Jahrgang 1-, Die PesYlvanischeltlmts-Zeitn!si Herausgegeben von loh. Georg Rippcr. erscheint jeden Donnerstag, und kostet 82.M ver Jahr, zahlbar inncrbalb des Jahres, und 2.SN nach Verfluß des Jahrgangs. Einzelne Eremplaren, Z (scnts per Stück. Keine Subscriptionen werden für weniger al sechs Monaten angenommen; >'ncb an Niemand das Blatt abbestellen, b:S alle Ruck stände bezahlt sind. Anzeigen werden zu den gcwöhnüchcn Prc: sen inserirt. „ Office: in der „Patriot und llnio Druckerei, Dritten Straße, Harrisbarg, und in der „Jntelligencer" Druckerei, am Eciiirc Square, Laneaster. Poesie. Die Schlacht bei Blrnhcim. ES war ein Sommernachmkitag, Der Abend kam heran; Alt-KaSpar saß vor seiner Thür, Sein Tagewerk war gethan. Und vor ihm auf des Rasens Grüne Spielte sein Großlind Wilhelmine. Ihr Bruder HänSchcn sprang herzu; Und vor sich durch den Grand Rollt er ein glattes, rundes Ding, DaS er am Bache fand. Er kam und zeigte seinen Fund ; „Was mag es sein ? Seht nur, wie rund!" Alt Kaspar nahm das Ding ikm ab. Und sprach: „Der arme Tropf !" Wog'S in der Hand, und seufzte dann: „ES ist ein Todtenkopf! Und der ihn trug im wilden Krieg, Fiel hier bei jenem große Sieg!" „Ich finde sie im Garte; Da liegen sie zuhauf! Und auch oft, wenn ich pflügen geh', Wühlt sie die Pflugschaar auf! Denn vieler Tausend Lippe schwieg Und biß in'S GraS bei jenem Sieg !" „Nun sag' uns, wie sich das begab !" Rief HänSchcn oller Hast ; Und Wilhelmint blickt empor, Auf Wunder harrend fast. „Nun sag' uns Alles von dce Schlacht, Und warum sie sich umgebracht!" Der Alte drauf: „Die Welsche slohn I Engländer hieben ein! Doch warum sie sich umgebracht, Da kriegt' ich nie noch klein! Doch als die Kanonade schwieg, Ries NllcS: in famoser Sieg !" „Mein Vater lebte dazumal In Blcnhkim, dort am Fluß ; Sei Häuschen ging in Flammen auf Von einem Bombenschuß. Mit Weib und Kindern floh er dann, Ein armer, obdachloser Plann." „Nnd Schwert nnd Feuer wüthete; Die Ernte rings verdarb. Und manche kranke Wöchnerin Und mancher Säugling starb. Doch da gehört sich ja im Krieg So ist'S nachjedem große S leg !" l „Ein Anblick zum Entsetze war'S, Als ich die Wahlstatt sah; Die todten Leiber tausendweis Lagen und faulten da! Doch das gehört sich ja im Krieg So ist'S nach jedem großen Sieg!" „Die Sieger hatten großen Ruhm, Und wurden hoch geschätzt!" „Hilf Gott, sie thaten Teufelswerk!" Rief Minchen, ganz entsetzt. „Nein!" sprach er, und die Kleine schwieg, „ES war ja ein famoser Sieg!" „Hoch Prinz Eugen und Marlborough! Ihr kühner Arm gewann's!" „Doch welchen Nutzen hatt' eS denn ?" So sprach der kleine HanS. „Schweig", und auch der kleine Junge schwieg „ES war ja ein famoser Sieg!" Robert Southcv. ?euitlelo I. Martha, die Auswandern. Im Monat April 1847 las man in de Zeitungen, daß ein Schiff mit Aus wanderern aus dem Preußischen, und namentlich aus der Gegend von Mün ster in Westphalen, an der Meeresküste von Schottland Schiffbruch gelitten, das Leben der IVS Auswanderer mit genauer Noth gerettet worden, das Schiff aber sammt alle Habseligkeiten der armen Auswanderer zu Gruude gegangen sei. Von allem entblößt, im Zustande eines unaussprechlichen Elends seien die Un glücklichen unweit Kirkwall ans Land gesetzt