Hcritnton WockeMM 5. Jahrgang. Dr. F. Bodeman, Cedar Straße. Im Hause des Herrn Pcter Franz. „ —9 In Abwesenheit wird Herr Franz Nachricht er theilen. 7mz7 Dr. Cainill Krejci, Arzt, Wundarzt u. Geburtshelfer, Office in Wyoming Avenue, Kaiser's Haus, ordinirt von l 1 Uhr Vormittags bis 3 Uhr Nach mittags .Mi t ' ch idF Dr. Deutscher Arzt, Wnndarzt und GebnrtShelfer. I—3.1 —3. Abends von li—B. Illjp Deutsche Apotheke, TIB Uackawaiina Avenue. schrägüber dem Wyoming Hause, 9apB H. F. Lobrck. tj (Gustav Yahn, Shas. Dupout Brcck, Advokat und Sachwalter, f^/^rt^zu Ariedricl» Schräder. Sarsaparilla und Mineralwasser, sehr zuträglich fft. Da» Geschäft steht 2iib» Fr. Schräder. 114 und PittSbnrg, Ctneinnati und St. Louis Eisenbahn. Vermittelst dieser Bahn ersparen Passagiere Ig Stunden Zeit, zwei Wechsel in den Wage». I ttU Meilen nach Cinclnnati, 112 Meilen nach St. Louis und SS Meilen nach Chicago. Dieses ist ebenfalls die kürzeste und schnellste Linie nach Indianapolis, Louisville, Memphis, Mobile. New-Orleans, St. Joseph, Kansas City, Logansport, Milwaukee, St. Paul, und nach allen Punkten westlich, nordwestlich und südwestlich. Drei durchfahrende Züge verlassen Harrisburg täglich und stellen ihre Verbindung nach folgender Zeit-Tabelle her: Verlassen Harrisburg, ... 4.15 Nachm. 12.20 Vorm. 4.15 Vorm. ~ Altoona, .... 9.j5 „ s.jg „ 9.95 Pittsbarg, .... 3.»» Vorm. I».l» ~ 2.45 Nachm. ~ Dennison, .... 8.»» „ t.52 Nachm. 7.4» „ Newark, . . . . 11.»5 „ 4.25 ~ 1»,3« ~ „ ColumbuS, .... 1.15 Nachm. 5.5» „ 12.4» „ Ankunft ig Cincinnati, ... K.Zg ~ 1».4» „ 7.2» ~ „ Indianapolis, ... 8.55 „ z.85 Vorm. 8.5» Vorm. „ Loganspvrt, ... I».4i> Vorm. 2.5» „ 9.4» „ „ Chicago. .... 9.1» Nachm. 8.1» „ 2.45 Nachm. », Cairo, .... Z.ZS ~ z.3» Vorm. „ St. Louis, .... 8.45 Dorm. 3.45 Nachm. IV.V» Nachm. „ Louisville, .... 1.5» ~ 7.3» Vorm. 4.15 „ „ Nashville. .... 5.2» Nachm. 5.2» Nachm. 3.55 Vorm. „ Humboldt, » . . . 12.35 Vorm. 10.15 „ ~ Memphis, .... 5.3» „ 2.45 Nachm. „ New-OcleanS, . . - 2.»» „ 12.3» „ „ Mobile, ..... 1.3» „ Wechselnder Wagen, undmit nur S. MIIiI-LR. Ge». Ticket Agent für den Osten, No. 526 Broadway, New»?lork City. In Scrantou kann man TickctS erhalten bei Hrn. O'Connor, Office der D.» L. u. W. RR. I» WilkeSbarre bei Hrn. Taylor, Office der Lehigh Valley Eisenbahn. Bap9 Karl D. Ncuffer, K ppen- Fabrikant. IBap7 ' Günster St Hull, Großes Mobilien-Lager. Alle in großer Auswahl »orrathl^, Bu» AuSzieh-Tische, Bettstätten jeder Art, Matratzen Lokal-Veränderung. Möbeln! Möbeln! Griesier St Co., Seranton, W. Febr. lBSö. Cedarstrafie Möbel-Geschäft, v°» David NeulS und Sohn. T ic Unlcrzcichntleii benachrichtige» hiermit das Germania LcbrnS-Brrsichrrungs-Pompagotr, > zu Nrw-'Aork. Kapital und Ueberschuß, H M Jährliches Einkoinme» sl»),tXß< M Versicherungen !7,WU/X>» (XI ' 2!1o8 Cedar Straße. Nencö Etablissement. Kleider-Geschäft, in I. Leidler's Gebäude, und den er.iktesten Schnitt in der Ihr Teutsche, überzeugt euch und sprecht vor. l so werdet ihr