PmmvlbAimcht MliftL'ZntuW. Jahrganq 1., Di PennsylvanischrTtaatS-Zeituug Herausgegeben von loh. Georg Stipper. erscheint jeden Donnerstag, und kestri KZ.Ott per labr, zabibar innerbalb teslahrcS, und KZ.Stt ack Verfluß des Jahrgang. Eiiizclnc Errmplaren.s ErntS prr Stuck. Keine Subscriptione werden für weniger als sechs Monaten angenommen ; auch kann Niemand das Blatt abbestellen, bis alle Rück stände bezahlt sind. Anzeigen werden zu den gewöhnlichen Pres- Osficcn: in der „Patriot und Union" Druckerei, Dritten Straße, HarriSbarg, und in dcr „Inlrltigcnccr" Druckerei, am Eciitre Poesie. (Für die „Pennsplv. Staaiszeitung.") Ach klane nicht. Gedicht von Sergeant Hofer. E rauscht d'S LebenSturm an mir vorüber, Mit finsl'rem Ernst verfolgt das Schicksal mich ; Und trüber wird mein Himmel, immer trüber, Und nicht ein Stern der Hoffnung zeiget sich, Kein lieber Mund will mir ein Trostwort sagen, Und meines Lenzes frische Blüthe bricht; Doch will ich stumm all' mein Leiden tragen : Ich klage nicht. Fort trieb es mich von heimathlicher Stätte, Aus jenem Thal, wo meine Wiege stand, O, daß ich nimmer e verlasse hätte, Mein theures, heißgeliebtes Vaterland. Wohl nie (i Lebe sehe ich Euch wieder. Ihr blauen Berge, in der Sonne Licht: Doch kämpf ich mulhvoll meine Leiden nieder, Und klage nicht. Tie einstens meinem erste Lallen lauschten, In deren Obhut ich de Lauf begann: Die Gruß und Händedruck oft mit mir tausch ten. Die trennt von mir der weite Ocea! Du schwebst verklärt in höher Regionen O Mutter, die mich einst gebar zum Licht, Und nimmer kann ich Deine Lieb' Dir loh nen. Doch klag' ich nicht! Und Jene, die auf meinem LebenSpsade Mir Cupido, der Blinde, zugeführt, An der ich endlich e gefunden hatte Mein Ideal, mit Liebreiz reich geziert: Die riß da Schicksal lo von meinem Herzen An da sie einstens liebend sich geschmiegt; Wehl fühl' icki'S unter namenlosen Schmerzen, Doch klag' ich nicht. So steh' ich einsam in der Welt, der Bunten, Und traure um mein früh verlornes Glück, Und sehne mich nach längslvergaug'nen Stun- Nach Hcimathsgruß und LicbeSkuß zurück. Will in Erinnerung mein Glück noch finden, Bis einst mein mattes müdes Auge bricht; Dann ruf ich nock>, wenn mir die Sinne schwin de : Ich klage nicht! Feuilleton. Der Dorfcaplan. Erzählung aus Oberbaiern ach einer wahren Begebenheit. Von Herma Schmid. (Fortsetzung.) Der WcihnachtStag kam herrlich her auf. Sommerblau und rein lag der Himmel über dem weiten Stromthalc, daö der Wilde Kaiser abschloß, glänzend nnd blitzend in, Sonnenschein, als habe er dem Feste zu Ehre seinen Eispanzcr blankgcschcuert und den weißen Kaiscr mantel um die Felsenschultern geschla gen. Der Ostwind strich kalt über die flimmernde Schncclandschaft hin, daß der Hauch vor dem Munde fror, den Landleuten, die von den entlegenen Hö fe hcrangewandcrt kamen, sich Haar, Bart und Hut bereiften und weit und breit hin an allen Sträuchern und Zwei gen Milliarden von Eisnadeln und Schneekrystallen glitzerten und funkel ten. Im Dorfe selbst war die Stimmung nicht so festlich, wie draußen in der freien Natur; die Vorgänge der Nacht lager ten darüber, wie oft auf den Schornstei nen und Firsten der Rauch haftet und sich niederschlägt, wenn eine ungünstige Luftströmung ihm wehrt, fröhlich und kerzengerade emporzuwirbeln. Die Plauderhaftigkeit der Dienstboten im Pfarrhose, die Bosheit des trinmphiren den Lehrers hatten rasch und genügend dafür gesorgt, daß die aus der Christ mette Heimkehrenden auch die Kunde des Vorgefallenen in Hütten und Häu ser auseinander trugen, als Würze zu Sauerkraut und frischgcschlachtetem Schweinefleisch, das nach der langen Fa stenzeit im Advent auch auf dem ärm sten Heerde brodelte. Der Eindruck war verschieden, nach den vielerlei Köpfe, auf die er wirkte; der allgemeinste war der der Verwunderung, wie so Etwas so buchstäblich über Nacht habe kommen können, und einer gewissen Schadenfreu de ; denn es gab Manche, die von dem Hochmuth des PfarrfräulcinS gekränkt ihm eine Strafe und Demüthigung gar wohl gönnten. Der Herr Caplan ward bedauert, denn die Bauern hatten ihn lieb und Baucrnherzen sind zäh; was einmal Wurzel gefaßt in den treuen Ge müthern, das halten sie fest und es braucht manch harten Ruck, bis sie es sich entreißen lassen. War auch der Hauptgottesdienst schon während der Nacht gefeiert worden, so gab cS doch Männer und Bursche genug, die sich Vormittags zur Kirchenzeit auf dem Platze vor der Kirche zusammen fanden, um zu plaudern und alle die Be gebenheiten seit dem letzten Begegnen zu verarbeiten. Darunterwaren der Wag ner des Orts, ein stämmiger Mann mit soldatischer Haltung, dcr Schneider, der Bader nddcr Eifenkrämer;ein schmäch tig aussehender Mensch mit ruppigen Händen ließ den.Schuster nicht verken nen, Andern verrieth das Päckchen, das er unter dem Arme trug. Es war der „Beter"-Macher, der seine Waare, aller lei Rosenkränze, immer bei sich trug, um augenblicklich zum Handel bereit zu sein. „Da kann man's einmal mit Händen greifen", sagte dcr Betcrmacher fromm thnenh, als das Gespräch wieder auf Isidor kam. „Hochmuth