2 «ambetta« Luftsayrt. Gambetta hat in Epineuse ein Denk mal erhalten, wo er aus seiner Ballon fahrt aus dem umlagerten Paris am 7. Oct. 1870 landete. Der letzte Sonn tag (12. Oct.) war zur Enthüllnng des Denkmals gewählt, welcher auch der Minister des Auswärtigen, Spuller, der damalige Fahraenosse Gambettas, bei wohnte. Die Einzelheiten der geschicht lich bedeutsamen Luftfahrt sind folgende: Paris war seit wenigen Tagen gänzlich von den Deutsche» eingeschlossen; da be schloß Gambetta, der Organisator des nationalen Widerstandes, der in Paris seine Flügel beschnittcn sühlte, auf dem che» Wege durch die Luft zu entweichen. Der Luftballon Armand Barbüs war als Fahrzeug auserfehen und sollte am 4. October in der Frühe abgehen; aber es war an den, Tage »ebelig, desgleiche» die folgende» Tage. Ma» hielt die Gefahr, bei Nacht oder Nebel abzugehen, für größer als bei Hellem Tage, obwohl die Aufmerksamkeit der Belagernden dann unbedingt aus das Lustschiss gelenkt wer den mußte, man hätte aber zur Nachtzeit und bei Nebel mitten unter Feinden lan den können, ohne es zu ahnen, und wäre somit aus de», Regen in die Traufe, aus de», zwar belagerten, aber doch so geräu migen Paris in die Gcfangcnschast der Preußen gerathen. Gambetta hatte Eile und wollte am 7. October abfahren, welches Wetter auch immer fein sollte. Wege» der herrschenden Frische rieth ma» Gambetta, mit warme» Kleider» sich zu versehen, und bei dieser Gelegen heit kaufte er jenen Pelzmantel, in dem er so oftmals bildlich dargestellt wor den ist. Der bekannte Lustschisser Nadar em pfahl Gambetta uud Spuller einen ge wissen Trichet zur Begleitung des Luft schiffes; derselbe hatte in der That schon 78 Ausfahrten gemacht und war immer glücklich davongekommen. Das erweckte Vertrauen; nur verschwieg Nadar Eines, nämlich, daß Trichet immer n»r auf Jahrmärkten aufgefahren war und, ein mal in der Höhe, keinen anderen Gedan ken hatte, als möglich schnell wieder zur Erde zu kommen. Dieser Gedanke be herrschte Trichet auch aus dieser histori sche» Fahrt. Am 7. October Morgens kurz vor 10 Uhr stiegen Gambetta, Tri chet und Spuller auf. Der Ballon flog zuerst über Saint Quen, wo ihn die Be lagernden mit Schüssen begrüßten. Tri chet wollte aber auch jetzt scho» hinunter, während Gambetta nicht weit genug sah: re» konnte. Die erste Landung wurde bei Chanlilly versucht. Das Wetter war herrlich, aus de» Aeckern arbeiteten die Bauern in qroßer Zahl, welche aus den Ballon zueilten und die Gondel sesthiel ten. Gambetta gab ihnen Kunde vom Stand der Dinge in Paris und fragte, ob die Preußen schon da wären. „Ganz nahe, und Sie thun gut, sich davon z» mache»." Wieder ging der Ballon schnell in die Luft. Als er über Ereil kam, wurde er wiederum beschossen. Trichet bekam aber auch jetzt bald wieder Lust zu lande». Mau bemerkte unter sich ein Gehöst, in welchem Gewehrbündel aus gestellt waren. Trichet wollte Fiankti eurs erkannt habe», was sehr sonderbar ist, da ma» doch leichter eiiicn^preußische» ein Gewehrbündel von irgend einem an dern Dinge unterscheiden kann. Als der Ballon sich der Erve näherte, entpuppten die angeblichen Franktireurs sich als Preußen, welche de» Ballon ganze Sal ve» zusandten und dabei wahrscheinlich