Pennsylvanische Staats zeitung. (Harrisburg, Pa.) 1843-1887, October 12, 1871, Image 1

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    Den imilbuinscht ckW SlMls-Äüung,
Zahrganst <.
Dir
Peuusi/Itiauische StaatS;ritu^
vLI,,! kn-l-xn, ijnx 19,
e-sch'lnl jeden Donneestag, und lostet 2.tl<j
per Jahr, zahlbar innudald drSladreS, u>
<2.Sit ach Perstu des sahrgang.
Einzelne Errmplaieu, S VentS prr Stür
Niemand da Blatt abbrstrtt?n!"diS aÜrßüch!
stände bezahlt sind.
Di grüßt Aerbrcitung.
Eiirnlativn der „Penn so I panische
ist strößer als die irgend elnrr anderen in Här
tung. Sie bietet deshalb dir beste Gelegenheit,
Anzeigen diesem Theile de Staates eine
der
Peiinsylvaiiischrii Slaals-Zeilung.
Altovna. — Gottlird Häuser,
rEbei tt. iet dt, EarsonSta
Birmingham. Zakod Dreisel.
elä Harles gbrster.
Butler. Jalvb dir et.
Beeatnirt. - Dr. Th e od. St erstin a.
Dandillr.—Micha l ?t o sr st r Ni.
sGrorg Wall,
MillerSviUr. E. si. lt er .
Mounlvillt. -Ge >rg Me > senda ch.
sEbas. stow, eiil..Agent, Ars.
iieead,. i Pennuilvanea Äoenue.
M-durg , S„td.
l sirld Straße. Nabe der siiinsie.
RschestlN -
Somerset. osep h Hrrr.
Tyrone. —Wilde im Bogt.
Troulviltc är stutdersdnig. -. S. G. Zd u II h.
Williamspoit. - tri eorg W olsf.
Jork. - Ariedrich A. Stieg.
Ohio!
Erestiinr. .lob ll' s/!
LoelWaein —Pete r H vhnhouS,Gen.Ag
W lee.n gli.-vei ur. Mullir l't'äeleii.
ljllton So Ebrlaleale Eito. .i. B. M evrr.
TraudluidiirlhikksalsruiiftArsoithrttli.
O/lodr/s, lt. X.
Perrh Davis' Vrgetadlischcr
Pain Killer.
vuse hat steh nach gliindlichcr Erprobung durch
>alähvge lebende Zeugen al die hesteMc d lein
che Zahrhundert erwiesen. seit
medirinische Präparate or
da Knditlum gebracht worden, Hai der Pain Kil
ler doch stetige Fortschritte in der Gunst der Welt
gemacht und gilt für die beste je erfundene gami
len-Medizln. Er ist ein innerliche und äußer
lich, Mittet. Ein posttlocr Beweis für seine
Wietlichleii ist, daß der Verlauf stet zugenommen
Zu haben bei allen Droguistcn.
Pnt! 2b Cent, bi> EentS und kt.oo p
aglfche. Okt. b. '7>—ei.
Schweizer Käse.
m Direll lmvortirt, sowie alli
anderen Delikatessen im Großer
Rudolph Roder
Nr. Nord grederick Eid
Baltimore, Md.
Gtpietl, 1870—II.
Das veittsche Centralorgan ver Demokratit für PmaMvanitu und die angränzenden Staattn.
RB7R Herbst! R87I
Einstein und Sweney,
crlialle sveöeil und l'aöc sicrs auf Hand
einen vollständigen nnd frischen Vorrats) von
ZDrch - Waaren,
Seiden,
Bhmuk,
Stiltcreic und Spitzen,
und Linnens.
So,le,lschlline, alle Fal be; bleibet sioffe, Damen Balmvial
!ttvcke, Damen Uiiteriötke, Cvisetten, und alle Sorten
Plitzmacher Artikel,
das größte Assortement in der Stadt.
Eine große Ausmaß!
Alpacas, DeLainS, Cassimere nnd Jeans, Vorhqng
stoffe, Tafellei,,en nd Handtücher, Tafel-Serviet
ten, Vetttüöl,er nnd Muöliueu von alle Breiten, Jrifh
Leinen, (Lhintseö und Pcrcals, Nattnne, furz alles, was
nur in einer
vollständige Drli-^oods-Hnndlung
zu haben ist.