befriedigt werden. Zahlreichem Zuspruch sehen achtungsvoll ent gegen viuun'iimtr 7 V «et a Wanna Avenue, A>7 Zeidler'S Block, j Seranton, 23. April 1869. Scranton, Luzerne County, Pa., Donnerstag den 2K. August 1869. Philip Robinson, Brauerei und Lagerbier-Salon, Scranton, Henry I. Ziegler, Blech- und Eisemvaaren, Hält immer vorräthig ein gute Auswahl von neuen Oefen, Schlösser, Bänder und ähnliche Ar tikel, sowie Blechwaaren jeder Art. Preise billig und Waare gut. 23agkba Joseph Ober, ! Penn Avenue, —Fabrikant von Blech-, Kupfer- ä- Eisenwaaren, Messer, Gabeln, Löffel, gemachte Blechdächer und Dachrinnen/ HpdrantS, Bleiröhren und Wasserleitungen jeder Art. 26mz8 Depositen- und Spar-Bank. Geo. Sanderson L 5 Eo., E ta blirl in l 855. Sech« Prozent Jntrressen^ tBt«" Katen. Spart Guer Geld. Scranton Sparkasse. Diese« Institut ist eröffnet in No. 3VS Lackawanna Avenu', lgegeniiber der Post,) Bremsern, Maschinisten, Handwerkern, M t n e r n, Taglöhnern, i i James Blair, Präsident. James Archbald, ? m>„ J o h n H. S u t p h i n, j Vice-Prafidenten. Oscar E. Moore, Tashier. Direktoren und Verwalter. James Blair, John Handley, JameS Archbald, Sansord Grant, John H. Sutphtn, T. F. Hunt, Daniel Howell, George Fisher, JameS S. Slocum. Scranton, 3. Okt. 1867. John Rosen, Kiifrr, ton und Umgehend zur Anfertigung von allen in sein Geschäft einschlagenden neuen Arbeiten. Re paraturen werden ebenfalls prompt und >ur Zu friedenheit besorgt. Zu erfragen «icke der Eedar und Alderstraße, 11. Ward, oder in Herrn Robinsons Brauerei. 21n7 John Rosen, Küfer, Eröffnung. Anzeige, daß ich die seiner Zeit von Hrn. Povenz geführte Wirthschaft, in Lackawanna Avenue, und mich bestreben werde, durch dlttums ,u erwerben. Ein großer Saal?eht Ge- Hack. CommercialHaus. Geschäfts-Karten. C. Q. Carman, Händlerin PineßrookKohlen Office in No. 109 Penn Avenue, 2jlB Scranton, Pa. !j F?D. C ollins, RechtS-Anwalt, Peter Creter, HanS-, Sckild-, FreSco- St Ornamental-Maler, Fredr. W. Günster, deutscher Advokat u. Rechtsanwalt, Office in Hull'S Block, Lackawanna Avenue, nahe der neuen Brücke, 2908 Scranton, Pa. ba Ä. V. Konarson, deutscher Uhrmacher er Juwelier, Wyoming Ave., gegenüber dem Wyoming HauS, Scranton, li>. Jan. lBkk ba G. Merrisüeld, Advokat und Sachwalter, Scranton, Pa. Office in John Zeidlcr'S neuem Block. Lacka wanna Avenue. I9mzB . Freigesprochen! (Fortsetzung.) „Nun macht, daß Ihr fertig werdet," fuhr der Doctor fort. „Ich bin zum Waldfchenkwiith gerufen, der Mann ist ich Mittags bei Euch essen will, bin ich hergekommen uud will nun gleich einige Patienten im Thale besuchen. Nach Tische muß ich nochmals nach dem Schenkwirth sehen und gedenke dann den Ballhäuser Omnibus zur Rückfahrt zu benutzen. Es stnd nur dreiviertel Stunden bis zu un serm Städtchen, aber in meinem Alter wlrd man bequem und heißt die Fahrgele genheiten willkommen." „Wir erwarten Sie mit Freuden," sagte Fedderhof und stellte seine Staubeule in den Winkel, um dem Doctor das Geleit bis zur Hausthür zu