mehrere Löcher beibrachten. Derselbe hob sich aber doch wieder sür einige Zeit. Als er merklich an Gas verlor, sahen die Reisenden ei», daß sie lande,, m„ß -en; sie bemerkten eine» Flnß, jenseits dessen sie in Sicherheit zu sei» glaubte». Es war drei Uhr, uute» lag Epi»e»se, und der Ballon siel. Die Banern lie fen wieder zusammen und halfen. Gain betta war gerettet. Die Reisenden wur de» beim Maire von Epineuse freundlich ausgenommcil und bewirthet. Da die Maireslochter, Fräulein Dupuis, die mit gebrachten Briestaubeu liebkoste, bltraute Herr Spuller sie mit de», hochwichtige» Austrage, durch Fliegenlasse» derselbe» den Parisern die erste Nachricht von dem glücklichen Ausgange der gefahrvollen Reise zu überbringe». Das junge Mäd chen wai von der Bedeutung ihrer Hand lung so überwältigt, daß sie Herr» Spul ler ohnmächtig in die Arme fiel." Gam betta gönnte sich keine Ruhe, langte noch denselben Abend über Moutdidier i« Auiiens an, wo er mit den Präsekte» der Somme, des Pas de Calais »nd des Nord Berathung hielt. Die Eiche, an welcher Gambetta in der Nähe von Epineuse landete, war dadurch zu einer historischen Berühmtheit gekommen, und Touristen strömten fchaarenweise hin. Der Besitzer des Waldes, zu dem der „Gambettabauin" gehörte, hatte kein Verständniß sür patriotische Denkwürdig keiten, und der sich nach seinen, Forst richtende Fremdcnschwarm war ihm höchst lästig. Er ließ daher trotz aller Bitten eines Tages den Banin fällen. Run sammelte man Geld, um an der Stelle ein Denkmal zu errichten. Gambetta hat dem Maire Dupuis seinen Dienst „ie vergessen; dieser besuchte ihn ost in Paris und wurde stets sosort unangemel det im Ministerium oder im Palais Bourbon vorgelassen. Das Loos des Schönen. Ein Raritätcnsainmler hat aus einem be rühmten Nachlag eine eroberte Schwe dische Fahre aus dein dreißigjährigen Kriege, und ein durch die Länge der Zeit etwas mitgenommenes Beinkleid des Kaisers Napoleon erstanden. Zu Hause etwas spät angekommc», hängt er beide Sache» über einen Stuhl. Äls er sie nun am nächste» Tage seiner Sammlung einverleiben will, kann er sie nirgends finden. Unwillig ruft er seine alte Wirth schaften», »in zu seinem Entsetzen zu er fahren, daß dieselbe die alte Schweven fahne zerschnitten »nd z»m Flicken der Hosen des Franzosenkaisers, die sie sür reparaturbedürftige ihres Herr» gehalten hatte, zu oerwenden! —S ch einbarerWi d e r s p r u ch „Spielt FiZulein Ella auch Clavier?" —„Ja, leider. Wenn die keinen Flügel hätte, so wäre sie wirklich ein Engel!" Ret» «vfte» Toncer». Der Kutscher des HvtelomnibuS klet terte, sichtlich enttäuscht durch den Fang, den er gemacht, auf seinen Bock und warf, während er die geflickte Decke von dem mageren Nücke» des frierende» Gaul« zog, noch einen langen Blick aus den Eingang des Bahnhosgebäudes, aus dem im Ganzen nur etwa ein Dutzend „zur Sonne" überliefen hatte; den Geigenkasten zwischen die Kniee geklemmt, ließ ich mich üver das holprige Pflaster der Kleinstadt nach dem Gasthof schleife», die wenige» Passanten, welche die menschenleeren Straßen sehr dürftig belebten, blickten im Vorüber gehen neugierig in den rumpelnden Om «rvuS, dessen klirrende Fenster einen Höllenlärm verursachten; selbst in den verkehrsreichen