Jeden Tag nene Waaren,
und zu Preisen, die alles in Erstaunen setzen.
Kommt, und urtheilet für Ench selbst!
vergeszl nicht den Platz :
Ginstein Sä Sweney
April 20, ,871. No. '1 Market Square, Harrisburg.
Hütet Guch vor Quack
salbern!
Et Opfer jugendlicher llnbesonnenhtit, die
-Nervenschwäche, und vvrjeltig Entkräft ung
k-stenfrei,usend?n will.
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Ne-?l-r>. August 2-l, IS7I-tI.
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Harrtsbur
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und
Heinnch
Präsident.
Wm. I. Schell,
D'j. u. '-Ij. Selreläe.
Germania
N,UI- ttttd Spar-Verein.
Daniel Dickel, Präsident.
S. F. Sieker, Sekretär.
HnnllbMg, Mär, 17. 1570.-11.
Harrisburg, Pa., Douuerftaft, Oktober 12, R7l.
i?i.
Hamburg Amertkantsche
Packrtsahrt Arliea-Kssrllschast.
uch.utttchr Vil.DmpliM't
Hamb u r g
via Plvmoutb und Eberbvu'g ach
9t ew - or k,
c,mittrist drr nruen, auf das Sotidrstr "baulru
und Elegantes!? eingerichteten großen eijernen Post-
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llrmania, 200'T°n, Sapl.!. BarrndS.
-ari-, 210 „ „ W. uhlenrm.
orusssa, 2Stt> „ ~ W. Stadl
Eimdrin, 2°o ~ „ N-H-H"''-
Germania Mvo „ <nru) .. ss-Abich.
Hammonia aovo „ ,„ I. Mw.
MOU „ 6. Mrpr^
Duwnia', 2wo "
Ihurwgia,22o" H.Edl'r.
vnndalia, 2ouu „ tncu) „ N. C. granzr.
Die Dampfer dieser Linie befördern die
Verelnigtr Staaten-Post
(vaiteck Ltatva ülail)
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Dienstags
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Po New-Aork nach Plmnouth,
London, Cherbourg, Havre
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i ir.z.i,. > Oderer Salon - - tz>2
t. ilajutr, s Salon - - 72
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Von Hamburg nach New Pork:
, > Oderer Salon - - tz>2o
l. Eaiuie. s zimee Salon ' - 72
Zwischendeck - -so
(zahlbar in Gold.)
inder zwischen l und I Jahren die Hälfte.—
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No. <t Varclap Str., nahe Broadway.
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lew-Slork. Okt. 2. ZS7O.
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Marmor Geschäft.
Steinhauer - Geschäft
Harrisöurg. Pn..
rrbünet bat, wo er alle tn sein Fach schlagende
Ansträge pünktlich besorgen wird.
Marmor,
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Grabsteine
Jakob Lehner.
Harrisbnrg, Oktober l!t, tij7t>.
B. Frisch'S
Gate ssapiiokNierbrnuerei,
Nord Vierte Straße, oberhalb Walnnt Str.,
jsq sitz! Söll ig,
verständig zu ninügrn.
In bim Wirlhslokale Ecke dir Markl und !>.
Straße stndet man strlS frisches Bier am Zapf,
guten Wei, Bltterö, Schweiz er
midLi > nbur rka c.
s n"un sch s . Hrts.
HarnSdurg, Oktodrr 27, IN7V-11.
Notiz an Taxbezahler.
August Ottober 17, lB7^(bei
thre Schu?taren dezablen! Damm
wird kein Nachlaß wahrend des Monats (Ok
tober) mehr erlaubt. Im lall nicht alle Tare
innerHaid drei Monaten vom Tage und Datum
dieser Notiz an gerechnet, dezahii sind, Wied ei
ne Auflage von süns peo Eent aus den
Grsammtdetrag der Taren gelegt weiden.
L.R. Metzger^
Haieisbura, August 3t> tB7t.
