Pennsylvanische Staats zeitung. (Harrisburg, Pa.) 1843-1887, November 29, 1866, Image 1

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    Jahrgaui, 1.,
L i e
Pennsy?vlln'lscheZtlats-Zeitnl>ll
Herausgegeben von
Ioi). Georg Rippcr,
erscheint jeden Donnerstag, und kostet 82.00
per Jrör, zahlbar innerhalb desJahres, und
82.'-;oack Verstnß des Jahrgangs.
Einzelne Eremplarc, I 0> outS per
Keine Subseriptionen werden für weniger
als scckS Monaten angenommen; auck kann
Niemand das Vlait abbestelle, bis alle Ruck
stände bezahlt sind.
'Anzeigen werden zu den gewöhnlichen Prci
: in der „Patriot und Union"
Druckerei, Tritten Straße, Harrisbarg, und
in der „Intelligenter" Druckerei, am Eentre
poche.
Vs kommt die Leit !
„O lieb', so lang Du lieben kannst,
,"O lieb', so lang Du liebe magst,
„Es kommt die Zeit, es kommt die Zeit,
.„Wo Tu an Gräbern stehst und klagst!
Wohl Viesen schöne HimmclSfunkc,
O fach' in au, o halt ihn wack,
Ist Leine Liebe Tirgesunken,
So sinkt die Menschenwürde nack,
Ob Tu'S im Kampf der Welt gefunden.
Ob Tu ein Herz Dir still gewannst,
ES sind Dir gotigcwcihlc Stunden:
„O lieb', so lang Du lieben kannst!"
Ist Liebe doch der Brust gegeben,
Daß sie ihr Trost und Hoffnung sei,
Sic weckt Dein Ringe, stärkt Dein Streben,
Sie macht Dich groß und gut und frei.
Doch willst Du selbst sie Dir gestalten.
Was Du auch glaubst, wie Tu Dich fragst,
Sie bleibt ein süßgchcimcs Walten :
„Lieb nur so lang'Du liebe magst!"
Und ging Dein Flug auch zu den Sternen,
Tu bist allein Dir nicht genug,
Und schwcifteS Tu nach allen Fernen
Dein Glück ist Schein. Dein Glück ist Trug.
Wenn dann Dein Auge voll von Thränen,
Wenn Deine Brust voll Schmerz und Leid,
Wie wirst nach Liebe Du Dich sehnen :
„ES kommt die Zeit, es kommt die Zeit!"
Und sind sie auch von Dir geschieden,
Für die in Liebe Dn geglllb,
Dir bleibt ein wunderbarer Frieden,
Der durch Dein Herz versöhnend zieht,.
Drum, was Du liebst, treu sei dem Bunde,
Doch prüfe immer, eh' Du wagst ;
Es kommt die Zeit es kommt die Stunde,
Wo Du an Gräbern stehst und klagst!"
Earll u g.
./fllllst'l ol>.
Dcr Dorfcapian.
Erzählung au Oberbaiern nach einer wahren
Von Herman Schmid.
(Fortsetzung.)
Franzi fuhr mit beklommener Emsig
keit in ihrer Arbeit fort; nach wenige
Augenblicken stand das Fräulein schon
vor ihr und schnauzte sie an, was sie hier
lache.
„Was Sic mir angeschafft haben",
antwortete sie ruhig „ich schäle dicAcpf
el zu den Kücheln. .."
„Dummes Ding," rief das Fräulein
keifend und entriß ihr die Schüssel, daß
die Aepfel zur Erde kollerten, „kannst Du
nicht verstehen, was ich sage ? Warum
soll.ich heilte, an einem simpeln Werk
tage, Aepfelküchcl hacken? Ist das Haus
halten nicht theuer genug ? Geht nicht
schon Geld genug auf?"
Franzi las ruhig die Aepfel auf.
„Aber Fräul'n," sagte sie schüchtern,
„Sie haben es doch angeschafft und ha
ben gesagt, es wär' wegen .."
„Pack' Dich in Deinen Stall!" schrie
die Andere entgegen. „Nichts habe ich
gesagt, vom nächsten Feiertag habe ich
gesprochen. Es wäre wohl der Mühe
werth, so viel Aufhebens zu machen we
gen eines solchen. .."
Sie verstummte, denn die nach der
Küche führende Thür ging auf und an
der Schwelle stand eine hagere Gestalt
in einem langen, schwarzen, sehr abge
tragenen Nocke, mit einst weiß gewese
ner Halsbinde und einem unförmlichen
Hute, dessen Krempe der Mann mit be
henden Fingern im Kreise herumlaufen
ließ. Das Gesicht war von scharfge
schnittcnen, gemeine Zügen und das
Haar verrieth, obwohl es bäurisch kurz
geschorcn war, seine brandrothe Farbe
nur zu deutlich.
„Ei, sieh da, der Herr Schullchrcr!"
rief das Fräulein, plötzlich umgewan
dclt, mit dem freundlichsten Lächeln.
„Sie kommen ja zu ganz ungewohnter
Zeit... ist denn die Schule schon
aus ... ?"
„Nein, HochgeborneS, höchstgechrtcS
Fräulein," antwortete der Schullchrcr
niit tückischem 'Aiigenblinzeln, „aber ich
habe mich auf einen Augenblick losge
macht ... der neue Herr Eaplau ist
drüben, und da wollte ich in aller Ge
schwindigkeit dem Herrn Pfarrer. .." i
„Ah, ich verstehe Sie.. rief nah
ertretend das Fräulein, „schade nur, daß
Hochwürdcn Herr Onkel nicht zu Hause
sind ; aber ich bin da. Sagen Sie mir,
was Sie zu sagen haben, ich werd'
es bestellen, wie er heimkommt....
Hab ich es errathen? Betrifft es den
neuen Caplan? Er macht auch drüben,
auch in der Schule verkehrte Sachen?"
„Schauderhafte" seufzte der Schullch
rcr wie zuvor. "Er verfährt in einer
Weise, wie sie hier zu Lande noch nie
dagewesen, so lang' eine Schule besteht.