Straße» der Großstadt wird jeder Insasse einer Equipage oder Droschke von den Fußgängern eines Blickes gewürdigt, um wie viel mehr in einem Nest von achttausend und so uud so viel Einwohnern. Eine Stunde später stand ick) im Lade, des Eoncertvaters, wie man in kleinen Städten jene Unternehmer nennt, welche erprobten und minder bekannten Künst lern die Wege zu den Ohren ihrer Mit bürger ebnen, d. h. das Arrangement von Concerten, die Ankündigungen, de» BiUetverkauf u. f. w. besorgen. Herr Gensegrin so der Naine be sagten Eoncertvaters war der Ehef der Buchhandlung am Marktplatz, au ßerdem lag in den Händen dieser Firma der gesammte Kunst- und Musikalien hvndel des Städtchens; einen vierten Nebenzweig dieses GeschiisteS bildete die Leihbibliothek und endlich der Verlans von Schreib- und Zeichenrequisiten. I», Schaufenster hingen ein paar säuberlich beschriebene Zettel, der ei»e enthielt die Einiadung, Herrn Gensegrin Büche^ bewahren pfleg!; als ich mich nannte, sank diese Temperatur noch nm einige Grade, nnd der Chef dieses umfang reichen Geschäftes hieß mich warte», da er eben zwei jungen Damen im Alter von 10 bis 12 Jahren Tuschbogen vor gelegt hatte, unier welchen seine Kundin nen eine, wie es schien, sehr schwierige Wahl trafen; erst nachdem dieser Ge schäftsabschluß endgiltig zu Ende geführt war und die angehende» Backsische Ilcheriid stelle», der Doctor Eibiich is Allts bei verisirte» Gummi arabicum?" Der Chef des Welthaufcs C. F. Gensegrin ließ sofort das Gespräch, dessen er mich dauern aus'udrücke», daß dieser Artikel aus seinem Lager nicht zn finden sei, da pulverisirter Gummi arabicum i» das Bereich des Apothekers gehöre, er führe nur Nadirguinmi sür Bleistift und Tinte. den in die Länge zu ziehen drohte, ent schloß ich mich zu einem ganz unauffäl ligen, aber auch nicht glorreichen Ab gang. Mit einer entsprechend verlän gerten Nase, welche, der Bolksphysiog nomik nach, das Merkmal herabgemin derten Selbstbewußtseins bildet, trottete ich ziellos über die Steinplatte» der unsSglich faden kleinstädtischen Straßen, nahezu vergeblich nach Menschen ipähend; ja selbst hinter den fcstverschlosjenen, meist mit Mooskränzen verwehrten Fen stern wollte sich kein Gesicht zeigen. Da und dort sah ich einen alten, herabgeris sene,, Zettel eine» Affentheaters, Cirens hatte es Herr Genfegrin prahlerisch ge nannt, »nd auch die Ankündigung meines Concerts leuchtete mir schon an der näch ste» Straßenecke entgegen. Nachdem ich mir den Straßenplan dieser Gemeinde durch praktisches Studium geistig zu eigen gemacht liatte, beschloß ich, dem ge dem Städtchen aiistauchende» Kunster schciiiuiigeii. Ich fand einen im Klein stadtleben fast völlig.vcrs»iike»e» Schul meister vor, der sei» kritisches Neben amt osfeilbar mit Milde und Wohlwol len verwaltete, und augenscheinlich nichts verengte, als daß man sei» mühsam ab gequiUteS Schreibsei sür einflußreich und später zedem Recensenten gemacht habe. Dr. Eibisch hatte in seiner Jugend l Paganini gehört und BieurtempS, wie der Schlcppin „och von Erfurt herüber kommen, sehe» Se, Sie spielen Geiche und immer wieder Geiche, es is zu viel «nd da dacht' ich, wir setzen den Schlep pin aus'S Progrum», es ist auch we gen die Frauen, die