Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 23, 1874, Page 3, Image 3

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    Ale Diamanten der Großmutter.
„Wenn Sie mich in der That so hart
näckig gefangen halten, wird mir nichlS
Andere« übrig bleiben, als meinen Bur
schen mit einigen Zeilen an meine» Chef
abzusenden, die ihn, wenn auch nicht ganz
über meinen Mangel an Disciplin be
sänftigen, doch über den Gruud meines
Ausbleiben« beruhigen können."
Max erhob sich und Miß Ellen, die
eben die Klingel gezogen, damit dcr Die
ner die Lampen hereintrage, brachte ihm
sehr bereitwillig Schreibmaterialien her
bei. Valentine beobachtete sie dabei und
glaubte einen Zug von triuniphircnder
Giuugthiiilng in ihrem sonst so wenig be
wegliche» Gesicht zu lesen. Was sollte
dies Alles? War eS ein von ihr und
Gaston abgekarleleS Spiel, um Max
über Nacht zu halten und ihm irgend
eine Schlinge zu legen? ES legte sich wie
eine dunkle Ahnung auf Valentine; mit
scheuen Blicken bcobachlele sie jetzt ihren
Vater in seinen ruhigen Miene» spie
gelte sich nichts als der ausschließliche Ge
danke an sein Spiel, dessen Stand er,
während Max schrieb, mit intensivem In
teresse studirte; dann Guston'S Züge,
der wieder seine bedeutungsvollen Blicke
mit Miß Ellen zu wechseln schien und
dann von dcr Seite ans den schreibenden
deutschen Ojficier schaute, mit einem Aus
druck in den lcichtgcrn»zclten Brauen, der
nichts Beruhigendes enlhielt. Als Max
fertig und nun gegangen war, um seinen
Burschen mit dem Billet abzusenden,
sagte Miß Ellen, sich ebenfalls zum Ge-
„Ich werde Auftrag geben, da« kleine
Frcmdenzinimer sür unseren Gast herzu
richten.-
.DaS neben dem Eßzimmer? Und
weshalb nicht da« bessere oben?" fragte
Valentine lebhast.
»Weil daS kleinere bequemer für ihn
unS Alle zu stören, wenn er morgen viel
leicht in der sprühe schon heimkehre» will.
Auch sind oben die Vorhänge abgenom
men und diesen Abend nicht mehr i» Ord
nung zu bringen."
Dagegen ließ sich nicht» einwenden, ob
wohl das kleine Fremdenzimmer sonst nnr
zur Aushülse diente nnd sehr viel weniger
Comsort bot, als daS oben im Manscir
denstock in der Reihe der übrigen Schlaf
zimmer liegende eigentliche Fremdeuzim-
Max war a»s eine gewisse Widersetz
lichkeit bei seinem Burschen gestoßen, al»
er diesem ausgetragen, ohne ihn »ach Void
heimzukehren »nd dem Hattptmann Sont
heim ein Billet zu überbringen. Der
ehrliche Bursche hatte c« bedenklich ge
einem Orte zurückzulassen, wo er, was
seine persönliche» Beobachlungen anging,
durchaus nicht aus Vertrauen erweckende
Sympathien in Hos und Gesindestube
gestoßen war die ihm solch ein einsaines
Uebernachten in der Ferme des Auges
vorsichtig und räthlich erscheinen ließen:
aber Max, der zu seinem Spiel zurückzu
kommen eilte, schnitt seine Vorstellungen
durch einen gemessencn Befehl ab. und
Friedrich ging deshalb, fein Pferd aufzu-
Der Abend verging ruhig »nd ohne
Zwischenfälle. Die beiden Spieler ka
men zu einem für Herrn d'Avelon sehr
befriedigenden Ende der ersten Partie —er
hatte Max matt gesetzt und bedauerte nnr,
daß Gaston nicht mehr da sei, nm Zeuge
seines Siege« zu sein; Gasten hatte sich
gleich nachher, nachdem Max seinen Bin»
schen abgesandt, beurlaubt, um nach Giv
re« heimzukehren. Während die Herren
die Ncvauchepartie spielten, halte Valen
tine sich an ei» Fortepiano gesetzt und
Max war mit dem größeren Theile seine,
Ausinerksamkeit, die doch Herr d'Avelon
mit seiner Gewandtlieit »nd Ueberlegen
lieit so sehr in Anspruch nahm, bald nicht
mehr bei dem Spiele seine« Gegner»,
sondern dem de« jungen Mädchen«. Va
lentine spielte nnr deiilsche Mnsik... .war
e« eine Freundlichkeit fttrMax... .jeden
falls spielte sie mit innigem Verständnis,
und großem Gefühl; Max konnte »ich,
ander« al« sich lagen, daß ihr Spiel eine
ihm tief in'« Herz dringende Ueberze».
