Jahrgang 1., Tie PennsylvanischestaatS-Zeitung -Herausgegeben von Job. Georg Rippcr, erschein jede Donnerstag, und kostet KrZ.tttt per Jakr, zahlbar innerhalb besJabrrs, und K2.SO nach Verflusi des Jahrgangs. Einzelne Eremplaren, 4 (?cntö per Stück. Keine Subscriptionen werden für weniger als sechs Monaten angenommen; auch kann Niemand das Blatt abbestellen, bis alle Rück stände bezahl sind. Anzeigen werden zu den gewöhnlichen Prei sen inserirt. Offireii! in der „Patriot und Union" Druckerei. Dritte Slrape, Harrisbarg, und in der „Jntclligemer" Druckerei, am Ccnlre Square, Lancaster. PtU'sic. Des armen HnalirnVhristlianm. (Von Carl Gerok.) Was für ei fröhlich Thun und Treiben Am Weihnachtsmarkl bis in die Nacht, Wie funlelt durch erbrüte Scheiben Der schönen Maare bunle Pracht! Wer kaufen Witt, muß heut noch laufen, Daß er den Christbaum schmücken mag, Wer feil ha>, will orh deut verkaufe. Denn morgen ist BcscherungStag. Doch sich, wie mit betrübten Mienen Dort an der Ecke frostcrstarrt, Vom nahen Gaslicht hell beschienen Ein Knabe noch des KäukcrS harrt. Er ha den Ebr istb a m selbst geschnitten, Mit saurer Müh im Tannenwald, Sei schüchtern Auge scheint zu bitten : „O kauft mir ab, die Nacht ist kalt! „Kauft ab, ihr könnt so lustig lachen, Ihr habt das Glück und ich die Noth, Was soll ich mit dem Ehristbaum machen? Die Mutter krank, der Vater todt?" Doch niemand, der des bleichen Kleinen Und seines Baums gewahren mag. Vorbei rennt jeder mit dem Seinen— Und heut ist schon der letzte Tag! Doch schau, da kommt mit muntrem Schritte, Ist Sammetpelz und Fedcrhut— Die schöne Mutter in der Mitte— Ein Kindcrpärche woblgemuth; Den Korb gefüll mit WcihnachtSgaben, Trabt hinterher des Hauses Knecht: „O Mutter, sich den Baum des Knaben Der ist uns noch eben recht!" Die schöne Mutter zahlt in Eile Dem Knaben sein Viergroschcnstück, Er dankt und schaut noch eine Weile Den Frohen nach mit trübem Blick: Wie wird sein Christbaum morgen funkeln Im fremden HauS, sm Kerzenschein, Und ach! im Kämmerlein, im dunkeln, Wie still wird seine Weihnacht sein! Drum Kinder, wenn bekränzt mit Gaden, Euch euer Christbaum fröhlich brennt. Denkt, ob ihr nicht den bleiche Knaben Und seine kranke Mutter kennt? Und geht und trocknet ihm die Wangen Und lernet von dem Heilgen Christ, Daß zwar vergnüglich das Empfangen, Doch seliger das Geben ist! Die Ncujahrsuacht. Von Robert Cleinen. Nur kurze Zeit und es hat ausge lebt, das Jahr. So noch, erst ein Jahr, und Iß doch al erst gestern sein Ge burtstag war Und wir mit Jubel uns des Neu leit!^ - Was auf Erden wallet Wird dem Zeiten Raub, Was im Frükling blüthet Wird zu Aich' und Staub ; Mensche kommen, gehen, Keiner bleibet lang. Jedem wird gesungen Einst sein Grabgesang. Und die Millionen, Welche je gelebt Und in stolzem Wähnen Himmelwärts gestrebt Ihres Herzens Leid, Alle ruh im Grabe Der Vergangenheit. Und der Mensch, mit ahnungsschwerem Herzen Steht am Grabe der Vergangenheit. Wägt die Freude all' und wägt die Schmer e, Kinder einst entfloh'ner Lebenszeit; Unter Gräbern unter kalten Leichen Sucht vergebens er des Lebens Glut, Kann er nicht das Ideal erreichen, Da im Innern seiner Seele ruht. Hoffend schweift der Blick zur weiten gerne, Aber, ach, auch bei dem Glanz der Sterne Bleibt erschlossen ihm der Zukunft Buch. Finsterniß bedeckt den Pfad des Lebens, Nur die Gegenwart hat Leben, Nur ihr Augenblick ist dein ; Alles Wir'en, alles Streben Schafft die Gegenwart allein. Bor uns dunkle SchicksalSnächte, Hinter uns Vergangenheit. Gaben uns die Ew'gen Mächte Nur vrn Augenblick der Zeit. Ob im ew'gen KreiseSlaufe Jahre kommen und vergeh, Einpral muß die Feuertaufe Jeder Sterbliche besteh. Laß die Jahre drum verschwinden, Schau nicht vorwärt, nicht zurück. Um da wahre Glück zu finden Lebe nur dem Augenblick. Lebt denn wohl, vergangene Zeiten! Sei willkommen, junges Jahr! Wir begrüße dich mit Freuden ! Was wir hoffen, werde wahr! Feuilleton. Das PfeiferhännSlein. Eine Geschichte aus den Zeilen deS Bauern- I. Kannst Du'S rathen, was IS Räthsel In verschtoss'ner Brust stch reget? Kannst Du'S deuten, was als Ahnung Mächtig deinen Geist beweget? Ist es Träumen, ist es Wahrheit, Was du träumst mit off'nem Auge, Oder in dem -chtase denkest, Angeweiht vom Geisterhauche? In der Menschenseele wohnet Ein Geheimniß. Und die Frage Findet erst dir rechte Antwort Wenn verstummt der Erde Klage! Hast du schon einen Nachtwandler ge sellen, wenn er, mit festgeschlossenem Au ge sellend, sicher in dunkler Nacht