geben. „Was haben Sie denn für unfern lieben Gast heute Mittag, Fräulein?" „Eine gute Suppe, gebratene Hähnchen mit neuen Kartoffeln, nebst Salat und Compot," antwortete Juliane schnell. „Wollen Sie noch ein Gemüse, so steht dies zu Diensten." „Haben Sie Blumenkohl im Garten?" fragte der Doctor mit dem feierlichen Ernste eines Feinschmeckers. Juliane sah fragend Sybillen an. „Die Menge, Herr Doctor?" sprach diese. „Er ist in diesem Jahre schöner, al« je." „Dann bitt ich noch um Blumenkohl!" erklärte der Doctor. „Den koch' ich," sagte Sybille ganz ver gnügk. „Ich hab'« von der gelernt, wie Sie ihn gern essen." „Bist ein altes gutes Frauenzimmer," sagte der Doctor, seine stille Verwunde rung über diese liebenswürdige Zuvorkom- klugerweise verbergend. Er entsernte sich mit dem Hausherrn und sprach nicht eher ein Wort, bi« er sich mit ihm in der Hausflur befand. Hier blieb er stehen, stieß hart mit dem Stock auf's Estrich und sagte: „Fedderhof, ich weiß nicht, was ich sa gen soll! Mir ist wie fchwindlich, wenn ich die Einwirkung dieses wunderbaren M«d erwachen fürchte." „Es sind noch nicht acht Tage und das ganze Haus ist verändert, die Kinder sehen ander« au«, Tante Heyden ist wie umge wandelt, Sie fegen Spinnweben vom Ge wölbe und sogar da« knurrige, selbstsüch tige Geschöpf, die Sybille, fängt an, lie benswürdig zu sei. Wenn diese Juliane keine Fee ist, so ist sie eine Hexe!" „Hoffentlich keines von beiden. Mir erscheint sie als ein gutes, tüchtiges, seelen volles Mädchen, das durch irgend etwas mit der Welt zerfallen ist." „Ja, da« ist richtig. Meine liebe Alte sagte heute sehr weise, daß da« die besten Wirthschafterinnen stnd, welche Grund haben, die Welt mit ihren Freuden nicht zu lieben. Nur, bester Fedderhof. lassen Sie die Zügel nicht allzusehr schießen. Die Krabbelei da hinten im Kreuzgang hat mir zwar ungeheuer gefallen, allein in der Ordnung war es nicht, daß Sie stch so dienstfertig zeigten." Ein verlegenes Lächeln umspielte die Lippen de« Hau«herrn. ~E« war ein Scherz, der weiter keine Folgen haben wird." „Meinen Sie? Ich bin ein alter Prak tiku«, Richard Fedderhof, und weiß, daß die Frauenzimmer da« Eisen stets schmie den, so lange es warm ist. Was sie dann einmal in Formen gebracht haben, darauf fußen sie, wie auf ei» heiliges Recht. Ich will damit nicht sagen, daß ich fürchte, Fräulein Juliane würde späterhin von Ihnen verlangen, mit der Staubeule im Hause herumzufahren, aber einem Blicke, einem Worte, einem Wunsche stets will fährig sein zu müssen, ist eine Marter für'S ganze Leben." Fedderhof sah ihn befremdet an. Da der junge Wittwer nicht ahnen konnte, daß der alte würdige Doctor fest überzeugt war, in Julianen die Nachfolgerin der Gattin Fedderhofs, welche eine entfernte Verwandte seiner alten Ehefrau gewesen war, zu sehen, so verstand er diese lehrreiche Strafpredigt durchaus nicht. Die Rede halte jedoch so viel Wurzel in ihm geschlagen, daß er nicht wieder nach dem Tummelplatz seinerHauSgenossenschast ging und daß