Pennsylvanische Staats zeitung. (Harrisburg, Pa.) 1843-1887, November 08, 1866, Image 1

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Jahrgann 1-,
T > c
PennsylvamscheÄnatö-ZritlUlii
Herausgegeben von
Job. Georg Stipper,
erscheint jeden Donnerstag, und kostet pcZ.Oi
per Jakr, zahlbar innerhalb desJahres, unr
SÄ.SU nach Verfluß des .Vorgänge.
Einzelne Eremplarcn, Gents per Stück.
Keine Subscriptioncn werten für weniger
als sechs Monaten angenommen auch kann
Niemand das Blatt abbestelle, diS alle Rück
stände dezahlt sind.
Anzeigen werden z den gewöhnlichen Prei-
Officcn - in der „Patriot und Union"
Druckerei, Dritten Strafte, Harrisbarg, und
in der „Jmelligcnccr" Druckerei, am Ecuirc
Square, Lancastcr.
Poche.
Deutschland aus dem Meere!
Träumt nicht von Deutschland auf dem Meere,
Von Kampf mit Sturm und Wogcnbraud,
Bevor Ihr Deutschlands Macht und Ehre
Befestigt nickt auf festem Hand ;
Gezaubert wird von keinem Gölte
Aus Wcllenschaum die Wcllrnbraut,
In Mühen wird die deutsche Flotte
Ausdeutschet Boden nur gebaut!
Ein immergrünes Sinnbild werde
Die Tanne uns, der Zukunft Mast,
Hochstrcbcnd hat tief in der Erde
Die jähe Wurzel sie gefasst.
Von unten nur ringt durch nach oben,
Was cw'ge Dauer in sich trägt;
Das Werk allein kann sich erprobe,
DaS tief im Volke Wurzel schlägt!
Sri, deutsches Volk, von Muth durchdrangen,
Der deutschen Schiffe Zimmermann,
Und wenn dem Beil das Werk gelungen,
Dan fast' auch selbst das Steuer an ;
Am Ruder darf kein Arm sich brüst',
Der bis zur Knechtschaft sich vergißt.
Der freiheiisfeindlichrn Gelüsten
Ein willenloses Werkzeug ist!
Der deutsche Freiheit heil'gcS Zeichen,
Hoch über niedrigem Verrath,
Bis an die Sterne wird es reiche
Und zeugen für die deutsche That;
In diesem Zeichen muß sie siegen, -
Des Himmels-Mäcktc sind ihm hold,
Voran der deutschen Flotte stiegen
Soll stets das deutsche Schwarzrothgold !
Auf denn, aus Noth und Schmach zu retten
DaS deutsche Volk und Vaterland !
Dann fallen auck des AnkcrS Ketten
Und jubelnd stoßen wir vom Strand.
Nach vorwärts kann der Kiel nur zeigen,
Wen deutscher Wind die Segel bläht.
Und Deutschland wird zu Schiffe steigen
In seiner vollen Majestät!
Albert Traeger.
Feuillt'l on.
Der Dorfcaplan.
Erzählung aus Oberbaicrn ach einer wahre
Begebenheit.
Von Herman Schmid.
Es ist lange her, wohl in die sechzig
Jahre.
Die erste Frische eines thauigen Au
gustnwrgens lag auf dem wecken Thale, in
dessen Mitte der Jnnstroi aus den Tiro
lerbergcn lustig blitzend heranbrauste;
drüben am andern Ufer stieg aus dem
huschigen Vorland das Wildkaiser-Ge-
birge mit seinen vielzerklüftcten, kahlen
und wcttcrgraucn Fclsschrofcn wie eine ,
trotzige Grenzmaner empor, während ,
herüben anmnthiges Bcrgland, abwech- .
selnd mit grüne Matten, gelben Saat- ,
selbem und dunklen Waldstreifen, sich ,
immer höher und höher hinanzvg, bis, ,
dem Nachbar gegenüber beinahe eben-
bürtig, der Wendelstein sein ruhiges
Haupt so fest und klar in die wolkenlose ,
sonnenschimmcrndc Morgenbläue hin- ,
auftrug, als wär' es das eines Wächters, c
der mit dem ersten Strahle auf seinem
Posten ist, das schöne Gelände zu über- >
schauen, das sich ihm vertrauend an die ,
Fclsenbrust gcschmcigt. ,
So früh cS war, regte sich doch schon s
allenthalben im Dorfe und in den Gc- j
sang der Schwarzainsel, die ans dem j
Laubdach eines Geheges von Apselbäu- >
men hervorpfiff, mischte sich der Klang ,
fröhlicher Menschen-Stimmen; lachende ,
oder singende Töne, die in den Kehlen ,
wach zu werde schienen, wie in den
Zweigen die Vögel. Tie Thüren der
Häuser öffneten sich schon z dort trat der j
Bauer heraus und blickte mit wohlge- ,
fälligem Lächeln und Nicken nach dem
Prachtwettcr, das sich zum Feste gemacht ,
hatte und wohl auch auf ein paar Tage
länger für den Kornschnitt auSzudauern
versprach; hier huschte eine Dirne im
lustigen Morgenanzug nach dem Stalle,
damit die Arbeit sicher gethan sei, wann
das Zeichen der Feier ertöne, und dane
ben stürnte jubelnd ein Paar kräftiger
Knaben zum rauschenden Nöhrenbrun.
nen, um Kopf und Brust in der bcrgfiri
schen Quelle zu baden.
In der Mitte des Dorfs, wo die Pfarr
kirche ihr verwittertes Gemäuer aus den
Gräbern und Kreuzen des kleinen Fried
hofs erhob, war es am lautesten und
der Gesang von zwei Mädchenstimmcn
schwebte heiter und spielend durch das
Gras und über die wenigen Blumen auf
den ländlichen Hügeln; die Töne waren
wie Schmetterlinge, welche ihren kurzen
Erdentag vcrgaukelten,unbekümmert um
Tod und Ewigkeit, unbekümmert um den
Boden, dem die Blume entsprossen, mit
der sie spielen.