worden. Diese Nachricht hat manches treue deutsche Herz tief erschüttert, das sich die trostlose Lage der Armen so recht leben dig vorstellte in dem wildfremden Lande, dessen Sprache sie nicht einmal kannten. Ganz ehrlich will ich'S gestehen, daß mir, als ich die Nachricht las, ein kalter Schauder den Rücken herauf lief und durch alle Adern rieselte; daß ich hätte weinen können bei dem Gedanken an solchen Jammer. Ach. dachte ich, wie glücklich würden sie sich jetzt preisen, wenn sie wieder im lieben Deutschland wären, das sie so leichtsinnig verlassen haben; wie gerne würden sie wieder in den lie he Räumen des Vaterhauses, bei ihre treuen Freunden, liebenden Verwandten, theilndhmenden Nachbarn sein, wenn's eben nur ginge ? Wären sie da geblie be, wär's ihnen gewiß nicht passirt, sva sie jetzt auf der Meerfahrt ereilt hat. Wie wunderbar sind aber Gottes We- get Da müsse die armen Leute fern van der alten und och serner von der neuen Heimath Alles verlieren und am , Ende bettelnd heimkehre, wie derMül > ler, von dem ich Anno IB4K erzählt, wen sie's eben noch fertig bringen. ' Aber so geht'S! Von dem Worte der > Schrift: Bleibe im Lande und nähre dich redlich, wollen die Leute nichts hö ren, wenn ihnen der Amerikadusel in den Kopf gestiegen ist uud sie wie ein hitziges Fieber ergriffen hat. Da muß denn der getreue Arzt in Israel, der auch die Narrheiten der Menschenkinder heilen will, wohl 'mal starke Mittel anwenden, die auch durchschlagen und, wenn nicht auch immer Andere, dvch die kuriren, bei denen sie angewendet werden. Aber aber cS ist doch schlimm, daß eS so kommen muß! Ja gewiß, damals, als ich das in der Zeitung las, blutete mir das Herz. Wie glücklich hättet ihr Armen bei bescheide nen Wünschen und Ansprüchen daheim sein könne, dachte ich, und nun müßt ihr so weit reisen, um —recht elend zu werden und Alles einzubüßen, was ihr von den Eltern ererbt und durch eigenen Fleiß erworben und mit vielen Entsa gungen erspart habt. Ich konnte die Gedanken weder wachend, noch im Trau me IoS werden. Dazu trug denn der Umstand bei, daß ich viele davon kannte und recht gut wußte, wie wenig oder wie viel sie der Schuh gedrückt. Wie mag es der guten Martha ergan gen sein? —fragte ich hundertmal; aber Niemand, obwohl Viele, sehr Viele so fragten, konnte mir Antwort geben, bis endlich, doch ich will ja von ihr er zähle, weil ich sehe, daß Ihr Alle dar nach verlangt. Ja, diese Martha war ein Mädchen, wie's wenige gibt, und, wenn ich meine liebe Frau nicht hätte, und die Martha hätte mich habe wollen, wer weiß, ob sie ach Amerika hätte auswandern wollen! Wollte ich Euch sagen, wie sie aussah, so müßte ich weit ausholen. Es sei Euch genug, wenn ich sage, sie war bild hübsch und die Buben sahe sich fast die Augen aus dem Kopse und liefen sich schier die Beine um sie ab, und doch war sie arm und Jedermann weiß, daß heut zutage die Bursche einen arme Engel für einen reichen Satan hingeben. Ge wiß, Martha war das schönste Mädchen auf zehn Stunden in der Runde; aber das war nur Eins. Das Zweite war, daß Martha ei züchtiges, eingezogenes, sittsames, ungemein fleißiges Mädchen war. Das Dritte, daß sie fromm aus Herzensgrunde war aber das Vierte gefiel mir über die Maßen wohl, das