er den ganzen Tag die Grenzen der Höflichkeit mit Hausherrn würde schärfer und strenger hervortreten ließ. Bei Tische kam der Doctor wieder nicht aus der Verwunderung heraus. Alles ging wie am Schnürchen. Die Knaben saßen altverständig und ehrbar mit am Tisch. Das kleine Mädchen schlief wäh rend der Mittagsstunde und verzehrte nach her mitAppetit sein wohlgewärmtes Süpp chen. Der Doctor hatte das „eigenwillige Ding" nie leiden können, als es aber jetzt so fromm und freundlich auf dem Schooße Juliane« saß, als es ihn mit den blauen Augen so schelmisch anblickte und dann das Köpfchen schäckernd an Julianen ver barg. da sagte er ganz unwillkürlich: „Ei, Du bist ja ein allerliebstes Dingel che» geworden, kleine Jea—gib dem On kel Doctor ein Händchen I" Ida that es ohne Furcht und ohne Zögern, griff aber dann nach seiner Uhr und zog sie an der Kette geschickt an ihr kleines Ohr. „Wie spricht die Uhr, Ida?" fragte ihr Vater lächelnd und sich an dem Erstaunen des alten Herrn weidend. „Tiktiktiktiktik —" flüsterte die Kleine unbeschreiblich lieb lich. Der Doktor faßte das Blondköpfchen in „Der Verstand steht mir still I" rief er in komischer Verzweiflung. „Ist das ein altes oder ein neues Kunststück?" fragte er dann. Juliane lächelte und zog ihre eigene Uhr hervor. „Hier ist die Lehrmeisterin," antwortete sie. „Ida sollte still sitzen lernen, dazu verhalf uns diese Uhr. Es wurde ihr be greiflich gemacht, daß man die Uhr sehr leise anfassen müsse, sonst hörte sie auf zu sprechen; die« hatte denn zur Folge, daß sie, dicht neben mir sitzend, artig mit ihrem Püppchen spielte und von Zeit zu Zeit ihr Ohr an meine Uhr drückte, um zu hören, ob sie auch noch spräche. Es beschäftigt ihren Geist ganz sichtlich. Sehen Sie, jetzt horcht sie am Puppenkopf, ob der spricht und schüttelt bedauernd da« Köpfchen." „Haben Sie sich viel mit Kindern be schäftigt, mein Fräulein?" fragte der alte Herr. „Niemals! Ich habe kaum ein kleines Kind gesehen. So lange ich mit meinem Vater im Walde wohnte, fehlte mir die Gelegenheit, und in der Pension, wo ich erzogen bin, gab e« auch keine Kinder un ter acht Jahren. Aber ich habe jetzt die Bemerkung gemacht, daß artige Kinder die besten ZerstreuungSmittel sind. Schon das fröhliche Lache» eine« Kinde« erhei tert mich. Die anmuthige Behendigkeit der bxjden Knaben entzückt mich. Ich könnte stundenlang zusehen, wenn sie hüpfen, lau fen und springen. Aber Alles hat seine Zeit, meinHerrDoctor. Im Beisein Frem der, selbst im Familienzimmer würde mich dergleichen peinigen." lachte der Doctor. Sie neigte bestimmend den Kopf. Der Doctor blickte mit gestei gertem Interesse auf da« junge Mädchen. kommen. Dabei die Biegsamkeit ihres Geistes, sich jedem Einzelnen anzupassen und das Richtige in derßehandlungSweise aufzufinden. kleinen Hilfsbereitwilligkeit Sybillen» Ge rechtigkeit widerfahren; dann gab sie der Ausgelassenheit der Knaben Spielraum, und bei alledem beherrschte sie das Haus mit ihrer Meinung! Der alte gute Herr begann