HochgeborneS, höchstgeebrtes Fräulein,
es sind bald zehn Jahre, daß eine hohe,
rcichsgräsliche Gutsherrschaft für Beloh
nung treuer Dienste, so ich dem jungen
Herrn als Kammerdiener auf Reisen
und auch in sonstigen Dingen geleistet,
mich auf de Schuldienst loci präsentirt
hat; er ist ein gutes Plätzchen, das seinen
Man nährt, und ich befinde mich in
dem bequemen Hause und den Grund
stücken, die dazugehören, wie dcrFisch im
Wasser, aber wenn dieser neue Herr
Caplan noch einmal in meine Schule
kommt, dann nehme ich den Hut untern
Arm, hänge den Schlüssel an den Nagel
und gehe auf und davon .. ."
„Erzählen Sic doch," drängte das
Fräulein, indem sie den Erregten am
Arm faßte nnd in das nahe Gemüse
gärtchcn führte. „KommenSieda her
ei, da sind wir ungestört, und damit
Niemand erräth, wovon wir reden, gebe
Sie sich den Anschein, als wenn Sie mir
Etwas an meinen Pflanzen und Samen
bemerken wollten . . ."
„Vortrefflich" sagte der Schullehrer
geschmeidig nachschlüpsend, und bückte
sich, der Weisung gemäß, zu den Kohl
köpfe nieder z „es würde mich auch um
hringen, wenn ich cS nicht erzählen dürf
te. Zuerst, wie der Herr in'S Schulzim
nicr kam, da wollt' ich ihm eine Ehre
anthun und ließ die Kinder den Ka
techisi aussagen und den schnurrten sie
her, daß es nur so eine Lust war. Ich
denke, wic'S vorbei ist, nun wird das
Lob nicht ausbleiben, aber statt dessen
fängt er die Kinder zu fragen an, ob sie
das, was sie auswendig gelernt hätte,
auch verständen, undsetztihnen und ne
benbei auch mir auseinander, daß das
Denken die Hauptsache sei bei, Lernen.
Er hatte die Weber's Hanne vorgenom
men nnd wollte ihr daöDenken. . .Höchst
geehrtes Fräulein, die dickköpfigeWeber'S
Hanne und meine Baucrntölpcl alle
. . . und denken!"
„Schön, rcchtschön! Das sind ja
herrliche Grundsätze für einen Caplan !"
rief giftig das Fräulein. „Aber weiter
weiter, weiter!"
„Es ging dann bald nicht mehr wei
ter," fuhr der Lehrer fort. "In der
hinter Bank fingen ein paar Buben zu
raufen an, des Wirths seiner und der
Steiger Lenz. Die beiden Schlingel
können kaum über den Tisch herauffchcn
aber sie haben eine Feindschaft aufei
nander, wie ein paar Große, und wo sie
nur könne, prügeln sie sich durch.
Ich hab' daher gleich meinen Has
linger hervorgeholt und wollt' ihnen
tüchtig über die Köpf... da ... ich
hab' gemeint, der Schlag müßte mich
rühren auf dem Fleck... da nimmt
mir der Herr Caplan den Stock aus der
Hand, läßt die beiden Lümmel vor sich
hinkomme, den einen rechts und den
andern links, und mir sagt er, die Kin
der müsse man mit Liebe ziehen ... ich
bitte Sie, Fräulein, kann man so was
ruhig anhören? Den Hinterpolstcr
gcbörig ausgeklopft, wer nicht pariren
will, das ist die wahre Liebe!"
„Und die Buben?',
„Die haben ihn angeschaut, wie die
Kuh das neue Thor, dann hat er ange
fangen, ihnen zu erzählen, daß er auch
einmal in dieser Stube gesessen und ein
Bauernbub' gewesen sei, wie sie, und
daß er noch jedes Kind gern habe, das
da zu Hause sei, und daß sie einander
auch gern haben sollten, und hat ihnen
die Geschichte erzählt von David und'
Jonathan ... Da hab' ich's nicht mehr
ausgehalten, ich hab' gesagt, es wär'
mir übel, und das war auch wahrhaftig
nicht gelogen ... ich machte, daß ich
fortkam, und sah nur noch unter der
Thür, daß die Buben zu flennen aufm
gen und der neumodische Friedensstifter
ihre Hände ineinanderlegte . . ."
„Es ist genug," rief da Fräulein,
"ich werde dem Herrn Onkel, wie er
ach Hause kommt, Alles gehörig aus
einandersetzen ... Es ist klar, wir ha
be uns Alle in diesem Menschen ge
täuscht ... er ist ein Freigeist, vielleicht
gar : . ."
"Ein zerstörender Wurm mitten in
dem Herzen der gesunden Pflanze," sag
te der Lehrer, über eine Kohlstaude ge
bückt . .. „den muß man zertreten ..."
Er nahm den Wurm vom Blatt, schleu
derte ihn zu Boden und zertrat ihn im
KieS des Weges. „Meine ganze Hoff
nung ruht auf Ihnen, hochgeborneS
Fräulein; Sie vermögen Alles! Be
freien Sie mich, befreien Sie die unver
dorbene Jugend von diesem heimlichen
Freimaurer... Und ach," fuhr er mit
zärtlichem Augendrehen fort, „wenn
Sie auch meiner andern geheimen
Wünsche nicht vergessen wollten...
Die Behausung eines Dorfschullehrers
ist zwar nicht würdig, daß solcher Glanz
in sie einziehe, allein ein Wort von Ih
nen verschafft mir eine Lehrerstclle in
der Stadt, und dann dürfte ich vielleicht
hoffe, daß diese feine Hand aus ihrer
Höhe herniederrcicht und ihren innigsten
Verehrer zu sich emporzteht.. ."
Der zärtliche Bewerber sprach diese
Worte, indem er dem Fräulein eine aus-
gewachsene Salatdolde vorhielt und wie
erklärend daran herumdcutcte.
