Pennsylvanische Staats zeitung. (Harrisburg, Pa.) 1843-1887, November 22, 1866, Image 1

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    Jahrgang 1.,
Die
PennsylvanischeStaatS-Zeitung
Herausgegeben von
Job. Georg Ripper,
erscheint jeden Donnerstag, und kostet 82.0tt
per Jahr, zahlbar innerhalb deelahres, und
82.10 ach Bersluß des Jahrgangs.
Einzelne Ercmplaren, ? (5 ents per Stück.
Keine Subscriptioncn werde für weniger
als sechs Monaten angenoinmcnauch kann
Niemand das Blatt abbestellen, bis alle Ruck
stände bezahlt sind.
Anzeigt werden zu den gewöhnlichen Pic,-
sen inserirt. ,
Office: in dcr „Patriot und Union
Druckerei, Dritten Straße. Harrisbarg. und
in der „Jntelligcncer" Druckerei, am Ecnire
Square, Lancasler.
Poesie.
Auf'S Land!
0
Hinaus, o Freund, aus diesen düstern Gassen,
Aus dieser dumpfen, stelS durchlärmien Welt!
Vom Lebensstrom dcr Luft laß dich umsanen.
Vom heitern Glanz aus blauem Himmelszelt!
Wie schön ist'S, aus de, Hügel sich zu sonnen,
Umgebe von dem Frieden der Natur,
Und sinnend, dem Gewühl dcr Stadt entronnen,
Zu überschau n die ländlich stille Flur!
Dcr Waldbach hier, der von den Höhe nieder.
Mit Blume spielend, nach dem Thale eil.
Der Sängerchor auf schwirrendem Gefieder,
Der unterm Blätterdache fröh'ich weilt,
DaS Dörfchen dort, von Hecke grün umsponnen,
Von Busch und Baum, die weilcSchatten streu',
Wie schön ist'S dem Gewühl der Stadt entronnen,
Sich dieser stillen Läntlichleit zu freu'n!
Hinaus, o Freund! Dein Geist wird sick crwcitc,
Entschwinden wird dcr Sorge Bitterkeit;
Du wirst des Tages kleine Eitelkeiten
Vergesse und der Leidenschaften Streit.
Wie Manches, was dein Ehrgeiz hat begonnen.
War nicht der Mühe, nicht dcr Opfer werth.
Wie schön ist'S, demGcwühl dcrStadtrnlronncn,
Wann unsers Herzens Ruhe wiederkehrt!
JrnStrom derWclt.da wog ei cw'gcsKämpfcn,
DeeMensch ist grausam um das Mein und Dein.
Wan wird die Glulh der Habgier je sich dämpfen,
Wann wird die Eintracht fest und dauernd sein?
Erquickung wird im Taumel nicht gewonnen
Und thöricht ist'S, der Welllust zu vertrau'.
Wie schön ist's, dcmGewühl der Stadt entronnen.
Das Leben klar und ernst zu überschau' !
So komm', v Freund! Wohl weiß ich eine Stelle
Da Wien sich die Herzen belauscht.
Durch grüne Dämm'rung ölitzcn perlcnbelle,
Lichtstrahlen und dcr Lüfte Weben rauscht
Melodisch durch's Gezweig-, ein frischer Bronnen
Mischt seine Kühlunq mit der Blumen Luft.
Wie schön ist'S,dcmGewühlderStadtcnlronnc,
Sich zu erfreu n, umwogt von Licht und Lust!
Feuilleton.
Der Dorfcaplan.
Erzählung aus Oberbaiern nach einer wabrrn
Begebenheit.
(Fortsetzung.
ES herbstete ungewöhnlich früh und
schnell.
Wenige Wochen waren vorüber und
doch hatte das Land ringsum schon viel
fach andere Färbung und Gestalt. Vor
den Fenstern desMooörainer-Hofs streck
ten die Bäume des Obstgartens die
Zweige schon fast kahl oder nur mit we
nigen gelben Blättern geschmückt empor,
darüber hinaus weilte der Blick auf ro
then Buchcnwipfeln und an den Bergen
hin jagte und zog weißes Gewölk, die
Spitzen bald verhüllend, bald daran vor
überstürmend, als fände keinen Halt, sich
vor dem Winde daran zu klammer, der
vom Strome her über die Stoppelfelder
sauste.
„Na meinetwegen, Isidor," sagte der
alte MooSrainer, der neben seinem Soh
nc in der Prunkstube am Fenster saß,
„wenn Du durchaus fort mußt, so mag
es in Gottes Namen sein, ich will mor
gen die zwei Bräunel anschirre und
Dick nach Nosenheim hinüberführen, das
laß' ich mir nicht nehme. Vielleicht
fahrt die Mutter auch.mit... Bist aber
auch ganz gesund und wieder bei Kräf
ten ?"
„Vollständig, Vater," erwiderte der
junge Geistliche, indem er sich erhob.
„Ich bin so gesund, wie je und sehne mich
darnach, endlich zu Thätigkeit und Wirk
samkeit zu kommen ... das wird mich
kräftigen und den letzten Rest des Siech
thums verschlugen, das mich so plötzlich
überfallen hat."
Ja, ja," sagte der Alte mit bedäch
tigem Kopfschüttcln, „es kommt oft ge
schwind Etwas über den Menschen; bei
Dir war'S justament nit zum Verwun
dern,das viele Studi ren und die Erwar
tung und die Vorbereitung alle, das
kann Einen wohl aus dem Gleichg'wicht
bringen... es hat mich nit einmal recht
gewundert, wie Du am Tag nach der
Primiz krank gewesen bist und hast ein
Fieber gehabt und ein paar Tag' lang
nicht von Dir gewußt! Wenn'S nur
auch völlig vorbei ist, denn das ist nit
zum Läugnen, Isidor, bleich siehst Du
och au . .."
Der Alte hatte wohl Recht; der junge
Mann stand zwar wieder in alter Voll
kraft vor ihm, aber da Gesicht, beson
der die Stirn leuchtete vor Blässe und
- in den Augen glimmte Etwas, wie ein
unter Asche und Kohle vergrabener Fun
ken.