gungSkiast von der Identität dcutjchcn
„Gemüths" und französischer „Seele'
habe er fühlte sich von dem Slrömen
und Rauschen dieser Töne, in dencn ihm
eine Seele ihre Schwingen zn hohem Gei
stesfluge auseinander zu schlagen schien,
in der tiefsten Tiefe seine» Gemulhs er
saßt.
Miß Ellen hatte eine Weile neben Va
lentine gestanden und ihr die Notenblätter
umgewendet; dann, als ob diese deutsche
Musik sie »ich, mehr sessele, wandle sie
sich ab und ging »»ruhig umher, um sich
endlich mit einem Buche an die Lampe in
der entferntesten Ecke de» Salon« nieder
zusetzen.
Max hatte darüber den einen Springer
und kurz nachher auch seine Königin ein
gebüßt ; es schlug auf der Pendnle über
dem Kamin eben elf Uhr, al« Hern,
d'Avelon zum zweiten Male sein siegrei
che« „Malt!" ausrief, Valentine erhob
sich von ihrem Instrument und schaule
Max mit einem wie dankbaren Lächeln
an er wnßle noch nichl, wie sehr e«
zum Glucke des Hausherrn und zu»,
frieden des ganzen HauseS beitrug, wenn
Herr d'Avelon in einer Schachparthie der
Sieger geblieben war. Dieser ließ sei
nen Partner erst nach einem Nachttrunk,
der jetzt hereingebracht wurde, und nach
einer gründlichen Debatte über die beiden
Spiele zur Ruhe gelangen... .er führte
ihn durch da« Speisezimmer und dann
quer über den Hausflur in ein jenseits
desselben liegendes, ans de» Hof hinaus-
Max schloß seine Thüre ab, sah nach
seines Ueberzieher« mit sich führte, aus
Daß jedoch der Schlaf floh,
nen wahre» Wirbel von seltsamen That
sachen gerissen; er lag auf seinem guten
sranjösischen Bette nicht viel ander«, nicht
ruhiger und besser, -l« er auf dem Rücken
einer stürmisch bewegten McereSwoge ge
legen hätt« wenigstens lag er in einer
Flnth hin- und herivogender Gedanken,
ohne den Halt von irgend etwas Sich
erem und Bestimmtem zu haben, woran
er sich wie an einem Anker in dieser Fluth
festklammern konnte. Es war Alles ja
»ur quälende Frage, was ihn umgab, uud
was sein Herz und seine» Verstand be
drängte. Zwar was Gaston de Ribeau
pierre ihm gesagt, um ihm seine Ueber
zeugung auszureden, daß er hier seinen
verschollenen Oheim wieder gefunden, daS
hatte wenig Eindruck aus ihn gemacht.
Gewiß, er hatte daraus eingehen müssen,
er mußte eS als eine Pflicht betrachten,
die Beweise, die Gaston zu haben glaubte,
zu prüfen ; aber er war sich klar darüber,
daß Gaston sich täuschte, daß seine Be
weise nicht stichhaltig sein könnten ; Max
fand sogar etwas von einer „Stimme der
Natur" in dem Gefühl von Sympathie,
welches d'Avelon ihm so rasch bewiesen,
und in dem tieferen ausschließlicheren und
jetzt schon zur Leidenschaft geworden Ge
fühl, das ihn bei dem Anblick der Züge
Valentinas erfaßt hatte, in der ganz ei
genthümlichen Sprache, welche diese Züge
schon da, als er sie erst im Bilde erblickt,
für ihn gehabt hatte». Wie fragend hat
wie erwartungsvoll in die Ferne gerich
tet, als ob sie von dort her das Nahen ei
nes verhüllten Schicksals, einer überle-
Genen Macht halb scheu, halb mnlhig er
warteten, oder als ob sie sagen wollten:
ich hüte in mir eine Welt »nd ein Leben,
»nd wer kommt mil dem Zauberwort, das
diese Welt erschließt?