Der Gesang kam von einem stattlichen,
steingemanerten Gebäude ber, das sich
mit städtischbreidten und vornehmen Fen
ster längs derKirchbofwand hinzog und
> an das sich in einiger Entfernung der
mächtige Getreidstadel mit seinem alters
braune Gebälke, in rechtem Winkel wie
' zum Schutze vorspringend, anschloß.
Das breite Stadclthor mit der Dresch
tenne stand weit offen und auf dem fest
geschlagenen Lebmboden war eine Schni
tzelbank zum Sitze der Sängerinnen be
reitgestellt.
Tic eine derselben saß auf der Bank;
das Haupt leicht vorgeneigt, die Hände
im Schooße gefaltet, sang sie mit lauter
frisch tönender Stimme vor sich bin und
ließ die andere gewähren, welche, mit
tieferer Stimme und leiser in den Gesang
einfallend, vollaufdamit beschäftigt war,
das reiche nußbraune Haar der Camera
din in gleiche Zöpfe abzutheilen, sie mit
schmalen rothen Bandstreisen zu durch
flcchtc und zuletzt obenauf ein stattli
ches Krönlein von Silberzindel mit
schwankenden bunden Glassteine zu be
festige.
Tic Sitzende war jung und hübsch;
ihr Anzug, wenn auch noch unvollendet,
bestand aus dem rothen Nock mit den
weißen bauschigen Aermcln und der
durchscheinenden Florschürze, wie damals
noch die Mädchen als Bräute und bei
andern feierlichen Gelegenheiten, als
Krättzeljungfcrn bei Hochzeiten oder als
Prangerinncn am Frohnlcichnamsfeste,
zu tragen pflegten. Es war eine schlan
ke, frische Mädchcngcstalt mit wohlge
formten, freundlichem Angesicht, an dem
außer einem Paar besonders rosiger Lip
pen auf den ersten Blick nicht viel des
Besondere zu gewahren war; aber die
Stimme klang weich und lieblich, und
wenn die braunen Augen sich von dem
Florband emporhoben, mit den die Hände
tändelten, so war es, als sei das gar
nicht mehr das vorige Antlitz, cS glänzte
so eigen darin und so wunderbar, wie
wenn einem Wanderer, der tagelang
durch Bergesödcn und finstere Tannen
waldnng dahingeschritten, da er um eine
Ecke biegt, plötzlich aus der Tiefe, von
Buchenlaub eingerahmt, ein dunkler ver,
schollcner Bcrgsee entgcgcnglänzt.
Das ihr dienende Mädchen war älter
und mochte wohl nie erlebt haben, daß
viele Bewerber um ihrer Schönheit wil
len sich den Rang abgelaufen; aber der
Ausdruck in ihren Zügen war gutmüthig
und sie schien es nickt schwer zu tragen,
daß des Lebens reichere Hälfte abgeblüht
hinter ihr lag.
Die Mädchen sangen!
Zwei scknceweise Täuberl
Koa Bucklelcr wer'!
Eben hatten die Mädchen den Jodler
begonnen, der nie fehlend sich den Ge
sängen des Landvolks aufschließt, als der
Wcchselgcsang ihrer wohllautenen Stim
men durch eine dritte unterbrochen ward,
welche auf diese Benennung keinerlei
Anspruch machen durfte, stieben der
Scheune hatte das letzte Fenster des stei
nernen Gebäudes sich geöffnet und ein
ältliches städtisch gekleidetes Frauenzim
mer lehnte sich heraus.
„Wollt Ihr wohl schweigen mit Eurem
einfältigen Gesang!" rief sie zankend.
„Schickt sich das in aller Frühe ? In der
Nähe des Friedhofs und der Kirche ?"
„Warum soll sich'S nit schicken, Fräu
lein Amelie?" erwiderte die Jüngere und
wandte den Kops mit schelmischem Lachen
nach der Zürnenden. „Die Todten im
Freithof schlafen gar gut, die macht'S nit
irr, wenn man ihnen eins vorsingt, das
ihnen vielleicht einmal selber Freud' ge
macht hat, und wann'S was Unrechts
wär', neben der Kirch' zu singen, thät'S
unser lieber Herrgott gewiß nit leiden,
daß sich die Grasmuck' dort gerad' mit
ten übcr's Portal setzt und drauf los
singt, als wenn die ganze Kirch' wegen
ihr da wär'. . . Ist ja noch kein Gottes
dienst in der Kirch'.. ."
„Du bist eine Naisonnirerin, Fränz,"
entgegnete das Fräulein, „ich kenne Dich
schon, und wenn Du nicht still bist, werde
ich's Seiner Hochwürdc, dem Herrn
Pfarrer, sagen! Hast Du nichts Ge
scheidcrcs zu thun? Giebt's keine Ar
beit mehr im Haus? Schickt sich das
für eine Baucrndirn', daß sie sich putzt!
wie ein Pfau und stundenlang frisiren !
läßt?"
Ueber die Züge des Mädchens flog ein !
leichtes Roth, halb der Erregung halb
der Beschämung. „Die Arbeit ist längst
geschehen," sagte sie dann, „ich bin schon
vor Tag hinaus in den Anger und hab'
Grünfutter hereingeholt für die Kühe;
was es sonst giebt, das will da die Kath
rin' für mich verrichten... und das bis
se! Putzen darf mir die Fräul'n nit übel
nehmen, sie weiß ja, daß ich eine von den
Kranzcljungsern sein muß, heut bei der
Priminz. .."
Das Fräulein warf das Fenster zu
und rief noch einige Worte... „Jawohl,"
klang es, „möcht' auch wissen, wie Du
, dazu kommst. .." mehr war nicht zu
! verstehen.
Das Mädchen crrötbete noch tiefer,
> senkte den Blick unbeweglich in den
Schooß und schwieg. Tie Genossin da
gegen fuhr desto emsiger in ihrem Ge
schäfte fort. „Laß' Dich nit anfechten,
Franzi," sagte sie dann, als ihr die Stille
unbehaglich ward, „die Fräul'n rcd't
gar viel, wenn der Tag lang ist; sie müßt'
keine Pfarrerköchin sein, wenn sie nit
zanken thät'! Derentwegen wirst Du
doch die Schönste sein von alle Jungfern.