. „Eben deshalb wird eine Lustverän
hcrung mir gut thun," sagte er, „und
vollends der Wirkungskreis an dem mir
angewiesenen neuen Posten...lch werde
vollauf zu thun und keine Zeit habest,
krank zu liegen . .."
„Die Mutter hat freilich gemeint, Du
solltest wenigstens so lang bleiben, bis
der Doktor, dcr Dich kurirt hat, noch
cinmal gekommen wär'..."
„Nein, nein!" rief Isidor hastig nnd
mit einer Gelierde entschiedener und fast
erschrockener Abwehr, „ich kann hier nicht
länger bleiben ... ich darf eS nicht...
Glaubt mir, mein Vater," fuhr er etwa
innehaltend fort, „meine Pflicht fordert,
den mir angewiesenen Posten so schnell
wie möglich anzutreten, und dann ...
jede Stunde, die ich noch hier bleiben
müßte, würde meinen Zustand nur ver
schlimmern ..."
„Gut also, morgen wird gereist!"
sagte der MooSrainer gelassen und erhob
sich ebenfalls. „Begreife zwar nit, was
bei uns so beso> der gefährlich sein soll;
hätt' auch sonst ein paar Anliegen ge
habt an Dich .. . aber eS eilt nit damit
nnd aus's Frühjahr, wann'S Gottes
Willen ist, komm' ich und besuch' Dich
auf Deinem Posten, da wirst Du wohl
Zeit haben und wirst mir rathen kön
nen ..."
„Zeit für Euch. Vater?" rief Isidor.
„Als wenn es je gelten könnte, diese erst
abzuwarten! Sagt mir Euer Anliegen
gleich, und was in meiner Macht steht,
wird gewiß geschehen!"
„Es ist eine eigene Sach'," sagte der
Alte zögernd, „aber Du bist studirt und
mußt es besser wissen... Sag' mir ein
mal, was hält st Du von Heimlichkei
ten... so von geheimen Zusammen
künften, bei der Nacht und an einem
verborgene Ort?"
„Nicht viel, Vater, ich denke, wa gut
ist, hat das Licht nicht zu scheuen . .."
„Wenn man aber zu etwas Gutem
zusammen kommt. .. zum Beten oder
zur Betrachtung?"
„Gleichviel, die Andacht, die sich mit
dcr Nacht verbindet, ist die Rechte nicht.
Aber was bedeuten diese Fragen? Soll
tet Ihr in solchem Falle sein?"
Dcr MooSrainer besann sich. „Das
nit," sagte er, „aber ... ich hab' davon
reden hören und weiß jetzt schon, wa
ich hab' wissen wollen . . ."
„Und Euer zweites Anliegen?"
„Mein zweites Anliegen ist, daß Du
mir helfen sollst, für ein armes, brave
Kind eine Mutter suchen ... Der arme
Narr ist in den Windeln Einem vor die
Thür hing'legt worden und ich mein'
alleweil, es müßt' was wie eine Spitzbü
berei dabei sein. Da möcht' ich gern
dahinter kommen, wer das Kind ausge
setzt ha, und Du sollst überall herum
schreiben und sollst mir helfen, e heraus
zu bringen ..."
„Gern, Bater ... wer ist da Kind?"
„Du kennst sie gut. Deine ehmaltge
Spielcameradin ist's, die Franzi..."
Der Alte wandle sich gegen da Fen
ster, weil vor dem Hause Stimmen hör
bar wurden; auch ohne da wäre wohl
ein schärferer Beobachter nöthig gewesen,
um die augenblickliche Erregung zu ge
wahren, die bei diesem Namen über Jsl
dor'S Züge glitt.
„Da kommt die Mutter heim und in
aller Eil," begann der MooSrainer, „sie
winkt und lacht herauf, wird bald da
sein, lassen wir's also gut sein für heut,
vielleicht kann ich Dir morgen während
de Fahren Alles erzählen... Ich weiß
doch, daß Du mir hilfst ... Du hast ja
die Franzi als kleiner Bub gar gern ge
habt, und ich hab' lachen müssen, wie
Du so da gelegen bist in dcr Bewußtlo
sigkeit, und hast manchmal nach ihr ge
rufen und hast von der Zeit phantasirt,
wo Du als Bub mit ihr gespielt hast,
im Obstanger unten und draußen auf
dem grünen Fleckel vor dem Hof..
„Ficberreden, Vater," sagte Isidor
und faßte ergriffen die Hand des Alten.
„Phantasien de kranken Gehirns .. .sie
sind verschwunden vor dem klaren Lichte
der Gesundheit!"
Hastige Schritte kamen die Stiege
herauf, der MooSrianer öffnete rasch die
Thür.
„Muß schon aufmachen," rief er la
chend der Bäurin entgegen, „sonst fällst
Du sammt Deiner Neuigkeit gleich mit
der Thür in'S Haus, denn eine Neuigkeit
bringst D, das seh' ich Dir am Gesicht
an!"
„Die bring' ich auch!" erwiderte die
Bäurin, indem sie sich erschöpft auf einen
Stuhl niederließ. „Ach, Du lieber Herr
gott, was bin ich gelaufen!"
„Natürlich, damit Du ja nicht zu spät
kommst! spottete der Alte.
„Spotte nur !" rief sie. „Wirst schon
anders reden, wenn Du erst Alle weißt.
Denk' Dir nur, Vater! Ach, die Freud.
... ich weiß gar nit, wie ich es sagen
soll .
„Auf das Wie kommt's nicht an, sag'S
nur gerad' heraus!"