nämlich, daß sie ihre armen, alten Eltern hegte und pflegte mit einer Zartheit und Hingebung, mit einer Liebe und Aufop ferung, daß mir oft Thränen in die Au ge traten, wen ich es sah. O Mar tha, sagte ich oft: die Schrift lügt nicht. Ehre Vater und Mutter, das ist das ein zige Gebot, das eine Verheißung hat. Dir wird, Dir muß cS wohl gehen auf Erdcu Z Sic lächelte dann und ging hinaus. Martha war ein ganz absonderliches Mädchen. Heiter und fröhlich war sie immer; scherzte und lachte gerne, aber nie hat so ein Bursche cS gewagt, einen derben Scherz bei ihr zu lachen, und man weiß ja leider, daß manch' faul Ge schwätz da aus dem Munde geht, vor dem Zucht und Sitte erröthet und sich abwendet. Die Bursche sagten: Der Kuckuck weiß, bei der Martha ist's Einem zu Muth, wie bei dem Pfarrer. Man kann bei ihr nicht reden wie bei den An dern und doch zankt sie nicht und schnauzt Einen nicht ab, ist nicht hoch müthig und nicht kurioS. Da lag'S aber! die sittliche Reinheit ihrer Seele übte eine solche Macht aus, daß die Nohhcit in ihrer Gegenwart sich roh zu sein schämte. Dabei war Martha ruhig und ent schlossen und achtete Nichts, wo cS galt, etwas Gutes auszuführen. Mir fällt davon ein Beispiel ein, das ich nicht übergehen darf, weil man dar aus des Mädchens Art und Weise recht erkennen mag. Im vorigen Sommer kam ein Gewitter über ihr Dorf. Der Bach, der dran vvrüberläuft, schwoll bei dem heftigen Wolkenbruche furchtbar an, übcrfluthct die ganze Gemarkung und that viel Schade. Das ganze Thal glich einem See. Da rufen die Leute plötzlich: Ach Gott! Ach Gott! Al brecht's Kind, das hübsche Käthchen, ist in'S Wasser gefallen und fortgefluthct! Martha, die ihre alten, kranken Eltern auf dem Speicher geborgen wußte, eilt hin und sieht, wie das Kind die Händ chen herausstreckt, dann aber untergeht. Die Mutter ringt verzweifelt die Hände. Die Männer stehen da herum und ra then, was zu thun sei, da kein Nachen da ist und Keiner schwimmen kann. Kurz besonnen stürzt sich Martha in die reißende Fluth; rudert, so gut es gehen mag, und erreicht endlich glücklich das Kind. Nun wäre sie aber verloren gewesen sammt dem Kinde, wenn nicht die Leute auf den klugen Einfall gekommen wären, eine Leiter an ein langes Seil zu kinden und die ihr znfluthen zu lassen. Ihre Kräfte ließen schon ach, als glücklicher weise die Leiter kam. Sie legte das Kind darauf und hielt sich daran, und so zo gen sie sie an'S Ufer. Hier legte sie das Kind an der Mutter Brust und —husch! wie ein Reh flog sie davon, ohne Dank zu wollen. Hat sie denn keinen Schatz gehabt? fragen die Mädchen in der Spinnstube. Viele hatten sie erstaunlich lieb; aber nur Einer durfte sich rühmen, daß sie ihm gut sei, und dies Gutsein wurzelte in Martha' Seele tief b>s in das In nerste. In Westphalen ist's anders, als bei uns am Rhein, am Main und Ncckcr und da herum. Der älteste Sohn der erbt das ganze Gut, und die andern Kinder bekommen ein kleines Erbe an Geld, was ihnen der älteste Bruder her ausgibt. Damit müssen sie zusehe, wie sie thun. Ob diese Ordnung, streng ge nonimen, vor Gott und Menschen recht ist, darüber läßt sich Vieles sagen; aber damit ändern wir die Sache nicht. Unweit des Dorfes, wo Martha mit ihren alten