Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, January 23, 1890, Page 2, Image 2

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Ein Ttückßomantir aus dem Wan
p«rltbe«.
Neulich/ so berichtet ein Ge
iv»lnsina»n dein Berliner „Tageblatt",
sah ich einen Trupp Auswanderer zum
Bahnhofe marschircii. Jeder trug sein
bischen Hab' nnd Gut, der Eine ein
Bündelchen, der Andere einen großen
Packen. Ein großer, düster blickender
Mau» trug außer seinem Bündel ein
kleines Stück von einem Balken im
Arme. Was hatte das jür einen Sin»?
Fürchtete der Europainüde drüben einem
Mangcl an Brennkolz zu begegnen?
Neugierig näherte ich mich ihm und be
fragie ihn geradezu. Aber seltsam—der
große stavie Man» wurde roth; mit
scheuem Blick und verlegener Miene
stcimmclte er in grbiochcnei» Dcntich ei
dem Nebenmanne befragt, nnd zwar in
österreichischem Dialeki'. Ich verstand,
was der verschmitzt? Galizier bezweckte,
reichte ihm gleich zwei meiner Cigarren
und stellte nun an ihn die Frage, maS
der Balken sein S Nebenmannes bedcnte.
Weinberg, seine Frau und sein kleiner
Knabe Alles war gewissermaßen in
der ganze» Gegend berühmt.
Da geschah es im Sommer dieses Jah
res, daß der bildschöne Knabe, der aber
auch ungeniein wild nnd unvorsichtig war,
die Mutter wahnsinnig, nnd in der fol
genden Nacht legte sie Feuer an das Haus
und schnitt sich die Pulsadern durch. Als
das Zimmer sich mit Ranch füllte, er
wachte der Mann aus schwerem, dnmpfe»
Schlummer; rasch suchte er sein Weib und
trug eS durch Rauch nnd Flammen ins
Freie. Aber nur eine blutüberströmte
Deiche hat'e er gerettet. Nun kamen die
Nachbarn und wollten löschen. Aber
Stefan hielt sie mit Gewalt zurück; die
ses Haus sollte nicht mehr stehen blei
ben.
Er verkanfte fein Anwesen, nnd nun
will er nach Californien. Aus feinem
alten Hanfe hat er sich das Stückchen
Balken, das vom Feuer verschont geblie
ben ist, mitgenommen ; wenn er sich drü
ben ein neues Haus baut, will er dieses
Stück Holz mit hineinbaue». Er ist
eben seil jener Zeit ein bischen närrisch,
der arine jiauz."
Vinc durchgcbrainiie Locomotivc.
In Bukarest hat jüngst eine Güter
zugs dem Pcr^so»e»b^hiiho^
litt nicht hineiugehcrt. Die saumselige
Maschine halte sich ans dem Wege nach
dem Kilometer vorher belegene»
schützt; man zog ihn nur leicht verletz
unter feinein niedergestürzten Schreibtisck
hervor.
N i in m demH u n d feinen Flo!
und du nimmst ihm feine > Zeitoerlreib,
Etue Schwiegermutter.
Skizze von O. Anderson.
Dieser Ball, dieser Ball! Ja, der hatte
ihre ganze kleine Welt aus den Fugen
gebracht!
ju lassen, nur um ihrem Vergnüge»
nachzugehen. Und schließlich war der
Augenblick gekommen, wo sie de» gro
sie gesragt, ob er es wohl wage» dürse,
ihrer Frau Muttcr eiueu Besuch abzu
statten.
rniig Folge u» leiste», als plötzlich das
Licht der Kerzen im Ballsaal sich in blei
chen Schein des Morgenlichts verwan
delte; sie schlug die Augen auf und
schaute in das liebevoll lächelnde Antlitz
der Mutter.
Und dann verginge» einige Tage, die
wonnen. ,
EineSVormittags schellte es ganz leise,
Agnes erröthete, sie wußte, er eS
sein mußte.
„Aber so öffne doch, Ki»d," sagte die
Mutter.
Agnes erhob sich hastig, ließ aber ihre
Näharbeit fallen und bückte sich, um sie
aufzunehmen. Da ging die Mutter hin
aus nnd öffnete.