einzusehen, daß die Zauberkraft ihres Wesens in einem moralischen Ueber gewicht begründet liegen müsse. Wie aber stellte sie sich zu dem Hausherrn, dessen Eigenthümlichkeiten von ihr respectirt wer den mußten? Er schärfte seine Aufmerk samkeit, um darüber in'S Klare zu kom men. Herr Fedderhof benahm sich wie schon gesagt, infolge der Standrede, die ! der Doctor ihm gehalten, sehr gemessen. Die Zuvorkommenheit, womit er Juliane zu behandeln pflegte, hatte eine gewisse Förmlichkeit angenommen. Juliane schien dies nicht zu bemerken. Ihre Aufgabe war, für Alle« zu sorgen, was die Behag lichkeit im Hause erhöhen konnte, und die ser Verpflichtung kam sie unverdrossen nach. Speciell auf Herrn Fedderhof Rück sicht zu nehmen, fiel ihr gar nicht ein, ihre Sorgfalt für die Kinder hinderte sie da ran. Der gute alte Doctor Bohlen machte zu seinem Leidwesen die BemerkunA, daß das junge Mädchen für Fedderhof nicht größeres Interesse an den Tag legte, als für die alte Sybille, das heißt, sie sorgte für feine Verpflegung und überließ es ihm selbst, sich mit Dem zu versehen, was zu seiner Leibesnahrung gehörte. „Alles in dem Mädchen ist mobil, nur das Herz ist unregbar," dachte er nach diesen Be obachtungen. „Ihr Gemüth ist sonnig durchwärmt, ihr Geist geweckt, der Ver stand mächtig cultivirt und die Bewegun gen ihrere Seele überströmen sie leicht. Die Kinder namentlich die kleine Ida, be leben sich unter ihrer Gemüthseinwirkung die halb blinde Tante stützt sich auf ihren Geist und wird nach und nach wie der wach und brauchbar —Sybille fürchtet die Macht ihres Verstandes und nimmt Vernunft an—seltsam, für Richard Fed derhof hat sie nur den gleichgültigen Blick einer sechszigjährigen grau, die kaltsinnig geworden ist. Also ihr Herz hat Schaden gelitten, vielleicht hängt es mit verzweis lungsvoller Treue an einem Unwürdigen." „Haben Sie schon von der Scharfen beck'schen Mordsache Näheres vernommen, Fedderhof?" fragte er, von seinem Gedan ken abspringend. „Er ist freigesprochen," antwortete Fed derhof seelenruhig und stellte seine Kaffee tasse auf das Präscntirbrett, das Juliane ihm entgegenhielt. Die Tasse klirrte, «l« hätte eine innere Macht sie krampfhast ge schüttelt. Fedderhof griff hastig nach dem Präsentirbrett, das den Händen des jun gen Mädchens zu entfallen drohte. Sein Auge hob sich zu dem Gesicht desselben auf Juliane war todtenbleich und ihr Blick irrte glanzlos und unsicher durch'« Zim mer. Es währte nur einen Augenblick, dann wendete sie sich und ging festen Schrittes nach dem Tische, wo der Kaffee servirt war. Was war das? Halte er sich geirrt? Hatte das Sonnenlicht ihn geblendet? ES mußte wohl so sein, denn Juliane scherzte mit dem Knaben Max und bat mit ganz unveränderter Stimme die Tante Heyden um ihre Tasse. Währenddessen erzählte der Doctor, der nichts gesehen hatte, daß er einen jungen Mann, Namens Schmidt, getroffen, wel cher der Schwurgerichtssttzung beigewohnt habe. Glücklicherweise interessirte sich Fedder hof nicht besonder« für rie