über des Daches Firste wandelt, so sicher als gähnte nicht rechts und links die Tiefe, in die ein Wachender schwindelnd stür zen würde oder hast du von einem solchen räthselhasten Wesen gehört? Sein Dasein liegt über jedem Zweifel > von Menschen gehört, deren Traum prophetisch die Ereignisse anküw dct, die da kommen? Die Gabe ist nicht bcneidenSwerth, aber sie lebe, die sie empfangen haben I Ist dir von Menschen gesagt worden deren Geist in wachendem Zustande der, Welt, in der ihr Leib weilt, entrückt wird in höhere Regionen, wo höhere Geister ihrem Geist erkennbar und verstehbar sind? —Es soll deren gegeben haben,, und ihrer noch geben ! Hast du gehört, daß Menschen in ei nen Zustand des Traumleben verfallen in dem Dunkle, Verborgene, Geheim nißvollcS ihnen klar wird? Auch sie leben und haben gelebt, und an der Hand der Geschichte vergangener Tage will ich dich hinleiten, daß du ein See lcben kennen lernest, das räthselhaft ge nug war und alle jene Fragen uns vor legt, auf die wir keine Antwort zu geben wissen, über die kein vornehmspottendes Lächeln, kein kalter Unglaube, keine hausbackene Weisheit hinaus hilft, die als eine Frage dastehen, al ein Räthsel, das nicht wohl zu lösen ist. — Es ist ein Knabe, von dem ich reden will, den man in Franken, in Würtem bcrg, am meisten im gesegneten Tauber-" gründe zu der Zeit, als im dritte Vier tel des fünfzehnten Jahrhundert die Bauernunruhen begannen, die später in Bauernkriege aufloderten, unter dem Namen: „Das PfeiferhännSlein" wohl kannte, und der eine Weile im Bisthuine Würzburg eine gewaltige Rolle spielte. Er stand damals, als sein Name Ruf bekam, in dem Alter, wo der Jüng ling die Knabenschuhe austritt; wo der weiche Flaum auf der Oberlippe zu glänze beginnt; wie die Stimme ihren vollen Klang wieder gewonnen hat; wo das Auge geistiger leuchtet, wo die Seele zum heiseren Bewußtsein erwacht; wo von knabenhafter Schüchternheit zu festem Sinne, bewußter Thatkraft und frischem Muthe der entscheidende Schritt geschehen ist. Er war eben keine außer gewöhnlich kräftigt Erscheinung.- In seinem großen, blauen Auge leuchtete eine geistige Kraft, aber e sah auch eine tiefe, Schwärmerei daraus hervor. Die Stirne war hoch, gewölbt, klar, aber e lagen Falten darauf die seltsaiü er schlungene Linien bildeten. Seine Ge sichtsfarbe war bleich, kaum daß ein lei ses Roth die Wangen färbte, die nur dann, wenn er in großer innerer Erre gung war, wunderbar glühten; dann sprühte da Auge Fnnken, und man konnte nicht lange hineinblicken. Aber e war schön, ungemein schön, die geist reiche Antlitz, und die grobe Kleidung von schwerem Tuche, grauer Farbe, die filzcne Kappe, die den Kopf umschloß, hinten über den Nacken herablief und, über der Stirne quer schnitten, am Schlafe in gerader Linie abfallend, da gelbe Haar in reicher Fülle hervorquel len ließ sie vermochten nicht, ihm den Reiz zu rauben, den e aufjedermännig lich ausübte. In der Hand trug er ei nen Strock, über welchen die schillernde Haut einer Schlange gezogen war. An seiner Seite hing eine Tasche, in welcher seine Rohrpfeife, eine sogenannte „Pan? pfeife", deren einzelne Rohrpfetfen, vom Baß in größerer Länge bis zu den höch sten Tönen in größerer Kürze aufstei gend, an einander gebunden waren, daß der Mund jegliche Liedes Weise spielen konnte, indem oben hinein geblasen wurde. Diese Pfeife steckte er in da Wamm, daß die Mündungen der Pfei fen mundrecht standen, und mit den Händen schlug er zu seinen Weisen eine kleine Trommel oder Handpauke. Sei ne Gestalt war schlank und im reinsten Ebenmaaße. Wo er zu Hause war? Wer könnte das sagen? aber seine Mundart wie hinauf nach Würtemberg. Vater und Mntter waren todt. Er zog allein her um, bis er eine bleibende Stätte in Niclashausen fand. Ueberall war er gerne gesehen, beson der bei Hochzeiten, Kindtaufen, Kirch weihen und Jakrmärkten, auch bei gro ßen Wallfahrtsfestcn fehlte er nicht, und >n Walldüren war er wohl bekannt. Er spielte gar hübsche Weisen und Tänze, und cr trug viel zur Vvlkslust bet, wo er sich sehen ließ ; daher er denn aller wärts willkommen war. An dem, was das Leben zu seiner Er haltung heischt, fehlte es ihm nie. Ue berall gab's für ihn eine Herberg und eine freundliche Aufnahme. Er verstand, schöne Geschickten zu er zählen, die aber alle jene Grenze berühr ten, wo das sinnlich Wahrncbmbare die Herrschaft an das dunkle Geistcrgcbiet abtritt, und meist war es, wie er selber sagte, selbst Erlebte. Zweifelte Jemand daran, so konnte er höchst leidenschaftlich