Mit gezierter Verschämtheit nahm sie
die Dolde in Empfang, als wär' cS eine
jungaufhrechcndc NosenknoSpe, und
wandte sich zum Gehen. „Ich habe das
Gelübde gethand, meine Tage in jung
fräulicher Reinheit zu verleben, und cö
ist sündhaft von Ihnen, einen so from
men Entschluß erschüttern zu wollen;
aber wenn es so der Wille Gottes sein
sollte, würde cS Sünde sein, ihm zu wi
derstreben !"
Der Pfarrer war bei dem Gutsherrn
zu Tisch geblieben und kam erst zum
Abendessen zurück. Die beiden Geistli
chen nahmen cS gemeinsam ein-, nachdem
abgespeist war, erschien daSFräulein und
setzte sich ebenfalls an den Tisch. Es
war das ihr HauSrccht, sowohl als Ver
walterin wie als Verwandte des Haus
herrn. Sle war wieder so freundlich
uüd lächelnd wie am Morgen ; der An
blick des hübschen jungen Mannes hat
te sie wieder in etwas besänftigt und
entwaffnet, und sie schwankte noch, ob sie
ihrem Grimm sofort freien Lauf lassen
oder dem Frevler Zeit lassen solle, sick
eines Andern zu besinne. Während
eines allgemeinen gleichgültigen Ge
sprächs, in welches Isidor einige anzieh
ende Mittheilungen aus der eben erst
verlassenen Hauptstadt verflocht, neigte
sie sich immer mehr zur Milte, und es
war eine Art von VcrmittlungS-Versuck
daß sie von der Schule zu sprechen begann,
das dort Vorgefallene erzählte und über
die Neuerunge des CaplanS in einem
leichten spöttischen Tone sich erging.
Sie war dabei mit häuslicher Arbeit be
schäftigt, indem sie ein schadhaftes Stück
Leinen ausbesserte. Isidor hörte gelas
sen zu und versuchte einigemal, das Ge
spräch auf etwas Anderes zu bringen,
aber je zurückhaltender er sich benahm,
desto inthiger drang sie vor und rückte
ihm zuletzt geradezu mit Fragen auf den
Leib.
„Sie antworten nicht, Herr Capla ?"
sagte sie. „Das beweist, daß Ihre
Gründe auf so schwachen Füßen stehen,
daß Sic deren Widerlegung fürcktc und
sich deshalb mit denselben nicht heraus
zutreten getraue. Ich bleibe dabei,daß
die Pädagogik mit ernster Strenge wei
ter kommt, als mit schwächlicher Gü
te. .."
Isidor neigte sich etwas über den Tisch
und zeigte mit demZinger auf die Nähe
rei. „Diesen Lappen sollten Sie hier
her sehen, mein Fräulein," sagte er.
Sie lachte auf. „Das hieße gerade
zu, wie man im Sprüchwort sagt, den
Flecken neben das Loch setze!" rief sie.
„Nein das sehe ich schon, bei der Näherei
dürfen Sie nicht mit reden, davon ver
stehen Sie nichts..."
„Was schadet das ?" fragte er unbe
fangen entgegen. „Es kommt wohl öf
ter vor, daß Jemand über Dinge mit
spricht, die er nicht versteht. . ."
Die Getroffene saß einen Augenblick
wie unbeweglich, dann stieß sie mit fun
kelnden Au.zpn den Stnlil'zurück. daß er
zu Boden schlug, eilte aus der Stube
und warf die Thür hinter sich in's
Schloß, daß das Haus in den Grund
vestcn erbebte.
„Ei, ei, mein junger Herr", sagte der
Pfarrer, „was machen Sic denn ? Stö
ren Sic mir doch den Hausfrieden nickt,
der geht mir über Alles! Wer das Re
giment der Liebe so eifrig verficht, der
sollte mehr Nachsicht haben inil den
Schwächen der Menschen !"
„Ich bekenne mein Unrecht", entgeg
nete Isidor beschämt, „und werde es
morgen auch dem Fräulein gegenüber
thun, eine augenblickliche Aufwallung
des Zorns und Unmuths riß mich da
hin ... es ist die Gemüthsregung, die
ich leider noch immer nicht völlig zu be
herrschen vermag. Meine Rechtferti
gung kann ich nur darin suchen, daß ich
durch den vorausgegangenen Spott ge
reizt war!"
„Spott? Du lieber Gott, das muß
sen Sie so scharf nicht nehmen! Das ist
nun einmal die Manie meiner Nichte...
an die werden Sie sich schon gewöhnen.
Mnß man sich doch an so gar Manches
gewöhnen im Leben!"
„An nichts, was den Grundsätzen ei
nes Mannes widerspricht. Eh' ich an
Solches mich gewöhne, will ich zu Grun
de gehen!"
Der Pfarrer sah ihn gütig an. „Sc
hcn Sie, junger Herr", sagte er, „das
könnt' ich nun auch übelnehmen, aber
ich thu'S nicht, weil mir Ihre Frische und
Natürlichkeit gefällt! Na, neue Besen
kehren gut; werden auch anders reden,
wenn Sit einmal Ihre Fünfzig auf dem
Rücken haben, und werden wie ich ein
sehen, daß es nicht Besseres giebt, als
die Ruhe! Meine Nichte hat ihre schlim
men Seiten, aber ich bin an sie gewöhnt
und bin ihr Verpflichtungen schuldig ...
Sehen Sie, meine Pfarrei ist mit großer
Oekonomie verbunden... wie hätte ich
die übernehmen können, ein armer Tag
löhnerSsohn, Her schon seine Studien
nur mit Noth, Entbehrung und Geduld
durchmachen mußte? Ein Bruder
meines Vaters hatte studirt, war ein ho-
LancaSter, Pa., Donnerstag, November 2, 18.
her Beamter geworden und hatte glück
licher Weise seiner einzigen Tochter ein
Vermögen hinterlassen, das für sie nicht
ausreichte, für mich aber mehr als ge
nug war. So nahm ich sie zu mir und
es war uns Beiden geholfen. Ich bin
noch immer ihr Schuldner... die Zei
ten sind allzuschlccht, das Getreide hat
keinen Preis . . . das ist das Unglück !"
