Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, June 10, 1869, Image 1

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    Scranton Wochenblatt.
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Die Nilbett.
Erster Theil.
(Fortschung.)
Verdruckt? Si« ist jung, kaum achtzehn
Jahre. Mein Lebe» ist beendet, das ihre
beginnt; sie hat Simon Vernou nicht ge
liebt, weil sie mich liebte; aber wer kann
Jahren einen Ander» liebc» wird? Vcr
stehen Sie das? Diese Schönheit, dieses
Antlitz, dieses Herz sür einen Andern? O,
lieber da« Brot des Gefängnisses, die Bank
stechende Nadeln, lieber das Alles, als sol
ches Leiden!"
„Mein Freund," sagt« Herr von Esterac
mit wachsender Bewegung, „Du thust die-
Ein Freudenstrahl erleuchtete das Ge
sicht Jacobs. Von einer leidenschaftliche»
Erregung hingerissen, ergriff er die Hand
war so schleunig, wie der Gedanke. Der
Gefangene ließ die Hand sc'mt Protectors
IoS und fügte traurig hinzu:
mögen Sie darüber spotten, aber bedenken
Sie diese unglücklich« Thatsache. Wenn
ein Haase cder Rebhuhn im Walde von
Mercoire geschossen wurde, so kannte» wir
Monate verflossen und der wahre Mörder
ist noch nicht entdeckt —da ist ein Geheim
niß. Man wird ihn niemals entdecke»
und ich muß statt seiner büßen."
„Ich denke besser von der Gerechtigkeit
Gottes," sprach Herr Esterac, indem er
lasse ich Dich. Auf baldiges Wiedersehen!
Entlastungszeuge sungiren."
„Taufend Dank!" rief Jacob, welcher
beim Lebewohl wie ein Kind weinte.
11.
Jeder, der den Anblick einer Provin
zialstadt kennt in dem Augenblicke, wo stch
in ihren Mauern ein Criminalproceß von
einiger Wichtigkeit abspielt, kann sich leicht
die Physiognomie der Statt Mende und
die Umgebungen dc« GerichtShauseS vor
stellen, als man nach zwei oder drei Dieb
stahlsverhandlungen zu derjenige» gelang-
Es war der 17. Februar IK2O, «in Frei-
tag. Seit Tagesanbruch war es schwer,
stch in diesem bescheidenen Oertche» wieder
Alle Classen der Gesellschaft, alle Ver
schiedenheiten der umliegenden Bevölke
rung waren vertreten.
Alle Evastöchter brannten, die schöne
Susanne zu sehen, welche fähig gewesen,
sich anzuklagen, um ihren Gellebten zu ret
te». Die Männer fragten ihre Bräute:
„Würdest Du im Stande sein Dich für
Verbrechen« beschuldigte?"
Und die kokette Antwort lautete:
„Würdest Du im Stande sein, den Ri
wollte?"
Dasselbe Gefühl zeigte stch Inden höhe
ren Classen. Im Jahre 182« eristirte
noch, namentlich in den Provinzen, ein
Rest der alten französischen Galanterie.
Die jungen Leute gaben sich Mühe, den
Frauen von Welt zu gefallen, welche wohl
verstanden Sorge trugen, dieselben in re
wurde das Drama von Mercoire, das
Verbrechen laeabS,die Hingebung Susan
nenS, die Liebe Jacobs und Susannen«,
der Text zu eben so viel Commentare»,
als e« Liebende gab.
tete.
„Sie möchten also an feinem Platze
sein?" fragte sie lächelnd.
„Ja wenn man mich so liebte, wie ihn."
Dies war das Thenia, welches in tau
send Variationen besprochen wurde.
merksamkeit. Zrst seit sieben oder acht
Monaten in Mende, hatte Herr Anton
Favernay den Ruf, welcher besagen will:
der wird es noch einmal weit bringen.