erregt werden. UebrigenS hatte da Volk einen so eigenthümlichen mähr chenhaften WunderkretS um ihn gcbil det, daß es Niemanden einfiel, an dem Zweifel zu hegen, was cr sagte. War man ja doch gewohnt, ihn mit einer be sondern Ehrfurcht und Scheu zu bctrach ten. Das Volk sagte: „Er fährt mit Frau Holle", und wer die Geisterwesen des Volksglaubens kennt, wer cS weiß, daß noch in unseren Tagen das Volk das Nachtwandeln, Traumwandeln mit dem Ausdrucke: „Mit der Holle fahren" bezeichnet, der kennt die Eigenthümlich keit des PfeiferhännsleinS. Er war ein Traumwandler. Viele hatten ihn über Dächer wegschreiten sehen; Viele hatten ihn beobachtet, wenn cr Nachts aufstand und hinausging, und da oft laut in un verständlichen Worten redete mit un sichtbaren Wesen; allein dies war cS nicht, was ihm die außergewöhnliche Be deutung in den Augen des Volkes lieh. Ss war thatsächlich erkannt, daß cr oft Menschen, die cr zum ersten Mal in seinem Leben zu Geslckte bekam, Dinge und Ereignisse mittheilte, die, außer ih nen, sonst Allen ein Geheimniß waren; Familienverhältnisse, die durchaus Nie mand wissen konnte. Anderen deutete cr die Zukunft auf's genaueste. Und frugt man ihn, wer e ihm kund ge than ? so sagte cr: „Mein Engel", oder „die Jungfrau Maria". Wetter stand er nie den Fragenden Rede, nnr drang Eine in ihn, Rede zu stehen, so wich cr von dannen. Einst, e mochte in den Tagen de Frühlings 1472 sein, war da Pseifer hännSlei in einem Dorfe bei Eßlingen. Der Bauer, wo er zur Herberge war, hatte seine einzige Tochter verheirathtet. Der Knabe hatte eine ganze Nacht und einen Tag aufgespielt zum Tanze. Ge gen den Abend de Tage sank er vor Müdigkeit und Erschöpfung um. Die mitleidigen Bauern trugen ihn in eine Kammer und legten ihn auf einen MovS sack, die Bette jener Tage für den „armen Mann", wie sich da Volk nann te. Er erwachte nicht. Sein Schlaf schien dem Leibe eine krampfhafte Er starrung gebracht zu haben. Gegen Mitternacht, al Alle stille geworden war und die Hochzeitmutter noch einmal durch das Gemach ging, um aufzuräu men, hörte sie in der Kammer den Knaben reden. Furcht trieb sie, e ih rem Manne zu sagen, und Beide kehrten nun zurück und öffneten leise die Thüre. Das Licht ihrer Ampel fiel auf die aufrecht stehende Gestalt des Knaben aber der Lichtreiz wirkte nicht auf seine festgeschlossenen Augen. Er schwieg ei ne Weile und neigte den Kopf so, als horche er auf Einen, der von oben her mit ihm redete. Bald darauf sprach er in eigenthümlich hervorgestoßenem, kurz abgebrochenen Tone: Ja, ja, ich sehe ihn! Dort, dort, wo die untergehende Sonne auf die Tannen scheint, dort kommt er aus dem Walde hervor. Ich kenne ihn. Da Gesicht vergesse ich nicht. Was soll ich ihm sagen? —Er horchte wieder, und fuhr'dann fort: Ich will'S ihm sagen! Ha, c ist schrecklich, aber ich will's ihm sagen, und bei ihm bleiben, bis Alle erfüllt ist. Wann muß ich gehen ? Er horchte wieder. — Morgen! Und weit ist der Weg, weit durch Feld und Wald, Berg und Thal, Kluft und Steg, bis ich uuten das Dorf sehe, wie ich es jetzt sehe, mit der alten Kirche bis ich es jetzt höre; bis ich die Burg sehe droben am Berge, wie sie so schön ist ! fast so, wie die, wo mein Mütterletn starb. Jetzt fing er an zu weinen. Die beiden alten Eheleute überliefein Grause. Die Weiuen war erschüt ternd. Darauf legte er sich ruhig wieder auf sein Moosbett und schlief fest bis an den Morgen. Die alten Leute hatten Nie manden Etwa gesagt. Als sie beim Btersüpplcin zum Mor genimbiß saßen, sagte der Bauer: „Hännletn, du bleibst doch noch bei uu f" „Nein", sagte Hann fest, „das darf ich nicht" „Wer zwingt dich denn? fragte er. „Es geht dir ja gut bei uns." ! „Das ist wahr, und Gott lohnt's Tuch", erwiederte der Knabe; „aber Harrisburg, Pa., Donnerstag, Januar , I 87. mein Engel gebot mir, heute zu dem La boranten zu gehen." „Zu welchem Laboranten?" fragte der Bauer wieder, und e überlief ihn eiskalt dabei. „Ihr kennt ihn ja doch nicht", ent gegnete Hann. „Kennst du ihn denn?" „Freilich", sagte er. „Wann hast du ihn denn gesehen ?" „Heute Nacht hat der Engel mir ihn gezeigt, und das Dorf und die Gegend; ich kann nicht irren." „Warst du denn schon dort?" „Nein; außer heute Nacht nie!" „Aber du schliefst ja in der Kam mer?', „Das versteht Ihr nicht", sagte er fast ärgerlich. „Ich sah das im Geiß, und weiß auch den Weg. E ist weit, weit von hier." Um kein Gut der Erde hätte er stch nun halten lassen. Die guten Bauern füllten seinen Sack mit Lebensmitteln, beschenkten