Rein, es war unmöglich, daß er sich
meiitS folgend gehen lassen, weder edel
noch klng gehandelt halte. War eS ed.l,
daß er Menschen, die ihn so arglos und
herzlich ausgenommen, verheimlicht, wie
nahe er ihnen stand? Wäre es nur ge
schehen, um Herrn d'Avelon zu schoueu —
dann gewiß ; aber war es nicht mehr noch
eine häßliche Kriegslist gewesen, um sich
nicht sür immer vou Valcnline getrennt
zu sehen! und hätte er nicht offener und
größer gehandelt, wenn er ganz wahr ge
we>e» »nd zn d'Avelon gesprochen: „ich
erkenne Dich, ich durchschaue Deine
Maske, Du bist mein Oheim nnd ich bin
Dein Neffe; doch erschrick nicht, ich
komme nicht mit verhaltetcn Ansprüchen
oder als Erbe verjährter, längst begrabe
ner Boiwürfe wider Dich!" Offener,
ehrlicher wäre es gewesen, ohne Zweifel;
für d'Avelon geblieben, er hätte seiner
Großmnth tinen Eharakler beleidigender
Ueberlegenheil nicht nehmen können; ein
Werben um Valeutiue hätte etwas For
derndes, HcischcudeS, angenommen er
hätte nicht mehr daran denken dürfen!
nnd dazu war ja dieser Gaston da mit sei
nen Ansprüchen aus ValentinenS Hand —
iind ihm gegenüber wollte Max keinen
Verzicht aussprechen gegen ihn wollte
er die Waffe seines Rechts schwingen; er
der er Valentine erlittet haben würde,
sobald er Gaston den Schild seines Rech
te« Vorhalle, sobald Gaston einsehe, daß
er in Valentine keine Erbin finden werde.
lllc» ansgcdtck», was er seinen Verwand
en verschwiegen - wie der Augenblick
hn bestiiiiint, ihn hingerissen vielleicht
oie, vielleicht inißbianchcn würde; er
mtte seine ganze deutsche Ehrlichkeit in
ie Verhandlung mit diesem Franzosen
e»t Enthüllung hin zurücktrat, dies nicht
hne bittere Gesühle und tiesen innern
i>.oll thun wurde; davon konnte Max je
«nsalls überzeugter sein, als von Ga
ton'S Ritterlichkeit und Edclmuth, von
enen er bisher nicht die geringste Probe
»alte ! und wie gegründet war also Max
u« Sorge, daß Gaston nicht schweigen,
ah er d'Avelon durch Verbreitung dessen,
oaS er vernommen, bloßstellen werde!
rr hatte wie ein unbesonnener Spie er,
lur um einem Duell z» entgehen, das
hn für immer von ffenne deS ÄugeS ver
annt haben würde, sofort Alles auf die
xine Karte, die Verschwiegenheit Ga
lon'S gesetzt dazu noch mit einer ei
ennlltzigen Berechnung, einem festen
Sauen aus die innere Hohlheit französi
cher Verbindungen uud die Sorge,
inen verhängnißvollcn Fehlgriff began
gen, daß Gaston, auch wenn Valentine
eine Erbin war, an ihr festhalten könne,
ag nahe genug, um den Schlaf von sei
len Wimpern zu scheuchen.
Aber waS geschehen, ließ sich nicht un
leschehen machen; er wußte auch nicht,
vie er hätte anders handeln können
ein Verhältniß zu den Bewohnern der
Herme deS AugeS war nicht so, daß er
mit Sicherheit hätte daraus zählen können,
)ie Zeit zu finden, um andere Wege ein
zuschlagen ! ganz gewiß hätte er nicht zu
langen diplomatischen Schachzilgcn Leit
und Muße gefunden. So snchte er die
von sich abzuwerfen und sich den
Erinnerungen und Bildern a»S seiner
Kindheit hinzugeben, die heute so frisch
und lebendig in ihm erstanden waren, als
er mit Gaston geredet. Die Augen
schließend sah er das schöne, mit hohen
Giebeln Über einen Kranz von dichten
Lindenwipfeln ragende Vatcrhan« vor
sich, mit den breiten Wassergräben umher
Knabe eniporgeklettert war, um oben
> olz aus einem der fchildhaltenden Löwe,,
zu reiten: er sah den Erker an der Haus-
ecke, durch dessen geössnete« Fenster er
von seinem Hochsitz au« die Mutier a»
ihrem Nähtisch erblicken konnte, die er
dann «nrief, damit sie seine Krastleistung
bewundere; er sah seine weißen Tauben
uni das spitze Dach de« Treppenthnrme«
kreisen und im helle» Sonnenlicht blitzar«
tig die Fllgel schlagen und den Eich.