DaS aber kann ich selber nit läugnen,
Franzi, daß ich auch für mein Leben gern
wissen möcht', wie Du zu der Ehr' kom
men bist. Der Moosrainer Isidor ...
will ich sagen, der hochwürdige Herr Pri
minziant ist der reichste Baucrnsohn im
Dorf und zu den Kranzcljungsern wer
den sonst immer nur die reichsten nd
fürnehnisten genommen."
„Ich weiß wohl, Kathrin," sagte Fran
zi, „ich bin nur eine arme Baucrndirn',
aber wie ich dazu 'kommen bin, das kann
ich Dir sagen ... Du weist es halt nit,
daß ich nit da im Dorf daheim bin ; ich
weiß selber nit recht, wo ich mein' Hei
math hab'... ich bin als ein klein's
Kind zu München drinn' vor einer Kir
chenthür hingelegt worden, die Stadt
hat mich haben müssen und hat mich
auf's Land 'geb'n in die Kost. Da hat
mich die MooSraincrin g'schn und weil
sie kein Kind gehabt hat und der Isidor
bald fortgesollt hat in die Studi, hats'
mich in's Haus genommen und aufgezo
gen wie ihr eigenes Kind."
„Was Du mir nit sagst!" riefKath
rin und hielt vor Verwundern.; im
Haarflechten innc. „Wie bist aber nach
her als Dirn' in den Psarrhof 'kommen ?
Da wär' ich doch lieber auf dem Moos
rainerhof, als bei den städtischen Zank
eisen . . . Verzeih' mir'S Gott, wenn's
eine Sündist, aber die Fräulen ist ein
mal zu bös!"
Ja, ja, sie ist wohl scharf und hitzig,"
erwiderte Franzi mit begütigendem Lä
cheln, „aber ein gutes Herz hat sie doch
und wie sie mit ihrem Herrn Vetter hier
her 'kommen ist auf die Pfarr und hat
mich g'sehen, da hat s' gleich ein beson
deres Wohlgefallen an mir gehabt und
hat nit geruht, bis die MooSraincrin Ja
gesagt und mich ihr überlassen hat. lind
so ist'S komme; ich bin mit dem Isidor
schier aufgewachsen wie ein Geschwister,
und wie er jetzt ein geistlicher Herr wor
den ist, hat's die Bäurin und der Bauer
nit anders gethan, als daß ich als Kran
zeljungfcr dabei sein 5011 t... und Isidor
hat' auch selber verlangt!"
„Um so größer ist die Ehr'," sagte
Kathrin und ahm das Brautkränze!,
um es in den nun völlig geflochtenen
Haaren zu befestige.
„Freilich wohl," erwiderte Franzi und
lächelte still beglückt vor sich hin, „was
mich aber am meisten dabei freut, ist, daß
der Isidor noch an mich gedenkt hat. Er
ist wohl alleweil gut mit mir gewesen
und freundlich, es ist lang her, viel-
Jahr, daß ich ihn nimmer g'sehen hab',
er ist ja alleweil fortgewesen, ich kann
mir schier gar nit einbilden, wie er jetzt
aussehen muß ... aber daß er das gute
Herz noch hat, wie damals, das weiß ich
wohl, sonst hätt' er mich nit zur Kran
zeljungfcr verlangt."
Kathrin nestelte an dem Krönlein her
um ; Franzi h'elt einen Augenblick inne,
dann aber lachte sie lustig und glocken
hell auf, wie Man Wohl zu thu pflegt
im Vergnüge über einen plötzlichen hei
tern Gedanken.
„Was lachst?"
„Mein', es sind nur Dummheiten,"
sagte Franzi, etwas zögernd. „Wie Ei
nem so was nur einfallen kann ! Hab'
ihn jetzt eben leibhaftig vor mir gesehen,
den rothbackigen Buben mit dem brau
nen Krauskopf, wie er mit seinem kleinen
Wägerl, das er sich selber gcschnützt hat,
auf dem Rasenplatz im Movsrainerhvf
herumfuhr und nicht nachgab, bis ich
mich hineingcsetzt hab' und hab' mich
von ihm herumkutschiren lassen. Dabei
hatt' er mit den Stielen aneinanderge
steckt und setzt' mir das Kränze! auf und
sagte, so wollt' er mich herumfahre,
wenn ich erst einmal seine Bäurin sei."
„Das ist freilich anders 'kommen,"
entgegenete Kathrin, „ein Kränze! hast
wohl auch gekriegt von ihm, aber das
rechte it! Wer weiß, vielleicht wär's
gescheidter gewesen, er wär ein Bauer
'worden und hätt' Dich gehcirat't frisch
vom Fleck weg."
„Aber, Kathrin," rief Franzi und
wandte sich miteiner Gcberde des Schreck
ens und einem Blick des Vorwurfs nach
ihr um. „Wie kannst so was nur den
ken, geschweig' sagen ... das ist ja fre
velhaft !"
„Was soll dabei Frevelhaftes sein?"
entgegnete die Andere trocken. „Seinem
Vater, dem alten MooSraincr, wär'S ge
wiß nit zuwider g'wcsen, wcnn'S so 'gan
gen wär'... ich hab' davon läuten hö
ren, daß eö ihm schwer genug fällt, daß
! sein einziger Sohn ein Geistlicher wor-
den ist und daß der schone schwere Hof,
wenn er einmal die Augen zumacht, ver
! kauft wird und in fremde Händ' kommen
Lancaster, Pa., Donnerstag, November 8, 18.
soll. Meinetwegen aber, mir kann's
recht sein, ich werd' doch nit Moosrai
nerbäurin und die Kranzeljungfer ist
fertig und den möcht' ich sehe, wer wa
an ihr auszusetzen hätt'!"
Die Geschmückte erhob sich und blickte
befridigt in die Spicgclscherbe, welche
die bäurische Zofe ihr reichte und sie da
bei an de Schultern herumdrehte, um
sie von allen Seiten zu beschauen. „Es
thut's wohl," sagte sie lächelnd, "und
ist auch Zeit, daß ich mich auf den Weg
mach'! Behüt' Dich Gott, Kathrin,"
fuhr sie fort, indem sie der Genossin beide
Hände hinstreckte, „ich dank' Dir schön
für Deine Müh' und laß Dich's halt nit
gar zu stark verdrießen, daß Du daheim
bleiben must... ich bring' Dir schon was
Rechtes mit vom Bescheidcssen..."
