Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, November 21, 1889, Page 3, Image 3

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Ate arme Schneiderin.
(4. Fortsetzung.)
wahrscheinlich fast Ihr Vater sein könn
te, dürfen Sie es schon einmal wagen.
Niemand kann etwas daran finden, wenn
Sie an iiieiiier Seit« ein« Spazierfahrt
machen."
Elfe e»röthete geschmeichelt. Wenn ihr
auch Storzing offenbar etwas Verbind
liches hatte sagen wollen, so merkte sie
doch ebenfalls, daß er sie für viel jünger
hielt, als sie war.
„Ich fürchte, Sie gehen in Ihrer Güte
zu weit,... ich habe auch kein warmes
Toch mit, und zum Abend möchte es »och
viel kühler werden," stammelte die klein«
Schneiderin halb ablehnend.
„Ach, wenn es blos das ist?....
Dann nur flink eingestiegen! Sie sagen
mir die Straße und die Nummer Ihrer
Wohnung, wir fahren dort rasch vor,
und holen uns daS Nöthige," ineinte
Storzing.
Es war an einem Pfingstsonntag, und
das Schicksal hatte Else seit^ langer Zeit
darnach, sich mit allen Kräften dem Druck
der Sorge zu entziehe», wie einem ein
geborene» Gesetz deS Erhaltungstriebes
gehorchend. Doch noch ein Anderes war
wesentlich mitwirkend zu einer frennd
lichen Folgeleistung der eben empfangenen
Einladung. Wenn Else den Buchhal
ter jetzt vor den Kopf stieß, dann näherte
sich ihr derselbe wahrscheinlich niemals
wieder im Leben, und nur durch ihn ver
unidrehte, die Hofjägerallee hinauffuhr,
durch die Friedrich-Wilhelmstraße über
die neue Brücke des Landwehrkaiials sei
nen Weg nahm und dann bald vor
„Fräulein Franks Wohnung" hielt.
Else stieg hurtig aus und es glückte
und
nachgebend, so unsorgsältig ihre Feier
tagstoilette beschickt hatte! Sie fand
noch eine Brache, die sie sich vorsteckte,
als diese, hatte sie einst den Dichterling
und sein Kohlengeschäst nebst der auffäl
ligen dazugehörigen Equipage beobachtet
und sludirt. zumal als dirs Alles noch
in der Nähe ihrer Wohnung gewesen
w^l'^
durfte sie es denn wage», sich in den
Fond des Wagens zu setzen? Das ver
stieß ja gegen alle Erziehung und allen
Respekt, denn der Vordersitz blieb stets
der geheiligte Platz der Eigcnthüuierin
der Equipage. Vermuthlich hatte d«r
Herr die junge Schneiderin dazu aufge
fordert, sich neben ihn zu setzen —Män-
ner waren ja zu Allem sähig—aber Elf«
mußte klug genug sein, nicht Folge zu
leisten. ES that überhaupt nicht gut,
allzu familiär mit dem männlichen Zu
behör der Kundschaft zu verkehren und
sich wohl gar von demselben die Eour
machen zu lassen! Den» dergleichen ver
zieh der weibliche Theil der Kundschaft
natürlich selten oder nie.