Er war es wirklich.
Und er faß da und sprach, er war in
ihrem Zimmer, wie sonderbar var
M ' d
wußten sie alle Drei nicht, was sie jagen
sollten.
Schließlich siel ftin Auge auf ein Bild
an der Wand.
„Welch schönes Bild Sie dort ha
ben!" rief er auS, auf eine alte Nadirnng
„Aber das ist ja ein Ostade!" rief er
aus.
„Ein Ostade?"
wie die Leule sich damals wie
sie lebten und dachten; plötzlich schwieg
er, ganz verlege» über die eigene Be
„Wie—-AgneS?
„Nun?"
finde, seit Herr Schmidt hier
war, wisscn wir mehr von dem alten
Agnes schwieg einen Augenblick.
„Ja, über sie halten die schlimme Ge
wohnheit. ins Wirthshaus zu gehen,"
sagte Herr Schmidt, „und das thut er
doch gewiß nicht."
betrachtete das Bild noch lange.
Zwei Wochen vergingen, und er kam
nicht. In den ersten Tageil sprachen sie
hi» und wieder von ihm, dann aber
schwieg Agnes, und die Mutter berührte
das Thema nicht.
Als Agnes eines Morgens an einem
Buchladen vorüberkam, blieb sie, ganz
gegen ihre Gewohnheit, stehen und be
trachtete die ausgestellten Bücher »nd
Knnstgegenstände. Da erblickte sie plötz
lich eine Phaiographie des alten BildeS,
das sie zu Hause hatte.
Und während sie noch dastand und in
Beschauen versunken war, ertönte eine
gnädiges Fräulein, guten Morgen!" Sie
ivandlc'sich um und'crblickie ihren junger
Freund.
Ties errölhend erwiderte sie seinen
Grus?.
! „Dars ich fragen, welchen Weg Si
l gehen?"
Schmidt entgegnete:
„Das trifft sich ja gut, dann darf ich
Sic vielleicht ein Stück beglei
ten?"
Agnes warf unwillkürlich einen Blick
auf das Bild er sprach heute gar nicht
von den alten Holländern, mit keinem
Wort! und als sie ihn dann wieder
nnsah, ivnrde er ganz rsth.
„Wie herrlich Wetter heute ist."
sagte er hastig, „ach, Fräulein Llqnes, Sie
ahnen nicht, wie schwer eS mir o»t wird,
bei so schönem Frühlingssonninscheiir den
lieben langen Tag bei den
büchern zu sitzen! Wenn Sie Zeit lia
ben, Könnten wir auch einen kleinen
machte den kleinen Umweg.
„Dort a» dein Fenster sitze ich," er
klärte er.
„Aber das ist ja gar nicht so traurig,
„Sehen wir Sie nicht bald einmal
wieder bei uns?" fragte sie, als sie ih,
Ziel erreicht hatte.
„Ich komme bald," antwortete er.
„Auf Wiedersehen also!"
„Auf Wiedersehe» und vielen Dank
sür den schönen Morgenspaziergang; ich
hosse, daß ich Sie nicht zu lange ausge
halten habe; wollen Sie, bitte," —er
blickte vor sich nieder, „wollen Sie mich,
bitte, Ihrer Frau Mutter einpsehlcn ?"
Worte ihrer gestrigen Begegnung und
empsahl sich, als er ging, auf das Höf
lichste.
gen, auf sei» Mißverständniß einzuge
hen. Als er sich entfernt hatte, lief sie
die Treppe hinauf, blieb aber plötzlich
Ml!!
Eines Tages kam er, als Aznes allein
zu Hause war.
Er blieb stehen und schaute sich in«
Zimmer um, Agnes »Uchte lächeln,
plötzlich sagte er:
Agnes erröthete.
„Und diese Blumen!" fuhr er fort.
„Wie sie sich des Sonnenscheins freuen!