kommt vor dem Fall! Hab's erst gestern noch von dem Schullchrcr gehört, daß der Herr Eaplan immer obenaus gewollt hat.. . da hat unser Herrgott die Hand von ihm abgezogen und er ist in die Schlingen des Teufels gefallen l" „LaßdenTeufel inNuh, Betcrmacher", entgegnete der Wagner barsch, „der muß nit überall seine Hand d'rinn haben, es giebt Leut' gcnug, die für ihn die Arbeit thun!" „Wie kannst' so reden, Wagner!" rief der Schuster entsetzt. „In ein' so from men Haus, wie der Pfarrhof ist !" „Eben deswegen! Ist keine Kirche so klein, die Capelle muß auch dabei sein .. . und wenn dcr Teufel sonst gar kei nen Platz findet, schlupft crineinen Wei berrock. . ." „Ja, da ist wahr'" rief der Beter inachcr wieder und verdrehte die Augen. „Die Franzi!" Ein so kreuzbraves Mad'l! Wer hatt' das von der Franzi gedacht !" „Nun, die hab' ich gerad' nicht ge meint !" lachte dcr Wagner. „Wir werden ja sehen, was dahinter ist; in ein paar Tagen wird man wohl Alles wissen !" „Wir.könnten' gleich erfahren", sag te dcr Schuster. „Wie wär'S, Männer, wenn wir zum Pfarrer gingen, so wie eine Deputation von der Gcmeind', und thäten ihm unser Bcdauerit sagen, daß er einen solchen Verdruß hat haben müs ftn. .." „Zum Herrn Pfarrer?" rief der Wagner. „Warum? Unsereiner hat auch genug Verdruß im Hans, aber ich hab' och nie gehört, daß dcr Pfarrer 'kommen wär'und hätt' Einem sein Be dauern gesagt. . . was wir gemeine Leut' zuwege dringen müssen, das wird er als ein studirter Herr wohl auch vermö gen. .." Er ging und ließ Schuster und Beter macher stehen; unbekümmert über ihren unverholnen Aerger, winkte er dem Ba der und Schneider mit den Augen zu, und schritt mit Beiden davon. „Wie ist es denn ?" sagte er flüsternd. „Es hat ja geheißen, auf Weihnachten käm' er wieder herüber.. . Ihr wißt schon, wen ich mein'..." „Versteh' alle Wort", sagte der Schnei der wichtig und gehcimnißvoll, „gewiß weiß ich's nit:.. es soll gar viel Schnee haben, wo er heraus muß ... aber ich denk' wohl, er kommt, und sobald ich's, weiß, laß ich Alle Herrichten. . ." Sie winkten sich zu trennten, vor sichtig umherblickend, ob auch Niemand die geheime Zwiesprache belauscht. Auch auf dem MooSrainer-Hofe bil dcte der Festtag einen trüben Gegensatz zu der heitern Festlichkeit, die erst so kurz dort begangen worden. Noch war cS völlig Nacht gewesen, als die Thür des Pfarrhauses sich geräuschlos austhat und der Verstoßene auf der Schwelle stand, die er mit ahnungsvollem Wider streben betreten. Es war dunkel in ihm- und um ihn her; aus den Fenstern der Kirche kam der rothe Schein der ewigen Lampe so schwach herüber, als wenn sie mit dem Erlöschen kämpfte, aber gerade vor ihm blitzte und funkelte der Morgen stern in seltener Pracht, als wär' cS eine geschwungene Fackel iu Engelöhand, um wie von einem Leuchtthurme aus zu mahnen, daß der Himmel über uns un erschütterlich feststeht, auch wenn unter uns die trügerische Erde wankt. Durch Frostschauerund beginnendes Schneege riesel schritt er dem Vaterhause zu, un endliche Wehmuth und Trauer in der Seele, daß er so dahin zurückkehren mußte; doch es blieb kein anderer Ausweg, um Aufsehen zu vermei den. Einen Tag wollte er Herberge nehmen in der Hcimath, um sie dann für immer zu verlassen und unbekannt an einem fremden Ort die Entwickelung sei nes Geschickes abzuwarten. Das Haus stand finster in der Finsterniß; kein Lichtschein zeigte, daß Leben in ihm sei, und es war doch schon die Stunde vor über, die den Bauer in Scheune, Stall und Haus zu den Arbeiten weckt, von denen auch der höchste Feiertag ihn nicht befreit. Dennoch standen Thür und Thor weit auf, als würde Jemand er wartet; aber Niemand kam dem Eintre tenden entgegen. Lautlos tastete sich Isidor über den unerhellteu Borplatz, die Treppe hinan zu seiner früher be wohnten Stube. Sie war nicht ver schlossen, im Ofen brannte behagliches Feuer und auf dem Tischchen war eine Kerze, Stein und Schwamm bereit ge stellt; cS war unverkennbar, man erwar tete ihn im Hause, allein man scheute sich, ihm zu begegnen. Isidor hatte kein Verlangen nach Licht; ihm war es wohl in de; matten Dämmerung, welche das Schneelicht durchdie Scheiben warf; die ganze Herb heit des Erlebten kam über ihn und machte ihn beinahe verzagen. Da kam die Natur als liebende Vermittlerin ihm zu Hülfe, die Stille, dle Wärme, die sichere Einsamkeit wirkten schmerzstillend auf ihn und der Schlaf senkte sich ans seine heißen Augen und tobenden Schlä fen, wie ein kühlender Verband. Er hatte nicht lange geschlummert,als ihn Lichtschein weckte, dcr alte MooSrai ner stand in der Stube, die klugen Au gen fest und fragend auf dcu Sohn ge heftet. „Vater!" rief dieser aufspringend und wollte mit weit ausgebreiteten Armen sich ihm an die Brust werfen —dieser aber trat einen Schritt zurück und streck te den Arm wie zur Abwehr gegen ihn aus. „Bleib', wo Du bist", sagte er, „eist muß ich wissen, wie wir Zwei miteinan der stehn ! Ich hah's Dir's gesagt, Ist dor, Du wirst niemals so groß wachsen, daß ich aufhören tkät', alsVatcr mit Dir zu reden ; ich hab' Dir die Thür offen