ihn mit einige Weißpsennt gen, und dann wanderte er dem Neckar zu, und folgte seinem Laufeine ziemliche Strecke, bis er dann ein andere Rich tung nahm und, keinen Weg mehr ein haltend, durch Wald und Flur wander te. In den Wäldern schlief er, uud, wenn andere Lebensmittel fehlten, er stieg cr die Bäume, um au den Nestern großer Vögel die Eier zu rauben, daß er sich daran und an der duftigen Erd vder Himbeere labe und sättige, oder er suchte den wilden Honig der Bienen schwärme in den hohlen Bäumen auf. Am fünften oder sechsten Tage seiner müllseligen Wanderung trat er aus ei nein Hochwald auf die schmale Kante eines felsigen Berggrate heraus. Die Sonne war eben im Hinabsinken. Gol dcngesäumte.purpurneWölkchen schwam men ihr Aethermeere nach, und die tiefgoldenen Strahlen sielen verklärend auf die Stelle, wo unter den weitauSgebreiteten Arsten einer alten Tanne der Knabe stand. Er blickte mit einem tiefen, aber von keinen unfreund lichen Bildern gestörtem Sinnen hinan in das Land, das stch theil zu seinen Füßen als breites Thal, theil mit wal digen Berggipfeln weit in die Ferne ausbreitete. Zu sein. Füßen lag ein breite, ge segnetes Thal, von dem ansehnlichen Wasser der Tauber durchflössen, da weiter zurück im Thal eine Mühle trieb. Die Seiten der allmählich ansteigenden Berge bekleidete niedere Gestrüppe, au dem hier und da ein zackiger gelsblock heraus sah, den gelbes MooS und weiße Flechten bedeckten. Das Gründer Ge büsche war ungemein frisch, und der blüheiite Weißdorn und Ahorn machte es, untermischt mit dem blendendenGelb der Ginsterblüthe, ungemein schön. Un ten im Grunde de Thales säumten Weiden und Erlen, mit duuklem und hellerem Grüne wechselnd, die User der Tauber, zu deren beiden Seiten breite blumige Wiesen hinliefen. Weiter ge gen das Dorf zu wurde der Thalgrund noch breiter, und die grünen Saatfelder zeigten die gesegneten Spuren mensch licher Thätigkeit. Blühende Kirsch und Pflaumenbäume säumten da Dorf, des sen niedere, strohbedeckte Hütten sich schirm- und schutzsuchend um die hoch liegende Kirche reihten. Der Thurm dieser Kirche wies in seiner Gestaltung deutlich den doppelten Zweck nuch, et neStheilS dem Glöcklein einen seinen Schall weithintragende Stätte zu ge währen, aber auch anderntheil in Kampf und Fehde als Zufluchtsort zu dienen für die Bewohner de Dorfe. Dieser Zweck war in jenen Tagen einer wilden und rohen Gewalt ein um so wichtigerer, al nicht selten sich befeh dende Ritter, raubend, sengend und brennend die Dörfer heimsuchten. Oben auf der Berge Gipfel hatt der Hochwald seine Stätte und breitete sich weithin aus, und man sah e deutlich, daß die lichtende Axt selten ihre Schärfe hier walten lies. In einiger Entfer nung sah man auf hohen, zackigen Fel sen die Thürme einer Burg, welche trotz ig in die stille Gegend htnauSblickten. Müde sonder langen und mühsamen Wanderung, sank der Knabe am Stam me der Tanne nieder, und sein lockiger Kopf fand auf einer zu Tage liegenden Wurzel ein Ruhekissen, dessen Härte Ermüdung und Gewohnheit nicht füh len ließ. Eine Zeitlang blickte de Knaben schönes träumerische Auge auf die Wolken, die, vom dunkeln Grau bis zum glühenden Purpur, vom matten Gelb bis zum glänzenden Gold in allen Schattirungen leuchtend, vom Bbend winde bald massenhaft zusammenge drängt, bald in phantastische Gestalten und Formen auseinander gerissen, der sinkenden Königin des Tag und Lichte in liebendem Zuge folgten. Da Säu seln de Abendwindes in den Zweigen der Tanne klang so wundersam, die im Abendlichte tanzenden Fliegen sangen ihr seltsam hingesummte Lied. Dros seln und Nachtigallen jubelten dem Frühling ihre Grüße zu, und die Luft fächelte so mild und lau die stärker als gewöhltch geröthete Wange, daß allmäh lich de Knaben Blick ausdruckloser wur de; da müde Augenlied mit den langen Wimpern sankt ieser, bis der Schlaf sich mit bleierner Schwere darauf legte, und Abendsonne und Wolkentanz, Nachti gallenklänge und Fliegengesumme ver schwamm und der Leib in jenen Zustand fiel, den die Alttn „den Bruder des To de" nannten. Als er so in den Schlaf des guten Gewissen, der Gesundheit und Ermü dung gesunken war, trat au dem Wald, etwa weiter link, wo ein Fußpfad hin ab in' Thal führte, ein Mädchen, wel che ein schwere Bündels dürren Rei sig auf seinem Kopfe trug. Obwohl e schwer war, so verrieth doch der leich te, elastische Tritt des kleinen Fußes eine frische, jugendliche Kraft und Gewandt heit. War sie alt, so zählte sie fünfzehn Jahre; aber die Fülle der jugendlichen