Da hob er ihren Kopf i» die Höhe
uid küßte sie.
lange in Gedanken versunken da; so
recht kam sie erst wieder zur Besinnung,
als sie die Schrille der Mutter aus der
Frau Kaas sah eS der Tochter sofort
in, daß ihr etwas begegnet >ein mußte.
noch immer zu Boden, dann aber warf
sie sich um den Hals der Mutter:
„Mutter, Mutter, ich bin so glücklich."
wir alle Drei zusammen
Frau Kaas beugte sich hinab und küßte
sie auf die Stirn, und Agnes sah nicht
die Wehinulhslhväne, die ihr im Auge
glänzte.
AgneS war selig*bei dem Gedanken,
l>aß fortan die Schranke, welche sich zwi
schen der Mutter und dem Geliebten be
funden halte, hinweggeräumt war, jetzt
wurde sie ja auch feine Mutter, nun
lag kein Schatten mehr über ihrem Glück.
Aber darin irrte sie. Der Schatten
wich nicht, im Gegentheil, er wnchs von
Tag zu Tag. Ihr Verlobter war von
ausgesuchter Höflichkeit gegen die Mut
ter/hieit sich ihr gegenüber aber stets zu
rück. Agnes inerkle bald, das; er am
liebste» mit ihr allein war, am liebsten
mit ihr allein spazieren ging. Sie
fühlte, daß die Müller da, unier litt, und
that Alles, was in ihrer Macht lag, um
die beiden geliebten Menschen zu einan
der zu sichren.
Eines Abend?, als sie vom Theater
heimkehrte, glaubte sie zu bemerken, daß
was ihr 'so sehr am Herzen lag.
An einem schönen Herbsttage kehrten
die Beiden Arm in Arin von einem lan
vön ihrer Liebs g:'sz.ocheü und die schön
sten Luftschlösser gcb Plötzlich blieb
er stehen und, mir de? Hand auf eine
„Geliebte, dorr machte ich «ohn:!!."
Ihr Blick folgte dem seinen, dann
entgegnetelangsam: ..'.'lein, mein Ge
schmack ist das nicht, imr würde es hier
einsam sein." st d
'"' e.t ch'h
Neil —"
„Findest Du denn nichts Gutes an den
Menschen, Ludwig?"
ängstlich zu Sinne wurde.
„An de» Menschen? Nein, an denen
sindeich i'.i^ts^utes! Du kannst n^r^so
den ich mich nicht freuen könnte. Ich
will Dich lieben und hegen, Dir soll Nie
mand etwas zu Leide thun!" Zärtlich
drückte er ihren Arm an sich.
„Jetzt will ich Dir etwas erzählen,"
sagte er, langsam iveiterschreitend. „Ich
sorgfältig, ei» fremdes Element in dies
glückliche Heim zu bringen. Der Zu
stand der Muttcr verschlimmerte sich, es
war klar, daß nur der Tod ihr Erlösung
sie ihre» Plan ins Werk; als die Mutter
nach zwei Jahren stirbt, nimmt sie ihren
Platz ei». Ihre Pflichte» aber über
nimmt sie nicht: sie hat weder Liebe zu
rans, mit plumper Hand in das Schick
sal dieser Menschen eingegriffen zu ha
ben. Ihren Gatten weiß sie vollständig
ahnst!"
aus
wefen, ihr Herz auszuschütten.
„Glaubst Du nicht, Mutter, daß er
lieble Mutter!"
„Ich will das Meine thun "
was eS sagen will, sein eigenes Leben
nicht leben zu dürsen. Sie zog sich von
jezlichem Verkehr zvriVk, sie hatte nur
suilg zu bewahren.
Und dann war jener Ball gekommen,
der ihrem Veisammcnlcben ein so plötzli
ches Ende gemacht.
Sie sah, wie sich das Liebesverhältnis!
entwickelte, und sie wagte es nicht zu stö
ren ; eine namenlose Angst hatte sich ihrer
bemächtigt. Als sie merkte, daß sich der
zu Agnes stets in ängstlicher Eniscrnung
von ihr hielt, fühlte sie voll tiefen
Schmerzes, wie aickh Agnes ihr entfrem
det wurde.
Eins stand klar in ihrer Seele: der
feste Einschluß, sich nicht in die Häuslich
keit der Kinder zu drängen.
dimg mit der' Tochter, in der sie gelobte,
das Ihre zu thu».
