Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, September 30, 1869, Image 1

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    Scranton Wochenblatt.
5. lahrqang.
Dr. K. Bodeman,
Morgens von B—!>
NachniittagS „ A—ii
Abends „ B—9
In Abwesenheit wird Herr gränz Nachricht er
theilen. 7mz7
Dr. Camill Krejci,
Arzt, Wnndarztn. Geburtshelfer,
vr.
Deutscher Arzt,
Wuudarzt uud (Geburtshelfer.
l—3, Abends von 8. l»s 8
Deutsche Apotheke,
!>apB ' p. F. Labrck.
Hclimillt A (üo.,
DcutschcUpotlickc,
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Advokat und Nechts-Aittvalt,
WilkeSbarre, Luzerne Co., Pa.,
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«ch w e iz. Wochenblatt I» Cents,
25j19,7m E. Steiger,
22 «. 2t Frankfort St., New Jork.
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isiuciuuati uud St. Louis Visettbal,«,
I' V X I I VI.
Vermittelst dieser Bahn ersparen Passagiere Stunden Zeit, zwei Wechsel in den
Wagen, Z ua Meilen nach Cincknnati, IK2 Meilen »ach St. Louis und gk Meilen nach Chicago.
Dieses ist ebenfalls die kürzeste und schnellste Linie »ach
Indianapolis, LouiSville, Memphis, Mobile, Ncw-OrlcanS,
St. Joseph, »ansaS City, Logansporr, Milwankee, St. Paul,
Drei dnrebsahrende Aiige
verlassen Harrisburg taglich und stellen ihre Verbindung nach folgender Zeit-Tabelle her:
Verlassen Harrisburg, ... !. 15 Nachm. 12.20 Vorm. 4.15 Vorm.
„ Alloona, .... „ g.iiz „
„ PittSbarg, .... A.ix> Vorm. l».l» „ Nachm.
Dennison, .... B.W „ 1.52 Nachm. 7.W „
Newark, .... i,.»5 „ ,!,2,'> „ W.W „
„ LotumbuS, .... 1.15 Nachm. 5.50 „ 12.41> „
Ankunft in Cinciiliiati, . . . ti.Z» „ I».W „ 7.2i> „
„ Indianapolis, ... g.zz „ 2.85 Vorm. 8.5» Vorm.
„ Logansport, ... Vorm. 2.5» „ „
„ Chicago,. .... i>.i» Nachm. B.IU „ 2.i5 Nachi».
„ Cairo, .... ij.zz „ Vorm.
„ St. Louis, .... Vorm. ,1.15 Nachm. Nachm.
„ LouiSville, .... 1.51> „ 7.1 i» Von». t.15 „
„ Nashville, .... 5.2» Nachm. 5.2» Nachm. !i.55 Vorm.
„ Humboldt, .... Vorm. l».I5 „
„ Memphis, .... z.Z» „ 2.15> Nachm.
New-OeleanS, - - - 2.»N „ 12.'ZU „
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Scranton.'l». lan.llBs!li."'
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und Zchnupf Tabacke, Pfeifen u. f. w.'
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Seranto» Sparkasse.
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von de» Unterzeichneten oder »on der Lank zu de
James Blair, Pr»,id,M.
James Blair, John Handley,
John H. Sutphin, T. g! Hunt,
Daniel Howell, George Fisher,
James S. Sloeum.
Scranton, li. Okt. 1867.
Friedrick Schräder,
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(5. 42. Carutau, Händler in
PineßrookKohlen
Office in No. l»9 Penn Avenue,
2M Seranto», Pa. lj
F. D. Colli « S,
R e cli t >? - A u > v alt,
Peter Creter,
Haus-, Sckild-,
Fresco- Lf Oruameutal-Maler,
Fredr. W. Günster,
deutscher Advokat u. Rechtsanwalt,
Office in Hull'S Block,
A. <5. Kvuarsvn,
deutscher Uhrmacher bi Juwelier,
Wyoming Ave., gegenüber dem Wyoming Haus,
Seranto», ll>. Jan. IBKL ba
<?. Merristeld,
Advokat und Sachwalter,
Freigesprochen!
(Fortsetzung.)
ohne Zaudern mit der Kleinen.
„Der Starrkrampf ist gewichen," flu
sterte Juliane.
bat er.
dnrch, nichts zersplittert, höchstens die
Sehnen gestreift, das heilen wir bei guter
und aufmerksamer Pflege in vierzehn Ta
gen, Fedderhof."
und heilige Gelöbniß abzulegen, daß sie
nichts versäumen n>>'rle, was des Kindes
Genesung sö>!eru könnte, aber sie beugte
„Was ist das Fräulrin? Sind Sie so
durchmaß, wurde gerufen, weil man seine
Hülfe nicht entbehren konnte. Die Her
bigkeit seiner Betrachtungen ging schnell
Brust.