Charles Kapphahn
seht biermil seine sseeunde und da Publikum im
Allgemeinen in Kenntniß, daß er da Mrtzgrrge
schäst wieder angefangen bat, und dltiet er um de
geneigten Zuspruch seiner frührren Kunde und
der ärger im Allgeweine. Arische Fleisch
iestir Oaultläl ist an seinem Stand im untcren
Marschaus, neden Jodn Troup'S Stand, sowie
im West-Hairisburg RarlthauS a den betreffen
den Maeltagen zu baten.
MN-Frtsche Flrischund Wurste Iden lag.
HarrtSdurg, September 2t, '7l—St.
John Wiedemeyer,
No. 1604 Marke Straße,
Restauration,
Wein.Liguör u.Riersak,n.
Philadelphia, Pa.
Austern aus Art sed zuberei
tet.^
IlilZ.lS7l-llM,.
Auszuverkaufen,
lue gute väckrrri, in welcher alles
Harrißdnrg, Pa., Sept. 7, 171.
Poesie.
Das Elternhaus.
Au'S SllernbauS knüpft sich vor Allen
Mit Macht die heiße Sehnsucht an
Da weilt der Geist mit Wohlgefallen
Noch oft aut später Lebensbahn,
Set'S ein Palast, sei S eine Hülle,
Od auch der Lebenshimmel trüb,
Dte Heimalh bleibt thm Ited und werth -
Und eine Thräne perlt hrrnirder.
Ja'S Elternhaus sehnt er sich wleder.
Der GrriS mit silberweißen Hauern,
Der lange schon gewundet ist,
Wenn er auch längst von thm geschieden,
Ee fühlt des Hauses sil'ge Frieden.
Ei ElieenhauS mit lichten Räumin,
Der Himmel dort mit setner Pracht,
Dr keine Grenzen mehr umzäumen,
Wtnll nS bei sternenklarer Nacht;
Dort oben wird nach diesem Lebe
Sin Sileruhaus unS erst gegebe.
So bat der Mensch auf dieser Tiden
Ein Elternhaus einstweilen nur z
-fe u i sssi i o il.
Älerandcr Mcnchikoff.
Eine Erzählung für die Jugend.
Erstes Kapitel.
Der BrlckerjlNlge.
SHFu einem trüben Wlnteemorgeu de
l i'.l, ging et etwa zwölf
jähriger, ärmlich gekleideter Knabe dle
Straße entlang, welche au einem Sei
lengäßchen der linieren Statt Moskau
ach dem Kreml, dem hetltgen Schlosse
der lusstsche Zaren führte, und schrie
dabei in bellrn, lauggezogene Tönen
welch alle Lärm und alle Geräusch
drr aus und ab wvgrnbcn Mrucheumen
ge zu Fuß, zu Schlllle uud zu Pferde
übertönte, kleine Pastetchen au, welche
er wohl zugrbrckl und grschütz vor der
eisigen Kälte, in einem Korbe vor stch
her trug, drr an ciurni Riemen von sei
ner Schulter herabhlug.
„Kaust! Kaust! Kaust!" rles er
mit gellender Stimme. „Kaust Paste
ten, weich uud warm! Pasteten vonKor
sakojf, den, besten Pasteienbäcker in ganz
Moskau! Kansl! Kaust! Pasteten, saf
tig und helß, ebe erst au dem Ösen
gekommen! Sieh'da, Väterchen! Sie
rauchen noch ! Und wir sie duften ! Der
Koch der Zaren kann sie nicht besser be
rrlltn! Kaust, kaust Pastetrn von Kor
sakoff !"
So rufend und schreiend drängte er
stch mit Gewandtheit und Geschick durch
die treibende Meng, ließ seine hellen,
blitzenden Augen überall umherschwei
fen, und unterbrach seine Ruf nur,
um Irgend einem Begegnende besonder
anzureden und lhm seine köstliche Waa
re mlt allerlei Schmelchelworlen anzu
preisen.
„Kause dlr, Väterchen! Kaust dir,
Mütterchen!" wendete er stch bald an
einen bärllgen, alte Mann, der lm lan
gen Kaftan würdevoll etnherschrlit, bald
n eine Hökersrau. dl an irgend einer
Straßenecke Töpfe und Kannen feil bot.