ge lassen, damit es vor den Nachbarn kei nen Spectakel gießt, aber deswegen darfst D u.denMoosraincrhof doch nit für einen Taubenschlag anfthn, wo man aus- und einstiegt, wie man nur will. . . Was thust da, Isidor?" fuhr er mit strengem Tone fort, „warum inst Du nit da, wo Du hingehörst?" „Sorgt nicht, Vater", erwiderte Isi dor, nicht ohne Zurückhaltung, „daß ich Euch lange zur Last fallen werde. Mit dem Frühesten. .." „Wär's dann anders?" unterbrach ihn der Alte. „Wenn das wahr ist, was die Leut' reden, ist für Dich im Moosrainerhof kein Platz, nit einmal über Nacht. .. O Bub, Bub!" fuhr er in unwillkürlich gcmitdcrtem Tone wei ter, weil er gewahrte, wie Isidor bei die sen Worten noch mehr erblaßte und zu sammenzuckend die Hand an'ö Herz preß te, „warum thust Du mir solch ein Leid wesen an? Tu weißt, wie hart cS mich an'komincn ist, Dich studiren zu lassen, ich hab' mich nur mit der Mei nung getröst', daß cS zu Dein', Glück und Heil sein wird, daß Du das, was Du einmal angefangen hast, auch richtig und fest hinausführst, wie sich's gehört .. . aber daß ich das an Dir erleben muß ... daß Du mir in's Haus zu rückkommst in Schand und Spott, wie ein davongejagter nichtsnutziger Knecht... das, Isidor, das ist der Nagel zu mei nem Sarg ... das drückt Deinem alten Vater das Herz ab..." Die Stimme bebte ihm, er drückte mit dem Rücken der rauben Dand an die An gen, als wolle er die Thränen zurück drängen, aber die widerspenstigen Tro pfen glitten doch über die braune Wange herab. „Vater", sagte Isidor feierlich, „bei Allem, was he'lig ist, ich habe nicht Unwürdiges begangen..." „In Deinem Sinn vielleicht", entgeg nete der alte, „wir Bauern deutschen uns so was selber aus, und der Sinn ist so viel werth, wie Dein studirter... also sag', wie' 'gangen ist." Isidor erzählte; anfangs befangen, dann immer ruhiger und sicherer, denn bei jedem Worte trat ihm das Vorgefal lene bestimmter in seiner wahren Gestalt entgegen, wie aus fallendem Nebel die Umrisse einer unbekannten Gegend. „Ist'S daö Alles?" fragte, als er ge endet, nach kurzer Pause der Vater. „Und wenn es so ist, was soll nun dar aus werden?" „Der Herr Pfarrer wird seinen Be richt an da, Ordinariat erstatten.. „Was ist da ?" „Der Bischof und seine Rathe, die werden dann auch mich und meine Ver theidigung hören, und ich hoffe zu daö Ende wird sein, daß man mich auf einen andern Posten, vielleicht weit weg beruft, und gewarnt und gewitzigt soll e mir dort gar bald gelingen, den gan zen Vorfall vergessen zu machen.. „Vergessen zu machen ?" erwiderte der Alte und wiegte sinnend das eisgraue Haupt, „ich will das glauben, Isidor... aber wirst Du'S auch selber vergessen? ... O Isidor, lieber Bub", fuhr er herz lich fort, während dieser befangen die Augen senkte er fand nicht Muth und Ton zu dem Ja, auf das die Frage des Vaters wartete. „Ich sorg', Du wirst ein unglücklicher Mensch.. . Schau, vor Deinem Vater brauchst kein Geheimniß ... ich hab' Angst, Dein Herz ist it mehr bei Dein' Stand, es reut Dich wohl gar... mir kommt'S vor, als wenn ich Recht gehabt hätt', als wenn Dcii Herz unterm Bauernkittel lustiger schia gen thät', als unter dem heiligen Ge wand da.. LancaSter, Pa. , Donnerstag, Dezember , 18. Isidor drückte ihm wie unwillkürlich die Hand. „Dcr Frieden wird denen, die um ihn streiten", sagte er feierlich, „ich will redlich um seine Palme rin gen.. „Thu's, lieber Bub", sagte der Alte herzlich, „nur nit auslassen, wa einmal ang'sangen ist, dann wlrd noch Alles gut. . Bleib' also bei mir, so lange Du willst, Isidor, ich kann nit sagen, daß Du so ein großes Unrecht gethan hast! Du hast ja die Hand nit selber zum Schlagen aufgehoben, hast das Blut nit vergießen wollen, Du hast abgeweh-t, hast ein Anderes vertheidigt. ... ich glaub' immer, ich hätt's auch nit viel anders gemacht, und kann nit gut stehn, ob mir der Arm nit auch ausgerutscht mär'. . . Also gieb Dich zur Ruh, halt' mit Dir selber und unserm Herrgott Rath und bleib' in Deiner Stube, daß das Gered' ein End' hat... am Abend komm' ich wieder und such' Dich heim.. ." Er wollte fort, aber Isidor hielt ihn. „Und die Mutter?" fragte Isidor drin gend. „Die? Ja, bei der hast Du'S schon auf eine Weil' verschütt'!; die will Dich nit sehn, die Fräul'n ist ihr so in's Herz gewachsen ; ich glaub', es wär' ihr lie der, sie hätt' den Puff von Dir bekom men, als die hochnäsige Person ... aber kränk' Dich nit darum, ich werd' ihr Al les erzählen, da wird der Zorn auch nit lang dauern, Du weißt es ja, daß sie nirgends zu spät kommen will. . Er hatte schon die Thürklinke gefaßt, Isidor rief ihm nochmals nach. „Va ter," sagte er stockend, als dieser erwar tend stille stand, „ich kann nicht mehr für sie thun; was ich thäte, würde man nur ausbeuten, mich neu zu verdächtigen aber Ihr werdet sie nicht verlassen . .. nicht wahr?" „Du meinst die Franzi?" sagte der Alte, „.. . was ist es mit ihr?" „Weiß ich es denn? Ich habe sie nicht wieder gesehen, aber als ich während der paar endlosen Nachtstunden am Fenster hin und wieder schritt, sah ich Jemand aus dem Hause schlüpft ; ich