„Ja, ja," sagte die Magd lachend, „es
ist nit das erstemal und wird nit das
letztem! sein, daß ich daheim hock .. .
sorg' nur, daß Du selber recht ve-gnügt
bist und mir nachher viel erzählen kannst.
Sie wandte sich dem Hause zu, an der
Schwelle aber blieb sie stehen und blickte
der Forteilenden nach, bis sie hinter der
Mauerecke verschwunden war. „Ein gu
tes Lent, die Franzi!" sagte sie vor sich
hin. „Was wohl aus ihr werden wird?
So viel ist auf jeden Fall gewiß, eine
schönere und richtigere Bäurin Hätt'S it
geben könne für den Moosrainerhof."
Das Mädchen schritt indessen fort,
durch das schmale Kirchhofgäßchen aus
den Dorfplatz und wollte sich der Schmie
de zuwenden, die gegenüberlag, als sie
mit einmal mit leichtem Aufschrei zurück
trat, denn das Hasel- und Hollunderge
büsch am Wege rauschte auseinander
und ein starker, stämmiger Bursche ver
stellte ihr den Weg. Der damals noch
übliche braune Leibrock mit dem rothen
Leibcl und schwarzen Ledergürtel ließ
ihm nicht minder gut, als die weiten Le
derhoscn, die blauen Strümpfe und der
niedrige, breitkrämpige und breit bebän
derte Hut. Aus der ganzen Erscheinung
sprach wvhlgeübte Kraft, nicht ohne ei
nen Zug wilden und trotzigen Bewußt
seins derselben.
„Was erschrickst' an mir?" sagte er in
barschem und doch im Anschaun unwill
kürlicyctwaö gemildertem Tone. „Fürch
test, daß ich Dir an Deiner Schönheit
was ruinire, zu der so lang' 'braucht
hast... Ich steh' schon eine Glockcnstund
da und wart'. . ."
„Wer hat Dtr's geschafft?" erwiderte
das Mädchen spitz. „Was geht Dich
meine Schönheit an? Ich frag' Dich
auch nit, wie lang' Du 'braucht hast, bis
Du Dir den Ruß von Deiner Schmie
den aus den Augen gewaschen hast!"
„Scheust Dich wohl vor'm Ruß?"
sagte er lachend. „Hast es nicht nöthig;
der .Ruß ist esund und macht eine feine,
g'schmcidige Haut... wirst eö schon er
fahren, wenn Du einmal in der Schmie
den stehst..."
„Weißt' da ck gewiß?" fragte sie
etwas unsicher entgegen.
„Ich will'S wissen!" brauste er auf,
„und in diesem Augenblick will ich's wis
se und drum hab' ich Dir den Weg ab
gepaßt, damit Du mir Red' und Ant
wort stehst... Willst' niein Weib werden,
Franzi? Sag' Ja und in vier Wo
chen gehst Du wieder mit dem Kranzel."
Das Mädcher crröthete. „Ich muß
wohl jetzt glaube, daß es Dir ernst ist,
Vigili... Dein Antrag ist für mich eine
große Ehr' und Du bist auch ein ordent
licher Mensch, ein herzensguter Mensch,
aber auch wild und jähzornig, daß Du
Dich selber nimmer kennst ..
„Das ist nit wahr! Das hat Dir
Jemand eingeblasen, der mir feind ist!
Nenn' mir den schlechten Kerl, ich brech'
ihm das Genick.. ."
„Was braucht's das?" sagte sie und
maß ihn ruhig mit den klugen und doch
so feurigen Augen. „Bist nicht schon
wieder in der Höh' wegen ein paar Wor
ten? Kannst Du's leugnen, daß Du
dem Gesellen den Hammer an den Kopf
geworfen hast, daß er viele Tag' hat lie
gen müssen? Die Leut' sagen gar,"
fuhr sie näher tretend und leiser fort,
„Du hättest im Zorn Deine Hand auf
gehoben gegen Deine eigene Mutter,
Vigili,'gegen Deine eigene Mutter.. .
Was hätt' da Dein Weib zu erwarten,
ein Weib, das Dir nichts in'S HauS ge
bracht hätt' obendrein . .. ?"
„Es ist Alles wahr," sagte der Schmied
finster, „und doch ist e nicht wahr ...
wenn Du nur wolltest, Du würdest sehen,
daß ich die gute Stund' selber bin . . .
Verflucht!" fuhr er, sich unterbrechend,
auf, „da kommen die Andern... ich
komm' wieder nicht zu End' mit Dir...
versprech mir wenigstens, daß Du mich
heut noch anhören, daß Du den Ersten
mit Niemand Anderm tanzen willst, als
mit mir ..."
„Ich muß wohl," erwiderte sie mit et
was gezwungenem Lächeln, „sonst gehst'
mir doch nit aus dem Weg."
Grüßend kam ihnen die Schmiedin im
höchsten Feicrtagsstaat sammt den drei
andern Kranzlerinnen entgegen.
Inzwischen war es auch auf dem
MooSraincr Hofe, dem Mittelpunkte der
heutigen Festlichkeit, schon laut und le-
bendig geworden. Die Thür des Hau
ses, die Fensterrahmen und die Geländer
der in jedem Stockwerk das Haus um
ziehenden Galerien waren mit Gewinden
aus Eichen- oder Buchenlaub bekränzt
und einige Schritte weiter, am Eingänge
des Gehöftes, waren noch einige Knechte
eifrigst beschäftigt, die dort errichtete Tri
umpbpforte aus grünen Tanncnreisig
mit Streifen von Gvldpapier zu umflech
ten und mit den schönsten Blumen zu
bestecken, die nebenan in dem kleinen
HauSgärtchcn an verspäteten Nelken oder
verfrühten Astern zu haben waren. In
dem spitzen Giebel der Pforte prangten
aus ähnlichem Geflecht die Ziffern der
Jahreszahl, die Anfangsbuchstaben des
Namens und in der Mitte dazwischen
ein goldener Kc!ch, zum Wahrzeichen,
daß dem Hause Heil widerfahren sei und
ein Sprößling derselben als neugeweih
ter Priester heute sein erstes Meßopfer
darbringen werde.