Wald mit den aufgeschichteten Holzklaftern
hinter dem Wiesengruud, den schönen
Wald, in dem er seine ersten Jagdver
snche auf Eichhörnchen und Drosseln ge
macht. Das AlleS, die ganze Herrlich
keit, die einst als sein sicheres und unan
tastbares Erbe gegolten, war jetzt dahin;
frenide Menschen waren gekommen, um
es abzureißen, neu zu bauen, um und uni
zu kehren; mit dem Besitz war der Stolz
nnd Klang des alten Namens dahin
und das Alles wie unzählige Male
hatte er eS dem bösen, ruchlosen, entsetzli
chen Onkel schuld geben hören, der dein
alten Hanse verbrecherisch die Mittel ent
fuhrt, sich aus dem Ruin zu retten! Wie
eine Art Ungeheuer, den anderen grim
mige» MSrchenungchcnern der crzählcn
den Tante gleich, wie ein von aberglänbi
ger Scheu umgebenes Wesen, dessen Ma
nien man nicht gern ausspricht, sondern
durch Andeutungen ersetzt, war ihn, einst
dieser Onkel erschienen .... nichts hatte
ihm ferner gelegen, als der Gedanke an
die Möglichkeit, ihn je oieder zu sehen;
bei den Antipoden, in noch iincntdcckten
Ländern jenseits aller Meere sein ruchlo
ses Dasei» verbergend, hatten MaxenS
Kiiabettlräniue ihn gesucht und jetzt,
lag er friedlich unter seinem gastlichen
Dach, mit dem Gefühle des herzlichen
Wohlwollens fiir den Mann, dem er
völlig verzieh, daß er einmal zur Selbst-
Hülfe gegriffen, um ein altes Unrecht aus
zugleichen, der dann sich ehrlich sein HauS
gegründet, sein Glück anferbaut und die
Gewaltsamkeit seines Anfangs durch red
liche Arbeit längst gesühnt hatte! er lag
friedlich unter feinem Dach, und dies
Dach beschirmte den Inbegriff alles
Glücke» für Max, der, jetzt still die Lider
schließend, anch die Reihe seiner Gedan- l
Als Max Daveland sich zur Ruhe bc
lcichler Strichregen siel nnhörbar leise
nieder. Valentine legte sich in das Fen
ster und ließ sich von einzelnen seinen
glühte«. War es die Musik, die sie mehr
al« jemals ergriffe» ? Es war in ihr
eine ciienlhümliche Erregung, etwa» von
einer Unruhe, die doch nicht quälte, etwas
von einer innern Spannung, als ob in
unerwarlelcS, irgend ein ihr ganzes Leben
erfassendes Schicksal vor sie treten könne!
dazu kamen dann aber bald wieder, wie
lich hiuter ihrem Rucken bereite, eine böse
Intri.nie, die Gaston anzettele und zu der
Miß Ellen den Einschlag liefere mit
ihren rosigen, dünne» »nd kalten Fingern,
deren Berührung Valen'ine stets gescheut
hatte. Miß Ellen Halle ihre Erziehung
geleilet, aber sie hatte sich ihr Herz nicht
setzte nnd sie ebenfalls Herr d'Avelon er
setzen zu wollen schien .... Valentine
konnte sich nicht verhehlen, daß sie, um
dies Ziel zu erreichen, die lebhafte Be
günstigerin Gaston'S nnd seiner Wünsche
war: ja, sie mußte vermuthen, daß für den
Fall ihrer Verbindung mit Gaston de
Ribeanpierre sich ihr Valer an Miß
Ellen bereits gebunden hatte —Miß Ellen
übte wenigstens schon jetzt eine ziemlich
große Herrschast über Herrn d' Avelon
aus. So war das Bündniß zwischen
Gaston »nd Miß Ellen ein natürliches,
Sorge; die ängstliche Beklemmung, die
von Zeit zu Zeit in ihre erregte, schwung
haft hochfligende Stimmung kam, wie
ei» Windstoß die Oberfläche eines träu
mend daliegenden Weihers kräuselt und
nieder, über die Dächer der Oekonomiege
bände fort, aus die leise ansteigenden Hö
hen dahinter, nach der schmalen, aber
ziemlich tiefen Einsattelung, die im Westen
den Kranz dieser Höhe» unterbrach
plötzlich fiel ihr ans, daß da» gewöhnliche
Schau piel, welches sie nachts von ihrem
Fenster auS Halle, wenn sie den Blick auf
die Einsattclnng richtete, hente fehlte
der Giuthschein und da« von Zeit zu Zeit
sich wiederholende Auflcnchten der Frisch
sener in dein Eisenwerke, das zu Givres
gehörte und da« gerade hinter jener Ein
jatleliing lag, über deren Kamm sonst der
Fencrjchein in jeder Nacht den Horizont
mit seiner rothen Gluth übergoß und in
regelmäßigen Pausen stoßweise sich ver
stärken» an da» Arbeiten eine« BulkanS
Eine Viertelstunde im römischen
Achniiichad.