müßte mich sehr geirrt haben, wenn es nicht Franzi war ... das Höft Weib hat sie ohne Zweifel noch in der Nacht fort gejagt .. ." „Wie werd' ich sie verlassen?" ent gegncte der Alte und bot dem Sohne mit eigenthümlichem Lächeln die Hand. „Ich hab' sie ja immer schier so lieb ge habt, wie ein eignes Kind ... ich werd' ihr nachfragen ; im Dorf darf sie nit bleiben, aber ich denk', ich werd' schon ein Plätze! ausfinden, wo ihr nit zuweh geschieht!" Der Tag ging still vorüber, Haupt sächlich wohl, weil dem Gerede und der Erregung der Gemüther jede Nahrung fehlte. Von den Personen, die bei dem Vorsalle hauptsächlich genannt wurden, ließ sich keine sehen, denn die Haus hälterin des Pfarrer war angegri fen und krank oder gab sich minde stens den Anschein, es zu sein. Die Nacht kam so ruhig, als ob der Tag gar nichts Ungewöhnliches gebracht; früher als sonst sogar ward es still im Dorf und zeitiger erloschen die Lichter. Nur wer noch eine späte Wanderung gegen den Strom hin zu machen hatte, der mochte gewahren, daß auf dem hin ter dem Dorfe vorspringenden Hügel noch einiges Leben wachte. Dort lagen die Ruinen einer kleinen Bergfestung, die zum Schuhe der Grenze gebaut, im österreichischen Erbfolgekriege aber von den Rothmäntlern ausgebrannt worden und, dürftig wieder hergestellt, allmählich zu verfallen begann. Jetzt sind davon nur die kargen Reste eines Thurmes üb rig, damals war ein Theil der Dächer erhalten und cS gab noch einige Gelasse, die man zur Noth bewohnen konnte. In der ehemaligen Wachstube am ge wölbten Thorgang hatte ein Holzarbei ter mit seinem Weibe sich eingebaut. Er hielt cine Wintelschenke und trieb allerlei anderes heimliches Gewerb. Die Schmuggler, die aus Tirol herüberka men, fanden da willkommene Herberge, um tagsüber still zu liegen, und wer sonst einer Zuflucht bedurfte in der Gegend' dem bot das winklige, den Einsturz dro hende und darum nicht viel betretene Gemäuer einen sicheren Versteck. Unter den Ruinen der Capelle stand ein keller artigeS Gewölbe noch unversehrt, daö einmal eine Art unterirdische Kirche, eine Krypta, gewesen sein mochte und zu welchem, durch eine hohe Thurmwand verborgen, einige schadhafte und wanken de Steinstufen hinunterführten. Schwa cher Lichtschein drang von dort herauf und führte über Geröll und Trümmer in die ziemlich ansehnliche Halle. Eine Schaar Bauersleute aus dem Dorfe und den Einzcl-Weilern der Ge gend hatte sich hier zusammengefunden; Männer nnd Weiber standen, kauerten oder lehnten herum, je nachdem an den Wänden entlang und auf den Trüm nern sich dazu Gelegenheit bot. Der Wagner, der Bader und der Schneider ehlten nicht; hinter ihnen, in eine ounkiere Ecke gedrückt, erhob sich des MooSrainer kräftige Gestalt. Atter Augen waren dem Chore zugewandt, wo sich noch die Trümmer eines ehema ligen Altars erkennen ließen ; jetzt stand an dessen Stelle ein au rohen Baum ästen rasch zusammengebundene Kreuz und vor ihm ein Mann in einem dunk len Mantel, der wie ein priefterarligc Gewand gefaltet war. In einer Ecke unter einem' Sprung des Gewölbe, durch welchen der Nacht- Himmel schwarz hereinsah, verglimmten die Neste eine Holzftuer, das den Raum nothdürstig erwärmt hatte und nun sei ne rothen unruhigen Lichter über die Versammlung warf und über den Mann vor dem Kreuze, der mit ausgebreiteten Armen laute mächtige Worte rief. Ob wohl die Züge des Gesichts noch kein so hohe Alter verriethen, war doch dcr Schädel des Mannes völlig kabl; un ter dichtcu buschigen Brauen flackerte ein Paar unheimlich leuchtender, fast irrsin niger Augen hervor. Seine Stimme klang gedämpft und bobl, aber sie war dennoch stark und es war Etwas in ihrem Ton, was unwillkürlich das Ohr des Hörers fesselte. Er sprach von den er sten Tagen der Christenheit, als die Gläubigen uoch in Höhlen und Grab gewölben heimlich sich versammeln muß ten, als die kleinen Gemeinden noch in vollständiger brüderlicher Gemeinschaft aller Verhältnisse lebten, und forderte auf, zur alten Einfachheit dcr Sitten, zur alten Einfalt der Gemüther zurück zukehren. „Wahrlich, so verkündet es mir der Geist", schloß er seine Rede, ~dcr über mich koinmt in den Stunden dcr Er leuchtung . . ~ der Antichrist ist Herr geworden über den Erdball, aber ich werde kommen und ihn bändigen und seinen Thron umstürzen! Diejenigen sind der Antichrist, die sich anmaßen, meine Priester zu sein. . . Ich, der Herr von Anbeginn, will keine Priester, die vor mir knieen und mir räuchern. Ein Jever unter Euch soll mein Priester sein, und über welchen ich das Wort ausgie ße, dcr soll es den Brüdern verkünden! Gleich sollt Ihr untereinander sein, wie Ihr vor mir Stile gleich seid Alle Brüder! Darum gehet hin und machet, daß die Wege bereits sind, wenn der Herr kommt, seinen Einzug zu halten, denn sein Gericht wird furchtbar sein und nicht mehr fern ist die Stunde der Re chenschaft wohl dem, den sie gerüstet findet. Amen!" Dcr Prediger schwieg und sank wie er schöpft an den Fuß des Kreuzes hin; lautlos erhoben sich die Anwesenden, kletterten durch den KellerhalS die Stu fen empor und verschwanden