„Ach Gott, da will ich ja! Du weißt
doch, Vater, daß unser Caplan krank ge
worden und in die Stadt gereist ist und
daß er in den nächsten Tagen hat wie
derkommen sollen ?... Nun also, er
kommt nit! Er ist so krank, daß er ntt
kommen kann, und weil der Herr Pfarrer
ohne Caplan nit sein kann, hat er beim
Bischof gebeten, er soll ihm unsern hoch
würdigen geistlichen Herrn Sohn lassen,
und Seine Gnaden dcr Herr Bischof
hat's erlaubt und unser Herr Sohn
bleibt als Caplan in unserem Dorf, und
dcr Herr Pfarrer hat mir die
macht daß ich ihm die Nachricht selber
bringen darf, und hat mir das Schreiben
da mit'geben, da steht'S drinn' Schwarz
auf Weiß, daß unser geistlicher Herr
Sohn bei uns bleibt... Ach Gott, ach
Gott, die Freud' und die Ehr'... ich
weiß gar ntt, was ich sagen soll ..."
Sie unterbrach den Redestrom, indem
sie ihr Tuch an die ebenfalls überströ
menden Augen drückte. In ihrer Freu
de bemerkte sie den Eindruck nicht, den
ihre Nachricht auf Vater und Sohn her
vorbrachte; Isidor war bei der ersten
Andeutung erblaßt, jetzt stand er mit der
einen Hand auf die Stuhllehne gestützt,
während die andere mit leichtem Beben
da inhaltvolle Schreiben hielt, in das
er mit vergehenden Augen starrte.
Der Alte stand seitwärts und ver
wandte kein Auge von Isidor.
„Und wem meint Ihr, daß wir das
zu verdanken haben ?" rief die Bäurin
aus'S Neue. „Niemand Andern, als der
Fräulein Amelie, die halt't so große
Stuck auf unsern Herrn Sohn und hat
nit nachgegeben, bis dcr Herr Pfarrer
die Eingab' gemacht hat! Ach, ist das
ein herzensgutes Frauenzimmer! Und
der Herr Sohn Hat'S nit einmal recht
verdient um sie. . .er hat sie nit cinmal
zu den Kranzcljungfern genommen . ..
Aber da kann er ja gut machen und
muß sich jetzt recht besonders bei ihr be
danken. . . . Aber wie ist denn das?"
fuhr sie aufblickend fort. „Es red't ja
Keiner ein Wort. .. Freut's den Herrn
Sohn denn nit, daß er in seiner Heimath
bleiben darf?"
„Gewiß, Mutter," erwiderte Isidor
mit einiger Anstrengung, „aber ich kann
nicht verhehlen, daß mir die Nachricht
überraschend kommt; ich hatte meine
Pläne anders gemacht: eS war mein
schönster Gedanke, einmal in meiner Hei
math wirken zu können; jedoch erst als
Pfarrer, als gereifter, wohlerprobter
Seclenhirt, dachte ich wiederzukommen.
Es scheint vom Himmel anders beschlos
sen zu sein und ich füge mich . . . Jetzt
aber fühle ich, daß mein Unwohlsein doch
noch nicht ganz gehoben ist, ich bedarf der
Ruhe und der Einsamkeit..."
„Ja, ja, ganz recht! Komm Alte,"
rief der MooSrainer und zog die redse
lige Frau, die noch gar viel auf der Zun
ge hatte, der Thür zu. „Sag' mir, was
Du noch Alles auf dem Herzen hast, wir
wolle den Isidor allein lassen ..."
Widerstrebend folgte sie, indeß nur,
um vor der Thür fragend anznhalten.
„Und Du freust Dich auch nit, scheint's?
Denk' nur... was kann er da Gutes
wirken, hat die Fräulein Amelie g'sagt,
wo er jedes Kind kennt!"
„Ja—und jedes Kind ihn l Ich will
nit sagen, daß es mich nit freut, aber
der Isidor hat doch wohl Recht, und der
Pfenning gilt nichts, wo er geschlagen
ist!"
Während sie gingen, erklang das
Abendleuten vom Thurme.
In seinem Zimmer stand Isidor und
hob die gefalteten Hände in die Dämme
rung empor. „Du siehest mein Herz, o
Gott," betete er, „du weißt, daß ich diese
Schwäche bezwungen habe, daß mein
Entschluß, mein Wille, mein Leben nur
deinem Dienste gehören! Du bist es,
der mir diese Prüfung schickt, die Stärke
metner Ergebung zu bewähren ... Sei
du mir! Mit deiner Gnade will ich sie
bestehen —zu deiner Ehre ... Amen!"
Am andern Morgen fand die Ueberste
delung in den Pfarrhof statt. Isidor
machte einen weiten Spaziergang durch
die Stoppelfelder, über welche vom Stro
me her sich heute der erste Nebel dehnte,
auf dem Rückwege wollte er dann in dem
Hause neben der Kirche eintreten; es
war Etwas in ihm wie eine Ahnung,
daß man ihm von irgend einer Seite
Feierlichkeiten bereiten wolle, und diesen
dachte er zu entgehen. Die Ahnung
hatt ihn auch nicht getäuscht, wohl aber
seine Berechnung, denn als er um die
Ecke vortretend dem Pfarrhofe gegen
überstand, sah er dessen Thür geöffnet
und in derselben Fräulein Amelie be
schäftigt, welche zu der auf einer Leiter
stehenden Kathrin hinaufzankte, daß der
von der Primiz her ausbewahrte, etwas
welk gewordene Kranz schief überhänge.
Im Hausflur, der Treppe zu, standen die
sämmtlichen Dienstboten des Pfarrhofs,
offenbar bestellt, den neuen Hausgenossen
zu begrüßen. Sie waren aber alle in
ihrem WerktagSgewand, denn um der
Festlichkeit willen durfte kein Augenblick
an der Arbeit verloren gehen. Voran
unter den Mädchen stand Franzi mit
niedergeschlagenen Augen, aber brennen
den Wangen, denn es war ihr peinlich,
daß die Haushälterin sie, wie sie ging
und stand, vom Futtermähen weggeholt
und ihr kaum Zeit gelassen hatte, eine
weiße Schürze umzubinden. Da Fräu
lein hatte, um ungehindert zu sein, ihr
LancaSter, Donnerstag, November ss, 8S.
ein rothgestickte Sophakissen zu tragen
gegeben, auf welchem ein ansehnlicher
blauseidener Beutel mit Silberschnüren
lag; eS hatte fast den Ansch'in, als sei
sie absichtlich so gestellt, um in die Au
gen zu fallen. Amelie dagegen war im
höchsten Putz, der sonst nur zu Ostern
oder am Namenstag de Landesherrn ge.
tragen zu werden pflegte. Ein schwar
zes Kleid nach städtischem Schnitt und
und mit Spitzenbrsatz zeigte den schönen
Wuchs de Fräulein, so wie die um das
Gesicht herabfallenden Schmachtlocken
die Fülle ihre schönen Haares verrie
then —die beiden Reste einstiger Schön
heit, auf welche sie sich nicht wenig zu
gute that.