Sache und gleichzeitig drängte die Zeit den redefeli gen Doctor zum Aufbruch. Das Gespräch stockte und entete dann in einem beschleu nigten Abschied des alten Herrn, da der Ballhäuser Omnibus die Chaussee heraus rollte. Juliane hatte den beiden Knaben Max und Karl schon am Morgen eröffnet, daß sie unter Nero'S Begleitung einen Streis zug in den Wald machen wollten. Kaum wendete der Doctor den Rücken so bestürm ten sie da« junge Mädchen, Wort zu hal ten. Sie holten ihre Strohhütchen her vor und bewaffneten sich mit kleinen Wan hatte. Juliane verließ da« Zimmer, um sich zurecht zu machen. Ruhig schritt sie dahin, ruhig öffnete sie die Thür ihre« Zimmers, da« sie stet« innen den Riegel vor, um gegen Überra schungen gesichert zu sein. Dann aber stürzte sie, wie gebrochen, vor ihrem Bette nieder und vergrub ihr Gesicht in die Kis sen, damit Niemand das convulsivische Schluchzen höre, womit sich die Marter ihrer Seele löste. Sie gab sich keine Mühe, erprobt, oft und vielmals erprobt haben, daß der Sturm in ihrem Innern austoben müsse und auch austoben werde. Ein leises Pochen an ihrer Thür schreckte sie empor. Sie ordnete hastig ihr Haar wieder und drückte ihr runde« Strohhüt chen tief in die Stirn. Dann öffnete sie und fand die Knaben mit dem großen Hunde erwartungsvoll und entdeckung«lu stig vor der Thür. „Nun kommt, wir wollen unsere Ent deckungsreise antreten," sagte sie freund lich. Ihre Stimme verrieth jedoch noch die kaum bezwungene Aufregung, sie klang heiser und gedrückt. Was wissen Kinder von dem Ausdruck eines Leidens in der Stimme! Sie jubelten und sprangen mit dem schwarzen Nero um die Wette und konnten kaum die Zeit erwarten, wo die Thüren zum Kreuzgang sich aufthun wür den. Lustig drangen sie vorwärts, al« Ao. 34. Sybille da« Schloß mit Mühe ausge schlossen. „Ach sieh, Tante Juliane," plauderte der Knabe Max mit weiser Miene und trug die Belehrungen de« jungen Mäd chen« zur Schau, „steh, wa« das jetzt hübsch im Kreuzgang ist!" „Wir haben uns aber auch tüchtig ge quält heut' früh," fügte der fünfjährige Karl großthuerisch hinzu. „Wir müssen uns aber auch quälen, wir müssen arbeiten," entgegnete Mar mit stolzem Lächeln. „Nicht wahr, Tante Ju liane, vom Arbeiten wird man gesund und fröhlich." „Ja, mein lieber Max Arbeit macht gesund und fröhlich," bekräftigte das junge Mädchen. Ihre Stimme klang wieder hell und klar und ihre Augen halten den un heimlichen Glanz verloren. „Und Gott beschützt und liebt die, welche arbeiten," sprach Max in sinniger Rücker innerung an Julianen's Belehrungen. „Und Chocolade gibt'S auch!" bemerkte der kleine Karl mit glückseligem Lächeln. Ein kurzes, frohes Auflachen war Juli anen« Antwort. „Ja gewiß, mein lieber Karl. Jeder Aibeiter ist seine« Lohne« werth, verstehst Du?" „Und wer arbeitet, gefällt Gott und al len Menschen," fuhr Max repetirend fort. De« Mädchens Augen ruheten mit rüh render Freude auf den beiden Knaben. „ES wird ja möglich sein, unter dem Beistande dieser unschuldigen Seelen weine