Seine Erfolge, seine Verbindungen in
Paris, sein Talent als Pianist nnd seine
persönlichen Vorzüge stellten ihm ein« rasche
richtigem Urtheil galt.
Favernay hatte sich bisher in einer ge
wisse» Zurückgezogenheit gehalten und ließ
nur von Zeit zu Zeit hören, daß er nicht
auf dein richtigen Platze wäre, um seine
Nachlässigkeit und ließ seinen Substitute»
ei» weites Feld der Thätigkeit. I» der
Welt, d. h. in den fünf oder sechs Häusern,
in denen er verkehrte, wurde er als eine
guie Partie für die heiratsfähigen Töchter
verehrt.
strenge Amtstracht eingeführt war, natu
ralisirte er doch in ganz Gevaudan gewisse
Pariser Gewohnheiten; Lackstiefeln, Glace
handschuhe, Manchettenknöpfe u. s. w.
Kurz, er genoß den Ruf eines sehr ver-
Die Voruntersuchungen in dem Proceß
Jacob Boncard halten Favernay aus sei
ner bisherigen Gleichgiltigkeit herauSge
brechen« und namentlich durch das unge
wöhnliche Aussehen des Processe« bewogen,
sein ganzes Talent leuchten lassen und die
weit übertreffen würde.
So vereinigte sich Alles, um den 17.
Februar zu einem denkwürdigen Tage zu
machen, wie er in der kleinen Stadt von
achttansend ehrsamen Bürger» noch nicht
dagewesen.
12.
Der Gerichtssaal, sonst nicht klein, konn
te an diesem Tage das Publikum kaum
! Pen bemerkte »an da» aristokratische Au
ditorium, mit schönen Toiletten geschmückt;
hinter der Zeugenbank eine Masse von
Männer» und Frauen aus rem Volke,
Arbeiter. Arbeiterinnen, Bauern, Solda
ten; alle Advocaten des Bezirks asslstirten.
Die zwölf Geschworenen setzte» sich aus
ihre Plätze, der Vertheidiger de« Ange
klagten, Herr Gabissol, gegenüber dem
Procurator (Staatsanwalt), und an dem
große» Tisch«, bedeckt niit einem schwarzen
! Tuche, auf welchem, als „corpus delicti,"
die lederne Geldtasche des Opfers, lag,
sah man in der Mitteden Präsidenten mit
,wei GerichtSräthe».
Der Angeklagte würd« hereingeführt,
! cScorlirt von vier Gensd'armen. Aller
Blicke richteten stch sogleich auf ihn. Ja
cob erweckte, wie bereits bemerkt, selbst bei
Denen, welche ihn für schuldig hielten,
mehr Mitleid als Schrecken. Diese drei
Monate Gefängniß hatten ihn
verändert.
Bleich, abgemagert, die Haare struppig,
die Wangen uud Auge» eingefallen durch
Kummer und Schlaflosigkeit, blieb er ein
Räthsel für die unparteiischen Zuschaizer.
Seine Abspannung, sein finsteres Gesicht
konnten auf Vorwürfe, auf Schande, auf
inneren Kampf «in«S unruhigen Gewis
sens schließen lassen oder auch schreck
licher Gedanke!—auf Verzweiflung wegen
unverschuldeter Anklage.
Sei» niedergeschlagener Blick erhob sich
zuweilen und richtete sich bald auf seinen
Advocaten, bald auf seine Richter. Aber
wenn dieser zaghafte Blick zu Herrn von
Esterac und Susanne, welche nebeneinan
der saßen, hinüberschweifte, so erleuchtete
ein unbeschreiblicher Ausdruck von Dank
barkeit »nd Zärtlichkeit sein ganzes Gesicht.
Man rief die Zeugen auf: e« gab nur
zwei Entlastungszeugen, Susanne und
Herr von Esterac. Belastungszeugen da
gegen zählte man zwanzig. Man hätte
hundert haben können, vom Polizeicom
missar an bis zum letzten Bewohner von
Fontäne«,
Der Präsident: „Angeklagter, stehen
Sie auf. Ihr Name?"