Im Hofe fanden sich allmählich immer
mehr Festgcnossen und Neugierige ein;
drinnen aber im Hanse, in der großen
Wohnstube, warteten die Eltern des Pri ,
mizianten auf den Beginn der für sie
doppelt wichtigen Feierlichkeit und Nie
mand wagte, sie in der stillen Sammlung
dieser vorbereitenden Augenblicke zu stö
ren.
Der Vater, eine hagere Gestalt mit
scharf geschnittenem, ernstem Gesicht
wandelte in abgemessenen Schritten die
sonntagsstille, souncnbcschiencne Stube
hin und wieder. Nur manchmal, wie
in tiefen Gedanken, fuhr er sich mit der
hohlen Hand über die klugen grauen
Augen und die mächtige Vogelnasc oder
über den kahl gewordenen Scheitel, als
wollte er dessen einstigen Lockcnreichthum
glätten, von dem fast nichts übrig geblie
ben war, als vorn gegen die Stirn ein
schneeweißer Schopf, dessen Kräuslung
erkennen ließ, daß unter ihnen die Ge
danken nicht minder kraus und eigen
durcheinander gingen.
Die Mutter, eine behäbige, wohlbe
liebteFrau mtt weichen, aber verschworn
inencn und gealterten Zügen, mit wei
ßem Haar, das unter der festtäglichen,
schwarzen Schaube hervorleuchtete, saß
am breiten Ecktisch, den Rosenkranz in
den Händen und das Gebetbuch mit de
mächtigen großen Buchstaben vor sich
aufgeschlagen ; auch sie schien aber, wenn
sie betete, in ein mehr innerliches Gebet
versunken, denn die Blätter des Buches
regten sich nicht und eie Korallen des
Rosenkranzes lagen regungslos in ihrem
Schooß.
Nichts war in der Stube zu höre,
als der Schlag der großen Schwarzwäl
der Uhr, oder das Summen einer Fliege
an den sonnenhellen Fensterscheiben, oder
das Athmen des großen Haushundes,
der, für heute seines Wächteramtcs ent
hoben, sich'ö unter der Ofenbank bequem
gemacht hat.
Die Uhr hob jetzt rasselnd zum Stun
dcnschlage auö; da klappte die Bäuerin
das Gebetduch zu und erhob sich. „Es
ist bald Zeit, Alter," sagte sie, „schau'
nur, was für eine Menge Leute schon da
draußen versammelt ist ... was meinst
Dn, sollen wir's dem Herrn nicht sagen,
daß er sich bereit machen soll?"
„Hast schon wieder Angst, daß er sich
verspätet?" rief mit gutmüthigem Spotte
der Bauer. „Wirst halt Deiner Lebtag
nimmer anders! Am Hochzeittag vor
vierzig Jahren hast Du so getrieben und
pressirt, daß wir zu früh in die Kirch'
'kommen sind und haben warten müssen,
bis der Mcßner mit dem Schlüsselbund
gercnnt 'kommen ... Doch ich will Dir
nachgeben, wir wollen alle Zwei mitein
ander hinaufgehen und sagen, daß es
an der Zeit ist aber ich mein', ich hör'
was draußen vor der Thür.. . Schau,
schau, daSmal bist' doch zu spät 'kom
men .. ."
„Blos durch Deine Schuld!" rief
schmollend die Alte, während schon die
Stubenthür sich öffnete und der Erwar
tete eintrat. Es bedurfte nicht viel, um
in ihm den Sohn des Hauses zu erken
nen ; als solchen verrieth ihn trotz des
langen, schwarzen Rockes, den er trug,
der kräftige, dem Vater ähnliche Gesichts
schnitt und das krause, dunkle Haar, um
den Mund aber schwebte etwas von dem
weichen Wesen der Mutter und die blauen
Augen waren vollends von ihr. Der
junge Priester war eine freundliche Er
scheinung; auf seiner breiten Stirn
schien ernstens Denken zu Hause, aus
dem Blick leuchtete Milde, um die Lippen
spielte die Gabe wohlwollender Ueberre
dung.
„Guten Morgön, Hochwürden Herr
Sohn," r>ef mit tiefem Knir die Mut
ter, indem sie nach seiner Rechten hasch
te, einen ehrerbietigen Kuß darauf zu
drücken; der Sohn hatte Mühe, ihr zu
wehren.
„Ich sag' nit so," sagte der Moorai
ner, „aber ihr Weiberleut' müßt halt
Alles übertreiben. Für mich bist Du
mein Sohn, wie vor und eh', und wann
Du Bischof wärst ... ich wär' doch Dein
Vater, und wen mir was nit recht wär'
an Dir, ich nehmet' mir kein Blatt für'S
Maul und thät Dir's sagen, frisch von
der Leber weg ! . . Also, guten Mvrgen,
Isidor —guten Morgen zn Deinem Eh
rentag!"
„Recht so Vater," erwiderte der Sohn,
indem er die Hand des Vatcrö ergriff
lind schüttelte, „und so soll es immer
zwischen uns bleiben—mögt Ihr immer
mein Vater bleiben, wie es für mich kei
nen schöneren Augenblick giebt, Euch zu
danken, daß Ihr es mir bis zu dieser
Stunde gewesen... nnr durch Eure Gü
te und Liebe habe ich das Ziel erreicht,
nach dem ick so sehnlich strebte. . ."
„Red' nit davon, Isidor, rief Moos
rainer, „ich hab' nit mehr gethan, als
meine Schuldigkeit. .."
„Auch die Liebe ist Schuldigkeit," sagte
der Sobn mit innigem Händedruck und
aufleuchtenden Auge, „und doch wird
sie zum größte Verdienst dem der sie übt!
Glaubt nicht, Vater, daß ich nicht wüßte,
was es Euch gekostet hat, mir die Lauf
bahn nicht zn wehren, für die ich mich
berufen glaube... Ihr habt mir zu Lieb,
einen Lieblingswunsch aufgegeben . . ."