Isidor erhob sich. „Ich habe kein
Recht, hier eine Meinung auszusprc
che," sagte er, „aber das weiß, das füh
le ich, daß ich eine svlchs Stellung nicht
crtrstge. .."
„Du lieber Gott, Gewohnheit lhut
viel", entgegnete der 'Alte, „und Noth
wendigkeit noch mehr!... Weiß wohl,
die Jugend hat allerlei schöne Träume,
ich habe sie auch gehabt; aber das Le
ben zertrümmert all' das bunte Spiel
zeug, daß man froh sei muß, wenn man
eine Scherbe retten und als Erinnerung
in rincn Winkel flüchten kann! Also
thun Sie mir den Gefallen, Herr Cap
lan, und stören Sie mir den Hausfrie
den nicht.. . und jetzt gute Nacht, ich
muß noch mit dem Baumann reden, der
fährt morgen mit Haber auf die Schran
nc . . . vielleicht kann er doch auch ein
paar Scheffel Korn mitnehmen. .."
Das war der erste Abend im Pfarr
house.
Wohl versuchte es Isidor, am andern
Tag seine Unart gut zu machen, seine
Entschuldigung wurde mit kalt ableh
nender Höflichkeit angehört, aber das
Verhältniß war und blieb gestört. Der
Herbst machte dem Winter Platz, ohne
daß Besonderes vorfiel und hie-in sich
Etwas änderte. Isidor, viel beschäftigt,
wa> artig, aber gemessen ; das Fräulein
ging mit einer Miene herum, in welcher
verhaltener Grimm lauerte, wie ein Ge
witter am Horizont, das ur eincsWind
zuges bedarf, um loszubrechen. Eine
Menge kleiner Vörfälle dienten, wie
Wetterleuchten- Jsidor's Gesundheit
hatte sich noch immer nicht befestigt, und
als der Winter mit bcsondcrer Strenge
eintrat, zeigte sich ein Brustleidcn mit
qäulcndcm Huste, das eine gefährliche
Wendung nehmen konnte und darum
Vorsicht erheischte. Der Arzt verordne
te leichte Speise, die Häushälterin ver
weigerte sie, weil der Caplan nichts an
zusprechen habe, als die gewöknliche
Kost; der Leidende sollte zu verschiede
nen Zeiten Thee trinken, das Fräulein
schlug die Bereitung als zu mühsam ab z
die Winterkälte war indem großen Cap
lanei-Zimmer empfindlich, sie gab täg
lich nur ein bestimmtes vorgezähltes
Maß von Holzscheiten, mit denen aus
gereicht werden mußte. Mehr als ein
mal mar Isidor, durch seine Kränklich
keit besonders reizbar, nahe daran, in
Zorn aufzulodern, umsomchr, als die
Absichtlichkcit dieser Quälereien offen zu
Tage lag ; aber er bezwang sich und half
sich durch Vermittlung seiner Eltern,
denn vom Pfarrer war Hülfe nicht zu
erwarten. Dieser stand ganz unter der
Gewalt des Fräuleins und war ihr ge
genüber vollständig ohnmächtig; wagte
er einmal einen schwachen Versuch des
Widerstands, so endete der Auftritt im
mer mit Weinen, Geschrei nnd der trotzi
gen Erklärung, der Herr Onkel soll ihr
Geld herauszahlen, dann wolle sie ihm
nicht mehr im Wege sein.
Franzi kam Isidor fast nie zu Gesicht;
geschah es, so war die ganze Begegnung
von seiner Seite ein freundlicher Gruß,
von ihr eine ehrerbietige stumme Ver
beugung.
So kam Weihnachten heran.
Isidor war in seiner Stube, der
Stunde harrend, wo der mitternächtliche
Gottesdienst, die Christmette, beginnen
sollte. Sinnend trat er an'S Fenster
und schaute in das blitzende Sterngewim
inel der kalten Winternacht, von dem die
Freude der Himmel herniedersteigen soll
te, und auf die schneebedeckten Dächer
der Bauernhäuser, aus deren niedrigen
Fenstern röthliche Schimmer auf den da
vor aufgehäuften Schnee fiel und all die
Erdenfreudc verkündete, die dahinter sich
vorbereitete. Plötzlich störten eilende
Tritte auf dem frostknarrenden Wege ihn
seinen inGedansen.dieHauSglockcertönte
heftig gezogen und eine jammende Wei
berstimme verlangte nach demGeistlichcn.
Es war die Magd aus der Schmiede,
die mit der Nachricht kam, die Schmiedin
liege im Sterben, sie habe einen Streit
mit Vigtli gehabe, der mit Thätlichkeiten
geendet. Nach wenig Augenblicken eilte
Isidor dem Schmiedhause zu.
Als er zurückkam, war der Pfarrhof
leer; alle Bewohner befanden sich bei
dem Gottesdienst in der Kirche, aus
welcher das Hosiannah der Orgel feier
lich herübcrtönte. Erst nach mehrmali
gem Klopfen wurde geöffnet und Franzi
stand vor ihm, ebenfalls zum Kirchgang
gerüstet.
Ueberrascht bliebe Beide einen Au
genblick wortkos; die hoch erhobene Lam
pe in de Mädchens Hand warf ihren
vollen Schein auf das liebe Gesicht und
die herzigen Kinder-Augen.
„Du noch hier ?" fragte Isidor. „Ich
dachte Dich längst in der Kirche."
„Wär' auch längst schon dort," ant-
wvrtete sie schüchtern, „aber die kranke
Kuh war so elend, das; ich ihr och einen
warmen Trank angcbrüh hab' ... ich
will's jetzt noch nachholen und denk'
unser lieber Herrgott nimmt den Willen
für'S Werk; wen man seine Schuldig
keit thut, ist es ja auch ein Gottesdienst
. . . nicht wahr?"
„Gewiß, und nicht der geringste ...
aber ich finde, Du siehst blässer aus, als
früher... Du hast wohl von dem Vor
fall in der Schmiede gehört und Dich nm
des Vigili willen geängstigt ?
Sie schüttelte den Kopf.