wollen nicht so viel Geiche, und zu achten, mit jener ahnungsvollen Schüchternheit, welche bei bescheidenen Naturen vernichtenden Wn^lhauSbrücheii Wäre ich dem Zuge meines ungestümen Herzens gefolgt, so hätte ich dem Elen den, der mich durch diese Zninuthüng er Dr. Eibisch saß fünf Minute» vor 7 Uhr auf feinem Richtelstuhl in der ersten daran erinnert, daß'das akademische Vier tel bereits überschritte» sei. Mei» Be- Flügel, ich trat za^ eine» Knir im Sitzen, an solche Leute hatte mei» Unternehmer Billets ver theilt! Ich spielte; während der Pause», die mir die Komposuson gönnte, zählte einiger mnsikliebender Kellner und son stiger Angestellten des Hotels, sogar eine weiße Kochnische leuchtete aus dem däm- ungarischen Tänzen pfiff ganz leise Eine« mit. Der Unverschämte! dig'e mich »ach dem Abgang des nächsten Frühzuges. Unterdessen erschien Herr Genfeqrin der wortkargen Würde tuiig, Inserate, Verkaufsprovision blie be» sür meine Tasche sechs NeiMoschen, die mir der gewissenhafte Geschäftsmann ganz ernsthasr auszählte. Ich dankte ihn, sür feine Bemühungen, er bedauerte, daß sie keinen bessere» Ersolg hatten, und schloß: ~Ja, ja, 's is 'n Li,der, die Geiche!" lichen Festen und dem alten Brauch ent sagten. Aber das Volksgedächtniß ist zäh: die Götter starben nicht, sie wurden meitte Rechnung bezahlen," antwortete leise der Gesrante. Da ist es um die Fassung der Wittwe geschehe». Mit Als F n r st B i s in a rck in die ini." „Dat wer ick bestelle," erhielt er zur Antwort. .Aber weißt Du denn ock wer ick bin?" „Na, wer sall he anners sin, as de 01l dick Fleischer »t Rummels bura?" Als das Mädchen zu Hause den Gruß bestellte und die Herrschast ver wundert sie ausfragte, stellte eS sich her aus, daß der Fürst i» eigener Person der vermeintliche Fleischer gewesen. Das Mädchen,über seincnJrrihum aukgeklärt, sechiU" —D i e ne » e Mutte r. Vater: (seine zweite Frau seinen Kindern zusüh »ersprochen habe!" Der kleine Karl (seinem Vater zuflüsternd): „Papa, mit der bist Du aber ,ingeschmiert worden ch«, u,ch n. ke.ner verstehen s. mit der Unterschrist: Dein Mar! --- Da Prinz Hamlet'S Trühftü». In einen bunten Kashemir-Schlafrock tingehüllt, lag im eleganten Gemach ein schöner Mann von etlichen dreißig Jah ren aus einem blauseidenen, mit schwar ze» Franse» besetzten Ruhebett ausge streckt. In der rechten Hand hielt er seine Havana, in der linken ein Manu fcript, in das er dann und wann einen was er eben gelesen hatte laut wiederhol te. Dieser Man» war der Erbe des Gar ricksche» Ruhms, der Marlborvugh der Bühne, der größte Schauspieler der drei vereinigten Königreiche, der ideale Ham let, der Abgott aller Franen, der gesürch tete Nebenbuhler aller Männer, der Stolz der englischen Bühne es war Edmund Kean. Das Heft, welches er in der Hand hielt, war die Hauptrolle von Mafsin ger's „Juden", einem Schauspiel, worin er am nächsten Abend in Drurylane auf trete» sollte. Schon fünfzig Mal war er in derselben Rolle aufgetreten, aber sür jede Vorstellung pflegte er sich nichts destoweniger sorgfältig vorzubereittn. So groß war sei» Erfolg darin gewesen, daß ihn seine Verehrer mit einem golde ne» Pokal beschenkt, der jetzt, mit Cham pagner und Selkrser Wasser gefüllt, auf einem Aeajou-Tisch neben dem Sopha ! stand. Er wollte den Becher eben zum Munde sichren, als sein Jockey, nicht viel größer als ei» Stiefel Kea»'s, in reich ealomiirter Livröe eintrat. „Was bringst Du mir, Riese Goliath ?" !