„Nun ja ... freuen kann's Einen
nickt, wenn man ein' solchen Hof hat und
ein einzig Kind und muß ihn in fremde
Hände kommen lassen. . . aber in die
Ewigkeit kaun ich den Hof ja doch nit
mitnehmen, und Du hast es ernstlich so
gewollt und de Menschen Willen ist sein
Himmelreich! Also hab' ich wohl der
Geschecktere sein und hab' denken müs
se, der nachgiebt, ist auch ein Mann!"
„Und glaubet mir, Vater es ist bes
ser so. Der Drang nach Erkenntniß war
einmal in mir.. . ich hätte zum Bauer
nicht getaucht und wär' ein unglücklicher
Mensch geworden . .."
„Gott soll mich bewahren ..." rief
ernst der Bauer, „jetzt ist es nur an Dir,
ich hab'nichts zu verantworten und will
heut in Deiner ersten Meß recht von Her
zens Grund beten, daß Du's auch recht
schaffen durchführst, wie Du ang'sangen
hast ... daß Du nit etwa in der Gru
ben an mich denkst und sagst: hätt' ich
mein' altem Vater gefolgt!"
„Ohne Sorge, Bater," rief der Sohn
feurig, „meine ganze Seele gehört mei
nem Berufe nie kann ei Augenblick
der Reue mich anwandeln ..."
„Wär' auch wohl zu spät dazu," mur
melte der Alte vor sich hin und strich stck
den krausen, widerspänstigenHaarschopf;
der Sohn überhörte es, denn die Mutter,
die während des Gesprächs der Männer
hinauSgceilt war, kam hastig wieder und
meldete, wie schon der ganze Hof voll
Menschen und wie eben auch noch die
Kainzcnkoferin angefahren gekommen sei
mit ihrem Mann und mit all' ihren
Kinbern.
„Da kannst Dn gleich zeigen, daß cS
Dich nit reut," sagte der Alte lachend,
indeß der Sohn sich anschickte, vor's
Haus zn trete. „Die Kainzcnhvfcrin,
das ist die Lies, die BaS', die ich Dir
ausgesucht gehabt hätt', wenn Du Moos
rainer Bauer 'worden wärst.. . weil
bei Dir nichts herausgeschaut hat, hat
sie sich um ein' Andern umg'schaut und
hat den HanS geheirath' droben von der
Krenzalm wirst Dich wohl noch besin
nen auf ihn, seid ja miteinander in die
Schul' gegangen . . ."
„Ja, so ist's," snbr die Mutter redse
lig fort, „und sie hat's auch ganz gut
getroffen mit dem Hanö und ist eine
Staatsbäurin ..."
„Braucht keine Sorge zu haben um
meinetwillen," sagte der Priester mit
mildem Lächeln, „ich gönne die Liese
dem Hans, aber es freut mich im tiefsten
Gemüthe, daß Ihr so munter seid, Va
ter... Gott erhalt' Euch den frohen
Sinn!"
„Amen Isidor... das ist ein gutes
Wort!"
(Fortsetzung folgt.)
MitischeK.
Andrew Johnson nd der nattirali
sirte Burger.
Um gar nicht unversucht zu lassen, was da
zu beitragen könnte, den gegenwärtigen Prä
denten bei allen Klassen unpopulär zu machen,
fehlt es in der radikalen Presse nicht einmal an
Versuchen als einen Feind der adoptirten Bür
ger, als Verächter der Deutschen, alsNativisten
ihn darzustellen. Wie engherziger NaliviSmuS
in dem Herzen des Vater der Landreform, den
die südliche und nördliche Landaristokratie vor
fünfzehn lahren zurück schon als Agrarier de
nuncirt, Platz haben soll, wird zwar nickt von
Präsident Johnson'S Gegnern erklärt, aber
sind, kommt es ihnen auch auf eine Hand voll
Ungereimtes und Widersinniges nicht an.
Wie sehr namentlich Adoptivbllrger
an diesem Manne sich versündigen, wenn sie
ohne Bedenken in das Geschrei radikaler De
magogen einstimmen und das „Nieder mit dem
Verräth Johnson!" im Chorus wiederholen,
wird neben Anderm auch der folgende Auszug
au einer Rede darthun, welche der damalige
Gouverneur Andrew Johnson von Tennessee
am l. Mai (855 zu MurfreeSboro gehalten.
ES war um die Zeit wo der Knownoth
ing i S m uö wuthschnaubend das Land durch
tobte und die Stevens, Banks, Kellep, Wilson,
Brownlow, Schcnck, A. Winter Davis und die
meisten andern Führer der heutigen Radikalen
als dessen Spitzen figurirten, daß der liberal
gesinnte Andre Johnson in Vertheidigung der
Ansprüche und Rechte der naturalisirtcn Bür
ger die folgenden Worte sprach:
„Ich kann nicht schließen, ohne noch eine an-
dern Gegenstandes zu gedenken, de sogenann
ten Kaownothingismu. Dies geheime poli
tische Organisation, wenngleich dem Volk,
und nicht weniger als der alte Föderalismus
der nur, wie es seit der Annahme der Cvnsti
lution verschiedene Male schon geschehen, ein
neue Namen angenommen hat. Es bedari
bloß der Darlegung einiger auf die EntWicke
lung der Geschichte des Landes bezüglichen
Thatsachen, um die Tendenzen dieser Organi
sation genau zu verstehen."
Mr. Johnson geht dann zur Zeit Washing
ton's und der älteren Adams zurück, und führ
die damals eingeführten NaluralisationSgesetze
an. Das erste in 1790passirteundvonGeorge
Washington unterzeichnete Naturalisationsgesetz
forderte von den Eingewanderten nur eine
zweijährige Probezeit. Das zweite, gleichfalls
von Washington unterzeichnete Gesetz erschien
1795 und stellte die heute noch gesetzlichen fünf
Jahr fest. Die Partei der Liberalen oder der
Demokraten hatte diese NaluralisationSgesetze
hervorgerufen, was natürlich auch zur Folge
hatte, daß die Fremdgrdorenen sich ihr vor
zugsweise anschlössen. Als darum die Födera
listen unter ihrem Führer John Adam an'S
Ruder kamen, passirten sie am 25. Juni t 798
einen Akt, der die Probezeit der Fremdgebore
nen ans It Jahre ausdehnte und durch welchen
dem Präsidenten die Gewalt ertheilt wurde,
alle ihm verdächtig scheinenden Fremden außer
halb der Grenzen irgend eine Staates bringen
zu lassen.