Zwei bittere Lebenserfahrungen hatte»
sich gekreuzt, sie wich dem jungen
' 'h P "
eine kleine Wohnung.
Erst als Alles entschieden war, theilte
sie der Tochter ihren festen Entschluß
mit.
hatte.
Auf den Fensterbrettern standen Blu
n eu, und an den Wänden hingen gut«
wie vor seine Fiedel zum Ergötzeil der
WirthZhausbesucher.
Als Ludwig leiue junge Frau in das
der Seile ihres Gatte», nicht bedrückt zu
fühlen.
Die kleinste Begebenheit war für su
fragen:
„Sahest Du daS Gesicht.
Sie konnte das so lebhaft sagen, als
daß man die Leute nicht so anstarre»
dürfe.
zählte einmal "
Alles, was sie wußte, ihre schönsten
Gedanken, ihre schönsten Erinnerungen,
Jahren, die sie in innigem Einverständ
niß mit der Mutter verlebt hatte. Und
er hörte ihr ruhig zu, was that es ihm,
sen eine liebevollere Anschauung von der
Menschheit gewann; was thal ihm das ?
Das Ganze geschah ja in der Entser-
Die Uhr schlug sechs.
„Ludwig, wir mü»en die Lampe an-
Dämmernng sitzen/'
„Denke nur, wir haben nur noch drei
Wochen bis Weihnacht!"
„Nur noch drei Wochen? Ja, Du
hast Recht; wie doch die Zeit vergeht,
AgneS!"
„Dann schmücken wir einen Tannen
baum !"
„Eine» Tannenbaum? Für uns Bei
de? Was sollen wir nur damit?"
„Müller »nd ich haben jedes Jahr ei
nen Tannenbaum gehabt."
„Ihr Beide ganz allein?"
„Ja, und wir haben Weihnachtsliedc»
gesungen und Pfeffernüsse und Aepfel
zählt!"
Ludwig starrte in die Glulhen. Lang
sam stieg eine Erinnerung in seiner Seele
wenn ich einnial der Hilfe bedarf?"
„Du hast ja Deine Mut—" plötzlich
stammelte er; er hatte Mutter sagen
ganz überwältigt.
Da erhob er sich, trat an sie heran
und nahm ihren Kopf zwischen seine
Hände.
„Oder meinst D» etwa, daß D» si
nicht hast, Agnes?"
Agnes antwortete nicht.
„Ach, Ludwig! Wenn sie es nur
thut, aber —"
„Aber?"
„Sie sagte mir einmal, daß eine junge
Häuslichkeit sich in Ruhe und Friede»
entwickeln müsse, allem uuo uugestört,
derer störend eindringen dürste!"
„Sagte Deine Mutter das?"
„Dann will ich noch heute Abens an
sie schreiben!"
Und Frau Kaas kam.
Als sie nach der ersten Begrüßung
allein waren, sagte sie zu Agnes: „Jetzt
will ich Dir auch erzählen, weshalb ich
mich »on Euch zurückzog," und nun er
fuhr Agnes, was die Mutter in den Jah
ren ihrer Ede durchlebt hatte, in denen
sie mit ihrer Schwiegermutter zusammen
lebte.
„Durch so etwas lernt man," schloß
sie, „aber wir wollen Gott danken, daß
diese Weise kreuzten."
Agnes schaute liebevoll z» ihr auf, sie
schmiegte ihren Kops an ihre Brust wie
in alten Tagen und flüsterte:
. „Mutter, weißt Du, was Ludwig ge
sagt hat? Er sagte, wen» wir Beide
einnial Kinder erziehen sollen und dann
verschiedener Ansicht sind, so soll Deine
MutHr Schiedsrichter sein, denn so wie
sie Dich erzogen hat, so sollen unsere
Kinder auch erzogen werden!"
Augusts, den iiiemals, auch nicht
in seinen alten Tagen, die Neigung
zum Humor verließ. Eine wahre
Herzensfreude gewährte, den Förster
Stöcker z» Eisenach fluchen zu hören.