schweigend aus dem Gsmäucr in die Wintcrnacht- Nur der Schneider vermochte nicht die Erregung seines Gemüths in sich zu verschließen. „Recht hat er, der Fratcr Ander! ... und wenn wir Männer sind und nicht Hasenfüß', so machcn wir uns daran und gründen wieder cine allge meine Brudergemrinde wie die ersten Christen! Wir brauchen keinen Pfarrer, dann brauchen wir auch keinen Zehnt zu geben ! Ueber Jeden kann die Gna de kommen. . „Der Schneider ist ganz verzückt", sagte der Wagner, „er glaubt, er steht schon auf der Kanzel..." „Das werd' ich auch !" erwiderte die ser pathetisch. „Wer will dem Wind wehren, der in das Feuer bläst? Auch ich kann das Wort verkünden ! Ich bin nicht umsonst in leinen jungen Jahren in Paris gewesen ... ich habe Bürger Mirabean gehört und den großen Dan ton ... Brüder sind wir, werd' ich fa gen, und Brüder müssen wir wieder werden. .." . Heftig vor sich hin redend und sich ge berdend eilte er hinweg; der MooSrai ner hielt den Wagner zurück. „Was ist es denn eigentlich init dem Frater? fragte er. „Das weiß Niemand recht", erwider te dieser, „es ist ein entsprungener Stu dent, von Kitzbühel glaub' ich...er hat Geistlicher werden wollen, aber sie haben ihn nit auSgcweiht— warum, weiß ich auch nicht recht; es heißt, er hätt' ein Buch geschrieben, das ihnen nit recht war. Da wollten sie ihn in den Soldatenrock stecken, drüber ist er tiefsinnig geworden und ist im Armen haus eingesperrt und muß beim Vieh hüten helfen. Sie haben ihn schon hart geschlagen, wenn er gepredigt hat; in Tirol d'rinnen getraut er sich auch nicht ... aber manchmal stiehlt er sich doch heimlich fort bei der Nacht..." Der alte Moosrainer erwiderte nichts; ihn dauerte die treffliche Kraft, die, viel leicht zum Besten bestimmt so kläglich zu Grunde ging, weil sie bei Seite gedrängt, gezwungen und in ihrem natürlichen Lause aufgehalten worden; er gedachte an Isidor und seine dunkle Zukunft, und ein tiefes, namenlose Weh zuckte ihm durch da starke Herz. (Fortsetzung folgt.) Die reiche Israeliten von Ncw-Orlean beabsichtigen eine höhere Lehranstalt für Kin der ihres Glauben zu gründen und auSz. statten. Verschiedenes. Herrn Glabstone'ö Zusammen kunft mit bem Papst. Der„Eorriero Italiano" von Florenz berich tet über die Zusammenkunft, dir Hr. Gladstvnc, dcr frühere Schapkanzler Englands und das tigcnllichc Haupt der licdcralcn Partei, mit dem Papst gebabt soll, die aber nach den letzten, mit dem Dampfer „Germania" uns zugekommen Nachrichten, von Herrn Gladstone selbst in Abrede gcstelll worden scin soll, Folgendes : „Herr Gladstone fand den Papst ruhig wie ge wohnlich. Nicht rhcr als nahe am Schlüsse derllntcrhaltung kamen sie aufPolitik zu sprech eil. Der Papst beklagte sich über die österreichi sche Regierung wenn er auch zugab, baß dir Ereignisse in Deutschland sie außer Stande ge setzt habr, den heiligen Stuhl zu tcrstützrn, Herr Gladstone wünschte ihm Glück zu der An kuiift dcr französischen Fremdcnlrgion in Rom. worauf dcr Papst erwiederte: „Irdische Heer schaarc habe den Mangcl.daß sie oft daSZicl, nach bem sie streben, verfehlen. Außerdem, was liegt mir daran, was sich ereignen mag. Glauben Sie mir, daß, wenn die Franzose fort find, ich nichts bestoweniger geschützt sei werte, denn i weiß, baß die Hecrschaaren, welche die Kirche vrrtlieidigen, ihr nimmer fedlen," und indem bcrPapst diese Worte sprach, hob er seine Augen gen Himmel. Herr Gladstone lenkte dir Unterhaltung af Italien und fragt- den Papst, ob er vielleicht wisse, wie weil das von de Blättern mitgetheilte Gerücht, daß seitens dcr französische Regierung mir dem slorcnliiii schcn Eabinet neue Unterhandlungen betreffs dcr römischen Frage eingeleitet worden seien, gründet sei. „Ich lese," antwortete dcr Papst, „keine Zeitungen, und betreffs dieser Angele genhcit weiß ich durchaus nichts. Alles, was ich weiß, ist, baß wenn ich sterbe, ich meinem Nachfolger die heilige und unverletzli che Erbschaft des htiligrn Petrus hinterlassen Nachdem die Unterhaltung betrrffö Italiens bccnbct war, wandle sie sich auf Irland, und dcr Papst empfahl dem englischen StaatSman ne auf's angelcgcnllichste die Wohlfahrt seiner vielgeliebte Heerde, des irländischen Volkes. Dann fügte er lächelnd hinzu: „Wenn ich, wie einige behaupten, genöthigt sein sollte, Rom zu verlassen, so werde ich, obwohl Irland weit ab von dem Mittelpunkt des Ehristenthums liegt, es dennoch vielleicht nicht verschmähen dort mei nc Wohnung aufzuschlagen. Malta, ein Platz, der cine fast ganz und gar commercielle Bedeu tung bat, würde jetzt, da dicNevoluiionärc ange fange habe, meinen armen Elerus dcrSimo nie zu beschuldigen, in meine Augen nicht denßorzug verdienen." Schließlich bemerkte er, er werte gehen, wohin die Vorsehung beschlossen habe, daß er gehen solle—„die große Borsch ung die niemals unterlasse, über die vergäng lichen Mensche zu richten." Indem der Papst diese Worte sprach, zeigte er sich sehr bewegt. Ein interessanter SlcchtSfall. Ein Farmer in Carrol Counlp, Tenncssec, der seil längerer Zeit die Bemerkung gemacht hatte, daß ihm von Zeit zu Zeit