„Kause dlr und wärme dich an den ar
me Paste! ' Nicht Ist so gut gegen
den Fiost! Schars sind sie gewürzt und
helß, da schützt gegen den kalten Mor
genwird !"
Mancher folgt der Einladung de
Knaben, Andere wiesen ihn bald basch
bald lächelnd ab, nd sein Korb war
noch lange l> zur Hälstej geleert,
als er endlich bei ler Hauptwachr de
Kreml anlagt, wo eiste Abtheilung
> Slreiltze, von der Leibwache de Za
ren, den Zugang zum Schlosse hütete.
Es war eine, verwegen und rücksichts
los Soldateska, diese tapsern. aber
zögellosen Streichen und Jeder aus dem
Boll fürchtete sich mit ihnen in Berüh
ung zu komme. Eben, als der Knabe
in der Nähe der Hauplwache anlangte,
standen et Dupend oder mehr von den
Soldaten um ineu Bauer herum, trie
be ihre Spott mit ihm, neckten und
höhnten den Mann, und sagten ihm
Schrecke in, indem sie mit grimmigen
Gebert ihre Knuten über seinem
Haupt schwangen.
„Was willst du hier?" schrieen sie
ihn an. „Was haft du im Kreml zu
suchen? Hier schleicht man nicht ein, wie
In einen elenden Bauernhof' Er hat
stehlt woll I Schmidt! thu, den Barl
ab ab tagt ihn mli Hltbtn sort!"
Dr arme, alle Mann stand ziilernd
und btbtnd unltr dr wilden Rott und
hob dtmüihig stehend bald gegn den ei
mn, bald gegtn dtn andern Schrei dir
Hände auf.
„?aßi mich gehen, gnädige Herren!"
bat er voll Angst. „Der arme, alte
Iwan wollte nicht stehlen! Nur die
Pracht des Kreml wolltet er sehen, und
die goldenen Kuppeln, und, wo möglich,
das strahlende Antlitz de Zaren ! Der
arme, alte Iwan kommt zum ersten Ma
ie vom Lande in die Stadt i Er hat
nicht gewußt, was hier Sitte ist!"
, Hättest du nicht fragen können. Bau
ers" schrie ihn ein Unterosstzler der
Strelitzen an. „Grht man so ohne
Weiteres an den Leibwachen des Zaren
vorüber? Nieder mit Ihm, zählt ihm
zwölf Hübe aus und da laßt ihn lau
sen ! Er wird sür'o Erste nicht wieder
kommen!"
Der arme Bauer schrie und heulte
jämmerlich, aber die Soldaten lachten
seines Jammer, packten Ihn, und wa
ren eben im Begriffe, ihn zu Bode zu
werfen, als plötzlich der Pastelenjunge
vortrat und durch seln Erscheinen inen
Aufenthalt veranlaßt,. Schon seit ei
nem Weilchen Halle er dem Austritte
mitleidig zugesehen, nd der alte Mann,
der sich so wenig der Mißhandlungen
erwehren tonnte, jammerte ihn.
„Ich will ihn befreien und retten l"
murmelte er, al die wildesten Burschen
von den Strelitzen über den Alten her
fielen, und rasch heran tretend, erhob
er seinen gewohnten gellenden Ruf..
„Pasteten!" schrie er. „Kauft!
Kaust! Kaust! Pastelchen von Karsa
koff; heiß und lecker, gerade aus dem Ose
gekommen! Kauft I Kauft!"
Die Soldaten hörten kaum da Ge
schrei, st wendeten Alle die Köpfe nach
dem Knaben um, und eine grimmige
Behaglichkeit malt stch in ihren wilden
bartigen Gesichtern. Niemand achtete
mehr auf den Bauer; die Hände, wei
che schon zugegriffen und ihn gepackt hat
ten, ließtn ihn wieder lo, und selbst der
Unterossizier blickte behaglich nach den
rauchenden Pastettchen, von welchen der
Knabe die schützende Hülle abgenommen
hatte.
„Kaust! Kaust!" schrie dieser weiter,
ging aber ohne de Häuflein um den
Bauer herum zu achten, an ihm vorüber
und geradeswegs durch da Thor nach
dem inneren Hose z, wo stch ine noch
größere Anzahl Schutze von der Leib
wache befand.