Isidor trat hinzu; lag eS auch nicht
in seinem Wesen, Jemand eine unschul
dige Freude zu verderben, so war doch in
diesem ganzen Gebühren Etwas, das ihn
unsäglich anwiderte und dem er rasch
ein Ende machen wollte. Sein Erschei
nen brachte große Verwirrung hervor,
aber die Dirnen schmunzelten und die
Knechte hatten Mühe, da Lachen zu ver
halten; sie gönnten es der wenig belieb
ten Haushälterin, daß ihre Vorbereitun
gen zu Wasser geworden.
„O, welche Mißgeschick!" rief sie und
rannte unschlüssig hin und wieder. —
„Hätte ich nur ahnen können, daß Hoch
würden Herr Caplan uns schon so bald
die Ehre geben würden! O, das ist um
den Kopf zu verlieren... aber daran ist
nur die Tölpelhaftigkeit dieser Mägde
schuld, die mit nichts fertig werden kön
nen! Rechnen Sie eS nur mir nicht zur
Last, Hochwürden Herr Caplan ... mein
einziger Trost ist nur, daß die Hauptsache
noch übrig ist ..."
Mit diesen Worten wandte sie sich zu
Franzi und nahm ihr da Kissen mit dem
Beute! ab. „Gieb her," sagte sie halb
leise, aber doch laut genug, daß Isidor
es hören mußte, „gieb her und pack'
Dich! Wie kannst Du Dich so vordrän
gen ! Du starrst von Schmutz . . ." —
Dann wandte sie sich mit süß lächelnder
Miene gegen den Ankömmling, machte
eine allen Regeln der Tanzkunst entspre
chende tiefe Verbeugung und begann
ihre Rede.
Die Gekränkte, geschehene Franzi
war, Thränen in den Augen, unter dem
Gesinde verschwunden.
„Hochwürdiger Herr Caplan," rief
Fräulein Amelie, „lasse Sie diesen
wenn auch mißlungenen, doch gutgc
meinten Empfang Ihnen ein Beweis
sein, wie sehr wir Alle die Wichtigkeit
des Augenblicks erkennen, da ein neuer
Streiter 'inzieht in diese Hau, ein
neuer Arbeiter in dem Weinberge des
Herrn! Mehrere fromme Seelen in der
Gemeinde haben all' ihre Hoffnungen
auf Sie gebaut und vertrauen, daß Sie
wirken wenden für die wahre Frömmig
keit, für die Lauterkett und Reinheit der
Herzen, die ja täglich und stündlich mehr
verschwindet in dieser argen Welt. ..
Nehmen Sie darum als ein Zeichen un
serer Hoffnungen diese von mir und
jenen frommen Seelen gesammelte
Scherflein und lassen Sie eS den Grund
stein werden, einen Tugendbund zu
gründen, der mitten in dem Verderben
der Welt noch ein Häuflein Getreuer
vereine und durch die Sündfluth trage,
wie die Arche Noah! Seien Sie wie
die Taube, die mit dem Oelzweig der
Verheißung ..."
„Mein Fräulein," erwiderte Isidor,
sie unterbrechend und etwas bei Seite
tretend, daß ihm an ihr vorüber der Weg
offen stand, „seien Sie überzeng, daß
ich das besondere Vertrauen, das mir
erwiesen werden will, vollkommen erken
ne und zu würdigen weiß, aber halten
Sie mich nicht für unhöflich, wenn ich
offen erkläre, daß ich solche prunkhafte
Kundgebungen nicht liebe I Ich habe
einen ernsten Weg vor mir, auf welchem
mir vor Allem stille Sammlung ziemt...
Zürnen Sie auch nicht, wenn ich ebenso
Ihr Geschenk zurückweisen muß und be
kenne, daß ich kein Freund von Bünden
und Conventikeln bin! Tugend ist die
Lebensaufgabe jedes Menschen, die ganze
Menschheit soll daher ein Tugendbund
sein, und wenn sie es nicht ist, bietet ihr
die Kirche, der Glaube die Mittel, es zu
werden ... Geben Sie Ihre Spende
würdigen Armen, dürftigen Kranken oder
wenden Sie e der Schult zu, und Sie
haben mehr gethan, als wenn Sie ein
Bündlet stiften, das nur zum frommen
Hochmuth der Einen, zu Spott und Haß
der Andern und endlich zu Hader und
Zwietracht führt. .."
Die Stubenthür ging auf, der Pfar
rer erschien und begrüßte den neuen
Hülfspriester, der ihm in das Zimmer
folgte.
Eine Secunde noch stand das Fräulein
unbeweglich, da Kissen auf den erstarr
ten Händen; nur der funkelnde Blick
verrieth, daß Leben in ihr war. Sie
klemmte heftig die Unterlippe zwischen
die Zähne, dann fuhr sie mit dem Sei
denbeutel in die Tasche, schleuderte, un
bekümmert um die feine Strickerei, das
Kissen in die Ecke und rauschte grimmig
die Treppe hinauf.
Bald darauf verließen die beiden
Geistlichen das Gebäude, der Pfarrer,
um einen Besuch bei dem benachbarten
Gutsherrn zu machen, Isidor, um zum
ersten Male in die Dorfschule zu gehen,
deren Besuch und Ueberwachung ihm
übergeben worden war.