aus seiner Kor - Krippe Korn gestohlen wurde, kam auf den Einfall, eine Fuchsfalle in der Strippe auf aufzustellen und zu befestige, um auf diese Weise dcsDicbeS habhaftzu werden. Und wirk lich war derselbe am nächsten Morgen gesan gen ; die Hand desselben saß in der Falle, und da die Oeffnung an der Krippe wohl die Hand aber nicht gleichzeitig auch die daran mit eise nein Griff befestigte Falle durchließ, so wurde der Dieb obne Mühe gefangen. Obgleich nun auf diese Weise derselbe auf der That ertappt worden war und man zu seinen Füßen zwei leere Säcke fand, so wurde er dennoch von dem Dorfrichter, vor dem die dcsfallsige Klage he bracht war, freigesprochen, weil es nicht bcwic sen sei, daß der Man wirklich Körn gestohlen habe. Der Umstand, daß der Dieb mit der der Hand in der Krippe und von der Falle festgehalten gefunden wurde, hatte bei dem Richter kein Gewicht, weil ach seiner An- Vergnügen machte, das Recht habe, seine Hand in eine Fuchsfalle zu stecken. Prozeß um ein Kind. Vor dem Supreme Courtßichter Barnard zu Rcw - Aork wurde kürzlich der folgende Fall verhandelt: Vor etwa fünf Jahren üdergab eine Frau Barrett einen Säugling, Namen Ed ward Barret, einer grau McCabc. Lctzere erzog da Kind seither. Die Muncr'ging nach dem Süden heirathete wieder und kam jetzt zurück um da erwähnte Kind zu reklami ren. Sie setzte ihre Ansprüche mit einerßered stamkeit auseinander, welche auf mehr Mutter liebe schließen ließ, als man ihr ach ihrem bis herigen Verhalten zutrauen durfte. Tie grau McCabe legte dagegen dar, daß sie dem Kinde zärtlich zugethan sei und eine beträchtliche Summe für dasselbe ausgegeben habe; sie legte auch ein Zeugniß von einem auSgezeichnc ten Arzt vor, wonach sich das Kind nur durch ihre ausgezeichnete Pflege während einer schweren Krankheit dem Tode entrissen hatte. Während dieserVerhandlunden schmieg te sich der Junge auf's Liebevollste an Frau nichts wissen wollte. Die sprach mehr als die längste Rede zu Gunsten der Pflegemutter, und der Richter erklärte, er könne es unter den Umständen nicht über' Herz bringen, da Kind von den Leuten zu trenne an welchen es offen bar mit ganzer .Seele hänge. Eine Gelvent schädigung schlug ohnehin Frau McCabc aus und sie erklärte, daß sie das Kind nicht verkaufen wolle. Der Richter wie Frau Barrett an, in einem Jahre wieder zu kommen, wodann er sehen wolle, was er für sie thun könnte. Sic entfernte sich bitter klagend ; der Junge war war aber offenbar mit der Entscheidung sehr zufrieden. Und die ganze Familie Rothschild hat seit den fünfzig Jahren ihre Bestehen noch nicht halb so viel für die Armen, für Nothleidende, für da Gemeinwohl überhaupt gethan, wie der einzige Pcabodp! * Gen. Major Mite, der unlängst zum Obersten iu der regulären Armee ernannt wur de, befindet sich in seiner Heimath zu Rorbnrp, Mass., auf Urlaub. Bor fünf Jahren verließ er die Stadt al Clerk, ohne je Kriegsdienste gethan zu habe. Am Samstag zerstörte ein Feuer in Loston Eigenthum im Werthe von P 500,000. Das verlorene Kind. Die Ebicago Post, von letzter Woche erzählt eine Thatsachc, welche inen Roman in wenigen Sätzen enthält. Ein Frauenzimmer das früber Bekanntschaft mit einem jetzt mihi verlassen wurdc, rächtr sich aus folgende teufli sche Weise. Brsaglrrßürgrr, der sich vor rini gen.fahren crheiralhetr, hatte bereits ein zwei jähriges Mädchen, welche im März d. I. von jenem Frauenzimmer gestohlen und nach Mil se Talinadgr erzählte, daß es ihr Kind sei, daß ihr Mann kürzlich gestorben wäre, und daß sie wünschir, das Kind bei irgend Jemand auf ei nige Zeit unterzubringen. Dcr Mayor fand eine Familie, welche da Kind zu sich nahm und da Fraurnzimmrr ver ließ Milwaukce und Niemand hat ftit der Zeit wieder etwa von ihr gehört. Di betrübten Eltern ließen da Kind überall suchen, und da der Vater vermuthete, wer da Kind gestohlen habe, so sandte rr Geheimpolizisten nach allen Seiten au, aber nirgend konnte rinr Spur von dem Kinde entdeckt werden.—Sech Mo nate waren während der Zeit verflossen und die Eltern hatten bereit die Hoffnung aufgegeben irgend jemals wieder etwa von dem Kinde zu vernehmen, als einer der „Detectiv" vorletzte Woche in Milwaukre zufällig von dem Frauen zimmer und ihrrm mvstrriösrn Brrschwinden hörte. Er besuchte die Pflcgeltrrn des Kindr und nach der ihm gegebenen Beschreibung er kannte rr dasselbe sofort. Die Eltern wurden benachrichtigt und kamen in aller Eile, ihren Liebling abzuholen. Dir Mutter war balb wahnsinnig vor Freude, al sie ihr Kind wieder in ihre Arme schließen konnte. Da Kind selbst hatte jedoch seine Eltern voll ständig vrrgcsscn, und wollte durchaus nicht mit ihnen gehen, und als sie r mit Gewalt mit nahmen, firl es in Krämpfe. Zu Hause ver weigerte c, da Essen zu sich zu nehmen, und in wenigen Tagen starb e an Krämpfen! Eine chinesische Wittwe. Die indischen Frauen lassen sich bekanntlich mit ihren gestorbenen Männern rrbrrnncn und so sehr auch die Engländer dagegen geeifert, sie ha be dieser Sitte och nicht völlig steuern können. Aber auch die chinesische Wittwen bringen sich gern, wenn sie kinderlos