„Aleraschka, was fällt dir ein?" schrie
ihm der Unterossizier von der Hauplwa
che ach. „Stehst du uns nicht' Hier
her mit de Pastetchen! Hierher! Hörst
du nicht, Aleraschka? Hierher!"
„Ich werde mich wohl hüten, Iermo
loff!" rief der Knabe neckisch zurück.
„Es könnte mir gehe, wie dem Bauer
da, und Ihr bezahlt am Ende meine Pa
strichen mit Kuutenhiebeu. Im Hos
sind auch noch Leute! Kaust! Kaust!
Kaust! Pastetchen, frisch von Korsakoff!"
Der ntcrossizlerstieß eine Verwün
schung au. „Er gehl uuS davon!"
schrie er. „Ihm nach! Ist er erst aus
dem Hose, so kriegen wir kein einzige
Pastetchen davon. Laust ihm nach, Kin
der und holt ihn zurück >"
Er selber ging mit gutem Beispiel
voran und der ganze Hause Strelttzen
rannte hinter ihm drein. Der Bauer
war vergessen über den leckeren Pastet
chen.
Der Knabe warf einen flüchtigen
Blick hinter sich, und al er bemerkte,
daß da bedrängte arme Bäuerletn die
Gelegenheit wahrgenommen hatte, In
aller Stille und Geschwindigkeit zu ent
wischen, da lachte er hell aus und blieb
stehen.
„He. he, Väterchen, bist sa ganz außer
Athem," sagte er schalkhaft, al der lin
lerossizter keuchend heran kam. „Da
darfst du keine Pastetchen essen, denn sie
würden dir in der Kehle stecken bleiben
und du müßtest ersticken daran, Väter
chen. Nein, nein, tapfere Strelipen,
ihr kriegt kein Pastetchen jetzt. Wenn
ihr alle umkämet an dem leckeren Bissen
was für in Verlust für den Zaren!
Nicht da I Laßt die Hände davon!"
. Zwanzig Händen llnckten sich gierig
ach dem Korbe aus, aber geschwind
deckte der Knabe ihn wieder zu und die
Strelttzen standen verblüfft vor ihm.
Aleraschka, mein Täubche,', schmei
chelte der Unterossi,ler,—„nur ein paar.
Steh', ich habe den ganzen Morgen
schon gesastet. Nur ein paar lermoloff,
mein Kleiner!"
„Gut, Väierchtn. gut," rwiederte dr
Knabe neckisch. „Du sollst haben so
viel du verlangst. Aber erst thu' dein
Pflicht. Der Bauer muß seine Strafe
bekommen. Erst die Pflicht, dann der
Genuß."
„Greift den Bauer!" schrie lermo
loff eifrig seinen Leuten zu. „Greift
ihn!"
Die Soldaten drehten sich um,—der
Bauer war nicht mehr zu sehen, und
verblüfft schauten sie einander an. A>-
eraschka lachte hell aus
„Du bist schuld daran, daß er nt
wischt ist!" brüllte der Unteroffizier t'ht
voller Wuih und stürzte auf den Kna
ben zn, um ihn die Wucht seiner Fäuste
fühlen zu lassen ; aberAleraschka lachte
nur noch mehr und wich kelnen Schritt
„Was willst du, Väterchen?" sagte
er leichthin. „Hab >ch ihn losgelassen ?
Du bist'S gewesen l Und wenn's der
Zar erfährt, so wird dir's übel ergehen.
Aber laß Ihn doch lausen, den armen
Kerl. Er hat sa nichts erbrochen.
Da, nimm lieber von de Pastelen und
stopfe dir dein große Maul damit.
Der Anblick drr köstlichen Pastetchen,
von denen der Knabe jetzt rasch bt Hül
le wieder zurückschlug, besänftigte den
Zorn de grimmige Krieger, seine ge
rnnzelte Stirn glättete sich, der große
Mund zog sich in die Breit fast von
einem Ohr zum andere, und seine klei
nen Aeugletn blinzelten wohlgefällig.
Er langt apser zn, sein Soldaten
auch, und All aßen, aßen, aßen und
schmatzten, bt da letzt Pastetchen au
dem Korbe verschwunden war. Nun
wischten st sich die bärtigen Mäuler
und drehten Alexaschka den Rücken zu.