Franzi hatte sich inzwischen an die
Rückseite des Hauses geflüchtet und saß
auf einer Bank unter dem Laubgange
des obern Stocks, eine mächtige Schüssel
mit Aepfcln neben sich, die sie schälte und
zerschnitt. Die Thränen waren aus ih
ren Augen verschwunden, aber eS schwebte
noch über denselben wie ein Negenge
wölk, das jeden Augenblick bereit ist, neue
Tropfen herabzuschicken. Es war ein
freundlicher Anblick, sie so geschäftig zu
sehen, während vom Laubgange herab
ein Taubenpaar zu ihr hernicdergurrte,
neugierig genäschige Hühner furchtlos
herantrippelten, um an den Obstschalen
zu picken, und von dem kleinen Psnhle
jenseits des Obstangers einige Enten
laut schnatternd und mit vorgestreckten
Hälsen eilig herbeiwackclte sie kann
ten alle die gewohnte, freundliche Pfle
gerin und wollen sie begrüßen. Diese
aber bemerkte sie kaum; so sehr war sie
in ihre Arbeit oder in ihre Gedanke
vertieft, daß sie zuletzt der erster vergaß
und den halbgcschältcn Apfel und das
Messer in den Händen sinken ließ.
Ueber den Weg her kam Kathrin, den
Melkkübel in der Hand, um ihn am
Brunnen blank zu scheuern.
Sie blieb einen Augenblick stehen. —
„Ich glaub' gar, Du hängst den Kopf,"
rief sie dann nähertretend; „etwa gar,
weil die Fräul'n Dich wieder einmal
ang'fahren hat? Ich mein', Du könn
test eS schon bald gewohnt sein und Dir
nichts mehr d'raus machen !"
„Ja, wenn ich daö könnt!" seufzte
Franzi, während Kathrin den Melkkübel
auf die Bank stellte, um ungestörter
plaudern zu können. „Ich bring'S nit
zuwegtn und es kommt mich so hart an,
weil sie sonst alleweil so gut gewesen ist
mit mir... und jetzt kann ich gar nichts
mehr recht machen . . ."
Kathrin trällerte halblaut den An
fang eines Schnaderhüpfels. „Das
könnt' ich Dir schon sagen, warum das
so ist," sagte sie dann, „das ist der Alte-
Jungfern-Humor!"
„Geh' doch, Tu ungute G'sellin,"
erwiderte Franzi. „Wenn das so wär',
warum bist Du alleweil gut aufgelegt?
Bist Du nit auch. . ."
„Ein' alte Jungfer? Ja, Gott Lob,
und in allen Ehren . . . aber bei Unser
einem ist das was Anders. Ich
arbeit' mich aus, rechtschaffen, alle Tag',
aber die so viel sitzen nnd nichts thun,
die kominen auf allerhand Gedanken und
können'S nit verwinden, wenn das Bissel
Schönheit einmal dahingeht!"
„Du hast eine recht böse Zung', Kath
rin, das ist bei der Fräul'n gewiß n>t
so . . ."
„Net?" fragte die Dirne und rückte
traulich näher. „Sag' einmal, wie lang
ist e denn her, daß sie nicht mehr so gut
mit Dir ist? Daß Du ihr nichts mehr
recht macheu kannst ? Ist eS nit seit dcr
Primiz, seit ich Dir das Kranzcl ausge
setzt hab?"
„Ja, ja," sagte Franzi nickend, „die
Zeit wird wohl zutreffen '. . ."
„Na, also—siehst', daß ich Recht hab'!
DaS war dcr erste Verdruß, daß Du
Kranzeljungfer worden bist und sie ni."
Franzi lachte hell auf wie ein Glöck
chen .... „Was Du bös bist!" rief sie.
„Dazu ist die Fräul'n ja doch ..."
„Zu alt, meinst Du 1 Auf das kommt's
nit an. Der zweit' Verdruß war, daß
der —MooSrainer Isidor, will ich sagen,
der junge Herr, den Ehrcntanz mit Dir
gemacht hat und nit mit ihr, sie hat ein
mal ein Augenmerk auf ihn . .."
Franzi erglühte, wie eine Antlas-Ro
se... „Das sind schon wieder gottes
lästerliche Reden," flüsterte sie, „ich mag
nichts mehr hören ..."
„Derenthalben wird's doch nit an
ders !" lachte Kathrin. „Warum hätt'
sie sonst überall herumgered't im Dorf,
daß sie es dahin bringen will, daß der
Herr hier bei unö bleibt ? Warum hätt'
sie ihm einen solchen Empfang gemacht,
der ihr fein sauber in'S Wasser gefallen
ist? Warum hat sie Dich ganz vorn
hingeschoben, als damit der Herr, der
Dich als Kranzeljungfer g'sehn hat, Dich
im Stallgewand sehen soll, dieweil sie
dabeigestanden und auf'putzt g'wesen ist,
wie der Pfingstl 1"
Die Hausglocke ertönte, und oben im
Gange wurden rasche Tritte hörbar.
„Sie kommt!" rief Kathrin. „Da
nehm' ich meinen Kübel und mach' mich
fort, sie braucht'S nit zu merken, daß wir
sie ein bisset auSgericht't haben ..."
Sie verschwand.
(Fortsetzungfolgt.)
* In Washington wird jetzt eine statistisch,
Tabelle der Ver. Staaten ausgearbeitet, welche
die Zunahme der Bevölkerung seit 1800 zeigt.
Im Jahre 1800 betrug die Bevölkerung der
Ver. Staaten 31,113,321 Seelen. Man schätzt
sie jetzt auf volle 35 Millonen.
* Herr Hiram V. Wilson, Richter de Bun
deS-DistriktS-GerichtS für den nordlichen Dist
! rikt von Ohio, ist am Sonntag, den 11. Nov.,
in Eleveland, an der Schwindsucht gestorben.
Verschiedenes.
Ein preußischer Landwehrinann.
„In und bei Leipzig wirdein Rcserve-
Armeecorps von 30,000 Mann aus
gestellt. Auch bei uns ist Einquartier
ung angesagt. Liede Frau, wie sollen
wir das erzwingen ! Da mag Gott
Helsen!"