Sudaiorium. In dem engen Raume war
nur ein Siuhl frei. Nachdem sich mein A»ge
stellen. Tie Diagnose ist nicht bloß deshalb
'chwierig, l"-il die Leute nackt sind, sondern
auch, weU sie gewöhnlich sich sehr worlkarg
verursachen, thcils au» Scheu und Mißtraue«
Man muß also seine Schlüsse au« dem Gr
sichtS-Ausdrucke. dem Haar- und Vaitschiutt,
ter Haltung der Beschaffend,ii der Hände und
Füße ziehe» und Ivo möglich den «eol>achlete»
schroffem Kontraste zu diesem war aus der
„Folterbank" ein Skelett sichtbar: da« starke
trug einen Ichmale» Aopf.^wel
demselben hervor. Die plumpen Hände und
Filbe de» Manne», welcher von Zeit zu Zeit
enva» vor sich hin murmelte, liehen mich »er
hielt und mitunter einen mächtigen Zun that,
wobei von seiner Stirn zahlreiche Bächlein in
da» grobe Gla» sich vergossen, ei» Berliner
Hausbesitzer sei» müsse. No, 2, da« Skelett,
sllhrt jedensall« eine siyeudc Lebensart, und
kauende Greis endlich kam mir sehr bekannt
mir klar, daß e« der alte Ausseher im Thier
dilten HSude keine Ardeitsspuren zeigten.
Tiefe Stille herrschte in dem Raume.
Man hörte nur die Uhl, und, sobald Liner
berichtete, daß er eine« kleinen Erbrechen«
an, linken Fuße wegen seit Wochen ein nie
mg gehinkt habe. In Folge dessen sei seine
rechten Wade colossal sest geworden, Der An
zen liegen, denn Mottle ha« nur zu sehr Zkchl,
daß wird uns fünfzig Jahre gegen Frankreich
Söhne hade ich nicht. Auch bin ich b>»
jetzt Junggesell, indeß ein freundlichere« Da.
sein wird bald mir blühen/' „Was," rief
in wenigen Wochen tritt in« Leben der holde
Traum." Phalhetisch Zilirte er einige la
teinische Verse.
mir gän.lich verkannt worden. Er kann un
möglich Schneider fein; selbst Streichenberg,
der größte Hosen» und Häuser-Baumeister,
kennt die Asklepiadeische Strophen nicht. Ich
den Aenderung meiner Lebenslage den Kör
per nicht genug stählen.» Dann fuhr er mit
der Hand wieder an den, Wadenplatze ent-
in die regelmäßigen kalten einschöbe, und der
Hausbesitzer fügle hinzu: „Bor Ihnen ist
die Hauptsache, tüchtig zu essen und »u Irin
schlage ganz nach seinem Vater, der Mit 78
Jahren noch ganz frisch sei. „Pfui," kalau-
Mai war döse genug, und Ihr beständiger
Barsch fiel er mir in'» Wo«: »Mein Herr,
wa» wissen Sie von meinem Aufenthalt im
Teufel ist Ihr alter Freund!»
emlocken, ergriff me ne Partei. Er sagte zu
dem Alten : Erlauben Sie mal, Onkelchen,
Sie müssen »ich so ungemülhlich wcrn. Wir
eiste. Eine leibhaftige Excellenz später
erjuhr ich, daß es der General v. Z. sei, des.
sen Name in de» letzten Kriegen hohen Ruhm
er äugt hat hatte ich siir einen Thiergar
teuaujseher gehalten! Mein leichtfertige» Ur.
theil sollte bald gesühnt werden.