Da war ein Eingreifen die von den StaatSre
gicrungcn ihren Bürgern garantirten Rechte
der die Passirung der' bekannten Virginia-Be
schlüsse von 1798 und 99 zur Folge hatte. In
der nächsten Präsidentenwahl verwarf daS Volk
die Politik und die Maßregeln von John Adams
und seiner Partei, und da Haupt der republi
kanischen Partei (der Demokratie) Thomas
Jcffcrson, bestleg am t. März >8!>l den Präsi
dcnlcnstuhl. Dieselbe Partei widerrief am 2.
Adams'schen Periode und stellte das unter der
Präsidentschaft Washington'S passirte Natura
lisationSgcsctz (das deutige) wieder her.
Die den Einwanderern feindselige Politik
der Föderalisten wurde von der verrätherischen
Hartford Convention abermals in'S Leben geru
fen und bekräftigt. Der 6. der dort gefaßten
Beschlüsse lautete dahin: „daß hinfüro kein na
turalisirier Bürger für Senator oder Reprä
sentant der Ver. Staaten wählbar oder fähig
ist lediglich eine Rückkehr zu jenen alten födera
listischen Erlassen der Disqualifikation adoptir
ter Bürger für Aemter und der Ausdehnung
der Probezeit für die Erlangung de Bürger
rechts von 11 bis 2l Jahren.
Mr. Johnson ist nicht zu Gunsten einer sol
chen Doktrin. Nicht die Länge der Zeit, son
dern der Charakter eine Manne und seine
Thatsachen und eine solche discretionäre Ge
walt ohne Nachtheil für da Ganze anvertraut
werden können.
Je eher ein Eingewanderer unter diesen Vor
aussetzungen zum Bürger gemacht werden lann,
um so besser für ihn und für daS Land z denn
je früher derselbe mit den Interessen und der
Entwickelung der Republik indenzificirt wird, um
so nützlicher kann er sich machen. Ihm erscheine
darum diese durch den geheimen Knownothing.
Orden wieder aufgewärmte Idee einer 2ljähri
gen Probezeit eine der größten Abgeschmackthei
ten, aus die man verfallen könne. Er frage:
ob es gesunde Politik sei, einen in diese Land
kommenden Fremden, der dessen Institutionen
freundlich ist, zu einem fremden Feinde durch
Vorenhaltung de Bürgerrecht und Stimm
rechts zu machen?
Wenn die Einwanderung in dem Grade
fortdaure für zwanzig Jahre, wie sie dem
EensuS gemäß in den fünf Jahren von (Stil
bis >B5O gewesen, so werden wir dann gegen
fünf Millionen Fremde hier haben, die kein
Bürgerrecht besitzen. Er betrachte ein solches
Verfahren als das schlimmste, das die Regier
ung gegen ihre eigenen Interessen einhalten
könnte.
Gesunde Politik sei, die Einwanderer mög
lichst schnell zu amcrikanisiren und als solche zu
absorbiren. Wenn darum da unter Wash
ingon'S Administration passirte Gesetz niodisi
cirt werden soll, so geschehe es in der Weise,
daß fünf Jahre als das Marimum der Pro
bezeit angeschen werden, aber nicht umgekehrt.
Wenn ein Mann nach Ablauf von fünf Jahren
nicht einen guten moralischen Charakter und
Anhänglichkeit an unsere Institutionen darthun
kann, ist es überhaupt fraglich, ob sein längerer
Aufenthalt im Lande diesem von Nutzen sein
wird. Wenn er ein schlechter Mann ist, gibz
man ihm mit der 2ljährigen Probezeit nur
längere Gelegenheit zum Uebelthu. Wer er
kennt nicht, daß eine solche Politik von den
schlimmsten Folgen für das Land bekleidet sein
muß und daß die Regierung sie niemals guthei
ße sollte?"
Mr. Johnson sprach sich sodann dahin au
daß er stets eine liberale Politik gegen den Ein
greßcantidat über denselben Gegenstand gehal
tene Rede. Er sagte dann weiter : daß es nicht
in seiner Natur liege dem, der zu Hause auf ihm
lastenden Bedrückung entfliehenden Bewohner
der Smaragdinsel den Eintritt in diese freie.
der sei und als solcher zur Seite stehen müsse
Er sähe, wenn er so verfahren wollte, den edr
lichen Deutschen mit erstaunten fragenden Bli
cken nach seiner Taschen greifen und WeemS Ge
schichte der Revolution hervorholen und ihm dic
l Stellen lesen, welche von den Heldenthaten und >
Nro. 20.
Verdiensten ine De Kalb und Sieuben han
?eln, und denen jener andern heroischen grein
ten, welche dieses Land haben frei und groß
nachrn helfen. Mr. Johnson frag sodann r
„Ist in dieser Versammlung ein einziger
Rann, der einen pairioiischen Funken in sei
nem Innern verspürt, fähig dem an unsere Kü
sten tretenden Einwanderer in dieser Weise zu
begegnen und ihn zu heißen in sein Geburtsland
zurückzukehren, weil er hier ein Fremder sei ?"
Will mein Gegner in seinem wüthenden
Knownothingeifer es auf sich nehmen, dem so
Landenden mit dem Schwerte in der einen und
den Fesseln in der andern Hand zu begegnen,
und ihn entweder znm Sklaven zu machen oder
in die Wogen der See zurückzutreiben?" Ihm,
fuhr Mr. Johnson fort, gelte es gleich, ob ein
Man auf dieser oder der andern Seile des
Oceans geboren sei, der aus welchem Lande er
komme z so er nur ein braver, rechtschaffener
Mann und ein Freund republikanischer Jnstnu
lionen sei, werd er ihn willkommen heißen und
zum vollen Genuß der Freiheit und ihrer Seg
nungen einladen. Er halte es mi, den Wor
ten von George Washington : „daß Amerika
seine Arme nicht nur zum freundliche Empfang
des wohlhabenden und hochstehenden Fremden
öffne, sondern für die Unterdrückten und Ver
folgten aller Nationen und aller Wlaubensde
kenntnisse, auf daß sie theilhaben an allen unsern
Rechten und Privilegien."