Das verstand dieser, übrigens ei»
braver und tüchtiger Forstmann aus
dem sf, und seine Flüche, in denen es von
himmelblauen, schwefelgelbe» u»d anders
ftn eines weit verbreiteten NufeS. Ein
mal überlief ihn seine große natürliche
Heftigkeit dergestalt, daß er in Gegen?
wart des Großherzoges auf der Jagd
einen ungeschickten Treiber mit den Wor
ten anfuhr: „Ei, Du verdammter Töl
pel, so wollt' ich doch, ein grasgrünes
Donnerwetter schlüge Dich gleich oierzig
tausend Klaster tief in den Erdboden
hinein, daß der Teufel Deine verfluchten
Knochen am jüngsten Tage mit der La
terne zusammensuchen müßte!" —Ei»
anderes Mal war aus dem Plateau über
der von Eisenach nach Marksuhl führen
den Ehaussee ein Treibjagen gehalten
worden. Nach dessen Ende stand der
Großherzog mit dem General von See
bach bereits unten auf der Chaussee,
während die übrige Jagdgesellschaft,
meist Herren vom Hofe, sich noch auf
dem herab in's Thal führenden Fußpfade
befand. „Hören iwie nur, Seebach, wie
der Stöcker da oben tobt!" sagte der
Großherzog. Und in der That, oben
auf dem Waldplateau, über der etwa so
Fuß hohe» senkrechlen Felswand, welche
neben der Chaussee aussteigt, hörte ma»
de» brave» Förster wie ein Ungewitter
tobe» und fluchen. Er war ganz außer
sich über den Hergang des letzten Trei
bens: die schönsten Hirsche und Rehböcke
waren durch die meist mit ungeschickten
Schützen besetzte Linie gegangen. Und
gerade von diesem Treiben halte Stöcker
eine» glänzenden Erfolg erwartet, und
sein waidmännischcs Gefühl war tief ver
letzt. Fluchend »nd schimpfend auf
Treibende und Jäger erschien er oben
am Rande der Felswand, nud der Groß
herzog rief ihm zu: „Na, Stöcker, was
hast Du denn so fürchterlich zu schimp
fen?" „Gott straf' mich. Königliche
Hoheit", rief Stöcker hinunter, „wenn
Sie nicht dabei wären, so spräch ich : Jl>r
könnt mir Alle miteinander —den Buckel
raufsteigeu!"
Zlbonnent verlangt am Ecntralburea»
mit feinem Arzte in Verbindung gefetzt
zu werden. Der Zlbonnent: „Meine
Der Abonnent: ist zu thun ?" (In
schinenfabrikanten, der dem Besitzer einer
Dampfmühle seinen Rath erlheilt.) Der
Fabrikant: „Sie ist wahrscheinlich im
Innern mit Ausschärsuiigen von mehre-
Berliner GerichtSseene.
Schulze 'S Liebe zur Kunfk.
Vors.: Angeklagter, Sie heißen?
Janz akkerat so, wie det hier uf den
Schreibebrief steht, den Se mir geschickt
haben, Herr Presedent, sonst hätte
warten Sie, wie ich frage! Angekl.:
Na, ick weeß ja Bescheid, Herr Direktor
det Schweiueke» ivird sich schon
schlachten ick beiße keenen Menschen
und wenn mir Schultze nenne» mu'il
„V", denn is det »ichrschtciidcelS richtig.
Vors.: Ihr Vorname? Angeklagter:
Aiijust! det heeßt, halte» Se mal
de Lust an, det ick'keen Meineid schweere
Wilhelm heeß ick! Bors.: Wie kom
men Sie den» da ans August ? —Angekl:
Aujust heeße ick so nebenbei! Vors.:
Also August Wilhelm Schultze?" In
den Akten stehen Sie aber als Fried
rich Wilhelm Schultze verzeichnet.
Angekl.: Ziu so wat!—aber Aujust heeh
ick öoch—der heeßt, det stimmt, so nennen
mir immer die Sonnenbrüder da >n der
is, wenn ceiier aus de Destille jeholt wer
den soll! —Vors.: Von, Arbeiten scheint
auch bei Ihnen wohl nicht groß die Rede
zusein! Wovon lebe» Sie denn?
