Z>ie arme Schneiderin. (2. Fortsetzung.) . Die bunten, glänzenden Flicken fügten ' sich sür sie zu Monumentalgegenständen zusammen, au denen sie ihre einsache. Ais Mitte Juui reichte noch der Ueber schuß ihres bisherigen Verdienstes als Schneiderin. Dann schon mußte sie die Eltern geerbt, oder als Pathengcschenke erhallen hatte. Das Dutzend silberne Eßlössel, eine alte Uhr nebst massiver ErbSkette, ein niedlicher Kinderbechcr und wegen etwas baare! Geld erhielt. Sonst war Else aber erst im August zum königliche» Leihhause gegangen, diesmal mußte sie leider diesen traurigen Weg schon in vierzehn Tagen antreten! WaS sie dort bekam, wußte sie ja aus Erfah rung, nämlich eine Summe, von welcher sie ungesähr sechs Wochen lang Miethe und Kost bestreite» konnte. Stets blieb aber in ihrer heutigen ein günstigere» Conjunklureu glänzend mit veranschlagte, welche der Herbst und mit ihm eine vergrößerte Kundschaft alleu- Herrifches Pochen an der Thür unter brach die Stille des Gemaches. Auf Elses schüchternes „Herein" erschien Frau Zubern, die Portiersgattin, auf der Schwelle und brachte aus einem Anricht brett, mit einer Serviette zugedeckt, das Mittagsesseu für die junge Schneiderin herauf. Frau Zubern besaß eine grobknochige, fettleibige Gestalt und ein abgemagertes gelbes Gesicht. Diesen unliebsamen Gegensatz in ihrer Erscheinung gab sie selbst dem feuchten Keller, den ihr Man» als Porlierwohnung im Vorderhause derschaar schuld, doch Andere behaupte ten, derselbe sei ausschließlich ihrer bösen Galle und giftigen Znnge zuzuschreiben. Die Portiersgatlin war sür die Bewoh ner beider Häuser eine höchst einfluß, reiche, stellenweis gefährliche Person, aus dem Grunde, weil ihr Mann da der Eigenthümer in einer serngelegciien Null war. Neigung und Nolhivendig keit synipathisch iierknüpseud, hatte des halb seine energische Ehehälfte sich die Hosen angezogen nnd regierte in ihrem Ober- und Unterreich mit strengem Re gelst. Die WiUenlosigteit des jungen Mädchens behagte der herrschsüchtigen Frau und seine Naivetät schmeichelte ihr. Denn die nnersahrene und leichtgläubige faßte den Mc'nschen genau so aus, wie er sich ihr da>stillte. Wenn also des prah lerischen WeibeS Muud von Selbstlob überfloß, so glaubte ihm Else auf's Wort, und hielt die Portiersgaltin criist- und über jede» Eigennutz erhaben, wie sich dieselbe schilderte. Das passirte aber Frau Zubern nicht häusig, und deshalb war sie instinktiv der Schneiderin gute Sitte in den ihr »»tcistelllcn Häu sern zu beschützen. Das war ja eigent lich an sich lobenswerth, doch geschah es meist in sehr unduldsamer, wenig ver söhnlicher Weise. Wer aber solche Zwecke veriolgte, sür den war es unumgänglich, junge Mädchen einfach sür grenzenlos unpraktisch uud quälte es uiiaushörlich mit ihren guten Rathschläge», wobei öster die beiderseitige Freuiidschast in's Schwanken gerieth, wen» Else nicht so sort den Wille» ihrer gestrenge» Hofinei- war. Else streifte hastig das Kleid von ih rem Schooße und warf es schnell über die nächste Stuhllehne. Dann sprang sie auf, stotterte eine Entschuldigung denn 'ne unjlückliche Liebe paßt ooch nich i in Ihre Verhältnisse! .... Det is man bloß wat vor die Vornehmen, die »ischt Anderes zu dhun haben," entgegnete die Zubern. Dann kniss sie plötzlich ihre kleinen »laltgraucn, trägt, oder ccnc» von baare Münze in . die Tasche!" heiigthen!" Obgleich Frau Zubern im völligen Enist und so wo^lwollen^- Else gönneihast ans die Schulter und empfahl sich, fest überzeugt, sehr