4. Capitel.
Unterdessen fnhr Elfe feelenvergnügt
in den schönen Abend hinaus, »»genehm
umfächelt von, Reiz der Situation. Aus
Gummirädern durch die Welt dahin zu
rollen, das war ihr wirklich etwas ganz
Neues! Sie benahm sich wie Quecksilber,
bald wiegte sie sich ans den schwellenden
Polstern und amüsirte sich über die nicht
ihren Dienst versagenden Sprungfedern,
bald betrachtete sie mit allerliebster Ko
ketterie ihre aussall«>d hübschen, kleinen
schweiften Wagenbodens. die
mehr für's Fahren als für's Gehen ge
schaffen schienen. Das „stuckerte" doch
»ich: wie im billigeil Omnibus oder iu
der schäbige» Droichke zweiter Güte, und
man war hoch erhaben über die volks
thümliche Pferdebahn, wo man neben
Krethi und Plethi sitzen mußte, und in
der die Menschin namentlich heute gleich
einem summenden Fliegenschwarm ein-
und ausschwirrten. Das jnnge unver
ivöhnte Ding vergnügte sich ebenfalls
eine ganze Zeit lang damit, zu beobach
ten, wie die muthige», feurigen Tiger
rosse säst alle anderen Wagen in scharfem
Trabe überholten, und Else wurde schließ
lich so heiler, daß sie am liebsten laut
gejubelt und in die Hände geklatscht
Hinter Westend wurde die Atmosphäre
reiner und würziger. Denn der Dunst
kreis war erst jetzt durchbrochen, den die
psingstsestliche Völkerwanderung von
Berlin, staubaufwühlend und luslver
pestend zu Wagen und zu Fuß, iu ihrer
Massenhastigkeit alle Wege, Plätze und
Restaurationen überschwemmend, heute
noch mehr als gewöhnlich ausgedehnt
und weilergetragen hatte. Die Land
straße steigt ziemlich steil bis zum Char
dauer Berg empor, oben wehte eine läs
tige Brise, »nd Else genoß seit Jahres
frist zu», ersten Male wieder de» Aiiblick
eines weilen, freien Horizontes. Da
kam endlich Ruhe über ihre Seele, und
ihr ward zu Muthe, als löste sich körper
lich und moralisch ein Bann von ihren
Nerve». Träumerisch sank sie in die
schwellende» Kissen des Wagens zurück
und war sehr zufrieden, sich nicht den
Genuß dieser Spazierfahrt durch über
triebene Prüderie verschlagen zu habe».
Doch iwt dieser Erkennlniß und »ach
Vergesse» der erste» Eiudrücke kam ihr
auch „Roderich" wieder zwingend in den
Sinn. Seinetwegen war sie ja eigent
lich überhaupt nur artig gegen Storzing !
Sie vctsuchte nun, ihre Zeit auszunutzen,
und den „Verwandte» Roderich's" ge
hörig nach demselben auszuforschen.
Storzing wendete und drehte sich in
dem Kreuzfeuer ihrer Frage» recht ge
schickt. Er mußte wohl ein großer Con
versalioiiskiinstler sein, de»» es gelang
ihm, seine» jungen Gast in bester Laune
zu erhalte» uns doch gründlich zu täu
schen. Der Dichterling ützte die List,
Els'chen zum Reden zu bringen, nnd an
ihr ihre säinmtlichen Geheimnisse.
Er hatte noch nicht ;wei Stunden
lang mir der jungen Schneiderin im
Er ertheilte dein Kutscher die nöthigen
Befehle, der Wagen fuhr die Charlotten
burger Chaussee zurück, durcheilte dann
die Siegesallee und Bcllevuestraße, um
bald daraus vor losty's Konditorei zu
halte».
Diese liegt an einem der schönsten und
belebteste» Pnnkte Berlins, am Pots
damer Pia!;, und ist sowohl bei den Ein-
Straßenpublikum, durch den Festtag und
das schöne Wetter gleichmäßig angeregt.
Di« zahlreichen welche auf
warnende Stimme ihrer Klingel ertöne»
lassen mußten und nur im Schritt fahre»
konnten. Ueber all' dem Getümmel stand
am hochgcwölbten Hi'nmel in ewiger
Nuhe der inaitgoldene Mond, und schön
umrahmte das Gesamintbüd »ach Norden
hin die volle diiiikle Wunv der herrlichen
den!....
Robe taiifchieu sie den Charakter ihrer
Schönheit! Namentlich Adelaide Rodeck
war darin Meisterin gewesen, ihre Er
scheinung konnte in Ausdruck und Farben
scheu, aber doch schon etwas recht scharf
markirten Antlitzes nachzuhelfen, wie
klug sie mit Tusche und Pinsel umgega»-
gen war! Doch das ernüchterte keines
wegs das alhemlos lauschend« junge
Mädchen bewahre, es reizte erst recht
ihr Interesse. In ihrem unerfahrenen
Sinn dlunmerte schon die Erkenntniß,
daß nur solche Frauen so toll« Leiden-
Gefühl Mannes zu berauschen und
zn fälsHen. Diese Weibersorte fand mit
Sicherheit t?» allen männlichen AlterS-
Mensch, der nichts halte wie sei» glattes
Gesicht und feine hübschen Locken! Ihr
Auge flog prüsclid über
... .mit Geld Auch ohne Geld hätt«
sich fortwährend im Affekt Blicke
schon fast Uhr Mitter
lichen Spürsinn für die Legitimität oder
Nichtlegilimität derjenigen Pärchen, die
seinem Auge so vielfach ausstoßen. In
„Liebes Fräulein", bat er, „könnten
Sie sich wohl entschließen, mir aus einig«
Tage „T«i n«ue Buch der Lieder" zu
i leihen ?.... Es würde meinen Freund
Rotvrich doch sehr int«refflren, zu sehen
und z» «rfahren, wie schön er verstanden
und gewürdigt «-urde! Wenn ich ihm sein
Werk gebe, gekennzeichnet durch Ihre
Striche »md Anerkennungen, so ersslgt
daraus dann sicherlich die von Ihnen so
gewünschte Bekanntschaft...."