« Kean nahm den Brief, der die Auf schrift trug: „Sr. Hoheit Prinz Ham let." Er entfaltete das Billet und las: „Ew. Liebden haben mich gestern Du Deiner Sparbüchse einverleiben." „Besten Dank, Herr Kean," sagte der Kleine, und hüpsle vergnügt znr Thür „In einer Stunde werden wir früh stücke». Gut. Hoheit, ich bi» scho» da bei, aber auf die Zeit braucht es nicht ,so genau anzukommen. Znerst muß ! meine Nolle durchstudirt sein. Di ! Kunst über Alles!" s Prinz Hamlet legte sich mit größter ' Gemüthsruhc wieder ins Sopha zurück und beendigte sein Nollenslndium, wobei er seine Cigarre zn Ende rauchte. Dann klingelte er seinem Kammerdiener, der z ihm beink Ankleiden behilflich sein mußte. ! I» einen, Mieth-Eabriolet fuhr er »ach ! Carlton-Honse, wo George von Wales, der Pnnzrcgcnt von England, der groß müthige Beschützer aller Künstler und Künstlerinnen, einst ein Anbeter der mui'd Keaiis, »lit der Pracht eines in dischen Nabobs Hof hielt. ! Prinz saß in seinen, Cabinet vor gleich aus dem Fuße solgle. ! „Königliche Hoheit," sagte der An kömmling, ..ich habe die Ehre, Ihnen einen ausgesucht guten Morgen zu wünschen!" „Guten Morgen, Prinz Hamlet. Pünktlich bist Du aber gerade nicht. .Weißt Du, was wir Lateiner sage»? ! „Ich bi» kein ganz guter Lateiner, wie Ew. Hoheit. Englisch ist mir ge- läusiger. pajsirc» können, denn ich bin heute selber bei trefslichem Appetit. Setze Dich, Roscius, iß »nd trink', was Dir schmeckt. Geniere Dich nicht, denk', wir speisten hier in der ersten beste» Taverne. Gestern ! Abend sind frische Gänseleberpasteten aus Strasburg und heute früh frische Austern aus Colchester angekommen. ' Beides ist ja Deine Liebhaberei, und ich habe Dich rufen lasse», um mir Gesell schaft zu leiste». Greife zu, Maiin der Musen!" „Königliche Hoheit, ich werde meine Schuldigkeit thun." Du warst gestern wieder einmal der köstlichste aller melancholi schen Dänenprinzen; aber von der Lust wirst Du deshalb nicht leben wollen. Doch, was ich sagen wollte: man er zählt sich da wieder merkwürdige Ge schichten von Dir." „Die wären, mei» Prinz —?" „Man versichert, daß Du schon wieder bis über die Ohren in Schulden stecktest solltest". mnischlichen Leiden. Wenn Ew. könig liche Hoheit sie haben, so hat das aller dings weiter nicht viel zu besagen. Sie sind Prinz-Regent, und können dank der himmlischen Gerechtigkeit! wegen solcher Lappalie nicht eingefpcrrt werden. die hohe Justiz nicht viel Umstände. ! Kleine Diebe hängt man, die großen läßt man laufen. Wegen lumpigen »ehn Pfd. St. mag Unsereiner bis zum Tage des jüngsten Gerichts brummen. Danken Sie Ihrem Schöpser, Hoheit, daß Sie als leibhastiger, nicht blos als Comödien-Prinz auf die Welt gekom men." „Schweig, Lästermaul! Du mußt mich nicht an meiner schwachen Seite packen. ! Ich habe freilich auch so viele Gläubiger, a's eine Spalte der „Times" Worte auf zuweisen hat. Slais «lu'iwport« ? Schulden sind, wie Du richtig bemerkt hast, etwas Menschliches. Wie könnte ! man ihnen in meiner Stellung eut ' gehen? Der liebe Gott und das Par lament werden schon dafür sorgen, daß meine Gläubiger eines Tages zu dem Ihrigen kommen. Doch lassen wir das ! fatale Thema fallen. Versuche einmal i diese Trüfsel-Pastete. Ich habe sie ertra für Dich Herrichten lassen. Haue ein, Kean machte sich über die Pastete und hob den Deckel. Aber der Inhalt war merkwürdig hart uud glänzend. Als er näher z»s«h, entdeckte er zu seiner Ueberraschung, daß die Pastete, statt mit Trüsseln, mit einem Hausen sunkelnagel neuer Geldstücke gesüllt war. „Königliche Hoheit, das ist ein sehr „Genau gezählt, 210. Sind erst gester» aus der Münze gekommen. Be zahle Deinen Wechsel damit —hörst Du? Seine Unterschrift muß man in Ehren „Mein Prinz, mir fehlen die Worte, Ihnen sür diesen neuen Beweis wahr hast königlicher Huld meinen Dank aus „Siehst Du, Freund Edmund, das verdankst Du Alles Deine», unnachahm lichen Hamlet. Ich würde mich ja schä men, einen solchen prinzliche» Eollegen nach Kiiigs-Bench wandern zu sehen. Drurylane könnte seine Psorten schlie ßen, ohne Kean, und als Regent darf ich meinen Unterthanen keinen solchen Kum mer bereiten!" „Gott segne Ew. königliche Hoheit sür diese gewlsjeiihaste Aussassnng Ihrer Re gentenpflichten!" „Aber nun trink' auch, Hamlet! Auf das hiininlische Wohl unseres Altmei sters Shakespeare, der, hätte er Dich gestern gesehen, entzückt ausgerufen ha ben würde: ,Nur Kean hat mich verstan den'!" Man stieß «n, «nd der Künstler leert, einen großen Becher Portwein fast mit einem Zuge. „Aus das Wohl des liebenswürdigsten uud kunstoersiändigsten aller Prinzen!" rief Kean jetzt, nachdem er seinen Be cher aus's Neue gefüllt. Abermals klan gen die Gläser, und der Wein wurde ge schlürft. Jetzt mußt Du mir aber auch sage», wie Dir u»sere Ophelia-Kenible gestern ge fallen?" Der Künstler lachte. Fraiices jiemble als Ophelia gefal len? Darf ich Ihnen die Wahrheit fa geil?" h H h höre» wolle»?" „Nu» den», so muß ich Ihnen geste hen, mein Prinz, Miß Keinble hat mir war nicht das uiischuldige Mäd> che», wie unser großer William es ge zeichnet hat. Sie war eine Courtisane, bei der aus allen Pore» ihrer geschmink- ten Haut eine Gefallsucht hervorgeguckt, die Andere vielleicht entzückt haben mag, mich aber, aufrichtig gesagt, nur anwi derte. Ich kann mir nicht helfen : Ophe > lia ist einmal ihre schlechteste P> rtie," j erklärte Hamlet »lit großer Emphase, und leerte dabei sein drittes Glas. 5 „Du bitt ein Grobian, Freund Kean," ! sagte der Prinz ärgerlich, der seine schöne Kemble viel zu lieb hatte, um sie von irgend Jemandem so hart beurtheilen zu ! lassen. „Ein Grobien? Meinethalben, Ho heit so geht's, iveiin ma» den Fürsten die Wahrheit sagt, die sie doch nie höre» wollen. Aber dnrch meine Grobheit wird die Kemble nicht besser. Sie ist doch nnr ei»e Kokette, und eine Shakespeare 'sche Ophelia liegt ganz außer ihrer Sphäre. Sie sollte die Nolle an eine jüngere Collegi» abgeben, die noch Ophelia ist." „Ha! Ha! Ha!" lachte der Prinz. „Aus Dir spreche» Neid und Eise, sucht, Meister Kean. Ja, ja —D» bist selber in sie verliebt, aber sie will Dich nicht erhören." „Ich —in die Kemble? Wer uuter steht sich, das zu behaupte»?" dcl^ »ein Könige nicht beleidige»! " rief der aufgeregte Schauspieler, j „Das ist schön von Dir, mein lieber wollen, sondern mir zugestehen, daß uu sere reizende Miß Kemble ei» großes, a»ßero,denlliches küiistlcnsches Talent ist."