herab lassend sich benommen uud nur Gutes neu hinein... .immer rascher plötzlich warf sie den Lössel fort und brach in hy sterisches Schlnchzen aus. Mit grausamcr Geschicklichkeit hatte det. was Beide vor ihrer Umgebung auszeich nete, führte sie fast unwiderstehlich zu sammen. Daß sie sich fanden »nd auch schließlich bände», dürfte füglich Nie mand in Erstaunen fetze». Es fehlte den, Pärchen durchaus nicht au Liebe, sondern iinr an Geld. Doch in der schönen Jugend hofft und wartet man ja so gern, mithin machten „der Kleistersriy und die Schnciderelse" ihre fraglos sehr übereilte Verlob»»« sorglos in den Zei tungen bekannt. Der Bräutigam war dann allerdings leider der Erste, der aus dem Taumel der Leidenschast völlig nüch tern erwachte. Seinem vorsichtigen, leicht verzagenden Sinn stellten sich bald all die ernste» »»d berechtigte» Bedenke» thurmhoch entgegen, welche der Gründung Betheiligten kein Vermögen und nur ei nen sehr beschränkten täglichen Verdienst haben. Er hatte naineiitlich das Letztere sowohl bei sich selbst, wie auch an Else bedeutend überschätzt. Im Lause der Zeit sah er erst, wie laugsam selbst der geschickteste und soli deste Buchbindcrgcsclle vorankommt, und die ärmlichen Verhältnisse der Braut, be sonders ihre Kränklichkeit, entmnlhigien ihn ebenfalls, obwohl er diese letztere Kalamität eigentlich selbst mitverursachte. Denn Else's zarter Gesundheitszustaud litt entsetzlich während der Ebbe und Fluth ihrer Verlobungszeit, ihre schwa che» Nerven datirten eigentlich haupt sächlich nur daher. Ein uncrstickbarcr die arme Braut fortzngliiheni was weseullich de» Proceß erschwerte, den« ue.in der wankelinüthige Gesell sich oft fcho» eine Zeit lang von Else zurückge zogen hatte, so kehrte er doch schließlich imuier wieder zu ihr zurück. Vielleicht stheii Periode mischte sich unheilbringend die Welt ein. Dieselbe behauptete, Else klammerte sich mit Kiewall an Heu Bräu tigam, uni> Nur der uuweibliche Grad Als der schöne Kleisterfritz seine Frei junge reiche Braut, die Tochter des der zeitigen Besitzers. Zu Weihnachten schon er und des ten «och insgeheim lieben sollte, durfte sie mit Fug uud Recht außer sich bringe», d«n» ein derartiger Verdacht enthielt eine Auch konnte sie es vorläusig »och nicht über sich gewinnen, die Zeugin fremden bräutlichen Glückes zu sein, uud desbalb hauptsächlich hatte Else Mariechen JSckek'S sreuildliche Einladung zu deren pfingstsestlicher Landpartie ausgeschlagen. Mit einem zärtlichen Brautpaar den gan zen Tag umherzuwander», da» war für sie doch wirklich zu trübe und zu lang weilig, brave Marie der. Dort war Heil uud Segen aus dem geschlossenen Bunde entsprossen, denn dieses Pärchen stand bereits dicht vor der Hochzeit. Und nur darum ging es denen da so gnt, weil der Mann, wel- LebenS zu wagen. Ein l?harar 3. Capitel. Ungesähr eine Stunde nachdem Frau noch viel von einem unvorhergesehenen Glücke zn crhossc». Man hatte sie dort kalt verschmäht, wo sie ihr Heiligstes, Persönlichkeit verknüpsi waren. Das köstlichste Psingstwctler begün stigte ihren Ausgangs Tag» zuvor hatte war warme, bedeckte Luft, „jour ilcü llames", sagt der Franzose. Else hatte Recht gehabt, wen» sie den Thiergarten lobte. Es gibt »icht zum zweiten Mal ein so schönes, urivüchsigcs, großartiges und doch civilisirtes Institut dicht bei einer Weltstadt. Je nach der Stelle, wo man umherwandelt, bietet der Berliner Thiergarten einen echten Wald, einen wttndervollcn Park oder einen entzücken den Blumengarten