sind, au der Wrlt, und noch neuerdings ist ein solcher Selbstmord vorgrkommc. Dir junge todrslustige Wittwe baue sich ganz mit Gold geschmückt, und indem sie in eine Sänfte stieg, die sie an den Ort der Bestimmung bringen sollt, lud.sie die Menge freundlich ein, ihr zu folgen, um ihrer Selbst, cnilcibuiig beizuwohnen. Auf einem Felde unfern von dem Hause der Wittwe, war ein Gerüst errichtet, über welchem ein leiner Gal grn sciiic Arme erwartungsvoll zum chinesischen Himmel streckte. Der Platz war mit einer gro ße Menge Neugieriger beiderlei Geschlecht übersäet. Die Wittwe stieg am Fuße de Ge rüste mit Hülfe ihrer Brrwandlen au der Sänfte. Sic dankte der Menge für den zahl reichen Besuch verbindlich, setzte sich mit einigen ihrer Freundinnen an einem Tisch, welchem man auf dem Gerüst gedeckt hatte, und nahm daftbst da letzte Mal ei, welche ihr vortrefflich zu schmecken schien. Hierauf reichte man ihr ein Kind da ihr bisher gefehlt und dessen Mangel sie in be Tod trieb! sie liebkoste und schmückte es mit einem Halsband, dann nahm sie einen Korb voll Blumen und warf sie unter die Men ge, die letzte freundliche Gabe einer Scheiden den. Sie sagte noch einmal die Gründe, wa rum sie de Tod suchte, und drri Glockenschlägr gaben endlich da Zeichen zum entscheidenden Augenblick. Der Galgen bestand au zwei Bal ke, auf die ein starke Bambusrohr gelegt wor ten, in dcr Mitte dcssrlbr hing eine rothe Schnur. Dir Wiitwe trat auf einen unter dir Schnur gestellten gußscheinmrl, steckte ihren Kopf in die feurige Schleife, machte ein Zeiche de Abschied für die Menge, und sich ein Tuch über das Gesicht werfend, schickte sie sich an in eine andere Welt hinüberzuwandeln. Mann rief ihr in diesem Augenblicke zu, daß die Schlinge schlecht gemacht sei, sie beeilte sich den gehler zu verbessern und nachdem sie denSchem mel zurückgestoßen, suchte sir von Neuem dem Leben zu cntstichen. Mit einer Kaltblütigkeit erhob sie noch immer die Hände zum Gruß für. die Menge, bis sie endlich langsam niedersanken und der Tod sich über das arme Geschöpf lach elnd niederbeugte. Dcr Körper blieb noch eine 5 halbe Stunde hängen, dann nahmen ihn Vi, Eltern dcr Todten hinweg. Um die rothe Schnur stritt man sich, wie um ein Reliquie. Es war seit wenigen Wochen da dritte' Schauspiel dieser Art; denn den Behörden ist es och nicht möglich grwesrn, diesem Wittwen todc Einhalt zu thun. ~Pferdekraft" und „Maus kraft." Was cine Pferdekraft in der Mechanik bedeu tet, weiß jeder unserer Leser. Zum ersten Ma lc aber wird der Leser hören, daß auch eine „Mauskraft,, (nicht Mause-Kraft, wa einen ganz andern Sinnergibt) eristirt. Ein Techniker in Schottland hat ein Paar Mäuse dressirt, und für dieselben eine Maschine rfundcu, durch welche sie in den Stand gesetzt werden, Baumwollengarn zu spinnen. Diese Maschine ist so construirt, daß die Mau die Sünden, welche sie früher an dem Eigenthum der Mcuschcn begangen, dadurcy sühne kann, daß sie täglich 105 bis 120 Ellen Gar spinnt und aufwindet. Um die zu thun muß die kleine Jußgängerin ungefähr zwei deutsche Mei len rennen. Diese Strecke legt sie jede Tag. ganz bequem zurück. Für einen Silbergroschen Hafermehl reicht zur Beköstigung de beiden kleinen Tretmühlensträflinze auf fünf Wochen. In dieser Zeit liefert sie durchschnittlich 110 El. man den Verdienst einer jeden auf 6 Silber groschcn in fünf Wochen oder 2 Thaler jährlich anschlagen kann. Rechnet man hiervon 10 Silbergroschen für Beköstigung beider Arbeit terinncn ab, so bleibt von jeder ein reiner Ge winn von l Thaler 25 Sildergroschen. Der betreffende Techniker geht jetzt mit dem Plane um, ein 100 Fuß lauge 15 Fuß breite und 50 F. hokesHau zu miethen, in welchem 10,000 MäüsespinninUhlen aufzustellen u. dabei noch Raum für die nöthigen Aufseher und Wärter sowie für etwa hundert Zuschauer zu behalten gedenkt. Seiner Berechnung zufolge würden dann nach Abzug der Kosten für Miethe, Ver ver nöthigen Maschinen verwendeten Capitals, Lohn des Aufsichtspersonal und Beköstigung er Thiere diese letzteren durch ihre Arbeit einen Drs. S. sährlichnNVevlnn von ziemlich 30,000 Tha lern abwrrfen, währen er von den Znschaslern, welche diese interessante Splnnfabrik in Augen schein nehmen, ebenfalls ein erkleckliches Sümm chen zu ziehen gedenkt" Die neuen in Storddeutschland. Einer Mittheilung au Deutschland entneh men wir das Folgende: „Der Vertrag mit Sachsen hat, wie da in solchen Fällen gewöhn lich ist, keinem der beiden Theile Befriedigung gewährt. Die Sachsen selbst sind erbittert dar über, daß ihnen eine so große Kriegsentschädig ung auferlegt worden ist ; sie ist in der That größer, als dl irgend eines der anderen Staa ten, mit denen Preußen Krieg geführt hat. Wäh rrnd Oesterreich, da Haupt der Llgne, von der Sachsen nur ei unbedeuten des Mitglied war, nur zwanzig Millionen'auf erlegt worden sind, wa mif ine Bevölkerung von fünf und dreißig Millionen nicht viel mrhr al ei rn halben Thaler per Kopf macht, ist Sachsen, mit einer Bevölkerung von wenig mrhr als zwri Millionen, ernrtheilt wordrn, zehn Millionen Thaler zu zahlen, so