„Oho, so ist's nicht gemeint!" sagt
der Knabe. „Erst bezahlt, sonst laß ich
euch nicht fort. Du haft zwölf Stück,
Jermoloff- Du zehn, Väterchen, du
sieben, du ach,—greift tn die Taschen,
Slrelitzen, und laßt eure Kopeken s
hen!"
auf einmal ianb geworden zu sein und
kehrten nach der Wache zurück, ohne sich
nur einmal nach dem Knaben umzuseh
en. Alexaschka aber lies m Geschrei
hinter thkten her.
„Bezahlt mich, ihr Schelme!" rief
er. „Meint ihr, ich solle Schläge von
meinem Herrn davon tragen, weil euch
seine Pastelen gut geschmeckt haben?
Heran mit euren Kopeken oder ich
schiele, bis mich der Zar hört. Bezahlt
mich, Väterchen, bezahlt mich," setzte er
bittend hinzu. „Ihr wißt ja, Korsa
kosf pr. gelt mich, wenn nicht das Gelv
für die Pasteten bringe."
„Schon recht," sagte Jermoloff brum
mend, „so kriegst du di Schläge, di
du dem Baner erspart hast. Ich weiß
nicht mehr von Pasteten, nnd mein
Kopeken behalt ich für mich. Richt wahr,
Kameraden?
„Weiß nichts von Pasteten, gar
nicht !" schrtern die Soldat, durch
einander.
„So 7" sagte Aleraschka, und stellte
stch, die Arme in die Hüsten gestemmt,
trotzig vor lermoloff hin.—„So also
steht'S? Du weißt nicht bon den Pa
steten, und ihr da, ihr auch nicht? So
wollt ihr' treiben mit einem armen
Jungen? Da ist schlecht und abscheu
lich vo euch, und weißt du, Väterchen
lermoloff, wm ich' erzählen werde,
wie ihr mit mir umgesprungen seid?
Weißt du da, Väterchen?"
„Weiß nicht ! Will nichts wissen !'<
brummte der Nuterosstzter. „Packe dich,
oder..."
„So? Willst nicht wissen, Väter
terchen? Nun, sollst S doch wissen,"
sprach Aleraschka Irvtzlg. „Meinst du,
ich fürchte mich? Gar nicht fürchte ich
mich! Und nun höre mir zu, Väterchen l
Wenn ihr nicht gleich aus der Stelle jede
Kopeke bezahlt, die ihr mir schuldig seid,
du und die Andern, so geh' ich, ich, Aler
aschka Menschikoff, ich gehe zum Lieute
nant Kurakin und erzähl' ihm, was ihr
mit dem Bauer gemacht habt!"
„Geh' hin zu ihm ' Wir wissen von
nichts I Nicht wahr, Kameraden ?"
„Von nicht ! Von gar nichts !"
schrien Alle im Ehore.
„Ab, gut, Lieutenant Kurakin ist
mein Freund," fuhr Aleraschka fort, —
„er hat erst gestern noch meine Paftet
chen gepriesen, er wird euch die Lügen
auSklvpfen l Und noch ein, Väterchen,
nicht eine einzige mehr I Ich gehe zum
Preobraschensti-Regtment! Da essen sie
auch Pasteten und bezahlen st!"
„Das willst du thun, Aleraschka?"
sagte lermoloff, aus den die letzte
Drohung doch einigen Eindruck z ma
chen schien. „Du wirst e nicht thun,
Täubchen! Nicht thun, mein Liebling!"
„Ich thu !" erwiederte der Knabe
trotzig.
„Du darfst nicht! Du sollst nicht !"
schrie der Unteroffizier und stampfte mit
dem Fuße auf.
„Ich thu's! Und du hast mir gar
nicht zu befehlen, Väterchen !" entgeg
nete Aleraschka. „Ich thu', sag ich
dir!"