„Mir ahnte es, sie wies jedoch meine
Hülse zurück."
„Weil sie jede Berührung der Wunde
scheute. Halten Sie still, damit wir die
Bewußtlosigkeit ausbeuten können. Tante
Heyden, Sie nehmen sich vortressiich, keine
Wehklagen, wir sonst, Sie sollen den Or-
Erde liege», bis es erwacht."
Fedderhof sah dem alten Freunde in's
Gesicht, als wüßte er sich die Ironie sei
ner Worte nicht zu deuten. Als er aus
dem Lächeln desselben ersah, daß der alte
Herr diesen Vorfall zu einer Hindeutung
benutzte, wie gefährlich die Stellung eines
jungen Mädchens im Hauswesen eines
jungen Wittwers sei, wenn dergleichen
Zufälligkeiten eintreten, ließ er vor der
Hand diese Bemerkung uubeantwortet,
»ahm sich jedoch vor, über Alles was sein
Gemüth an diesem Abend belastet hatte,
mit dem wackere» alten Herrn zu sprechen
und wo möglich seine Hülfe zur Feststel
lung feines Schicksals in Anspruch zu
nehmen.
Juliane erholte sich unmiltelbar nach
dem fertigen Verband und erhöh sich fast
ohne Beistand als sie sich in Fedderhofs
Armen fand. Mit einem Anfluge von
Demuth und Schüchternheit hat sie um
und erklärte, ganz wie der Doctor vorher
gesagt hatte, daß wirthschaftliche Angele
genbeittn sie nöthigten, mit Sybillen in
die Vorrathskammer zu gehe».
„Für jetzt ist meine kleine Ida noch
unter Obhut, da kann ich mich entfernen,"
schloß sie so gleichmüthig, als verstände es
sich von selbst, daß sie während der Nacht
nicht eine Secunde vom dem Lager der
Kleinen gehen würde. Anerbietungen,
sich in die Nachtwache zu theilen, lehnte
sie entschieden ab.
„Lann mögen Sie trage», was ge
schieht, Sie eigensinniges Frauenzimmer
che»," schalt der Doctor.
„Mir geschieht nichts, was ich nicht tra
gen müßte, wozu mich die Umstände nicht
verpflichteten, Herr Doctor," erwiderte Ju
liane, ihre Augen mit der Gluth des Fa
natismus zu ihm ausschlagend. „Es ist
die letzte Aufgabe meines Lebens, hier gut
selbstsüchliger Feigheit verschuldet habe?
Wäre mir jemals eine Ahnung gekommen,
dies Haus, dies Asvl sür mein zerrittetes
Dasein, betroffen hat. Ist meine Aus
gabe erfüllt, ist das Leben und die Ge-
„Bei diesem löblichen Vorsatze habe ich
auch erst noch ein Wörtchen miizufvrechen,"
fiel der Doktor ausgeregt ein. „Glauben
Sie, daß Ihr Verlobter auf Sie gezielt
hat, so werde ich das Amt Gottes hier aus
Erden verwalten u»d ihn zur Rechenschast
„Sie hätten uns ihr Vertrauen schenke»
sollen," schaltete Fedderbof ein.
vertragen hätte, würde ich nicht gezögert
haben, es zu thun," entgegnete das junge
Mädchen sanst und herzlich.
„Verträgt es sich jetzt besser damit?"
fragte der Doctor.
„Nein."
" ,/)tei'»'"
Thal?"" w ii» einsaugen
„So verläugne ich ihn! Wer kann mich
zwingen zu sagen, wie er heißt?"
nigen Mädchens," spöttelte der alte Herr.
Fedderhof hatte «inen Namen auf den
Lippen gehabt, den er aussprechen wollte,
um aus ihrer Ueberraschung die Uebeizeu
gung zu schöpfen, daß er nicht irre; aber
er schwig, als er ihre standhafte Weiger
ung vernahm, damit ihr Gemüth nicht
noch mehr aufgeregt würde.
„Glücklicherweise dürste es Leute geben,
die den Mann kennen, welcher Ihnen seine
Liebe auf eine so eigenthümliche Art er
klärt," fuhr dc? Doctor verdrießlich fort.
„Sagen Sie, seinen Haß erklärt," wcn-
iieinei» Nero an."
„Nun ja, da haben wirs ja! Man soll
den Teufel nie an die Wand malen, sonst
Freunde nach dem Lager NeroS.