So sprach ein armer Handwerker, der
mit seiner zahlreiche Familie ein Stüb
chen des vierten Stockes eines Hauses in
der Hainstraßc bewohnt, zu seiner Gat
tin. Die sorgliche Hausfrau räumte ihr
einziges Dachkämmcrchen aus und mach
te eS mit einem Bett, Tisch und Stuhl
zu einem leidlich wohnlichen 'Aufent
halt.
Die Einquartirung kommt: ein p eu
ßischcr Landwehrmann. Der Bürger
führte ihn in dasKäinmcrchen und bittet
ihn, fürlieb zu nehmen.
„Es ist freilich nur eine Dachkammer
und die Aussicht wieder auf's Dach, aber
wir Haben'S selbst nicht besser. Machen
Sie sich' bequem und kommen Sie nach
her gefälligst herüber zum Mittages
sen."
Zur großen Beruhigung des besorg
ten Bürgers, fand der bärtige Soldat
Alles ja ganz gut und hübsch, und mit
erleichtertem Gemüth kebrt der bedräng
te Mann zur ängstlich harrenden Gattin
zurück.
Der Mittag ist da und der Landwehr
inann begibt sich in das Wohnstübchcn
seine Wirthes. Da sitzt um den Tisch
ein Häuflein Kinder und auf dem Tisch
steht eine mächtige Kanne vollKaffec und
ein frisches großes Brod liegt daneben.
Für den Soldaten trägt aber die Frau
eine lange, gebratene Rauchwurst und
ein Tellerchen voll Salat auf und bittet
ihn, nun das' Brod anzuschneiden. Es
bringt ja Frieden u. Glück ins Haus,
wenn ein Gast das Brod anschnei
det.
Und der Landwehrinann that's. Er
schnitt Stück umStück von Laib ab, dann
je für ein Stück Brod ein Stückchen
Wurst und theilte so von Kind zu Kind
am Tisch herum mit, und auch den beiden
Eltern. Je freundlicher die Gesichter der
Kinder, um so bedenklicher wurde das
'Antlitz der Mutter; in bekannter Haus
frauenweise betrübt und verletzt äußer
te sie:
„Ich sehe wohl, daß es Ihnen nicht
gut genug ist, aber ich kann Ihnen mit
dem besten Willen nicht Besseres ge
ben."
„Werthe Frau, so ist'S nicht gemeint.
Mir schmeckt das Einfachste vortrcfflicb,
wenn ich fröhliche Gesichter um mich sehe.
Sic werden sich gleichdavon überzeugen."
Und nun aß er den ihm gebliebenen
Nest der Wurst und den Salat mit
großem Behagen und thcilnehmcndcrlln
terhaltung, während die übrige Tisch
gesellschast ihrem Kaffeetopf noch einmal
so munter zusprach, und empfahl sich
dann.
Wir werden nicht falsch berichten,
wenn wir behaupten, daß Mann und
Frau sich Glück zu einer so bescheidenen
und gemüthliche Einquartierung
wünschten. Aber es kam noch anders.
Gegen Abend keuchte ein Packträgcr mit
einem schweren Korb die Trepp hinauf,
pochte an des Handwerkers Thür an,
setzte, nachdem Frage und Antivort ihn
überzeugt, daß er an die richtige Adresse
genommen, seine Last nieder und begann
ans dem Tisch auszukramen : Schinken
u. Schweinskeulen, lange Würste, But
ter, Käse, Brod und was sonst so manches
Auge am Schaufenster des „Victualien-
Händlers" anzieht.
„Aber um's HimmelSwillcn, was sollen
wir denn mit den theuren Sachen?
Wirhaben siewirklich unddurchauS nicht
bestellt. Wo sollten wir jetzt so viel auf
treiben, um eine solche Ausgabe zu be
streiten ? Sic haben sich ganz gewiß ge
irrt.
„Nein, es ist Alles in der Ordnung,"
behauptete der Packträger. „Name,
Stand, Wohnung. Alles trifft, und der
preußische Soldat, der mir diese Waa
ren zur Besorgung übergeben hat, läßt
Ihnen sagen, er werde gleich selbst kom
men."
„Da hast Du nun die Bescheidenheit
und Gutmüthlichkeit! Der zeigt uns,
was er beansprucht ohne viel Umstände.
Das sind Vorräthe für eine Herrschastö
küche! Gott weiß, wie wir das er
schwingen sollen !" Während die Haus
frau noch in solchen Klagen sich ergeht,
tritt der Landwehrmann zur Thür hin
ein, und schon sein herzlicher Gruß ver
scheuchte die aufgethürmten Sorgenwol
ken.
„Ihr lieben Leute," sprach er, „nehmt'S
nicht übel, daß ich etwas Vorrath bcige
schafft habe. Ich sah heute Mittag,
daß Ihr selbst Mangel leidet und habt
mir doch das Beste gebracht, was Ihr
aufzubringen vermochtet. So laßteS
Euch denn gefallen, daß wir's einmal
umgekehrt machen. Hier ist Vorrath für
mich unv für Euch, und ich bitte Euch,
auch wenn ich einmal zu Tische komme,
doch herzhaft davon zu essen. So lange
ich bei Euch im Ouartier liege, sollt
Zbr nicht über Mangel zu klagen haben.
Und damit Sie, werthe Hausfrau, sich
keine Sorgen meinethalben dieser Aus
gabe wegen machen, so erlaub' ich Ih
nen, einen Blick in meine Kasse zu
thun."
Damit öffnete er sein Portmonnaie,
aus welchem der erstaunten Frau so viele
Goldstücke entgegenblipten, daß sie die
Hände zusammenschlug. Schließlich er
klärte dcr Landwehrinann, daß er in
Rittergutsbesitzer in P. sei. DaS ist ge
wiß in dieser Zeit, wo der Krieg uns so
viele Trauerbildcr bringt, eine schöne
Geschichte, aber das Schönste an ihr
bleibt, daß sie wahr ist.
Wie ei irisches Dienstmädchen un
tcr dir Haube kam.