Nachdem der Bademeister mit einem Stück
Flanell un« alle nach Wunsche frottirt halte,
wandle er sich zu mir mit den Worten : Ge
stern war Ich de, Ihnen in der Friedrichstraße.
Da« Römische Bad wird samo«. Ich werde
mich bei Ihrem Herrn Direktor auch zum
Eintritt melden. Bi» wann lau» Alle« IN
Ordnung sein? „Ganz bestimmt erwiderte
ich, bi» tum August, vielleicht schon früher.
Gearbeitet wirb riesig. indeß da, Trocknen
d" Mauern verlang, seine Zeit.« „Denken
Sie e« im Römischen Bide mit drei Mann
zu schaffen?« Bevor ich antworten konnte,
tönte die Klingel und rief den Mann zum
Empfange eine» neue« Galle« hinweg.
Nach kurzer Pause kreckte mir die Excellenz
ihren Frottirlappen entgegen und sagte:
Darf Ich Sie bitte», mir noch ein mal den
Ich wollte zuerst grob werden, allein die
ehrliche Miene des Alten entwaffnete mich.
Ich fragte also ganz höflich: Wie kommcn
Sie dazu, Exccllcuz, mir einen solchen Dienst
znjumulhen ? „Ei, Sind sie denn nicht auch
Babeniciiicr? Ich hörte doch vorhin, daß Sie
unter cincm Badcdirccior in der Fricdrich
straßc stehen und
Jetzt mußte ich krampfhast lachen, wa« die
Excellenz so ausbrachte, daß sie vom Stuhle
aussprang und selbstvergessen nach der linken
Hüfte griff. An dieser Bewegung erkannte
mir hatte, denn dcr nackte General halte
offenbar den Degen ziehen wollen. Meine
Heiterkeit konnte natürlich durch diesen An
blick nur erhöht werdcu, und in mein schal
ligten Zeugen herzhaft ein. Doch ich setzte
bald der Belustigung eine Schranke und rich
tete an den ergrimmten Militär Worte der
Begütigung und Entschuldigung. Ich stellte
mich ihm vor und erklärte da» mit dcm Bade
meister geführte Gespräch dah n, daß ich für
da» Zustandekommen der großen und komsor
table» Badeanstalt in dcr Fricdrichstraßc
Mich lcbhast bemüht habe u»d auch heule
noch sür da» unscrer Stadt so nöthige Jnsti
tut thätig sei. Wozu der Hausbesitzer de-
müsse mir für mein Verdienst
„Attjust, Du kannst mir jctzt rau«lassc>?"
Ich erfuhr später, daß der junge Mann, wel
cher so klug zu schweigen verstanden, Friseur
gehulse sei.
„Auch ich empfehle mich," sagte da« Ske
lett, und machte, che e« sich zur Thür wandte,
e»,c tiefe, unter den obwaltenden Umstände»
sehr verkehret» Urtheil Sollte ich
wcnigstcn» bci Ihnen da« Richtige getroffen
habe»? Ich habe Sie für einen hiesigen
Jejenthkil!" rief er trmmphircnd
Grönländisches Aommerlelien.
Von
l>r Gustav E Laube.
hän,,t seine kalten Füße in da« ewig bewegte
Meer, daß selbst die e« sich mit einer festen
Tecke überzieht. Wenn aber der lustige
Werl der Perjungung, oder endlich endlich
Snde. Ein Irischer Wi»d se„t Wolken und
den Sounenkusz gespürt. Die Gräser und
Kräuter wissen e» alle, da» da» milde Regi-
Ja und die Menschen fühlen den lichten,
liebe., Sommer auch. Es war schon hohe
Ze„, daß er kam, der Keller unter dem Fel
sen war leer, der Speck war aufgezehrt, und
die Irockenen Häringe gingen zu Ende! In
der lange» Rcgenze» war der Fang schlecht,
denn lein Ka>ak wagte sich bei Sturm in die
See der Magen schnurr», und Zeltleder ist
eine schiechte «oft, selbst für den'grönländi.
und auch über die grönländilchen Berge
spann, sich blauer, klarer Himmel, Alle«
fühlt den liebe», lichten Sommersonnen
schein ! Nun wird'« ander«. Jetzt kann m-in
au« dem engen Hanse heraus, Längst war
tet der Kajak bezogen, und da« Jagdzeug
wäre rostig geworden, wen» diese« überhaupt
jemals blank wäre. '« ist Sommer! Schon
seit ein paar Ta >en waren die Männer au«
auf den Fang, und jeden Tag, oder doch nach !