dar. Besonders an creniplare hervorragend schön »iid alt, uiiler ihrem Schatten ritten und sichre» schon Friedrich Wilhelm 111. und Köui giii Louise dahin, damals als das kleine Jägerhäuschen noch stand, welches der prächtigen Allee den Namen gegeben hat, FlächenrauiiicS auch eine interessante Ge schichte hat. Heute rollten die Wageukctten vierfach inen angebracht sind, zeigte» sich dicht besetzt. mit lächelnder Miene und einem Achsel zucken, das für feine» Inhalt nicht schmeichelhast war. Jetzt befand sich das Buch fcho» feit Jahren in Elses Besitz »iid sein Anblick hätte de» Autor rühren, ja entzücken die'rothe Schale noch hübsch mW wohler halten, weil Eise stets zu Hause sorglich einen Umschlag darüber legte, doch in iianntl „Eselsohren". Bleistiftsstriche, AusrufungSzeichen, ja eingehende Be merkungen, welche auf den Rand geschrie- Geiste völlig erfüllt! Ja, das i,Ncne Buch der Lieder" war neben der eingebo renen Dulderfähigkeit ihres liebeverlan genden Herzens, eine starke Mitveran iassung gewesen, daß die junge Schneide rin einst so hartnäckig an ihrem unge treue» Buchbinder festgehalten hatte! Stets auf's Neue berauschte sich Elses Gemüth bei der Lectüre dieser Gedichte und steigerte ihre Eraltationssähigkeit durch den Dithyrambus der Liebe uud Treue, der ihr daraus iu beredter Weise entgegenblühte. Sie bediente sich der glänzenden Floskeln der roma.»lische» Leidenschaft, der pathetischen Rede »nd der farbenprächtigen Schilderung, mit denen sich der Autor des Büchleins einen ständigen Platz nuf dem Parnaß zn er kämpsen getrachtet hatte, und schmückte in derein Sin» ihr jugendliches, schwarz lockiges Idol anö, so daß sie dessen kalt egoistische Eigenart, dessen nüchtern pro saische Natur kaum eher bemerkte, als bis es zum Aeußersten damit kam. Daun aber machte sie es gerade »inge kehrt. Als nach geschehenem Bruche mit dein seiaherzizen Verlobte» und »ach dem ersten «schrecken und der unr.rmeid lichen Trauer über das vermeintlich ver lorene Glück jene Abspannung und Her zensöde über Elfe kamen, die meist „Ver- össentlichen Gelegenheiten. Besitzen nun diese Menschen irgend etwas Typisches itnd Hervorstechendes, so prägt sich dieses Bild ihrer Erscheinung ei», und man e>- kenut sie schließlich auch an anderen Or ten nnd zu anderen Zeiten stets wieder. entweder wenn sie fortging, oder wenn sie heimkam. Sie wnßte auch, daß er eine Buchhalterstelle bekleidete in einem der großartigsten Holz- und Kohle»- geschäste Berlins, welches sich damals in der uumittelbaren Nähe ihrer Wohnung befand. Daß er ledigen Standes war, hatte sie znsällig auch ersahron, ihm je doch ttotzdem kein besonderes Interesse gewidmet. Elschens Geschmack war , noch der eines richtigen jungen Mäd ! chens, bei ihr gesiel nnr, was jung, glatt und hübsch war. Der Buchhalter ge hörte schon damals zu den gesetzten Leu te» u»d mochte jetzt dem Schwabcualter »icht niehr sern stehen. Sein gänzlich bartloses Gesicht war zwar angenehm «nd sast bedeutend, sogar nicht ganz ohne Schönheit und Nnudung der Form, je doch entstellte ihn große Kurzsichtigkeit und die goldene Brille, welche er sort während tragen mußte, sowie die um sangreiche Glatze, welche sogar noch un ter dem Hut hervorguckte, wäre» ebc»- salls nicht geeignet, sei» Aussehen zu ! und eine Glatze, mochte Else ganz beso»- ders nicht leiden! Außerdem war die > Art und Weise, wie mau über de» Buch ! Halter in ihrer Gegenwart gesprochen > hatte, keineswegs geeignet gewesen, ihn I in den Angen der rasch