Gestalt, der zarte jungfräuliche Aus druck eines Gesichtes von blendender Schönheit hätte auf ein reiferes Alter schließen lassen. Sie trug da grobe Gewand au >ogeiiater „Beidcrwoi le", welche das Volk au linncnen und wollenen Fäden sich selber zur Kleidung wob, und die darum jenen bezeichnenden Namen führte. Der Schnitt des Ge wandes war einfach. Ein weitfaltiger Rock umschloß die schlanke Hüfte und fiel ziemlich weit unter das Knie herab. Ein Mieder mit weiten Aermeln, dessen Schluß züchtig bis zum Halse reichte, vollendete den Anzug, der übrigens trotz seinerDcrbheit und selbst großen Plump heit ganz geeignet war, schöne Körpcr formcn hervortreten zu lassen. Als sie den FclSgrat erreichte, warf sie da Holzbündel zur Erde und sagte: Nun will ich auch ein wenig ruhen. Die Abendglocke hat noch geläutet und da unten weidet die Heerde noch. Als sie so ruhend, die' Hand auf ihr Holzbündel stützend, sich vorbeugte, um auf da Dorf hinabzuschauen, gewahrte sie den jungen Schläfer unter der Tanne. Sie hätte ja kein Mädchen sein müs sen, wenn dieser Anblick ihre Augen nicht gefesselt, ihre Neugierde nicht in hohem Grad in Anspruch genommen hätte. Wer mag das sein? dachte sie, und der Gedanke beherrschte ihre ganze See le. Sir stellte sich auf die Fußspitzen, um schärfer und genauer hinzusehen, aber da reichte nicht au, die Neugierde zu befriedigen. Was hindert mich, sagte sie lautdcn kend, hinznschleichen und nachzusehen ? Der schläft ja wie ein Sack, sonst hätte ihn da Niederwerfen meiner Holzlast erwecken müssen. Vorsichtig bog sie nun die Zweige der Gebüsche zur Seite, und wie ine Katze unhörbar auftretend, schlich sie sich in die Nähe des Schläfer. Immer that sie einen Schritt näher, und hielt dann an sich, um sich zu überzeu gen, daß er noch schliefe, bis sie endlich ganz vor ihm stand. Sie blickte mit ihren treufrommen, hellblauen Augen in des Schläfer schö ues Gesicht und sagte dann nach ihrer Gewohnheit halblaut: Ich kenne ihn nicht, und er muß weither gewandert sein; aber schön ist er, das ist nicht zu leugnen. Sie war ganz in da Anschauen de schönen Schläfer versunken, und stand eine Weile da, Alle vergessend. In diesem Augenblicke seufzte der Knabe und fuhr unwillkürlich mit der Hand über' Gesicht, um sich eine kecke Waldflitge wegzuschaffen, die sich blut gierig auf seine Wangen gesetzt. Bei dieser Bewegung zuckte das Mäd chen erschreckend, und war schnell Wiedas flüchtige Reh, wieder bei ihrem Holzbün del. Al er indeß ruhig fortschltef, konnte sie nicht widerstehen, abermals sich zu ihm zu schleichen, um die abscheuliche Waldflitge wegzujagen, die den müden Schläfer erbarmungslos quälte. Das war ja ein Werk der Barmherzigkeit! (Fortsetzung folgt.) Verschiedenes. Merkwürdiger Fall von Wieder belebung. Vor einigen lahren rief der Galva niSmu in der medizinischen Welt plötz lich eine gewaltige Bewegung hervor. Man versprach sich die ungewöhnlichsten Dinge von demselben; es wurde sogar behauptet, daß man vermittelst desselben einem todten Körper wieder den Le hensfunken einhauchen könne. Fast jeder gründlich gebildete Arzt stellte, mit mehr oder weniger überraschenden Resul taten Experimente an. Solche Experi mente wurden zuerst mit Fröschen, dann aber außschließltch mit Menschen vorge nommen, die eine gewaltsamen Tode gestorben waren, wie z. B. mit Erhäng ten oder Ertrunkenen. Unter den Aerzten, welche derartige Experimente mit Vorliebe anstellten, be fand sich ein New-lorker Arzt, Namens Birdsal, der eine ausgedehnte Praxis hatte. Eines Tages—es war im Jah re 1840 —wurde derselbe zu einer jun- gen Dame gerufen, welche in Waverly Place wohnte. Dieselbe lltt an keiner schweren Krankheit und war bald herge stellt ; trotzdem setzte der Dr. seine Be suche bei Miß Alsord fort, und bald war e kein Geheimniß mehr, daß stch zwi schen dem Arzte und der jungen Dame ein LiebeSverhältntß entwickelt hatte. Dokter Btrdsal's Besuche dauerten mehrere Monate ununterbrochen fort, und seine Huldigungen wurden von der jungen und reizenden Dame in einer Weise accepttrt, daß Birdsal e wagen zu dürfen glaubte, Miß Alsord um ihre Hand zu bitten. Er erhielt ihr Jawort und der Hochzeltstag wurde festgesetzt. Drei Tage vor der augesctzten Hoch zelt wurde dem Bräutigam die schreck liche Kunde mitgetheilt daß Miß Alsord in der vorhergehenden Nacht ermordet worden sei. Diebe waren in da HauS der Eltern der jungen Dame eingedrun gen und al Emma Alsord denselben Widerstand entgegenzusetzen versuchte, zog einer der Verbrecher