Vergangenheit zu bekämpfen," sprach sie kaum hörbar. Man war an der Pforte angelangt. Juliane schob den langen Riegel zurück und warf die Thür auf. Ein Balsamischer Hauch überwehte Ihr heißes Gesicht, ein leises Rauschen hoch oben in den Wipfeln der Tannen tönte ihr wie eine Verheißung von Frieden nach dem schweren Kampfe entgegen. „Nun —vorwärts," rief sie neu belebt. „Nero voran dann Ihr Beiden vor. wärts!" Nero hatte Menschenverstand. Kaum hörte er die Worte „Nero voran!" so schoß er wie rasend in den« schmalen Waldwege dahin, wurde eine lange Zeit unsichtbar und kam dann mit lustigem Gebell zurück. „Der Weg ist frei und sicher. Wir fol gen dem Hunde," erklärte Juliane und sie schritten tapfer in die unbekannte Wildniß hinein. Der Weg hob sich anfangs allmälig, dann lief er eben und schnurgerade an ei ner niedrigen Felswand entlang. Juliane prüfte das Terrain. Hierher konnte kein menschlicher Fuß und kein menschliches Auge dringen. Die steile Felswand, nach der Ehausee gerichtet, war unersteiglich, da» Grenzam» gleichsam da« Thor zu die fem öden Paradiese. Man hörte da« Rol len der Wagen vom Thale her; man ver nahm die menschlichen Stimmen, wie von einem Jenseit«; die Schellen, womit die Fuhrleute de« Gebirge« ihre Pferde be hängen, schallten wie ein liebliches, leises Glockenspiel bis in diese Einöde, aber man gewahrte nicht« davon. Langsam drangen die Spaziergänger weiter vor, der Hund immer voraus, von Zeit zu Zeit rückwärt« schauend und mit den Augen blinzelnd, als wolle er die klei nen Burschen seines Schutzes versichern. Die Gegend wurde romantischer der Steg aber blieb glatt und eben, nur wand er sich jetzt zwischen großen, vom Regen glatt gespülten Felsblöcken, die gleich Mo numenten der Vorzeit, theils zerstreut la gen, theils in Gruppen große Bollwerke bildeten. Plötzlich stand der Hund still und schlug an. Juliane hemmte ihren Schritt, die Knaben flüchteten elligst zu ihr. Was den Hund veranlaßte, ei« Lärmstgnal zu ge ben, konnte sie nicht begreifen, da der Weg im Abendsonnengolde ganz klar vor ihr lag und das große Thier auch ganz seelen vergnügt mit dem Schwänze wedelte. „Vorwärts, Nero!" kommandirte sie. Wie ein abgeschossener Pfeil fuhr Nero vorwärts—er verschwand im Nu. Erschrocken schrie Juliane hell auf und die muthigen Bürfchchen begannen zu wei nen. Da hörten sie Nero lustig bellen. Man rief ihm zu, denn ihm nachzufolgen wagte keiner. Nero kam und steckte seinen dicken Kopf vergnügt aus der Vertiefung, „Bleibt hier stehen, ich will sehen, was Nero dort au«splonirt hat," sagte da« junge Mädchen beruhigt und schritt eilig nach der Stelle, wo Nero stand. Lachend kehrte sie zurück. „Kommt nur, e« ist eine von Fel«blöcken gebildete Treppe, die in jene Schlucht führt, wovon Euer Vater gesprochen hat." Sie stiegen furchtlos bergab und befan den sich sehr bald in einem schmalen Thal streifen, den ein Bach durchrieselte. Mäch tige Bäume beschatteten den Weg, den seit Menschengedenken kein Fuß beschritte« (Siehe vierte G«i»e.)