„Das ist der gefährlichste Patient,"
sprach er bedenklich, nachdem er ihn besich
tigt hatte. „Er wird lahm bleiben und
auf dem linken Auge blind werde». Lassen
Sie ihn lieber gleich todtschießen, denn er
kann Ihnen nicht mehr nützen."
Juliane Warden beide» Herren gefolgt.
„Ich bitte um sein Leben, Herr Fedder-
Hof," sagte sie schnell herzutretend. „Ich
„Wenn ich so sicher aus Treue im Men
schenherzen rechnen könnte, als auf die
Treue und Anhänglichkeit dieses Hundes,
dann hoffte ich nochmals im Leben auf
Glück," fiel der Hausherr ein. „Nero ver
läßt mich und dies Haus nie! Und ich
will ihn lieber blind und lahm haben, als
ein Doctor machen, dem ein Thier nur als
nutzenbringeiid werth ist."
~Vertrauen Sir mir des HiirideS Hei-
Nach mancherlei Einwendungen will
sahrte man ihr auch hierin und de, I>c
tor fuhr mit dem Versprechen ab, am n »v
sten Tage wieder zu kommen.
Die Nacht brach herein. Die Holzhauer
des TbaleS kamen mit der Meldung, daß
jede Höhle, jede Felfenspalte von ipnen
vergeblich durchsucht worden sei. Es wnr
de still im Thal» —es wurde still im Zoll
amte. Fedderhof warf sich im vollen An
zuge auf's Sopha, um einige Stunde-» zn
ruhen. Tante Heyden mußte flch hin>e.» n.
Sybille war nahe genug an Juliane«?
Schlafzimmer, um jedem Rufe Folge Nisten
zu können; die Knaben schliefen im un
verwüstlichen Jugendsriedcn, nur Juliane
wachte im Hause und ließ schaudernd die
erlebten Ereignisse an ihrem Geiste vor
über ziehen. So ermattet sie war, sie
kämpfte die Ermattung durch ihre ruhelo
sen Gedanke» nieder. Sie hatte »ie dem
Körper ein Uebergewicht eingeräumt uiid
sie wußte auch diesmal dem Geiste Gehor
sam zu verschaffen. Sie gehörte zu den
Frauen, die nie von dem weichen, was ihre
Schwärmerei sür Pflicht erklärt hat. Zu
folge dieser Schwärmerei hatte sie die Ehre
und die Unschuld ihres Verlobten verthei
digt und infolge dieser Schwärmerei hatte
sie ihn auch aufgegeben.
Neuntes Kapitel.
Die Nacht war vorüber und die Sonne
trat mit ihrem goldenen Glänze am Hori
zonte hervor, als Juliane aus einem kur
zen, leichte» Schlafe wieder zum Bewußt
sein ihres Elends kam. Welch ein trauri
ger Wechsel in ihrem Geschick, das sie hier
gehorge» glauhte, nachdem sie die Verbind
ungsbrücke mit der Außenwelt sorgsam
abgebrochen hatte! Sie schauete mit stillem
Entsetzen in die Zukunft, welche traurige
Kämpfe für sie bereit hielt und wünschte
von der mörderischen Kugel getroffen z»
sein, die leider ihr Ziel verfehlt hatte.
Noch rubele tiefer Frieden auf der Flur.
Die Blätter der Bäume glitzerten im er-
Schaukeln den nächtlichen Thau herunter.
Ihr leises Rauschen lockte Juliane mit ge
heimnißvollcrKrast ins Freie. Dort warsie
Gott näher, dort mußte sie Ruhe finden,
wen» sonst noch die Möglichkeit vorhanden
war, ihre tiefen, schmerzlichen Gemüths
beivegungeii zu stillen. Ihr poetischer
Sinn machte sie empfänglich für den Trost,
der in einem neuen Erwachen des Tages
lag. Sie sah nach ihrer kleinen Patientin,
das Kind schlief ruhig, wenn auch nicht
fieberfrei. Ein inneres unabweisliches
Sehnen zog das arme Mädchen, das bleich
und ang.'gliffcn, wie eine vom Tode Er
standene aiiSsab, nach ihrer geschützte»
Einsamkeit, nach dem Walde mit seinen
Einigt Minuten in diesem heiligen Schat
ten würden ihr das kräftigste Medicamcnt
für Leib und Seele sei», so meinte sie und
ging ohne Besinnung »ach Sybillen«
Kaminer, um sie zu wecken, damit sie den
erschien Sybille im Kinderzimmer und
nahm Platz am Wiegenbettchen. Natür
lich erwarte!« sie, daß Juliane sich nun
ins Bett legen würde, mußte jedoch zu Ih
mes Tuch hüllte lind einen blauen Wollen
shawl über de» Kopf schlug.