„Sieh', dann reiß ich dlr die Ohren
vom Kopfe herunter," brüllte lermo
loff, Korsakoff Pasteten find die besten
in Mokau und allein füe die Stre
litzen I"
„Ja, wenn die Strelttzen sie bezah
l e n," entgegnete der Knabe dreist und
sarchtlo. „Ich gehe zu den Preobra
schenskt I"
„Ei, so soll dich Trotzkops doch
gleich ... !" rief lermoloff zornig und
sprang auf den Knabe zu, um ihn an
beiden Ohren zu packen und tüchtig zu
schütteln. Aleraschka schrie, al ob er
am Spieße stäke.
„Iermoloff!" donnerte da plötzlich
eine gewaltige Stimme drohend au ei
nem geasier herunter, da grade über
der Hauptwach lag.
Der Unteroffizier und sämmtliche
Soldaten blickte nach oben und fuhren
in jähem Schrecken zusammen.
„Der Zar!" flüsterten sie mit beben
den, blaffen Lippe.
„Ja, der Zar, ihr Elenden!" wieder
holte die Stimme und ein paar mächti
ge Augen blitzten in zürnendem, kaum
zn ertragenden Glanz aus die zittern
de Strelttzen nieder. „Der Zar, der
Alle gehör und gesehen ha!"
j.Der Zar ist groß ! Gnade!" stam
melten die bleichen Lippen.
„Kopeken heran !" befahl der Zar.
„Bezahlt den Knaben!"
Alle fuhren in die Tasche und unge
zählt flog da Geld tn die Pelzmütze
Aleraschka' die derselbe hurtig vom
Kr. IS.
Kopsr gerissen, als er Pen Zaren am
Fenster bemerkt Halle.
„Ist's genug, mein Sohn fragte
der Zar gnädig.
„Mehr als zu viel, Ew. Majestät l"
aniwortete der Knabe dreist, aber ehren
bielig. „Gott segne den Zaren !"
„Wenn du mehr bekommen hast, als
du zu fordern berechtigst wärest, desto
besser für dich I" sprach der Zar mit
freundlichem Angesicht. .'.Sie sind dtr's
schuldig für die Äugst, die sie dir ringe
lagt. Ich weide sie noch besonder stra
fen dafür j"
„Gott erdalle den Zaren!" sagte Al
exaschka rasch. „Ader ich habe mich
nicht gesiirchiet, Ew. Majestät! lermo
loff baite mehr Angst, als ich !"
„Warum ?" fragte der Zar lachend.
„Weil er lächle, er bekäme keine Pa
stelen mehr," erwiederie der Knabe.
„Wenn Ew. Majestät allergnädtgster
tauben,-ich wühle wohl ine Strafe
für ihn !"
„Sprich I" befahl der Zar.
„Wenn er drei Tage lang zusehen
muß, wie die Andere Pastetchen schmau
sei,, so ist er grstrasi genug I Wollen
Ew. Majestät nur gnädigst bedenken -
Pastetchen von Korsakosf!"
„Gut," sagte der Zar und lachte.
„So so es sein ! Du hast gehört, Irr
moloff! Drei Tage sollst du fasten und
ihr Andere mt Ihm I Ich werde Be
fehl geben, daß es geschehe !"
Das Fenster flog wieder zu, und :
„Hnrrah! Der Zar soll leben!" ju
belle Alexaschka mit Heller Sllmmr aus
vollem Herzen heraus.
„Da hast d's nun, lernioloff," Wen
del er sich an den ganz verblüffte Un
terosfizier —„Wäreft d klüger gewesen,
Väterchen, so hättest du mehr Gel tu
der Tasche, als jetzt, und morgen Paste
len ! Jehl kannst du dir den Bart wl
schrn! Uebrlgens magst du dich noch
dedanken für te gnädige Strafe. Hät
te der Zar sie bestimmt, würde sie schlim
mer ausgefallen sein. Darum kein
mürrisches Gesicht, Väterchen l Drei
Tage sind bald herum, und dann sollst
du wieder di, schönste Pastetchen krie
ge !"
Jermoloff stusteres Gesicht hellt
sich ei wenig aus. „Run ja, Aiexasch
ka, ich glaube, du hast- recht!" sagte er
veisöhn, und reichte dem Knaben die
Hand, tu welche dieser kräftig und treu
herzig einschlug. „Wir wollen wieder
Freunde sein ! Rur darfst du S nicht
an Pasteten fehlen lassen."