Angekl.: Wie et kommt, Herr Direetor
Se wisse» doch — kau» keene Liebe bren
nen so heiß. —Vors.: Na, schweigen Sie
nur. Angekl.: Na ob, davor bin ick
Vors. : Sie sind angeklagt, am 27.
October l. I. sich in der Derfflinger
straße in eine daselbst leer stehende Woh
nung eingeschlichen und dem Portier, der
Sie hat gehen heißen, nicht Folge gelei
stet zn haben. —Angekl.: Mache» Ä-e so
wat —ick und injeschtiche»! Nu kuck mal
eener so'» Karnickel au! Ick habe mir
bald de Beene zu Schanden jclrampclt,
oder ich lasse Sie soiort abführen!
Angekl.: Mache» Se so wat! —wenn
Se mir aber in eens weg unterbreche».
Fauste a» de» Kuckkaste» vo» Fenster,
wat da usf'n Flur an de Jardincn
hing, aber keen Mensch sagt julen Dag
Allens war bumsstille. Na, denke
ick »a denn nich', Aujust; zum zwei
ten Mal kloppste nich' nachher jcht
man blos noch de Scheibe zum Deibel
und denn heeßt et, det hat Aujust je
dahn und denn iS det Ende von weg!
—Vors.: Seien Sie doch nicht so um
ständlich und fassen Sie sich kurz!
Angekl.: 3!» weeß ick man wieder nich,
wo ick stehn jeblieben bin! —Vors.:
gebe Ihnen anderweitig Gelegenheit da
rüber nachzudenken! Angkl.: Det
kommt blos von det Unterbrechen wo
war ick denn inail blos steh'» jeblieben ?
geklopst und was weiter? Angekl.:
Weiter nischt, Herr Direetor. Vors.:
Erzählen Sie doch nun weiter, wie Si«
Da bin ick rinjejangen, Herr Rath! —>
Vors. : Und mit welchem Recht? An
gekl. : Dhue Recht und scheie Niemaud,
wie wer det in jelerut. Det
ick ihr »ich wie'n Bodekuie » an aus'n
Weje loose! Vors.: Entweder sind
Sie angetrunken oder im höchsten Grade
unverschämt! Was meinen Sie damit,
die-Kunst hätte Sie ausgcsordert?
Angekl.: Herr Presedent, ick bin nichtern
wie » Krokodil!, wat man blos Wasser
sauft »ild wenn ick sage, det mir de Kunst
da mit de Oogen geplinkt, den» paßt det
allemal, wie den Kister der Frack. Wie
ick det Haus iu't Jesichte krichte, da dachte
und weil ick sah, det keen Mensch da drin»
hausirte, da dachte ick, Aujust ekle dir
nich' uud jeh' dreiste ruff, det is'n Mu
seum nnd da kost' et nischt, wenn de dir
det ansiehst und ick sage Ihn', ick war
reene pass, sage ich Ihn'; ick habe Maul
und Nase ufjefperrt und habe mir blos
jewundcrt, wat de Menschen Aliens for't
Jeld machen! Vors.: Und dann?
Angekl.: Denn ick nlir^i^lme^
zensjelder!—Vors.: Es scheint mir doch,
als wenn Sie unlautere Absichten ge
habt hätten und nur durch das Dazu
kommen des Portiers verhindert wurden,
sich da widerrechtlich etwas anzueignen!
Angekl.: Machen Sie so wat, Herr
Presedent, det jloben Sc ja allen« nich',
det man ans '»e leere Stube wat weg
—^ors.: Na. zu Ihren- (Mick ist Ihnen
einnial mit einem blauen Auge davon!
Angekl.: In de Oogen Hai er mir nich
jeschlagen, Herr President, aber det Jn
wendije hat er mir mit de Berne jetram
pelt, der ick nu allet Vertraue» vor d«
Mettschheit verloren habe! Vors.:
Schon gut, Sie haben eine Straf,
von drei Mark, oder im Unvermögens
falle liiien Tag Hast zn gegenwärtigen l
Mark na, meinetwejen kann de Kunst
betteln jehn; ick jeh' in keen Museum
wieder rinu!