Izhr Alter?"
„Einundzwanzig Jahre," n.f.iv., u.s.w.
Der Angeklagte beharrte bei der Ver
neinung. Seine Haltung bot nichts Be
merke «^werthes.
Das Interesse des Prozesses begann
beim Zeugenverhör.
dem Acker Simon Vernau'S und dem
Waldhüterhäuschen «ntdeckt hatt«», die
zerbrochenen Zw«ig« uuter dem Fenster
keit des Verdachtes des Volkes hin, wel
allc in der bekannten Rivalität Jakob«
und Simons und in der WirthShauS
fcene; seit der Rückkunft Simons waren
ken verweigerte, die darg«r«ichte Hand zu
rückstikß und sich in «inen Winkel setzt«,
Wik Einer, der Böses im Schilde führe.
An diesem Abend hatten alle Anw«senden
gesagt: „Es wird ein Unglück geschehen!"
Und am nächsten Morg«n war «S ge
schehen.
„Wie in Italien!" sagte die Baronin
von Roche-la-Tour ganz leise zu ihrer
Nachbarin, welche keine Gelegenheit vor
übergehen lassen konnt«, daran zu erin
nern, daß sie in Nom und Neapel gewesen.
„Angeklagter, was haben Sie darauf
zu erwidern?" fragte d«r Präsident.
..Nichts."
„Wie erklären Sie es, daß die Geld
tasche des unglücklichen Simon bei Ihnen
gefunden wurde, einige Stunden nach dem
Verbrechen?"
Geräusch im Auditorium, feindlich ge
gen den Angeklagten.
Man hatte di« Holzschläger, welche den
Leichnam zuerst bemerkt hatten, nnd den
Gerichtsarzt bis zuletzt gelassen.
Eine kurze Debatte erhob stch über die
genaue Stunde, wo die Holzschläger das
Priesterfeld passtrt hatten; es fand sich,
daß es zwischen halb acht und acht Nhr
gewesen.
DucloS, der Gerichtsarzt, begutachtete,
daß, allem Anschein nach, der Mord um
sieben Uhr Morgens begangen sein müsse.
Der Präsident: „Angeklagter, wo waren
Sie ui» sieben Uhr früh?"
„Mit Susanne Servaz?"
Neues Geräusch.
Jetzt kam die Reihe an die b«id«n Ent
lastungszeugen. Das Interesse verdop
pelte sich. Der Präsident wandte sich an
Herrn von Esterac. Derselbe war im All
gemeinen geachtet und beliebt in der gan
zen Gegend. Unglücklicher Weise wußte
man, daß er zur Zeit des Verbrechens
abwesend war und man erklärte stch sehr
leicht di« Neigung für Jacob, den Sohn
Ao. 28.
seiner Amme, als daß sein« Ztugenschaft
von Wirkung sein konnte.
Er konnle weiter nichts, als seine tief
au« dem Herzen kommende Ueberzeugung
für die Unschuld de« Angeklagten ausspre
chen.
„Es findet sich," rief er feurig aus
„weder in der Familie, noch in der Ju
gend Jacob Boucards «in Zl«ck«n, «in F«h
-l«r. Er ist nicht fähig zu «in«m so schreck
lichen Verbrechen!"
„Aber die Liebe?" wurmelie Ernst von
Maligny auf der Tribüne seiner Nach
barin, der Madame Belviale, in's Ohr.
Herr von Esterac setzte stch, unter Zeichen
des Wohlwollens, welche sich aber nur auf
seine Person und seine Großmuth bezogen.
Der Präsident rief Susanne Seivaz
auf. Bei diesem Namen lief ein Zittern
durch den gefüllten Saal. Alle Blicke,
alle Lorgnetten richteten stch auf das junge
Mädchen.
„Wie schön!" riefen die Männer. „Be
wundernSwerth für eine Bäuerin!" sag
ten die Frauen.