„Es ist auch nicht so sehr schlimm, die
Leute machen gar zu gern aus einer
Mücke cincnElcphantcn... Die Schmic
din hat eine Schramme am Hais, die
heftig blutete, aber Gefahr ist nicht
dabei.. . . Ich bin auch nur da
rum so lange dort geblieben, um zwi
schen dem aufbrausenden Burschen
und der hartnäckigen Frau Frieden z
stiften. Es sind ein paar harte Steine,
die da auf eiade>treffen, aber ich hof
fe, sie haben sich wirklich ausgesöhnt!"
„Gewiß", sagte Franzi innig und sah
zu ihm empor, „wenn Sic reden, Hoch
würden Herr Isidor, da geht Einem das
Herz aus..."
„Meinst Du? Ich wollte, mein Be
wußtsein könnte Dir Recht geben —aber
jetzt leuchte mir in meine Stube. Es
ist grimmig kalt und mich schüttelt es,
wie Fieberschauer; ich fürchte, ich habe
mich erkältet..."
Schweigend ging sie die Treppe hinan
und öffnete das Zimmer; eisige Luft
strömte ihnen entgegen, die Wände
schimmerten vom Frost und an den Fen
stern waren Eisblumen aufgeschlossen.
Sie zündete die Studirlampc an und
zog den Schirm berab, grüne Dämmer
ung lagerte sich über das nächtlich ein
same Gemach; unwillkürlich standen
Beide sich zögernd gegenüber.
Es war etwas zwischen ihnen, was
an's Licht drägte.
„Du bist doch traurig", sagte Isidor,
„ich seh' es jetzt ganz deutlich. . . Wa
rum ?"
„Kann wohl sein", flüsterte sie, „zu
mal heut, wo für Alles ein Freudcntag
ist und .. . kann wohl sei, daß es mir
heut besonders schwer auf's Herz gefalle
ist, daß ich ein Findelkind bin, daß ich
meine Eltern nicht einmal kenn' und
keine Menschenscel' hab', die sich um
mich annimmt. . ."
„Keine Menschcnsecle, sagst Du? Ist
das recht? Hast Du nicht mich? Ich
bin Dein Bruder, Franzi, und will an
Dir Händeln wie ein Bruder! Ich ver
sprach es schon meinem Vater, AUcS zur
Entdeckung Deiner Eltern zu thu, und
will nicht ruhen, bis es mir gelungen ist
.. . Hast Dn gar keine Spur von ihnen,
gar keinen Anhaltspunkt?"
„Nichts, als das Ring'l da ... ich
heb' es sonst heilig aus und zeig' cS kei
nem Menschen . . . aber heut zum hei
ligen Abend hab' ich'S angesteckt. .."
„Zeige doch", erwiderte Isidor und
betrachtete den unscheinbaren Silberrcif.
,'Kein Zeichen daran, als ein paar balb
verwischte Buchstaben; ich will sie bei
Tag betrachten, wenn Dn mir den Ring
anvertraust. . ."
„Gern", rief sie rasch, Alles, was
Sie wollen ... Alles."
In Jsidvr's Herzen wallte es beiß
empor. „So bist Du mir gut, sagte er
heiß und innig.
Sic erwiderte nick'ts, aber sie erglüh
te über und über und sträubte sich nicht,
als er ihre Hand erfaßte und sie leise nä
her zog; sein Gesicht senkte sich zu ihr
herab, daß er die Gluth ihrer Wangen
fühlte... da ermannte sich der gute
Geist in ihm ; er ließ ihre Hand los und
trat zurück.
„Auch ich bin Dir gut", sagte er,
„wie einer Schwester. .."
Sie sprach wieder nichts, aber sie
fühlte wie ihr das Blut zum Herzen zu
rückdrängte, mit dem Worte war es aus
gesprochen, was sie in ihrer schuldlosen
Unbefangenheit nie geahnt hatte:. die
Liebe, die sie für den Jugendfreund em
pfand, war nicht die einer Schwester...
Sie schritt der Thür zu. „Es ist so
kalt", sagte sie dort, „das könnte Ihnen
schaden, Herr Jsi ... Herr Caplan; ich
will Feuer anschüren..."
„Thu' das, mein Kind... und gute
Nacht... meine gute treue Schwester,
guee Nacht!"
Er war allein; das beglückende Be
wußtsein, sich selbst besiegt zu haben,
durchglühte ihn, daß er die Kälte nicht
mehr empfand ; die schimmernden Wän
de und Fensterscheiben schienen wie bren
nende Frcudenkcrzen...
Bald ward draußen der Schritt des
Mädchens hörbar und das Poltern des
Holzes, das sie zu Boden warf. .. aber
im nämlichen Augenblick erscholl auch
die keifende Stimme der Haushälterin.
„Komm' ich endlich dahinter", schrie
sie, „wer der Dieb ist im Hause? Ist es
mirdoch imGcistvvrgegangen,daß ich frü
her fort bin aus der Kirche! So also
geht es im Hause zu? Weg vom Ofen,
schlechte Person!"
Franzi war wie versteinert. „Ich bin
keine Diebin, stammelte sie, „und keine
schlechte Person. .."
Mehr hatte Isidor im Zimmer nickt
gehört; sckon hatte er die Thür geöff
net und stand erregt der Zürnende ge
genüber. „Bcrnhigcn Sic sich, „Fräu
lein", sagte er, „es geschah auf mein
Verlange. Ich bin zu unwohl, um im
kalten Zimmer schlafen zu können, und
werde Ihnen morgen das Holz er
setzen. . ."
„So?" rief das Fräulein, die immer
mehr außer sich gerielh. „Auch das
noch ? Sie selber verleiten die Ebbalten
und unterstütze sie gegen die Herrschaft?
Nnd warum ist die Person nicht in der
Mette? Ist wobl absichtlich daheim ge
blichen, um ungestört zu sein?"
„Himmel nd Erde!" rief Isidor, des
sen Stirnadern schwollen, „kein solches
Wort mehr gegen meine Schwester,
oder . .
„Schwester?" höbntc das Fräulein.
