte: „Folge» Sie mir Vahl gehorchte. Wortlos solgte er seinem voranschreitenden Chef, das Drahigitter desKasseirraunies vorher ab schließend. geringste Anzeichen deutele bei ih n mehr aus die eben erst stattgehabten Vor Lm>l, steifen Sie sich doch nicht aus eine so lacherliche Fabel, die Ihnen doch Nie mand glaubt! Gestehen Sie mir Freund.... »s sind jetzt IS Jahre her, daß Si« bei mir sind.... ich begann da: mals den Grundstein z» lcgei, sür dai stolze Gebäude meines Glückes Si, habendes Stem^sür^St vergroße^ erster Beamter...." Noch niemals halte Vahl seinen Ehes in solch väterlicher, sanfter Weise zu sich reden hören. Ungeheuchcltcs Erstaune» Jch^." „Nur Muth, Vahl!... . kehren Sit (iZortseyniig solgt.) Während der hohe» Fleischp r e i s e. „Ich habe doch Beefsteak mit Ei bestellt! Wo ist den» das Beefsteak, KellnerV" „Unterm Ei!" In Geldsachen hört die Ge- Den Frauen iniponirt der ge ringste Ersoliz mehr, als das gewaltigst« Streben. 3 Influenza auf d«r Bah««» Ueber die Verwerthung der Jnflucnza als dramatischen Stoss sür die alt« Volksbühne theilt derDirector der Badc ncr Rcalschule, Herr Emil Haueis Fol gendes mit: ES war zu Ansang des fünfzehnten Jahrhunderts, als in Deutschland und Frankreich eine ka tarrhalisch- Seuche grassirte, welche in, Allgemeine» dieselbe» Erscheinungsfor men zcigtc, wie sie gegenwärtig zu Tage treten. Alt »nd Jnng, Hoch und Niedrig, der Reiche wieder Arme wurden von der Seuche ergriffen. Sie begann mit starker Eingenoininenheit des Kopses, und wurde deshalb liorion", das ist Schlag vor den Kopf, in Deutschland mit dem gleichbedeutenden Namen „Tan n-wctzcl", mundartlich „Tanawaschcl", bezeichnet svon dem alten Worte Tann gleich Scbläse »nd Wetzel gleich Streich oder Schlag). Speciell für das Jahr 1414 wird das Vorkommen der Krank heit durch gleichzeitige Berichte in einer Augsburgcr und Nürnberger Ehronik und durch eines jener volksthümlicheii dramatischen Spiele bezeugt, welche zur Fastnachlszeil von jungen Handwerkern und Gesellen in den deutschen Bürgers häusern abgehalten wurden, wobei die Stoffe gewöhnlich frisch vom Markl- oder voii der Straße hergeholt wurden. Wie i» den zur Zeit „des großen Ster bens" so populären Todteirtanzcenen der Gevatter Tod austritt, so erscheint in unserem Spiel die Seuche selbst als „Tanneweschel" in eines Siechen Gestalt vor den Schranken eines hohen Gerichts hofes und hinler ihm, in buntem Gefolge, König, Ritter, fahrender Schüler, Kauf mann, Bauer, «ine Klosterfrau und Jungfrau, welche vor de», Landmarschall und den vier Gerichtsbeisitzern laule Klage erheben über die große Unbill, welche ihnen vor» Tanneweschel wider fahren. Dem fahrenden Schüler hat er all« Lust an seinen sröhlichen Berg- und Thalfahrten benommen; der Ritter hat den herbenVerlust seines schöne» Weibes, die Jungfrau de» eines licbcn Vaters zu beklagen; der Mareubcrger Kaufmai», muß auf feinen lohnenden Handel ver zichten und auf der Bank liegen; di« Nonne aus dem schwarzen Orden hat Metten, Prim, Sert und No» ganz und gar vergesse», seit man in der Kirche vor Husten und Räuspern nicht mehr bleibe» könne u. s. w. Nachdem die Kläger zu rückgetreten, sordert der Laiidniarschall den Tanneivetzel aus, seine Rechtserti gung vorzubringen. Dieser bekennt sich als nichtschiildig; alle Erkrankten hätten sich ihre Leiden selbst zugezogen; der Eine