Sie trat mit einer Mischung von Würde
und Schmerz vor. All« H«rz«n gkhört«»
ihr. Ihr« schwarze Kleidung zeigte die
Schönheit ihrer Taille und stimmte voll
kommen mit dem traurigen und stolzen
Ausdruck ihrer Figur. Ihr Kummer, des
sen Tiefe Niemand ermessen konnte, zeigte
sich etwas durch den feuchten Schleier
ihrer großen Augen. Die schreckliche Prü
fung, welche sie erlitt, war in ihre Züge
eingeprägt.
Sie schien eine Märtyrerin. War es
Scham oder Furcht, den Muth zu verlie
ren, genug, man bemerkte, daß sie e« in
diesem Augenblicke vermied, Jakob anzu
blicken. <
Der Präsident wandte sich auf's Neu«
zu dem Angeklagten.
„Sie beharren dabei, daß Sie Montag,
den 28. November 1825, uai sieben Uhr
Morgens in Ihrem Zimmer waren?"
„Ja, Herr Präsident."
„Und daß Sie allein waren?"
..Ja."
„Gut. Jetzt erheben Sie sich. Ihr
Name?"
"Jh/Aller?"
„Achtzehn Jahre."
„Ihr Stand?"
„Ich bin bei meinem Vater, Krämer in
Villefort."
„Herr Präsident," unterbrach der Pro
curator, „wollen Sie die Güte haben und
der Zeugin Artikel 3öl vorlesen?"
„Dieser Artikel," sagte mit Würde der
Präsident, „lautet: Jeder, der sich des
Meineide« schuldig macht, sei e« gegen
den Angeklagten oder zu dessrn Gunst«»,
wird zu de» Galeeren verurtheilt werden.
Sie haben gehört?"
„Ja, Herr."
„Sie hatien in der Voruntersuchung
«in« ziemlich schwer« Verantwortlichkeit
auf sich geladen, welche wir indeß entschul
digen wollen. Si« haben dem Untersuch
ungsrichter erklärt, daß Sie am 28. No
vember Morgens bei Jakob Boucard wa
ren und daß Sie von sechs bis acht Uhr
bei ihm blieben."
„Ja, Herr."
E« «ntstand ein Stillschweigen von
einigen Minuten; alle Herzen pochten, e«
einen Kopf rett«» oder fall«» machen. Der
Präsident fuhr fort:
„Der Angeklagte, bei dem ungeachtet
de« wilden Verbrechen« noch nicht alle«
Gefühl für Ehre erstickt zu f«in sch«int,
hat von Ihrer Erklärung keinen Nutzen
ziehen wollen; er hat das erste Mal ge
leugnet, heute wiederholt er, daß er allein
war. Si« stehen jetzt vor den Geschwo
renen. Bedenke» Sie, daß Sie Ihre Aus
sage beeide» müsse», halte» Sie sich also
streng an die Wahrheit. Sie haben Zeit
gehabt, nachzudenken, erwägen Sie die
Folgen Ihrer Worte. Beharren Sie da
bei, am 28. November Morgens zwischen
sechs und acht Uhr bei Jacob Boucard
gewesen zu sein?"
„Rein, Herr Präsident," antwortet« Su
sanne mit leiser Stimme.
Eine allgemeine Bewegung der Ueber
raschung entstand. Man hatte etwa« An
deres erwartet. Herr von Esterac schleu
derte Susannen einen vorwurfsvollen Blick
zu, welchem st« auszuweichen schien.
Es war nur der Form wegen, daß der
Präsident den Angeklagten zum letzten
Male fragte:
„Sie leugnen also Alles? Es ist daher
„Gut," sagte d«r Präsident. „Der Herr
Staatsanwalt hat das Wort."
13.
Herr Favernay erhob stch, warf «in«n
Blick auf sein« Notiz«», schi«n «in« Bewe
gung unterdrück«» zu woll«», di« «r nicht
(Siehe vierte Seile.)