einigen, lamen sie wieder, ein und zwei See
hunde dinier sich im Wasser, und Jonathan j
hat noch einen draußen versteckt. Nun hat
die Noth ein Ende. Im Wint-rhause »er.
lischt die Lampe, und da» Wintersenster wird
ausgehoben, um seit dem letzten Herbst da»
erste Mal—der frischen Lust der Eintritt und
der unsäglich verpeneten den Au«tritt zu ge.
statte». Zusammengerollt wird die Schlaf,
decke, und die Zeltselle und Stangen hervor
gesucht. Da liegt der Umjal da» große
Weiberboot wohlgefettet und »erschmiert,
und morgen wird gepackt und gewandert!
Die wenige gute Habe nimmt der Bruder
Missionär in Verwahrung oder sie bleibt im
Hause unter alle Felle verwühlt wer wird
sie entwenden?
Und aus und fort; da» Dorf wird öde und
leer. Durch die Dorfgasse geht kein Mensch
mehr, nur die Hühner au» der Mission sehen
fleißig nach, denn der große Düngerhaufen
vor jedem E»kimohause prickelt von Maden
und Larven, da freuen sich auch die Hühner
de« Sommer». Die Ziegen der Missionäre
einzigen, die da» saftige Gra» aus
reu und dasilr da» Dorf Hillen.
Fort sind sie, fort mit Weib, Sind, Srei»
und Hnnd! Da» schnattert und kreischt
»iid jauch-,t ! Zwischen de» langen, schwerbe.
packten, vielköpfig besetzten Umjak» schießen
die kleinen, leichtgebauten einmännigen «a-
Strauch Wurzel, und kaum ein («ra»hk>lin.
che» weht im Winde zwischen den Fel»llüften.
Aber dort hält die grönländische Flotie, die
llmjakc werden an » Land gezogen und au»ge-
muß Zelt und Lagerstätte fertig sein.
nni sie aus dem Bode» zu halten, und die
Fe»erstelle ist serlig gemacht, schon hängt der ,
Kessel darüber. Da kommt auch Einer nach
ihnen ward der Beute größte und beste. Eine
riesige, wohl sieden Fuß lange Bartrobbe,
den gcschätzlcstcn und größten Scchnnd, habcn
sie erlegt und schleppen ,hn mit vereinten
Kräften an » flache Gestade. Nun gehl e» an
hinein gefallt. 2 ' I g
Nach einiger Zeit kommt der Kaufmann
scheu, der ein „Fjeilgänger" geworden war,
d. h. ein geisterhafter, ewiger Spaziergänger
in den Gebirgen, Und wie er noch erzählt.
ohnehin gezählten Sommertag; Regen und
Nebel stellen sich ein—endlich kommt eine Fa
inilie nach der anderen heim zum Dorf. Erst
aber bald wird da» Rasendach gebessert und
da« Wliiterscnster eingesetzt; ein Bote um den
andern melde«, daß der holde Sommer von
dannen ist und der alte Winter wieder zum
Regiment kommt. Im Winterhause qualm,
die Thranlampe, und die Gesellschaft lieg, an
einandergepfcrch, aus der Pritsche.
Ta« war ein grönländische» Sommerleben!
Valdmeister woher dein Dust?
Der Mai ist schon seit Wochen vergangen
M seinen Freuden und Leiden. Doch wohl
>n», daß wir lieber un» leichter seine trüben
Lage in den Schoos; der Vergessenheit betten
iSgen, al» jene sröhliche» Stunden au» dem
sir in heiterem Kreise mit lieben Freunden
u» der Ferne den Gruß de» Willlommen«
Klange der Gläser gefeiert! De»„Ma>c»
elpendet! ihn haben wir un» wohl thun
assen, ohne vielleicht zu wissen und zu fragen!