Storzing war wieder arg ins Stot
vcrnehnilich über die Ströhe hinweg.
Else schloß die stolze Pforte des Hli»-
gen „Wo warst Du denn eigentlich.... ?
Wie hast Du Dich heute amusirt?" kurz
abfertigend init einem kühlen „Vortrcff.
halte!....
Bräutigam schien doch wirklich «ine
ganz schreckliche Anlage zur Eifersucht zu
besitzen! . . . .
strittenen Seidel schlechten Bieres war
infolge des Stoßes eines sich ungeschickt
Vorüberdrängenden leider über da» Kleid
statt in den Magen geflossen. Zuletzt
hatte man gar noch ernstliche Lebensge-
Rücksahn beim Einsteigen in den vor
letzten Ertrazug, welcher zwischen PotS
! dam und Berlin ging, wäre das jung«
von ihrer Seite verschwunden. Auf ein
mal staute sich die Masse, ein unheil
voller Gegcnstrom kam entgegen ...
nein, das war zu arg gewesen, Marie
chen verlor die Luft, sie glaubte letz
befand sich ja nun jetzt glücklich hier, war
mitthin gerettet doch der Schreck steckte
ihr noch in allen Gliedern, und es
schmerzte sie noch der Brustkasten.
Diese zum Theil fast unvermeidlichen
Begleitnisse eines Berliner Pfingstver
gnügens sollten der jungen Schneiderin
mitgetheilt werden, ähnlich wie der Bro
samen vom Tisch des Reichen fällt —hin
gleichbedeutend mit der Tafel der Glück
lichen Denn daß Mariechen erfolgrei
cher und glücklicher war als Else, da>Z
konnte und wollte die kleine Putzmache
rin ja nicht abstreiten. Sie sand abei
doch auch nebenbei, daß sie dies Glück
lichsein viel verdiente^
milsammt ihrem guten Willen. In
stinktiv suhlte die „Hosgesellschaft", daß
der junge» Schneiderin „etwas passirt"
das allgemeine Interesse concentrirte sich
plötzlich ans Else. Neugierige Fragen
schwirrten durcheinander, voreilige Ant
worten folgten.... man blickte sich an,
zuckte die Achseln und MariechenS
hüb s c son st o
(Fortsetzung folgt.)
Du findest diesen Stümper da famos!
Natürlich! Neben ihm erscheinst. D u
groß!
ES geht nichts übe-v den
Scharfsinn d « rluristen. Ein
englischer Rechtsanwalt —so berichten
die „Münch. N. Nachr."—verklagte
antreten, indem er nnchiveist, daß je ein
Gerichtshof einen Teufet als Rechts
anwalt zurückgewiesen hat, so würde ich
Abgefertigt. Geck:
Au! .Denken Sie, dieser Mensch,
der Müller! Erst hatt' er «in Verhältniß
mit der Kati und dann mit der Lina!"
Na ? hab ich nicht immer gesagt, daß
« 'n« katilinarisch« Enstcnz ist!
z
Bla«v«rt.