„Ist das so geschwind gegangen ? Eine
lnderlicke Dirne ist sie und wenn sie
nicht über die Stiege hinuntereilt, zeig?
ich ibr mit dem gestohlenen Scheit den
Weg!"
Franzi schrie auf; die Wüthende hat
te wirklich ein wuchtiges Scheit ergrif
fen und es zum Schlage erhoben, abe.
Isidorsing deArm auf .entranges ihr
'Außer sich wollte sie sich mit den Hän
den auf das Mädchen stürzen da stieß
Isidor mit voller Manneskraft sie zurück,
daß sie taumelte, mit dem Kopfe an die
Wand schlug und beulend und blutend
zu Boden stürzte.
Isidor stand wie versteinert; zu sei-1
neu Füßen kniete das Mädchen und be
tete und weinte verwirrt durcheinander
in unsäglicher Herzensangst.
'An der Treppe erschien der vom Got
tesdienst heimkehrende Pfarrer, hinter
ihm tauchte das rothe Haar nnd das
lauernde 'Auge des Schnllehrers empor.
„Wahrlich", sagte der Pfarrer, in
dem er voll Wurde und nicht ohne Be
wegung näher trat, „größeres Leid, als
durch einen solchen Anblick konnte mir
nicht bereitet werden. . . Bedauerns
werther junger Mann . . . wissen Sie,
was Sic gethan? Blut ist durch ibre
Hand vergossen worden, Sie sind irregu
lär : ich werde darüber an das Ordina
riat berichten ... bis der Bescheid
kommt, suspcndire ich Sie ... ich ent
hebe Sie Ihres Amts und verbiete Ih
nen als einem Unwürdigen jedc pricster
lichc Handlung! Morgen werden Sie
den Pfarrhof verlassen, ich kann nichts,
als im Gebet Ihrer gedenken!"
(Fortsetzung folgt.)
VersclMmes.
('Aus dem „Amerikanischen Agriculturist".)
Die Sonne nd nsere Erde.
Alles Leben auf unserem Erdballe hängt von
den Wirkungen der Sonne ab, welche ljMilli
onen mal größer als die Erde und in einer
Entfernung von llX Millionen Meilen von
nS wie ein feuriger Ball am Himmel hinzn
schwcben scheint. Indem die Erde in 24 Stun
umdrekt, haben wir Tag und Nackt, indem sie
in 305 Tagen in einem große Kreise m die
Sonne läuft, entstehen die 4 Jahreszeiten.
Hörte die Wirkung der Sonnenstrahlen auch
nur für einen Tag ans, so müßte Alles auf un
serer Erde in Eis und Frost erstarren; und
würde sie plötzlich ganz ausgetilgt, so hörte auch
die Anziehungkraft auf, die sie auf die Erde
ausübt, diese würde wie losgebunden und als
eine todte Masse in gerader Linie durch den end
losen Hinimelsraum dahin stürme, bis sie et
wa in die Nähe eines mächtigeren Himmels
körpers käme.der sie an sich risse.
Unsere Erde ist von einer gegen 40—i.'> engl.
Meilen dicke Lufthülle (Atmosphäre oder
Dunstkreis genannt) ganz umgeben. Auch
die Luft würde völlig und ewig still stehen, wenn
die Sonne nicht wäre. Sie erwärmt am
Tage gewisse Luftschichten, welche in Folge da
von sich ausdehnen; zugleich erkalte an and
ren Orten andcreLuftschichtcn, und so entstehen
Heils regelmäßige Luftströmungen nnd Win
de, theils, indem andcreUrsachcn hinzukommen,
Winde und Stürme von alle Seite her.
In völlig unbewegter Luft könnte nichts gc-
Die stete Bewegung des Meeres kommt von
der Anziehungskraft des Mondes und der Son
ne zugleich her.
Daß es Rege, Thau und und Schnee, also
auch Quellen, Bäche und Strome auf der Erde
giebt, ist allein nur der Sonne zuzuschreiben!
sie bewirk die Verdunstung des Wassers, wel
ches dann in Wolken sich verdichtet und wieder
herabfällt. Wachsend sich entwickeln kann
nichts ohne Wärme und selbst die Wärme, wel
che wir künstlich schaffen, ist auf die Wirkung
der Sonne zurückzuführen. Derßaum wächst,
indem er—außer Einigem, was der Bode
liefert hauptsächlich Kohlenstoff aus der
Luft an sich zieht, was nur unier Verbrauch
eines großen Theils vonWärmegeschchc kann.
Diese Wärme ist gleichsam in dem Holze, das
nun am kalten Wintertagc zum Brennen vrr
wandt wird, aufgespeichert, d. h. beim Wieder
ubergehen des Kohlenstoffes in ZtohlenläuregaS
(und weiter ist das Verbrennen nichts) entbin
det sich eben so viel Wärme auf einmal, als
zur Bildung der Holzfaser verbraucht wurde.
Aehnlich ist es mit dem Kohlenstoffe, der in
Gestalt von Fett, Oel, Stärkemebl, Zucker und
Weingeistin den thierischen Körper kommt;
derselbe wird (wie wir früher sahen) i der
Lunge mittelst des Atkmens verbrannt, und er
wärmt so beständig alle Körperthcile. Freilich
ist es kein Brennen bis zum Flammen und
Glühen, sondern ein gemäßigtes, aber doch im
mer ein Brennen. Ohne die Lungenarbeit
würde unser Körper sogleich erstarren.
Merkwürdig ist es hierbei, daß die Natur den
m schliche l überhaupt den thierischen) Kör
prr zu einem weit besseren und sparsamer arbei
tende Verbrennung - Apparate eingerichtet
hat, als die größte Kunst bisher herstellen könn
te. Man kann so zirmlich genau da Maß
der Wärme bestimmen, welches deDKörper et
wa in 24 Stunden entwickelt; eS ist der Ueber
schuß der Wärme de Blutes über die her uns
umgebende Luft. Eben so läßt sich dt Wärme
messen, welche ein Ofen in einer gewissen Zeit
vou sich giebt, und wie viel Kohlen dazu nöthig
Mensch an Kohlenstoff (in Gestalt von Brod,
Fett . s. w.) al Speise zu sich nimmt, und
was größtcntheilS zur Unterhaltung de Ath
inungsprozesscs verwandt wird, etwa 20mal so
viel Wärme erzeugt, als durch Verbrennung
von eben so viel Kohlenstoff indem besten Ofen
hervorgebracht werden kann.