Für folgendes amüsante Histörchen ist
die Chicago „Union" verantwortlich:
Bei den sogenannten „Gift Conzer
ten" kommen manchmal recht komische
Geschichten vor. So erfuhren wir, wie
ei alter Junggeselle in Toledo auf
sehr sonderbare Weise ein Dienstmäd
chen in einem Boardinghause zu seiner
Frau gemacht hat.
Eines schönen Morgens nämlich,
als er beim FrühstückStisch saß, kam
Budget O'Hara, ein rothaariges irisches
Dienstmädchen, zu ihm und bat ihn,
da sie nicht schreiben könne, ihr einen
Brief aufzusetzen an O'Bricn'S Gift-
ConzertUnternehmen; sie habe geträumt,
daß No. 0391 gewinnen würde. Der
alte Herr machte dem Mädchen allerhand
Vorstellungen und sagte ihr, daß es
Verschwendung und Unsinn sei, einen
Dollar für solche Geschichten auszuge
ben. —Bridget jedoch schien fest an ihren
Traum glauben zu wollen, und bat den
Herrn, ihr denßrief uozchov zu schreiben.
Sie legte einen Dollar in das Couvert
nnd steckte den Brief zu sich. Nachdem
die Ziehung hier vorüber war, erfuhr
unser alter Bachelor, daß die Nummer
03! 1 in der That das große LooS von
810,000 gewonnen hatte. Da erwachte
in dem alten Filz, der ohnehin schon
reich ist, dcr Wunsch, auch noch Besitzer
dcr 810,000 zu werden. Er fängt an.
sehr zärtlich gegen Bridget zu werden,
und stellt ihr rund heraus einen Hei
rathSantrag. Bridget, die ihre rothen
Haare gern unter die Haube gebracht
haben wollte, ging darauf ein, und zum
Erstaunen aller Boarders, wurde in
acht Tagen Hochzeit gefeiert. Als
Beide nun im Brautkämmerlein allein
waren, da wollte dcr Eheherr seinem
jungen Weibe eine besondere Ueber
rasthung bereiten. Er zog eine Chicago
„Times" aus dcr Tasche mitdenWorten:
Bridget, weißt du auch, daß du 810, V0y
gewonnen hast? und zeigte ihr die roth
angestrichene Nummer 0391, neben
welcher auch der Gewinnst verzeichnet
war. Bridget freute sich sehr darüber,
sagte aber: DaS wäre schon recht, wenn
ich nur den Dollar fortgeschickt hätte,
denn aus deine Vorstellungen hin zer
riß ich den Brief und behielt den Green
back. Das Erstaunen und der Schrecken
des alten Knaben, sowie die darauf
folgende Scene, können unsere Leser sich
besser denken, als wir sie zu schildern
vermögen. Der Mann hat bet der
Gelegenheit wenigstens eine Frau bekom
me, wenn auch keine 10,000 Dollars.
Auch eine Hochzeit!
In einer westlichen Stadt ging ein
Paar zur Trauung. Schon an der
Kirchthüre angelangt, blieb der Bräu
tigam plötzlich stehen und redete sein
zukünftige Ehehälfte ganz unerwartet
also an: Schönste Jennie, während
ineinerßewerbung um Dich, habe ich Dir
zivar schon viel über meine LebenSansich
ten gesagt, aber doch nicht alle. So
höre dann vollends - sobald wir ge
traut sind, muß ich auf drei Dingen be
stehen. — Und die wären? Erstens wer
de ich allein schlafen, ferner werde ich
allein essen, und drittens immer etwa
zu zanken finden, selbst wenn keine Ur
sache vorhanden ist. Kannst du den
drei Bedingungen dich unterwerfen?
Ei warum nicht lieber Eduard? erwie
derte die Braut: recht gern! denn
wenn du allein issest, so kann ich die be
sten Bissen voraus essen, und was da
Zanken ohne Ursache anbelangt, so sei
nur ganz ruhig, ich will schon dafür sor
gen, daß Du immer Ursache genug ha
ben sollst. So einverstanden, gingen bei
de zu Kirche und die Trauung ward voll
zogen.
Ein saubere Ehepaar.
Eine Frau von heftigem Temperament
(keine Seltenheit) verklagte ihren Mann
wegen schlechter Behandlung und der
selbe wurde in die Jail gebracht. Nach
einigen Tagen fühlte die junge Frau
Reue in ihrem Herzen und eilte zu dem
Richter um ihren Mann zu befreien und
sagte aus, daß sie selbst daran schuld
wäre, daß ihr Mann sie geprügelt hät
te. Auf die Frage: „wieso ?"erwider
te die junge Frau, sie habe ihrem Manne
zuerst eine brennende Lampe und dann
den Kaffekessel mit sammt dem Saß auf
den Kopf geworfen, worauf ihr Mann
>ie mit dem Nudelwaker rcht durchge-
Nra. ss.
prügelt hätte;—da zweite mal hätte sie
ihren Manu htnauSgesperrt und den
Inhalt eine gewissen Gefäßes über sei
nen K pf gegossen, worauf der Mann
die Thüre eingetreten und ihr wiede
eineTrachtPrügel aufgelegt habe. Trotz
dem liebe sie ihn denn sie sagte ganz
naiv ; ein schlechter Haushalt ist der, wo
nicht zuweilen das Weib Prügel be
kommt!
EinEhestandS-Roma.—Der in
Auglaize Eountp, im benachbartem Ohio er
scheinende „Demokrat" erzählt, baß ein Deut
scher, Namens Jacob Klepfel, vor etwa 20
Jahren einen Streit mit seiner Frau hatte.
Er ließ sie mit 2 Kindern in Deutschland, wan
derte nach Amerika au und kam nach Auglaize
Eountp. Später ging der Frau die.Nachrich
zu, ihr Mann sei gestorben und heirathele sie
sodann einen Mr. Hoffer, in dessen Begleitung
sie auch auswanderte. Die beiden Familien
haben auf diese Weise, ohne es zu wissen, t l
olle Jahre in 10 Meilen Entfernung von ei
nander gewohnt. Auf der letzten Auglaize
Eo. Fair war Klepfel nicht wenig überrascht,
seine Ehehälfte mit einem Manne und einem
halben Dutzend Kindern herumpromeniren zu
sehen. Er gab sich seiner Frau zu erkennen und
die Beiden unterhielten sich über alte vergan
gene Zeiten. Die Frau erzählte dem Manne,
daß seine beiden Kinder todt wären, und daß er
unter diesen Umständen gut thäte, sich eitere
2V Jahre von ihr entfernt zu halten, da sie ih
ren zweiten Ehemann vorziehe und Willens sei,
denselben nicht zu erlassen.