Wir empfehlen allen Denen, weiche sich in
einen so wühtenden Eifer gegen Andrew John
son hineinreden und ihm sogar zu einem grein
denhasser stempeln möchten, die Beherzigung der
vorgehenden Worte,welche zu einerZeit gespro
chen wurden, wo kein einziger der heutigen Füh
rer der radikalen Partei, wenn er nicht selbst
Knownothing war, den Muth hatte, das Gleiche
zu hu.
Näheres über die Todtenfeier zum
Andenken gefallener Rebellen.
Wie bereits gemeldet, fand die Einweihung
deS „Stonewall Jackson Eemetarp" am Lüsten
Oktober in Manchester, Virginien, statt. Di
Ueberreste des Generals T. Ashbp, der Colo
nels Marshall und Thompson und des Eapt.
Dick Ashbp, die sämmtlich zur Rebellen-Armee
gehört haben und in Schlachten blieben, wur
den dort bestattet und zwar unter Fürsorge dir
Maurerlogen des ShenandoahthalS. Die Ge
brüder Ashbp ruhen in einem Sarge; die ein
zige anwesende Verwandte von ihnen war eine
alte Tante, da ihre Schwester krank ist. Gov.
Henrp A. Wise hielt nach den gotteSdienstlichen
Ceremonien die Einweihungsrede. Der Red
ner pries in der Einleitung die Todten, die un
sterblich wären und sicher vor jedem Unheil, dem
die Lebenden noch auSgeseht wären. Er sprach
dann wörtlich!
„Ihre Todtfeinde sollen ihnen Monumente
bauen. Ihre Freunde sind zu ausgeplündert,
als daß sie mehr thun könnten als die Plätze
bezeichnen, auf welchen sie rings umher liegen.
Ihre Feinde sammelten die gebleichten Gebeine
Derer welche sie schlugen, um Todtenhiigel für
merkwürdige Thaten zu errichten, und jeder
Stein soll die Geschichte ihres Wehs dem Wan
derer erzählen. Jetzt bedürfen wir ihres Bei
spiels mehr als während des Kriegs und brau
chen sie mehr als Gidean, um uns durch die
heißen Flammen des Kriegs zu führen. Wir
brauchen mehr al einen Moses, um uns in
den Verließen der Niederlage aufrecht zu erhal
ten und uns zu führen, daß wir uns der gro
ßeii Prüfungen würdig erweisen, welche unserer
Ehre anvertraut sind. Ich rufe also die gewal
tigen Todten an und siehe: sofort belebt sich
jedes Atom ln dem geheiligten Thal von Vir
ginien. Ein Grab in Lexington gibt uns den
lebenathmenden Geist eines großen Vorbilds—
den geheiligten Stonewall Jackson. Ein wah
rer heiliger Michael der Befreier, erscheint uns
sein Bild in gewaltiger moralischer Größe.
Sein christlicher Heldenmuth, sein diamanthar
ter Charakter, sein Glauben an Gott, Moral
und Gesetz und deren endlicher Sieg—all Das
machte ihn zum „Stonewall".—
Der Redner verherrlichte dann den Charak
ter JacksonS und rief aus : „Aber es ist mehr
als Unmoralität, eine Sache, welch Stone
wall' Fechten und Tod werth war, dadurch
herabzusetzen, daß man sie eine verlorene nennt.
Wenn durch Kreuzigung eine Sache verloren
geht so wurde unser Heiland besiegt. DaS Blut
der Märtyrer ist die Saat der Kirche. Wir
begingen viele Irrthümer als wir de Krieg
ansingen. Die Irrthümer fielen. Die Wahr-
Helten, für welche wir fochten, leben noch
immer!"
Der Redner ermahnte Alle, ihr LooS zu er
tragen und namentlich die Jüngeren, nicht aus
zuwandern. Virginien sei durch die Sklaverei
zurückgekommen wodurch die Einwanderung
abgehalten sei. Es komme jetzt darauf an,
diese Einwanderung in den Staat zu ziehen.
Jedes Wort zum Lob undPreiS der Gefal
lenen wurde mit Beifall aufgenommen.
V erfassung Widriglei der
Baumwo 11-S teue r.—Senator Johnston
von Marpland, bekanntlich eine Autorität im
Staatsrecht, hat auf Ersuchen von Pflanzern in
Alabama ein Gutachten abgegeben, worin er sich
für die Verfassungwidrigkeit der Baumwoll
steuer von Z Cents per Pf. ausspricht und
glaub, daß die Bundesgerichte so entscheiden
werden. Die Sache wird nun vor letztere ge
bracht werden. Der New Jorker „Commir
cial Advertiser", welcher trotz seines Radikalis
mus häusig den Uebergriffen und Mißgriffen
der Eongreß-Majorltät, namentlich in commer
riellen und finanziellen Fragen, opponirt, pflich
tet dem Herrn Johnson vollkommen bei. Un
sere Handelskammer hat bckauntlich ebenfalls
gegen diese Steuer protestirt. „Ein Erkennt
niß der Supreme Court", sagt jene Blatt, wo
durch diese Steuer als verfassungswidrig auf
gehoben würde, mußte eine scharfe Rüge ge
gen die Finauzgesrtzgebung des CongresseS bil
den und ein für all. Mal den Versuchen ein En
de machen, in Finanz- und Steuer- Angelegen
heilen Unterschiede für oder gegen fractionel
le und Classen Interessen zu machen. Gegen
über der bekannten Heftigkeit, womit die radi.
cale Presse die Machwerke der „Staatsmän
ner" au der Steven'S-Morrill schen Schu
le hinnahm, klingen solche Worte wahrhaft er
frischend.
MeereStiefe. Nach den letzte Der-
Messungen über die Tiefe de MeereSdodenS im
Atlantischen Ocean, ist festgestellt, daß die be- .
nächtlichste Tiefe einige 20 Meilen dem Cape
ZatleraS gegenüber sich drfindet, indem die Mes
ung von der Oderfläche de Wasser bis zum.
Meeresgrunde eine Tiefe von nahenzu 5 Meilen
ergab.