Eltern lebt, ihre paarAecker chen baut und im Taglohn das Uebringe verdient, was sie brauchen, liegt ein Hof, der etwa hundert und achtzig Morgen Gut und Wiesen hat. Der Hofbaucr, der ein Herr ist, hat einen Bruder, der ein Jahr jünger ist als er, und der ist sein Grofikuccht. Die fünfhundert Gul den, die seine ganze Hake ausmachen, stehen bei dem Herrn Bruder, und der Bernhard weiß es nicht besser, als es ist —möcht's aber besser haben, das heißt: selbstständig werden. Der Bruder Hof- Herr hat ihm schon manches Mädchen, das im Dorf ein Häuschen und ein Güt chen hat, vorgeschlagen; aber der Bern hard hat zu keiner ei Herz gehakt, außer zu dem schönen Kinde des LcincnwekcrS Wagner, und das war Niemand anders als unsere Martha. Nehmt's ihm icht übel! aber der Martha nehm' ich's auch nicht übel, daß ihr der Bernhard gefiel; denn er war ein hübscher Bursch, hielt sich grad und schnack, seit er in Münster bei de Füsi lieren gedient, uud Jedermann hatte Respekt vor ihm, denn er trank nicht, kartete icht, war kein Nachtschwärmer, sondern treu, fleißig und brav. Die Lieb' ist eben ein kurioS Ding. Die läßt sich nicht vorschreiben. Kurz und gut, die Zweie hatten sich lieb, und daß Bernhard Martha zu Fastnacht hei rathen würde, daran zweifelte Niemand im Dorfe, selbst der reiche Hofbaucr nicht, der's nicht gerne sah. Vielleicht Hätt'S der Bernhard schon früher gerne gethan; aber die beiden kranken alten Leute mit in den Kauf zu nehmen, mißfiel ihm sehr. Wo ist der Mensch, der nicht von ei nem Vorthcilchen regiert, als Letztes und Höchstes am Ende doch das „Mein und Dein" gelten läßt ? Nun liebten sich Martha uud Bern hard schon manches Jahr, uud Bernhard hatte seinen Jahrlohn immer zn Kapital stehen lasse, und Martha hatte die Schuld bezahlt, die noch aus dem Häus chen stand, daß es nun nebst den Aecker chcn ihr freies Eigenthum war. Sie hatte sich das so lediglich mit Taglvhn erspart! So war der Herbst gekommen. Va ter Wagner war engbrüstig oder dämpfig, wie man zu sagen pflegt. Als der No vember kam mit seinem Nebel und Duft, da bekam er die Wassersucht und starb nach vielen Leiden. Er und seine Frau hatten siebenund vierzig Jahre in einer friedlichen und darum sehr glücklichen Ehe gelebt und hatten sich allezelt, auch noch im hohen Alter, sehr lieb. Die Mutter beküm merte sich so sehr um des lieben Gatten Tod, daß sie ihm in einigen Wochen folgte. Martha war tief betrübt. Sie hatte ihre Eltern so innig und treu geliebt, daß ihr schnell aufeinander folgende Tod sie tief beugte. Sechs Wochen nachher kam Bernhard und meinte, sie wollten nun voran ma chen und sich Heirathen, weil Martha so allein in der Welt stehe; aber Martha kränkte sich sehr über dle Zumuthung und sagte ihm rund heraus, sie würde das Trauerjahr halten, und wenn er fie dann zum Altar führen wolle, so würde sie ihm in Gottes Namen folgen. Bernhard hatte es ehrlich gemeint, und die Verzögerung ließ er sich auch noch gefallen, weil es Martha so wollte. Der Winter kam dann endlich und in den Scheuern und Tennen ging'S alle Nacht: Klipp, Klapp. Es wurde die Frucht, die seit dcr Ernde im Baden saß, nun Nachts gedroschen, und eine große, feucrdichte Laterne hing am Tennthor und leuchtete dazu. Der Müllerjacob