Auf welche Art die von der Sonne ausge
hende Wärme oder der stet verbrauchte Brenn
stoff wieder ersetzt wird, und ob überhaupt ein
Ersatz stattfinde, oder ob die Sonne noch im
mer in ihrem ursprünglich glühenden Zustande
wie einst auch unser Erdball ein durchaus glü
hender war), darüber ist ichtsGewisse bekannt.
Dagegen will man durch Berechnungen, welche
auf guter Grundlage fußen, gefunden haben,
daß die Hitze an der Oberfläche der Sonne an
ltt-bis >s,OOOmal größer sein muß, al die
Gluth, welche auf uuserer Erde möglich ist.
Okerabc in der Entfernung, in wclcher sich die
Erbe von der Sonne befindet, wird für unscre
körprrlichc Einrichtung Kalte und Wärme, wie
sie gemäß dem Stande der Erde z der Sonne
vorkomme,erträglich. Schonaufden übrigen
Planclc muß Alles ander sein: wir könnten
nicht darauf leben.
Frankfurt fall eine Universitätsstadt
werden.
Der in verschiedenen deutschen Blättern
mehrfach besprochene Vorschlag, Frankfurt zum
Sitz ein.-r Hochschule zu machen, findlt
auck in den Marburger UniversitätSkreisen
lebhafte Zustimmung, und mehrfach wird in
diese der Wunsch lau, daß eine Vrrlegnng der
Marlmrger Universität nach Frankfurt Stattha
ben möge. Wenige Städte Deutschlands tra
gen gleich sehr die Bedingungen >um Gedeihen
einer Universität in Die herrliche Lage in
der Milte von Deutschland, die bestehenden In
stitute, Sammlungen, Spitäler, die zahlreichen
schwer wiegende Vorzüge, welche gegründete
Aussicht gewähren für das Emporblühen einer
Universität. Auch liegt es im preußischen In
teresse, hart an der Südgränze de preußischen
Die Verstärkung der preußischen
Armee.
Preußen wird drei neue ArmeecorpS i den
erworbenen Ländern bilden und zwar wahr
vcrschc Armee erlautet noch Nicht, und wenn
es geschah , würde eine solche Maßregel doch
keineswegs für die ganze Armee Platz greifen,
dem 2. Husaren-Regiment zwei schwedische
und ein sächsisches Regiment in die preußische
Armee übernommen worden sind und wie auch
früher slbon eine derartige Uebernahme au
fremden Diensten, z. B. namentlich bei dem
noch bestehenden v. und 4. und l. Dragoner-
Regiment vielfach Statt gehabt hat. Durch
die für die Armee beabsichtigte Verstärkung wird
dieselbe übrigens bei gleichzeitiger Uebernahme
van etwa 50- bis 60,000 auSererzirter Mann
schaften in den annectirten Landestheilen schon
im nächsten Jahr um p. p. 70,060 Mann stär
ker als in diesem im Felde aufzutreten ermö
gen, mit den Contingenlcn de Staaten de
norddeutschen Bunde und denen von Sachsen
wird dieses Wehr aber auf p. p. (20- bis lZO
XX Mann angenommen werden können.
Der Bestand an Truppen, welche Preußen
im letzten Kriege aufgestellt ha, berechnet sich
übrigens ach den cueidingSermöglichten Er
mittelungen aus veröffentlichten Nachweisen
auf 243 Garde- und Linien und ll Jäger-Ba
taillone zu 1000 Mann, 48 Landwehr- und 8t
vierte Bataillone zu 800 Mann, 08 Landwehr
Bataillone zu 500 Mann, 8t Ersatz-Bataillone
zu IOM Mann, 200-Garde- und Linien-Esca
drons zn 150 Mann, tOt Feld-Balterien zu k
Geschützen, 30 Ersatz-Batterien, 72 FestungS-
Artillerie-Eompagnienzu 200 Mann, 9 Pio
ier-Bataillone und 28 JestungS-Pionier-Ab
thciluugcn von verschiedener Stärke, Train,
Stäbe, EommandoS :c. auf rund 500,000 bi
iOOM Man! Den Zuwachs dazu gerech
scho im Stande sein, mit 720,000 Mann auf
zutreten, oder mit je 80,000 bis tOO,XX> Mann
mehr, als Oesterreich und Frankreich die bei
den gegenwärtigen Wehrverfassungen in beiden
Staaten zu thu im Stande sein würden. Auch
für das Seebataillon soll die Erhebung zu einem
Regiment von zwei oder drei Bataillonen
in Absicht genommen sein und die Ausführ
ung bereits demnächst bevorstehen
Nro. SS.
Die eiserne Seen der Lombardei.
Die eiserne Krone der Lombardei, mit welcher
schon so manche Kaiser und Könige gekrönt
worden, und für welche al stetiger Aufbewah
rungsort die Monza Tathedrale bestimmt war,
ist jetzt wieder der italienischen Regierung von
den Österreichern, welche sie im Jahre 1850
raubten, zugestellt worden. Die Krone besteht
aus einem breiten, mit Rubinen, Smaragden
und Diamanten besetzten, blau emailliricn
Boldreifen. Aber der hauptsächlichste Theil
der Krvne, welcher ihr den Namen gegeben, ist
ein drei Achtel Zoll breiter und ein Zehntel
Zoll dicker Eisegrinp, welcher.unter dem Golde
angebracht ist. Dieser Ring von heiligem Ei
sen soll au einem Nagel de heil. Kreuzes ge
schmiedet worden sein.
Kein deutscher Kaiser hatte die wahre Weihe
erhalten, bevor er nicht vom Padste gesalbt
und mit der eisernen Krone der Lombardei ge
krönt worden war. Oftmals entstand wegen
dieser Angelegenheit ein heftiger Streit zwischen
den beiden Mächten der mittelalterlichen Welt,
indem der Pabst sich weigerte, den Kaiser z
salben.