Eine wich t ige Neuigkeit für die
heira thSlustigeMännerweit.—Da
„Prärie Journal" enthält folgende Anzeige:
„Der Häuptling der Hayns Indianer bietet
1000 Pferde einem jungen respektabeln weißen
rige Tochter Heirathen will ; er muß sich im
Territorium der Indianer niederlassen und den
Ackerdan erstehen, den er die Indianer lehren
Zoll. Die Pferde sind 50-bis 80,000 Thaler
werth. Di junge Indianerin ist von mittler
em Wuchst mit regelmäßigen Zügen, schwarzen
Augen, prächtigen Haaren und starken Formen.
Sie hat viel Anstand und Gräzie." Un pri
vatim zugekommener Nachrichten zufolge spielt
die junge Häuptlingstochter, zwar nicht Elavier,
ha aber natürliche musikalische Anlagen, die nur
der Ausdildung bedürfen. Ihre Muttersprache
ist orläufig den Deutschen nicht verständlich.
Der Herr Papa meint aber, daß sein künftiaer
Schwiegersohn an ihr eine gelehrige Schülerin
finden erde. Die Office de „Prairie Jour
nal", Fond du Lac, Wisconsin, nimmt Ad
ressen von HeirathS-Eandidaten entgegen.
V om Tode währ end der Leichen
schau auferstanden. —Der Eiminnati
Volksfreund schreibt: Während der Eoroner
am Mittwoch Nachmittag in feiner Office im
Eourthause mit dem Verhör von Zeugen be
schäftigt war, brachte man einen scheinbar todten
Mann Namen Mike Gleason in die Office,
um ihn dem Eoroner zur Leichenschau zu über
geben. Gleason war an der südöstlichen Ecke
der Main und Eourt Straße plötzlich zu Boden
gestürzt und verschied, wie man glaubte, auf der
Stelle, da alle angewandeten Mittel, ihn zu er
muntern, erfolglos blieben. Während der
Todtgeglaubte am Boden in der Office lag ohne
ein Lebenszeichen von sich zu geden, und der
Eoroner den Körper untersuchte, schlug dem
Beamten ein ekliger Whiskpgeruch in die Nase,
worauf er einen Eimer Eiswasser holen und
diese über den todsscheinenden Körper ausschüt
ten ließ. Dieses kalte Sturzbad wirkte, so, daß
sich der Scheintodte aufraffte, einen Fluch aus
stieß und sich entfernte.
Ein herzzerreißende Ereigniß
trug sich am vorletzten Sonntag in Elap Eountp,
Ind., bei Ashdorough zu. Ein junger Mann,
arruther ml Namen, suchte mit seinem Pfer
de durch den hochangeschwollenen und reißenden
Birch Ereek zu reiten. Kaum hatte das Pferd
einige Schritte im Wasser gemacht, so ver
schwand es mit seinem Reiter darin. Nach ei
nigen Seeundeo tauchte das Pferd wieder au
der Tiefe empor und arbeitete sich glücklich an
Ufer. SarrutherS kam jedoch nicht wieder zum
Vorschein. Etwa 20 Schritte hinter dem jun
gen Manne ritt sein Vater mit mehreren an
dern. So wie er seinen Sohn im Wasser ver
schwinden sah, sprengte er ihm in der Angstund
Aufregung nach, und wurde gleichfalls in die
Tiefe gerissen, während sein Pferd merkwürdiger
Weise ebenfalls davon kam. Die Begleiter
der beiden im Wasser Verschwundenen suchten
die Leiche derselben wieder zu finden, a ih
nen jedoch erst am Montag Nachmittag gelang.
Da fand man Vater und Sohn dicht bei einan
der in ihrem nassen Grabe liegen.
Ein häßliches Bild in Brannt
weinfarben.—Der Buffalo „Demokrat"
schreibt: Bei einer polizeilichen Visitation de
Hau, Ecke von Spring und Swanstraße, wur
de ein Bild von schrecklichen Familien-Verhält
nissen aufgedeckt. Die Frau, die erst Morgens
mit einem Kinde niedergekommen war, wälzte
sich haldnackt auf einem scheußlichen Bette her
um, in einem Zustande, der dem Säuferwahn
sinn sehr nahe kam. Das Subjekt, da den He
bammendienst errichten sollte, war ebenfalls in
einem Zustande der äußersten SäüferShülflosig
teit. Da männliche Individuum lag in völli
ger Bewußtlosigkeit auf dem von ihm verunrei
nigten Boden. In einem Kasten unter schmutzt
gen Lumpen lag die Leiche des Neugeborenen.
Eoroner Richard hielt eine Todtenschau und
da verdiekt lautete- „daß daKind durch Ber
nachläsflgung ,a seinem Tode kam". Die sau
der Sippschaft wurde zum Rüchternwcrden in'S
Loch abgeführt. ,
Das Zündnadelgewehr auf der
Bühne, nicht etwa als Schießwaffe, sondern
als Motiv zu einem Theaterstück, dahin haben
haben e die granzosen gebracht. Ueberhaupt
scheint das Zündnadelgewehr die Franzosen sehr
bedeutend alterirt zu haben, denn die Erfolge
Preußen, welch die der rühmliche französi
schen Armee ganz in den Schatten zu stelle
drohen, find ihnen außen, Spaße, Jedenfalls
sind die granzosen die Ersten, welche DrepseS
geniale Erfindung für Theater ausbeuten.
Fast gleichzeitig in drei verschiedenen Theatern
von Paris hat man Theaterstücke unter dem
Ähnlich lautenden Titel „die Zünbnadeiflinte"
ausgeführt.