Sie fragte verdrossen nach dem Grunde
dieser Zurüstungcn. Daß ein Fräulein,
welches selber nicht unerheblich verwundet
war und die ganze Nacht gewacht hatte,
in einem Morgenspaziergange «ine Er
quickung suchen könne, war ihr unbe
greiisUch.
zu sorge» und dachte grollend darüber
nach, warum sie habe aufstehe» müsse»,
wenn das Fräulein nichts weiter im Sini»e
Jukanen beirrten ihre verdrießlichen
Mienen nicht. Sie wußte, daß sie trotz
dem eine zuverlässige Wächterin für die
Kleine war und daß der Kaffee ganz ge
wiß fertig sein würde, wenn sie zurückkam.
Mit tiefen Athemzügen sog sie die
kühle, geivürzige Morgenluft ein,
hend glitten die Thautropfen auf sie her
ab, ihr das heiße Gesicht und die heißen
Augen kühlend. Hätte der kleine alte
Doktor sie so gesehen, wie würde er ge
zankt haben, daß sie im leichten Fieber
schauer solche gewagte Kuren unternahm.
Aber ein so kräftiges Gemüth Juliane
auch besaß, furchtsam schauete sie dennoch
erst in das Dickicht hinein, als sie nach
und nach der Schlucht sich näherte, wo die
Pfade enger und verschlungener wurden.
Die Schreckensbilder des verflossenen
Abends tauchten greller vor ihrem Geiste
aus und sie gedachte des Ortes, den sie
mit dem Namen „Teufelskanzel" hatte be
zeichnen hören. Hier mußte die TeufelS
kaiizel liegen. Ihr Ortssinn kam idr zu
Hilfe, als sie die Länge der gelsenwände
zwischen dem Zollamte und der Waldschenke
'Aufmerksam betrachtete sie die Bildung
des Gesteines, da» sich mächtig emporhob
und sie von dem Thale trennte.
„Dort Hinte»," flüsterte sie unter un
willkürlichen Schaulern, „ja dort hinten
ist eine Zerllüstung, dort ist «in Borsprung
Ao. W.
r v»n Felsstücke», es wird der Ort sein, wo
Z —" Ein Geräusch störte ihren traurigen
Gedankenfluß. Juliane blickte, leicht zu
- sammcnfahreiid, um sich. Was war das?
- Ein Thier des Waldes vielleicht, das sich
i unten in der Schlucht Bahn brach? Nein,
das Rascheln im welken Laube wurde von
' einem Wimmern hegleiltt. Sie wich ent
setzt zurück, horchte jedoch mit furchtbarer
Spannung, ob sich das Geräusch wieder
hole, ob es sich ihr nähere. Unten in der
Schlucht war es, so viel konnte sie schon
j jetzt behaupten. Nun, gegen einen Ueber,
fall von dort hatte Fedderhof fle gesichert,
indem er den Ausgang mit FelSstücken
ausfüllte. Das Geräusch wiederholte sich,
von demselben schinerzlichtn Stöhnen be
gleitet. Es war «in Schmerzenston aus
einer gequälten Menschenbrust, der sich
loszuringen schien, wenn eine Bewegung
versucht wurde. AthemloS vor Aufregung
stand das junge Mädchen; ein ganzes
Veer von Möglichkeiten überstürzte ihren
klaren Verstand, man hatte da« ganze
Thal vergeblich nach dem Manne durch
sucht, der goltesvergessen das Leben Ande
rer gefährdet hatte. Sollte er hier ein
Versteck gefunden, soll er sich in die Schlucht
gewagt haben und darin verirrt sein?
Was war zu thun? Wie ließ sich diese
Entdeckung feststellen, ohne voreilig Lärm
zu schlagen? Verletzt mußte «r sein oder
krank, da« beißt, wenn er «s wirklich war.
Schon die nächste Secunde überzeugte fle
davon. Mit einem gräßlichen Fluche gab
der unglückselige Mensch seinem hilflosen
Jammer Ausdruck.
„Hat sich denn die Hölle zu meinem
Verderben verschworen," schrie er wild in
die Einöd« hinein, ohne Rücksicht, daß
man ihn hören und «ntd«ck«n würde.
Aber es hätte ihn Niemand gehört, wenn
nicht Juliane Trost und Erfrischung für
ihre l«b«nSmüde Seele dort gesucht hätte,
wo man der Schlucht nahe war.