^ „Sachverständige sehen nicht durch Ihre Brille, mein Prinz!" „O, ich sage noch mehr: Miß Keinble ist die erste Schauspielerin Englands, ja der ganzen Welt. Stoß' an, Prinz Hamlet—es lebe Ophelia-Kcinble!" Vom Weine erhitzt, vom Widerspruche gereizt, erhob sich Kea» und entgegnete: „Darans stoße ich nicht an. Wen» Sie zu behaupten wagen, mein Prinz, daß Ihre Ziemble das größte Talent Eng lands ist, dann behaupte ich dagegen, mein Prinz, daß Sie von unserer gött lichen Kttilst nicht mehr verstehen, als ein Blinder vom Regenbogen " „Kean!" rief der Pruiz, de» jetzt doch ei» Ai'flug von Zorn übermannte. „Das ist meine ehrliche Meinung, königliche Hoheit, und damit Punktum!" declamirte der Schauspieler. Der Prinz biß sich aus die Lippen. „Vielleicht haben Sie Recht," er kühl. „Lassen wir das Thema fallen. Sic sich doch dort hinüber, und klingeln Sie gefälligst." Kean riß am Glockenzugc. Sofort ! Ruhe bedarf. Anf Wiedersehen, Mr. grüßen und ihr zu sagen, daß ich sie vielleicht noch iin Lause dieser Woche be suchen werde." Damit verneigte sich > des Zimmer. > Der Schauspieler fühlte sich plötzlich ernüchtert. Diefer unerwartete Ausgang j det so verheißend begonnenen Frühstücks hatte feine Leidenschaft vollständig abge> kühlt. Er sah sich um und wußte nicht, waS er thun sollte. „Herr Kean", meldete der zurückkeh rende Kammerdiener, „der Wage» Sr. königliche» Hoheit erwartet Sie!" „Goddani!" murmelte Prinz Hamlet vor sich hin, stülpte seinen Hut aus und eilte nach dem Wagen. Eine Stuude, nachdem er zu Haus« angekommen, erhielt er folgendes Billet: „Herr Kean hat seine Leibspeise, die Pastete, vergessen. Ich sende sie ihm, begleitet von dem Wunsche, daß sie ihm gut bekommen niöge. Prinz von Wales." Grade fünf Jahre nach diesem Früh stück, an, 29. Januar 1820, bestieg der Prinz von Wales als Georg IV. den Thron seiiies im Blödsinn verstorbenen Vaters. An demselben Tage »och schifft« sich Kean, seit jcucm Augenblick der un mals Notiz von ihm genommen und das Theater bei seinem Anslrctcn nicht besucht haben. Er starb am 15. Mai 1833 in, Theater während einer Auf fühnuig des „Othello". Seine letzten, Ein treuer Freund. Vor mehr als zwanzig Jahren lernii erste» BUck, daß ich ei» paar niederge- und stellte hier das Nationale sest. Der Eine, Officier hatte im Jahre Soeben hat mich der Assessor verlassen; gänzlich gebrochen, die rechte Hand krampfhaft geschlossen (es war ein Thaler darin), so fand er sich in meiner Behausung ein. Er hatte mit Aufbie tung seiner letzten Kräfte den Wagen er reicht, als fein Herr vor einem Hotel ren Freunde mir zitternder Hand gemel det, daß er ihn gesehen, daß er von ihm Hilse erwarte, da das Loos noch immer Beim Wort genommen. Onkel: „Gut, daß ich Dich treffe, ich habe mit Dir zu reden; man munkelt ,, Ucbcr ' recht Onkel»S Talent. „Wir spielst Du mit?" „Alle Wetter, Fritz chen, was sollt' ich denn da für ein Thier sei»?" „Du wirst der Bär, Onkel!" „Warum denn gerade der Bär?" „Weil hört?" „Nein, aber Papa sagte gestern, Tu hättest schon mal ein halbes lah» gebrummt!"