>Wa» eigentlich zu sein er sich rühme?"
wir daher nachträglich auck
Wie verschiedenartig auch die Pflanzengat
ungen sich gestalten mögen, welche mit ihrer
Bohlgeruchen die Lust erfüllen, so herrsch!
lleichwohl in dem Wesen der Düste bei de,
st's auch mit unserem Waldmeister ergangen
!r hat e« sich müssen gefallen lassen, daß sei
>em balsamischen Dust der recht prosaisch
Da« Eumarin wurde zuerst aus dem So
»eit dargestellt (daher auch sein Name). In«
>emein nennt man die gedachte Pflanze
iber den Erdball angetreten und wohl noc
>eutigen Tage« in der goldenen TabalSdos
nanche» alten Herren ihr Daheim ausge
iesen Fund angeregt, unterwarfen deutsch
Runge, der Entdecker de« Anilin u. a.) »u>
nglische Fachgelehrte die Pflanze», welch
.lcichc oder ähnliche Wohlgerüchte zu eiithal
en schienen, unter ihnen den Waldmeiste
iner chemischen Ausschließung. Ihre Müh
vard mit Ersolg belohnt. Es gelang, au
»tinsclben einen Stoss an« Licht zn bringen
>esfen Sigenschasten in jeder Hinsicht mit den
lumariu in Einklang standen ; und so würd
Waldmeister« Dust die Au» Zeichnung zu Theil
jenen Namen sühren zu dürscn. Der besprc
Hene Körper besteht au« Verbindungen vm
Wasserstoff, Sauerstoff und Kohlenstoff in
Verhältniß von 1 :S: 18.
> Dem Arzt biei« sich öfter Gelegenheit,
von frischem Heu duftenden Wiese vorllbergc
gar an» Bett gesesselt, Mägde, welch- „INS
Heu fahren," wissen wohl davon zu erzählen.
Der Wohlgeruch de» frischen Heue« ist also
durch die Anwesenheit desselben Stosse», wie
Unter den Mischern von Chiana
Wer Benedig besucht, sollte nich, versän-
men, eine» Ausflug »ach Thiozza (Thiogga)
' zehnte» Jahrhundert», Ehiozza, wo Tizian
Vorbilder suchte für feine Nymphe» und
Madonnen, wo Solooni lange wohnte und wo
großen Marmormauern sind, die „Murazzi "
welche die Republick im 18. Jahrhunder zum
Schutze gegen da» Meer ausführen ließ. Un
ter einer schönen Marmorbrücke, der Ponto
dem Quai de« nm Fischerbarken aller Art qe,
füllten Kanal«.
Keine „Ciceroni," keine „Facchini" beläfti.
gen den ankommenden Fremdling Touri
sten sind hier eine zu seltene Erscheinung, um
da» Gewerbe lohnend erscheinen zu lasse».
S» gibt auch keinen „Führer- weder eim»
gediuckten noch eine» lebendigen für die
so muß man e« besuchen, wenn sein« Äarkeu
von den großen gischsahrlen zurückkehren.
Gibt e« doch außer SSV» Seeleuten, die der
Handelsflotte angehören, 727 Schiffer, die
Viertel der Gesamintbevölkerung. Der grö
ßere Theil von ihnen fährt auf da« Meer, die
Adria, hinaus ; die übrigen über St>oi>
gehegten Saljwafserstrecken d.r Lagune von
Beucdlg uud anderer Lagunen de» Küsten»
So ist denn der größere Theil der männ.
lichen Bevölkerung Monate lang aus dem
Wasser, und wer die Stadt zu gewöhnlicher
Zeit b-sucht, dem erscheint sie leicht zu groß
für sei»^ Bewohner. Aber zur Osterzeil und
d« Sladt ein andere» Bild. Während Hun
derte von heimgekehrten Barken in den Kanä
len ruhen, nai« und^ Siraß«i
Jnftruiuente uud mit voranwchcnden Fah
nen durch dic Straßen. Am Namenstage
der «chutzhcillgen durchzieht eine lauge Pro
zession Chiozza von einem Ende bis zum an»
deren. Am Abend de« Eharfreitag» aber
wird die Piazza prächtig illuminirt; die ganze
re» versiehe» sich wohl bereit« und sprechen
die gleiche Sprache Herl und Glück sei mil
Eurem Bunde! Eh.
Nobiiisons Insel.
- Robinson« Insel ist heute ein kleine» Para
l> die«, Lord hat dort auf einer sciner Fahnen
t Pfirsiche, Quitten, Aepsel, Weinreben, Erd
> beeren und einige Gemüse gepflanzt. Die
worden seien, Er erllarle?edo». daß"ein
Ausgleich, und selbst ein mo6u» vivendi
g-nz unmöglich seien; er weide niemol»
nachgeben. «nt eine Adreffe de« Kaiholiken»
Eongress » in Venedig antwortete der P»pß
mit ciiiem I bhasten Lote der B.klredulla«»
diese« Eongresse».