daß, wenn man fünf Personen auf eine Familie .rechnet, jede Familie in dem Königreich durchschnittlich zwei und zwanzig und einen halben Thaler zu zahlen haben wird, was mehr ist, als da ganze Bende Jahreseinkommen des Lande beträgt. Fügt man dazu die ngeheuern Lasten, die den unglücklichen Bewohnern in der Form von Re quisitionen auferlegt worden sind u. die Kosten für den Unterhalt eine großen' preußischen Heeres während fünf Monate, so kann man sich leicht vorstellen, daß Viele anfangen, dtr Meinung zu sein, daß der Schatte von Unab hängigkeit, der dem Lande noch geblieden, zu theuer erkaust worden ist, und daß es besser für , die Bevölkerung gewesen srinwürdc, sofort Preu ßen einverleibt, als auf so nnbarmherzigeWeis für nicht WrltrrS ausgeplündert z werden, als für da Vorrecht, Preußen zweiter Klasse zu werde, wie Bismarck r nennt. Die Preußen sind ihrerseits nicht damit zu frieden, daß Sachsen ein eigene Mililärspstem haben und daß sein Heer ein besondere Corp bilden wird, mit sächsischen Offizieren und einem sächsischen Befehlshaber an der Spitze. Die wird, behaupten sie, d e militärische Occupirung de Königreiche durch Preußen illusorisch ma chen, zumal da die Occupatio durch preußische Truppen aufhören wird, sobald da sächsische Heer vollständig reorganisirt ist. Da jedoch die Befestigungen, die rund um Dresden herum errichtet werden und die da Land beherrsche, eine preußisch Garnison erhalten werden, so scheint es kaum zu befürchten zu sein, daß die einen integrirenden Theil depMilltäikräste de norddeutschen Bunde unter lsiin Oberbefehl de König von Preußen bilden und dieser kann es nach irgend einem anderen Theil des Bun- > deSgebiete erlegen, wenn er e nicht für zweck mäßig hält, e so dicht an der österreichischen Grenze zu lassen. ' Das Heer de norddeutschen Bunde, welche in Wirklichkeit das Heer Preußen ist oder de Kaisers von Deutschland, wenn der König vi-n Preußen belieben sollte, diesen Titel anzuneh men, befinde sich in raschem BildungSprozeß. Zu deii.ursprünglichen acht Corp, au denen da preußische Heer vor dem Krieg bestand, er den drei neue Corp für hie drei großen Pro vinzen, die orKurzem Preußen einverleibt wor den sind, hinzugefügt; ein zwölfte Corp wird durch da sächsische Eontingent gebildet werden, so daß, die Garden miteingeschlossen, die Besammtzahl der Eorp ans dreizehn erhöh , werden wird. Die Truppen her kleineren, den. Bunde angehörigen gürstenthümer, wie Meck lenburg, Braunschweig, Oldenburg, Anhalt,der freien Städte und der thüringischen Herzogthii mer sollen unter den preußischen Eorp ver theilt werden. Alle zusammengenommen wird dießermehrung der MUitärkräfte Preußen ' sirbenundzwanzig Infanterieregimenten, von je 300VMann, wovon sechszehn odersiebzehn in den neuen Provinzen ausgehoben und zehn oder elf von den ohigen Kleinstaaten gestellt werde sollen, sowie sechszehn Kavallerieregimentern (po n jwlvoo Mann) gleichkommen. Die Ca ollerieregiinenter und die Artillerie .erden ausschließlich preußisch sein, da die Eontingente der kleineren Kiirstentdiimer nur au Infanterie bestehen werden. Ulbher war jede preußische Corp da Gegenstück de anderen, da genau dieselbe Zahl von Regimentern in allen drei Waffengattungen vorhandtn war; allein die wird sich jetztändern, da—aS tine bedeutungs volle Neuerung ist-da achte Arineeroip, welche in den Rheinprovinzen steht und die Garnison für die Festungen Main, und Lur .lburg steilt; künftig hinsichtlich der Infanterie undßrtillerie doppelt so stark sein soll wie früher, während die Stärke der östlichen Corp ver hältnißmäßia verringert werden soll. Im Süden werde die militärischen Positio nen Preußen durch die Besetzung de König stein und Dresden, dessen Umgegend in ein verschanzte Lager umgewandelt werden soll) sind im Norden durch die Befestigung' Sit' Stade an der Elb verstärkt werden. Dasganze ' stehende Heer de norddeutsche Bunde.wird a nu einhundert siebzehn Jnfant.rieregicknst,in, 4- vierzehn Bataillonen Scharsschützen, send Mann und zwei und siedztg Eavallciierc gimentern bestehen? It der: Artillerie, dem . Geniecorps u. s. w.iwird,ndipß,öie Grsammt zahl von 540,000 Manm.Me die Landvehr und Rrservrn deren Stärk, bereit auf 250,- OVOMnn veranschlagt Wokden ist,ergeben,und nach einem Jahr wird diese-Zahl noch durch vierzig oder fünfzig Bataillone, die von den an nertirtrn Pro inzen zu strllrn sind, crmehrt werden, so daß das BnndeSheer im Ganzen sie benhundert und fünfzig tausend Man und, wenn an das zweite Aufgebot der Landwehr noch dazu zähl,eine Million Streiter umfassen wird. Mit solch vollständig organisirten Streitkräften,chie von Generälen geführt wer den, wir kein anderer europäischer Staat tüchti gere besitzt, ist Preußen darauf vorbercitrt. sein neuen Erwerbungen gegen jeden, der sie ihm streitig machcn will, der offen gesprochen, , gegen Frankreich zu vertheidigen, denn die, ist der einzige Staat der die Macht nnd vielleicht auch dciiWillrn hat, sie ihm streitig zu machcü. Während dr Kriege besaß dir Rc gierung der Vre. Staaten 413 Lokomotiven und 6330 Eisenbahn Karren.