In der Provinz Krangtung liegt eil»
Dorf, dessen Aelrester, ein greiser Blau
bart, nicht weniger als sieben Frauen
besitzt. Den letzten Zuwachs erhielt sein
Harem durch eine anerkannt« Dorfschön
heit, die Tochter armer Ellern, welch«,
durch den Anblick des glänzenden Sil
bergeldes verführt, ihr Kind an den ver
liebten Methusalem verlausten. In be
sagtem Dorfe ivohnte auch ein junger
Mann, und manche Dorfschön« schlug
verschämt die Augen nieder, wenn dieser
Jüngling sie mit seinen feurigen schwar
zen Auge» anschaute. Der jung« Mann
war der Vetter und Stammesgenosse de«
alten bezopften Mormonen und vor
etwa Jahresfrist war es ihm czclungen,
das Herz der Schönheit zu gewinnen, di«
j«tzt durch die Heirath feine Muhme war,
und um deretwillen er schwer gearbeitet
hatte, um etwas Geld zu erspalen, damit
er im Stande sei, das Mädchen heir,lhen
zu könne».
Der jnnge Mann war ein großer
Liebling seines reichen, weißköpsigen
Vetters, und so kam es denn, daß er
fortan recht oft das Haus besuchte, in
welchem die ehemalige Geliebte Herrin
war. Lange gelang es dem Paar, jeg
lichen Argwohn von dem beschimpften
Eheherrn abzuwenden. Endlich erfuhr
aber der Dorfälteste dennoch, daß er
Hintergattgen war. Vor einigen Tagen
befanden sich nnn der junge Mann »nd
der Alle zusammen im Obstgarten. Der
Alte trng ein Gewehr und gab vor, daß
er Krähen schießen wolle, welche von sei
nen Lung-ngan-Bäumen die schönsten
Früchte wegfraßen. Da sah der greise
Eheherr eine prächtige Lung-ngan-Frucht
auf einem der Bäume, und er bat den
jungen Mann, auf den Banin zu klet
tern und dieselbe für ihn zu pflücken.
Als Letzterer nun oben war, schoß der
eisersüchtige Alte sein Gewehr ans ihn
ab und der Jüngling siel todt vom
Baume hinab zur Erde. Nachdem der
Mörder den Kopf des Erschossenen abge
schnitten und den Körper in aller Eile
verharrt hatte, begab er sich in da«
Zimmer seiner Fran, zeigte ihr den Kopf
ihres Liebhabers und hieb sie dann eben
falls mit einer Art nieder. Dann
schnitt er auch ihr den Kopf ab uud be
gab den beiden entsetzlichen
(Ostasiat. Lloyd.)
Zum Lohn versetzte ihn der damalige
Wahlsahrls - Ausschuß zur Infanterie.
Hierüber aufgebracht, kam er nach Paris
stantinopel zu gehen und für die Türken
zu fechten. Er erhielt sie, als eben die
Rebellion im Oct. v. I. ausbrach, bei
welcher Gelegenheit Barras chn zu sei
nem Unlcrbefehlshaber machte und w»
zur Eroberung Italiens zu eilen. Bo
naparte ist erst 27 Jahr« alt, klein von
Statur, blaß und mager, aber »01l
Feuer uud Muth. In ist er
Terroristen in Verdacht gehabt, aber ein
Mann, »ie er, bedarf keiner Partti, um
sich emporzuschwingen.
Hdel s d»r M« n s ch» hil f
englifchen Blattes „Xnsvsr" 112«
schreibt iiAiii. aus — trifft
Ab-inds auf den» Wege nach der Redac
, ticn ein armes, altes Weib>. das einen
gioßen schweren Korb Mitleidig,
aie er ist. erbietet er sich, der Alten ein
wenig zu helfen, und dies» Antrag wird
meinsthaftlich trugen sic nu» den Korb
bis an das Ziel des getreuen Helfers,
woraus die alte Frau ihren Weg aklein
fortsetzt. Am nächste«.Morgen entdeckt
der Wohlthäter, daß di» Wäscheleine auf
seinem Hofe geplündert worden ist, daß
die benachbarten Hjfe in gleicher Weis«
abgestrast sind, un» daß er geholfen
hat seine eigei e Wäsche wie die ftmer lie>
ben Nachbarn z» stehlen.
Schätzung. Dichter:
Dir 'mal, w-e ich mich in die Feuerver
sicherung a»snehmen ließ, tarirte man
meine Mauujk> ipte nur zu« Papierwcrth.
dummer Tarqlor h«? P«»
Pier ist jq vndorbe».