Jetzt besteht das heil, römische Reich nur
noch in der Erinnerung, und die eiserne Krone
gangenen Jahrhunderten, und Reliqui de
italienischen Reichs, in der Tathedrale von
Monza aufbewahrt werden.
Eine kurze LirbeSgeschichte.
Die nachstehende kleine Geschichte von einem
gewissen Seerapitain Morgan dreht sich um die
Wahl eine Galten zur See und enthält viel
leicht einen nützlichen Wink für junge Damen.
Er geschieht nicht selten, daß alleinstehend La
de SchiffSeapitänS machen, und wenn sich un
ter den Passagieren ein Liebeshandel entspinnt,
so ist der Eapitain gewöhnlich der Vertraute de
einen oder auch beider Theile. So war auch
dem Tapitain Morgan, von welchem wir hier
sprechen, eine sehr hübsche liebenswürdige Da
me anverkaut worden, und der Zufall wollte,
daß au der Zahl ihrer Mitpassagiere drei jun
ge Männer sich sterblich in sie erliebten.
Alle Drei erschienen ihr gleich annehmbar und
sie wußte nicht, welchen davon sie ermuthigen
sollte.— In ihrer Verlegenheit fragte sie den
Tapitän um Rath. „Kommen Sie den er
sten Tag, wo Wind und Wasser vollkommrn
ruhig sind, auf den Deck," sagte er; „die Her
ren werden, wie sich von selbst ersteht, in Ihrer
Nähe sein. Ich werde vorher in aller Stille
ein Boot aussetzen lassen ; Sie springen Plötz
über Bord und sehen, elcher von den Herren
Ihnen nachspringt.— Ich werde dafür sorgen,
daß Sie nicht zu Schaden kommen." Es
dauerte nicht lange, so trat Windstille ein ;
die junge Dame befolgte den Rath des Tapi
täns und zwei ihrer Anbeter sprangen ihr au
genblicklich nach. Natürlich wurden alle drei
Personen mittelst des bereit gehaltenen Bootes
sofort wieder aufgefischt, aber nun wußte die
junge Dame wieder nicht, welchen von den bei
den jungen Männern, die ihr Leben für sie in
die Schanze geschlagen, sie wählen sollte und sie
zog deshalb abermals den Tapitän zu Rathe.
„Nehmen Sie den Dritten welcher Ihne nicht
nachsprang," sagte der Tapitain. „Dieser ist
der Vernünftigste und wird daher auch der beste
Ehemann sein,"— Di junge Dame folgte dem
Rathe de Tapitain und hatte nie Ursache, es
zu bereuen.
Ein Roman aus dem Leben.
Aus einer großen schlestschen Stadt wird uns
folgendes Geschichtchen mitgetheilt. Eine jun
ge, schöne Dame au angesehener Familie hat
einen außerordentlichen Hang zum Stehlen.
In keinem Laden konnte sie etwas kaufm ohne
einen Versuch zu machen etwa zu entwenden,
Ei TommiS, der gegen sie Verdacht schöpfte,
nahm sich vor, bei dem nächsten Besuche sie ge
nau zu beobachten. DieDamz kam, kaufte einen
theuren Stoff und steckte dabei heimlich eine
seidenen goulard ein. Da zufällig Niemand
in der Nähe war, rannte der TommiS der schö
nen Diebin in'S Ohr - „Mein Fräulein, Sie
haben soeben ein seidene Tuch gestohlen. Ich
lasse Ihnen die Wahl, sofort als Spitzbübin
Principa/sofort als meine Braut vorstellen zu
lassen und mir, mögen die Hindernisse auch sein
welche sie wollen, die Hand zum Ehebunde zu
reiche. Sie wählte da Letztere, und der ent
schlossene Jüngling am zu einer schönen grau
mit 00,000 Thalern Vermögen. Er muß je
doch nicht reinen Mund über den Vorfall ge
halten haben, eil derselbe kein Geheimniß ge
blieben ist.
WaSbedeuendie verschiedenen „Pfiffe"
auf den Eisenbahnen, so fragen oftmal die
Reisenden auf den Eisenbahn m ; nun denn, für
Solche, die auf den Eisenbahnen reisen und
wer reist heut zu Tage nicht - ist eS interessant
sich mit den verschiedenen Signalen der Lo
komotiven-Pf'ife und der Bedeutung de
Schwenken einer Laternt zur Nachweit er-
Kautz machen.
Sin Pfiff bedeutet: „Schließt die Brem
sin."
Drei: „Zurück."
AnhaltendeS Pfeifen: „Gefahr."
Schnell hinter einander folgendes Pfeifen ist
der Alarm für auf der Bahr, sich befindliche
Thiere.
Eine Laterne auf- und abbewegt, bedeutet
„Vorwärts."
Rechts und link geschwungen; „Halt."
Im Kreise geschwungen : „Zurück."
Sine rothe Flagge der ein solches Licht be
deutet immer Borsich. .t -
Wenn eine Lokomotive ein entfaltete rothe
Fahne mit sich führ, bedeutet ein Zug
nachfolgt.
Dteßeligion inNe York.—Es
wird angenommen, daß von der Million Ein
wohnzr New Jorks 300 —400,000 Katholiken
sind, 50,000 Juden, während 55t—050,XX>
der protestantischen oder gar keiner Sonfession
angehören. Die katholische Tonsession ha 32
Kirchen, d. h.eine aus tO-t2,tXX> Seelen mit
93 Priestern, d.h. eincrauf MXSeelen. Jene
Kirchen fassen 200.000 Seelen u.sind überfüllt,
wonach zwei Drittheil der Katholiken de
Gottesdienst regelmäßig besuche. Die durch
schnittliche Zahl von Eommunionen in New-
Jork ist jeden Sonntag 5000. Die katolische
Bevölkerung nimmt im Verhältniß von wenig
Kens 20.000 t Jahre zu. New Jork ist nach
seiner katholischen Bevölkerung die vierte Stadt
der Welt.