habe zu viel getrunken, der Ander übermäßig gcgcsscn, ein Dritter zu sehr der Minne gepflegt, einen. Vierten fehl es am Herzen, ein Fünfter endlich fei schon so alt gewesen, daß der Tod nicht länger mehr hätte warten wollen. Hier aus wird daS Urtheil gefällt. Es lau-, tet einstimmig auf Tod durch das Schwert. Es erscheint Meister Pausen hart, der Henker, und nachdem Tanna weschcl noch einem Mönche reuniülhig seine Beichte abgelegt, wird ihm der Kopf abgeschlagen. Dies ist in K»rzem der Jnhalt^de« stffchen wohl geeignet sei» mochte, eine harmlose Zuschaiierschaft zu «rgötzen und einer sicherlich recht schlim men Sache auch eine heitere Seite abzu gewinnen. Es ist in einer Münchener Haiidschrisl des sü»fzeh»tenlahrhu»derts erhalte», aus welchem es Adalbert v. Keller in feiner reichen Sammlung deut scher Fastnachlsspiele aus dem sünfzchi,. ten Jahrhundert abgedruckt hat. DaS Tl»«at«r hat sich nv«rlebt diese neue „Wahrheit" verkündet soe ben der i» Düsscldors erscheinende „Ar tist", Central-Organ zur Vermittelung de« Verkehrs zwischen Direktoren nnd Künstlern des Circus. reisenden Theatern und Schaustellungen. Der „Artist" schreibt näinlich in etwas sanguinischer Weise: „Gerade hundert Jahre sind jetzt verflossen, daß sich der vagirende Küstlerstaird, die Komödiaiile» der Landstraße, etwas konsolidirle. daß in Paris mil der großen Revolution auch d«r erste stabile Circus entstand, der Vor läuser unserer heutige» großen Etablisse ments, die sich in einem Säkulum die Welt eroberten. Und der sonst so sehr verachtete Artist, der Ziegeuner, der Pa ria. welche Position »ntcr den schaustel lendcn Künstlern hat er sich in dem ver hältnißmäßig kurzen Zeiträume zu errin gen verstanden! Den stolze» Stand der Minien, dessen Mitglieder hente zum größten Tbeile bleich und hohlwangig durch die Welt ziehen, oft genug auf die Unterstützung des kraftstrotzenden Ar tisten angewiesen. Wenn doch ein kurz sichtiges Miickerthrim einst begleiten lern te, welchen Nutzen unscre Arbeit der heu tigen Generation gewährt, wen» die Kri tiker doch auf einer höheren Warte, als auf der Zinne der Partei ständen! Pub likum, Du wiudest Dich neigen. Kritiker, Ihr würdet Ench beugen, denn wen» die große Kuust eristirr bei uns ist sie zn Hause, bei uns im Mu seum der Grazie, der Stärke, der Tri umphe, der Kühnheit und Plastik! Fort mit dem heutigen Theater, mit seinem Beiwerk geschwätziger Gliederpuppe», sein-» Landfchast-ir und Pappdeckel, weg mit der Bretterbühne, der Rampe, den falsche» Prinzessinnen, dein Harlekin mantel und dem Souffleurkasten, .ge nug der Dithyrambe» über Eure „große Kunst!" In unseren Manifestationen der Kraft, Gewandtheit und Formen fchönheit, die das Volk so unwiderstehlich anzieht, findet ihr den nnwillkrirliche» Protest gegen die körperliche Degenera tion, die uns von den Völkern des Alter thums, von den alten Germanen, Gal liern und Römern so weit entier»! in unseren Productionc» manifcstirt sich das unbewußte Streben nach physischer Wiederherstellung einer entnervte» Rasse. tewp» a l'acrob-rt.i— oihre Junger, einst verhöhnt, gleich den PariaS behandelt, haben sich durch phy sische Kraft die beneidenswcrlhe Stellung von Künstlern errungen, von Künitlern der Manöge, die bald genug die Bühne entthrone» wird." Stolz lieb' ich de« Artisten! Wie weise muß man sein, am immer gut zu sei» I