einen Dolch und machte ihrem jungen Leben auf ei ne gräßliche Weise ein Ende. Jl>r Mörder, welche verhaftet wurde, war ein Gewohnheitsverbrecher, Na men Henry Larkln, gewöhnlich der „schwarze Harry" genannt, welcher der eltlichen Gerechtigkeit schon mehr al einmal in die Hände gefallen war. Al sie ihn verhafteten, war er über und über mit Blut bedeckt: der Dolch, mit dem er die schreckliche That vollbracht hatte, fand sich bei ihm, und die Beweise gegen ihn waren unwiderleglich. Seine Untersuchung zog stch indessen in der Länge und sein Urtheil konnte voraussichtlich vor 9 bis 7 Wochen nicht ausgesprochen merden. Der gewaltsame Tod warf den Doktor sofort in ein hitzige Fieber, während dessen er unaufhörlich von Emma phan taslrte. Zuletzt trug indessen seine kräf tige Constitution den Sieg über die Krankheit davon; sonderbarcr Weise fand e sich aber nach seiner Genesung, daß er jede zuverlässige Erinnerung an die Vergangenheit verloren hatte. Er sprach häufig davon, daß Emma an der Auszehrung gestorben sei, und seine Verwandten und Freunde hielten es für rathsam, ihm diesen Glauben nicht zu nehmen. Birdsal nahm seine galvanischen Ex perimente wieder auf und schloß sich oft ganze Nächte lang auf setner öden Stu dierstube ein. Um jene Zeit machte er die Bekannt schaft de Doktor Evart, der in dem Stadtgefängnisse Arzt war. Beide stell ten jetzt Experimente auf dem Gebiete de Galvanisinu an, und waren oft nicht wenig erstaumt über die erzielten sonderbaren Resultate. Wenn e irgend zu machen war, lie ßen sie die todten Körper erhängter Ver brecher uach dem Secirzimmer Birdsal' bringen, in an denselben Versuche ver mittelst des GalvaniSmu auszustellen. Eines Abends erhielten sie aus dem Staatsgefängnisse den Leichnam eines stark gebauten, muskulösen Manne des sen gewaltsam verzerrte Züge noch deut lich erkennen ließen, daß er ein Verbre cher sein mußte. Als Birdsal den Todten anschaute, überfiel ihn ein unwillkührlicher Schau der. Die Glieder sind noch nicht stets, sagte Evart, indem er die Arme und Beine der Leiche in die Höhe hob, und der Kör per ist noch warm. Desto besser taugt er zu unseren Experimenten, erwiederte Birdsal mit hohler Stimme. Wind sie auch überzeugt, daß sein Genick nicht ge brochen ist? Ich bin meiner Sache gewiß; der Mann ist eine schwerenTode gestorben. Ueberzeugen sie sich selbst, eutgegnete Evart, indem er den Kopf des Todten in die Höbe hob, während Birdsal die Nackenwirbel untersuchte. Sie haben Recht. Birdsal nahm jetzt sein Seclrmesser, schnitt den hintern Theil de Halses auf und legte die Nerven bloß, die an jener Stelle von dem Gehirn auslaufen. Der Draht der galvanischen Batterie wurde sodann mit den bloßgelegten Nerven in Verbindung gebracht. Im ersten Augenblick brachte die gal vanische Batterie keine Wirkung auf den Leichnam hervor; aber nachdem sie etwa fünf Minuten auf denselben einge wirkt hatte, Hoden sich die Beine desTod ten in die Höhe und seine Arme schlugen in der Lust umher: die GeflchtSmuSkeln fingen an zu zucken, gleich darauf hoben sich die Augenlteder und die Augen fin gen in gräßlicher Weise an zu rollen. Die Brust de Todtgeglaubten fing dann an, sich zu heben, und es war kein Zweifel daß der AthmungSprozeß wie der begonnen hatte. Die dunkle Ge sichtsfarbe verschwand nach und nach, und die Züge nahmen wieder einen na türlichen Ausdruck an. Er lebt! Er lebt! rief Birdsal er freut aus. Seine Lippen bewegen sich ! Sein ganzer Körper ist in Schweiß gebadet! i versetzte Daktor Evart. Ader was um Himmels willen wer den wir mit tbm beginnen wenn cr wie der lebt? rief Bird'al, von plötzlicher Besorgniß ergriffen, au, indem cr glet zeitig den Draht der Batterie zurückzog Daran habe ich nicht gedacht, erwtedcr- Evart. Geben wir das Experiment auf. Doch dazu war e zu spät; drr Le bcnSfunke war bereit zurückgekehrt. Der Wiederbelebte saß aufrecht und sah starren Blickes um sich. Wo bin ich? stammelte er. Bin ich in der andern Wrlt. Er schüttelte sich wie ein Hund, wenn er aus dem Wasser kommt: dann richtete er stch mit einiger Anstrengung in die Höhe und stand im nächsten Augenblicke aufrecht im Zimmer. Evart zitterte am ganzen Körper, aber Birdsal schaute ven vom Tode Wiederauferstanbeiien ruhig und uner schrocken in's Gestchti. Wie heißt Du? fragte Birdsal. Henry Larkin, erwiederte der Mann. Wie ? rief Birdsal erschreckt aus, in dem der Klang dieses Namens seine Er innerung an die Vergangenheit plötzlich wieder hergestellt zu haben schien. Um welches Verbrechens