abnrihcilciidcn j Jugend zn verklären. Er schien zn jenen Gestalten zu gehören, denen man freilich die höchste Achtung nicht wohl versagen kann, denen jedoch stets ein leises Lächeln folgt, weil sie Sonderlinge, wenn auch harmlose, sind. Else z. 8., die nicht einmal des Buchhalters bürgerlichen Na men ersahren halte, entsann sich doch mehrerer Spottnamen, die man ihm einst genannt worden, aus welchem Grunde, darüber hatte die junge Schneiderin nicht weiter nachgedacht. Später war dann worden und mit ihm der „Tichterliug" aus Elses Umkreis verschwunden. Doch erinnerte sie »ich, nachher noch allerlei Romantisches über ihu vernommen zn haben, unter Anderem sollte ihm plötzlich > eine große Erbschast zngesallcn sei», uud I man sagte auch, daß er sich um eine j wuudcrschöiic junge Wittwe bewürbe, die Ob er nun mittlerweile diese Wittwe geheirathet hatte, oder ob sie ihm eine» Korb gegeben, konnte ihm Etse leider nicht ansehen. Im Ganzen aber machte „der Unverstandene" nicht den Eindruck eines speciell von Gott Amor Begünstig! ten. Im Gegentheil, er schien krank ge drießlich ans seinem Platze, daß er der gulmüthige'i Else leid that. Dagegen constalirte ihr feiner Francn- folgt.) dann »in drei, um vier, und jetzt gar eist um füns Uhr nach Hause!" „Ja, siehste, Alte, kam i—ich «m Zwei Zweie, da vi« deutsche Schutztrnppc in Oft» afrika. In der „Straßb. Post" gibt ein .Wißinann - Ossieier" eine interessante Schilderung de, deutschen ostasrikanifche« Schutztnippe. Der größte Theil der selben besteht aus Sulus, einem Men schenschläge vo» ziemlich gleichmäßiger Nröße. Da dieselben mit Europäern Liördcr übergeht. Es wird Jedem ein leuchten, daß die weißen Ossieiere und lltttcrossicierc der Schulkompagnicn kein verkehrt, d. h. mit dem brennende» Ende in den Mund gesteckt. Ich be schreibe damit nicht etwa eine AnSnahme, den. Die Sullls sind Meister des Ge zcn Hautjarbe hätte iu unseren Da mensalons jcdeiisaUs das allergrößte Aus sehen erregt. Die Somalis sind sana tische Muhamedaner; dazu kommt ein »uSgeprägteS Selbstgesühl, ei» herrischer Stolz »nd eine uugezähmte Wildlieit. Diese Eigeiischaste» erschwere» den Ver kehr mit de» Somalis in großem Maße, und es war ih»e» gegenüber die höchst« Lorsicht geboten. Die Nichtachtung ihrer religiösen Gesühle, die geringste körper liche Züchtigung würde niciner Ansicht nach die josortige Ermordung des betref fende» Europäers zur Folge haben." —lm Wiener Prater müs - sen jetzt nicht nur die Hunde, sondern »nch die Indianer an der Leine ge führt werden, eine polizeiliche Verfügung, die der Siour-Jndianer Mister Good aus der „Wi>d-Amerika"-Truppe des Dr. Carver aus dem Gewissen hat. Er ging jüngst des Nachts, nachdem er seine Stolle »Is „blutiger Leichnam in der Prairie" Publikum vorgeführt, ein wenig „auf Wirthshaus und ließ sich ein Glas Vier geben; es schmeckte ihm. ''Verx xoocl", ineinte Mr. Goos, ließ sich ein zweites, ein drittes Gläschen reichen und trat dann in heiterster Stiminnng eine kleine Bierreise durch mehrere Praier Wirths häuser au. Der Sohn des Westens fand er sich gegen einen Kellner ans dem Da der geschätzte Wild- Ainerikaner glücklicherweise seinen pa begnügte er sich damit, den Kellner bloß zur Erde zu „legen", ohne ihn zu skalpi« ren, und dann ein derartiges Gebrüll anzusaugen, daß die älteste» Bäume im Prater wackelten. Selbstverständlich war roth. (Aus einem Romanl: Die Sonne neigte sich zum Untergänge, lang sam tauchte der glühende Ball in d>« ferne Eowin saß neben Emma