„O, diese Höllenpein, soll ich hier bei
lebendigem Leibe vermodern, weil mir die
Kraft der Glieder gebrochen ist, o, diese
Oual, welcher Teufel hat mich verlockt,
hierher zu kommen!" rafete er weiter in
vergeblichem Zorn. Julianens Herzhlut
stockte vor Schreck und Graue». Es blieb
ihr kein Zweifel mehr übrig, daß er es
war, obwohl seine Stimme heiser und
rauh klang, wie sie dieselbe nie gehört.
Heftig bewegt rang sie ihre Hände und
hob sie rathlos zum Himmel auf. Durfte
sie ihn hilflos lassen? Schon die Men
schenpflicht forderte sie zur Rettung des
Verunglückten auf. Aber wle ihm helfen,
ohne die gcheiiiinißvollen Beziehungen zu
verrathen, die ihn doppelt strafbar dem
irdischen Richter wiedtr überliefern muß-'
te»? Sie war keineswegs blind für die
Gefahr, der sie ihn durch ihre Hilfsleistung
aussetzte, aber sie ging, entschlossen zum
äußersten, dennoch ans Werk der Barm
herzigkeit. Alle Schwäche des Körpers
vergaß sie, indem sie nach dem ZollamtS
kausc zurückfloh und in sich den Plan rei
sen ließ, Herrn Fetdrrhos zum Vertraut«»
ihrer traurigen Lage zu machen. Es blieb
ibr kein anderer NettungSweg übrig, sie
allein konnte nichts zur Verbesserung des
Schicksals thu», das der unselige Mensch
sich selber bereitet hatte, alle Borsätze wa
reu zum Wanken gebracht, denn die Noth
forderte sie zum Vertrauen, zur Enthül
ächteien, obgleich «r „frrigesprociien" war.
Alhemlos fragte sie Sybille, welche ih
ren Verdruß glücklich überwunden hatte
ob der Herr schon auf sei.
„Gar nicht zu Bett gewesen, Fräulein,"
von der dampfenden Tasse ausblickend.
„Er wurde zornig, daß Sie schon spazieren
gelaufen und ineinl«, Sie gingen ja gründ
lich darauf aus, sich zu ruiniren."
„Wo ist der Herr?" fragte das Fräulein
zerstreut diese Bemerkung überhörend.
„Im Wohnzimmer, er trinkt Kaffee.
Gehen Sie nur rasch, damit Sie auch et
was Warmes in den Magen bekommen,
der Mensch bleibt doch Mensch, trotz allem
Julianen war e» so heiß, daß fle keiner
innerlichen Erwärmung beduiste.
Sie »rat mit guten Borsätzen ausgerü
stet in das Zimmer und bot dem HauS
cheln einen guten Morgen.
Fedderhof stand hastig auf, um sie zu
begrüßen, Er erschrak vor ihrem Ausse
hen und heftete seine Augen mit wahrhaft
schmerzlichem Mittleiden auf das junge
Mädchen.
„Wie ist Ihr Befinden, Fräulein?"
fragte er, ihr die Hand reichend.
„O gut, gut genug," antwortete fle zer
streut, ohne die ihr dargebotene Hand zu
berühren. „Ich muß Sie sprechen, ich
muß Ihnen etwas entdecken, muß Ihre
Hilfe in Anspruch nehmen. Stoßen Sie
die Bittende jetzt nicht zurück, weil sie frü
her Ihnen jedes Vertrauen entzogen bat."
„Juliane!" rief Fedderhof mit einem
unaussprechlich milden Ausdruck. „Habe
ich nicht gesehen, wie hart Sie kämpften
und ich sollte Sie zurückstoßen, nun die
Nothwendigkeit Sie zu einer Bitte zwingt?
Betrifft es das Geheimniß Ihrer Verhält
nisse, so will ich Ihnen jedes Geständniß
durch die Erklärung erleichtern, daß ich
fast gewiß weiß, Sie heißen nicht Juliane
Liebau."
„Nennen Sie mich aber nie, nie mit
dem andern Namen," fuhr das Mädchen
leidenschaftlich erregt auf. „Lassen Sie
mir den ehrlichen unbefleckten Namen mei
ner Tante, die mich erzogen und zum Gu
ten angeleitet hat."
„Es würde mich tief schmerzen, sollte ich
Sie mit einem anderen Namen rufen, als
schreiblich lieb geworden sind," entgegnete
gedderbof mit so ausdrucksvollen Blicken,
daß Juliane sie bis ins Innerste de« Her
zens dringen fühlte Sie ließ sich matt
(Siehe vierte Seite.)