willen bist du ge hängt worden? Ihr wißt da wohl eben so gut als ich—ich wurde gehängt, weil ich Emma Alsord ermordet habe. Mörder! Ungeheuer! Teufel! schrie Birdsal. Und ich hätte dich in's Leben zurückgerufen ! —dich, der du Emma's Blut vergossen bast? Beim Himmel, noch steht es in meiner Macht, sie zu rächen! Bei diesen Worten stürzte cr sich auf den Mörder und erfaßte denselben mit eiserner Hand. Evart war so sehr von Furcht ergriffen, daß er aus dem Zim mer entfloh. Es entstand ein fürchterlicher Kampf zwischen Birdsal und dem Verbrecher. Man hörte einige Sekunden lang den Lärm der Ringenden dann wurde cS plötzlich still Evart kehrte nach dem Secirzimmer zurück und sah den Mörder todt am Bo den liegen; in Seclrmesser hatte sein Herz durchbohrt. Birdsal starrte mit dem Ausdruck ei ne Wahnsinnigen auf den am Boden liegenden Mörder. Doktor Birdsal wurde noch in der selben Nacht in' Irrenhaus gebracht, da er von unheilbarem Irrsinn befallen war. Die Leiche des Mörder wurde im Stillen von Evart begraben, und erst auf seinem Todtenbettc offenbarte er was er damals gesehen hatte. Blutige Tragödie in Cairo, Illinois. Eine deutsche Frau versucht ihre beiden Kinder zu ermorden und schneidet sichdannselbst denHal a b. AIS man, nachdem die That geschehen war, in die Wohnung an der Ecke der 8. und Eedar straße eindrang, bot sich den Blicken der Ein dringenden ein entsetzliches Schauspiel dar. Auf einer Lounge war die blutige Leiche ei ner grau ausgestreckt; ihr Kopf war halb vom Rumpfe getrennt und die Wände und Hausge räthe waren mit Blut bespritzt. In dem an stoßenden Zimmer, dessen Wände und gußbo' den ebenfalls mit Blut befleckt waren, lagen mit verbundenen Köpfen die beiden Kinder—ein et wa 9jähriger Knabe und ein 7 Jahr altes Mäd chen—in bewußtlosem Znstande. Der Mann der Verstorbenen, ein Deutscher, Namens Leo pold Liebermann ist in der Brauerei der Herren geuchter u. Eo. beschäftigt. AIS Herr Lieber mann am Morgen um j9 Uhr an der Maisch butte beschäftigt war, hörte er seine Kinder schreien, da er aber glaubte, daß ihre Mutter sie wegen irgend einer Ungezogenheit strafte, schenk te er der Sache weiter keine Aufmerksamkeit. Da aber das Geschrei anhielt und immer ernstlicher und jämmerlicher wurde, eilte er nach seiner Wohnung, die etwa 50 Fuß von der Brauerei entfern lieg. Als er zur Thür hin eintrat, bot sich ihm ein schreckliches Schauspiel dar. Seine beiden Kinder lagen aus klaffen den Kopfwunden blutend, auf dem Fußboden, seine grau lag in den letzten Zügen auf einer Lounge im anstoßenden Zimmer. Sie hatte den Kopf an die Wand gelehn und aus einer schreckliche Wunde am Halse blutend. Der klei ne Junge, der noch Bewußtsein hatte, sagte auf Befragen seinem Vater, daß die Mutter er sucht habe, ihn und seine Schwester mit einer Art zu tödtea, und die dabei liegende blutige Art sprach nur zu sehr für die Wahrheit dieser Aussage. Die Wunde an dem Hai der gra zrigtt daß sie seit entschlossen war, ihrem Daseinein Ende zu machen. SS scheint, al ob sie nicht nur -t Schnitte geführt, sondern ihre Luftröhre mit dem Messer förmlich durchsägt habe. Die Wunde war ungefähr 7 Zoll lang. Da klei ne Mädchen hatte 3 und der Knabe 5 Kopfwun den durch die Axtstreiche ihrer Mutler erhal ten. Die Mutter war bereit todt ehe ärzt liche Hülfe möglich war: sie hauchte ihren letzten Athemzug au, al ihr Mann kaum zwei Minuten nachdem er da Geschrei der Kin er gehört hatte, zur Thür hereintrat. Beide Kinder befinden sich in kritischer Lage, und ist da Aufkommen de Knaben sehr zweifelhast. Den Kindern wurde jede mögliche Pflege zu Theil. Beide lebten am Abend noch und konn ten Mittheilungen über da grauenvolle Ereig nißmachen. Die Art, mit der die grau ihre Kinder zu morden versuchte, war eine gewöhn liche ierpfündige Holzar,. Das Messer, mit dem sie sich selbst das Leben nahm, war ein ge wöhnliche Metzgermesser. ,on etwa 9 Zoll Län- Nro. 28. der nicht nur im Zimmer hcrumjagte und sie dabei mit der Art verwundete, sondern daß sie auch selbst im Zimmer herumwankte, nachdem sie ihren Hals durchschnitten hatte. Die Wän de des einen Zimmer sind an manchen Stel len bis zu einer Höhe von 7 Fuß mit BlutZte spritzt. Der Fußboden de Zimmer, in wel chem die Frau lag, war ganz schlüpfrig von Blut. Der Gatte der Verstorbenen sagt au, daß er zwölf Jahre mit ihr erheirathet gewesen sei. gelebt und war von East Girardeau hierher ge kommen. Ein Kindesmord aus Verzweiflung. Eine Mutter erdolcht ihr Kind und vergiftet sich s-lbst. Ter „Baltimore