„Nein, wenn d sie ordentlich bezahlst,
Väterchen ! Keine Kopeken —keine Pa
steten !"
„O, du bist schon sicher!" sprach ler
moloff kleinlaut. „Für wen der Zar
dte Schulden einfordert, der ist setne
Geldes gewiß !"
So schiede sie in Freundschaft, und
lustig trabte Aleraschka die Kremlstraße
wieder hinunter, um zu seinem Herrn
zurückzukehren. Nachdenklich blickte
lermoloff hinter ihn her.
„Der Knabe ist zu etwa Großem be
stimmt," murmelte er vor sich hln.
„Das Auge de Zaren hat gnädig auf
thm geruhet. Man muß stch ihm zum
Freunde erhalten!"
Unbekümmert darum, ob lermoloff ihm
Freund oder Feind sei, eilte indeß Aler
aschka durch die Straße dahin, und woll
te eben um ine Ecke biegen, al thm un
verhofft der Bauer entgegen rat, den er
durch List au de Händen der Sirelitz
en befreit halte.
„Du bist es, mein Liebling I" sagte
der alte Mann, und schloß den Knaben
tn die Arme. „Ich habe auf dich ge
wartet an dieser Stelle! Verarme, alle
Iwan wollte doch nicht hetmkehren, ohne
dir seine Dankbarkett auszusprechen !"
„O, danke mir nicht, Väterchen l" er
wiederte Aleraschka freundlich. „Du
dauertest mich, ulid da konnt' ich nicht
anter, ich mußte dir Helsen. Gott will
S so, e ist unsere Pflicht, einander bei
zustehen. Aber laß mich jetzt gehen '
Mein Her wartet, und wenn ich zu spät
heimkomme, so schlägt er mich "
„Eile nicht! Eil nicht zu sehr, Lieb
ling meiner Seele!" antwortete der Al
te ; ich muß dich erst in wenig anse
hen." Und der Alt blickte lange tn die
hellen, gescheidten Augen de Knaben
und sagte endlich - „O, mein Sohn, du
wirst hoch steigen, hoch, hoch, hoch!" in
dem er die eigene, zitternde Hand hoch
und höher über de Knaben Haupt er
hob. „Du wirst groß und mächtig wer
de, wie kaum noch ein Anderer im heili
gen Rußland, und Niemand wird über
dir sein, al Gott und der Zar l Wehe
dir, wenn du noch höher steigen woll
test !"
„Et, Thorheit, Välrichen!" lachte
Aleraschka. „Ich habe nicht Zeit, dein
Geplauder anzuhören. Lebe wohl und
kehre glücklich heim I"
„Er wollte sich losmachen und davon
lausen, der alte livan hielt ihn aber noch
einmal fest.
„Nur noch ein Wort," sagte er bit
tend. '„lch habe einen Knaben daheim,
meinen Paul Iwanowitsch, und ich liebe
ihn. Versprich mir, daß du thm gnä
dig sein willst, wenn dn ihm Glänze der
Macht erhaben stehest !"
„Ja, ich verspreche dir's." erwiederte
Aleraschka, schwankend zwischen Lachen
und Ungeduld.—„Schick' ihn mir zu,
wenn tch so hoch gestiegen bin, wie du
behauptest, daß ich e dereinst sein wer
de l E wird wohl nicht höher sein, als
aus den Thurm de heiligen Iwan '
Dort bin ick sittlich erhaben über alle
Welt
„Ich habe dein Versprechen und ich
baue daraus," entgegnete der Alte feier
lich. „So gehe denn hin, und der Herr
der Welten ebne dir deinen Weg Im
Kreml wird mein Paul Iwanowitsch
dich finden, und au diesem Kreuzlein
wirst du erkennen, daß er mein Sohn
tst."
Der Alte zog rln kleine goldene
Kreuz mit vler grünen Steinen unter
seinem Pelze hervor, wo er' auf der
Brust verborgen trug, und zeigte e Al
eraschka. Dieser warf eineü flüchtigen
Blick daraus, nickte dann dem Alten
freundlich zu, sagte ihm Lebewobl und
flog endlich wie ein Pfeil wieder dir
Straße hinunter, um die versäumte
Zeit einzuholen.
(Sortsetzung folgt.)