Wecker" berichtet über ei nen ergreifenden Mordfall, der in Wheeling, Wtst-Virginien, sich zugetragen, da Folgen de : Der Mord in Wheeling, West-Virglnien, von dem bereits in unsern Telegraphenspalten die Rede war, fiel daselbst in Parker' Hotel vor, und das Opfer desselben war in kleines Mäd chen von vier Jahren, dem die Hand seiner Mutier den Dolch in die zarte Brust senkte. Eine Mi. Minnie Nugent, eine junge grau von etwa 22 Jahren, war, begleitet von ihrem Kinde, am vorletzten Dienstag, Morgen um 9 Uhr von Marietta, Ohio, kommend, in Par ker' Hotel abgestiegen und hatte sich dort ein Zimmer gehen lassen. Zur Mittagszeit erschie nen Mutter und Kind mit den übrigen Gästen am MittagStische, und Erstere zog sich dann un- Zuui Abendessen kam sie nicht herab, ebenso wenig zum Frühstück am nächster. Morgen. Die Wirthin, welcher dies ausfiel, sandte eine Magd hinauf, um ach der grau zu sehen; die Magd kam dann mit der Nachricht zurück, daß sie fest schlafe. So ging di.- Mittagszeit vorüber und die Frau ließ sich noch immer nicht blicken. Al e vier Uhr wurde und die Fremde im mer noch nicht von sich sehen und hören ließ, verfügte sich die Wirthin selbst, begleitet von ei nem Dienstmädchen, nach ihrem Zimmer. Auf ihr Anklopfen öffnete Frau Nugent, ganz er stört uud bleich aussehend, selbst die Thüre und zeigte nach dem Bett in welchem da Kind todt lag. Sie dekannte sofort, daß sie es am Abend vorher ermordet und dann Opium genommen hatte, um sich ebenfalls aus dem Wege zu schaf fen, und daß sie unter dessen Einfluß bisher ge legen und vergeblich den Tod erwartet hatte. — Man sah, daß die Unglückliche stch mehrmal erbrochen hatte und noch immer in einem Zustande halder Geistesverwirrung sich befand. Das Kind lag in seinem blutgetränkte Nachtkleidern im Bette, aus welchem seine Mut ter sich soeben erst selbst erhoben hatte, die Brust von drei Dolchstichen durchbohrt. Es war ein entsetzlicher Anblick. Man sandte nach Sche riff Sepbold und den Coroner, und diesen legte das arme Weib da folgende Geständniß ab: Ihr Mädchenname, sagte sie, sei Minnie Arbor, ihre Eltern wohnten bei WilliamStown in Woov Cvuulp, West-Virginten z vor etwa fünf Jahren habe sie einen Mann Namen Nugent, gegen den Willen ihrer Eltern gchei rathct und sei mit ihm durchgegangen; zweiMo nate nach der Geburt ihres Kinde habe ihr Gatte, der sich dem Trünke ergeben, sie verlassen und sie habe seitdem nicht mehr von ihm ge hört ; ihre Mutter habe ihr ihren Fehltritt nie vergeben und auch ihre Geschwister so gegen sie ausgehetzt, daß ihr der Aufenthalt bei ihnen unerträglich geworden. Sie sei dann mit ih rem Kinde fortgegangen, habe nirgend ine Heimath finden können und in der Verzweif lung über ihre erlassene Lage habe sie dann den Entschluß gefaßt, ihr Kind und sich selbst umzubringen, und um diese Vorhaben auszu führen, sei sie nach Wheeling gekommen. Sie habe lange gezögert, aber gefühlt, daß sie e thun müsse. Bis zum Abend am Dienstag ha be sie damit gewartet, das Kind dann zu Bette gebrach und als es schlief, sich über dasselbe ?n seine Brust gesenkt. Geschrieen habe e nicht, blos gestöhnt, und habe sich fast ohne To deskampf verblutet. Bevor sie die That voll brachte, habe sie vor das Bett gekniet und in brünstig gebetet, und die wiederholt, nachdem sie da Kind erstochen hatte. Sie habe ihm sei nen letzten Athemzug vom Munde weggeküßt, dann selbst Opium genommen und sich neben da Kind auf's Bett gelegt. Di Dosis war je denfalls zu stark und die Frau hatte den größten Theil des Giftes wieder erbrochen. Borher hatte sie mehrere Briefe geschrieben, einen an ihre Schwester, einen andern au den Eigenthü mer des Parker Hotels und einen dritten behuf der Veröffentlichung in der Wheelinger Presse. Sie gab darin Anweisungen, wie sie und ihr Kind begraben werden sollten, und sagt, daß ih re Mutter durch ihre Unversöhnlichtei sie in den Tod getrieben. Die unglückliche Frau befindet sich jetzt im Gefängniß zu Wheeling. Ihre Eltern ha, man „verweilt von dem schrecklichen Borfalle in Kenntniß gesetzt. ES spukt. Ein Washingtoner Correspondent schreibt, daß e im Hause der Frau Surrat nicht geheuer sei. Das Hau ist S10,0vl) werth, wurde aber aus diesem Grunde unter der Hälfte seines Wer the verkauft. Mehrere Familien, die e nach einander gemiethet hatten, zogen schnell wieder au. Man erzählt sich, daß der „Geist" der gehängten Frau Surrat um Mitternacht im Hause um hergehe. Sogar der Werth der bcnach harten Häuser bat unter diesem Unsinn bereit gelitten.