aber hatte eine La terne, die nicht gut schloß. Da nun der Wind die Tenne fassen konnte, so wollte es das Unglück, daß ein Fünklein her ausfuhr, ohue daß cS Jemand merkte, und als um Mitternackt die Drescher in der Stube saßen undKäS und Brod aßen j LancaSter, Pa. Donnerstag, Oktober 2Z, 18V. und einen Schnaps dazu tranken, schlug die Flamme im Stroh auf, ergriff die Frucht, die och im Baden saß und schlug lichterlohc zum Dach hinaus. Als eS die Drescher und HauSleute merkten, da war'S zu spät. Der Wind pfiff scharf aus Osten und legte die Flamme über die Strohdächer der nebcnanstehenden Scheunen, und bald war cS ein Flam mcnmehr, wie man nie eins gesehen. Die Sturmglocken heulten, die Feuer spritze des Dorfes arbeitete wacker. Die Nachbardörfer, ja selbst die Löschmann schaft von Münster und die Soldaten kamen ; aber Alles half nicht. Ehe eine Stunde verging, stand mehr als die Hälfte de Dorfe im Brand, und als der Morgen kam, ging die Wintersonne über den rauchenden Trümmern von vierzig Gebäuden, über verzweifelnden, obdachlosen Menschen auf. Auch Martha's Häuschen war nieder gebrannt. Sie hatte kaum eiu Bett, ihre Leinwand uud ihre Kleidungsstücke ret ten können; Alles andere war Asche ge worden. Und was das Schlimmste war, sie hatte es icht einmal in der Brand kasse ! —Alle wollten verzweifeln, die vom Brandunglückc betroffen waren; Martha stand, zwar bleich und tief erschüttert, dennoch ruhig an den rauchenden Trüm mern der heiligen Räume, in denen sie geboren wurde, in denen sie so manche glückselige, aber auch so manche schwere Stunde erlebt; nur das Eine Wort hörte man über ihre bebende Lippe gehen: Gott sei Dank, daß meine lieben Eltern die Unglück icht erlebt haben ! Bcrnhatd hatte ihr redlich rette Kel sen. Was wirst dn nun thun? fragte er sie wehmüthig, als sie im Hause der Wittwe Noth saßen, einer noch ziemlich jungen reichen Frau, die noch mit Martha weit läufig verwandt war. Ich gebe zu meinem Pathen, sagte sie, uud warte das Frühjahr ab. Kommt Zeit, kommt Rath! Bernhard machte ihr deu Borschlag, bei seinem Bruder auf dem Hofe als Grvßmagd einzutreten, der eben eiue um guten Lohn suche. Du wärst die rechte, sagte er. Nein, Bernhard, sagte sie darauf, das schickt sich nicht, daß wir, die wir doch so gut wie Brautleute sind, unter Einem Dache wohne. Was würde die böse Zunge eden und wir müßten durch eine Hechel, schlimmer wie der Flachs. Laß sie reden! rief er aus. Niemand redet einem andern ein Loch in den Kopf! Nein, sagte sie fest. Meide auch den bösen Eche'n, sagt das heilige Wort, und die Lcbensklugheit sagt: Gib dem Verläuinder keine Handhabe! Es bleibt dabei. Sie ging zu ihrem Pathen nach dem nächstgelcgenen Dorfe, das zwei Stunden Wegs entfernt war, und, wenn die Patheu auch unbemittelte Leute waren, die viele Kinder hatten, so nahmen sie die liebe Gothe doch mit vol ler Freude auf. Martha wollte aber auch nichts von ihnen, als ein Plätzchen, wo sie ihr Bettchen hinstellen konnte; denn Martha war die geschickteste IlachS hechlerin weit und breit, und Jedermann nahm sie gerne, seinen Flachs von ihr hecheln zu lassen. Dabei war es Brauch, daß die Hechlerin Kost und Wohnung in dem Hause hatte, wo und so lange sie darin arbeitete. Das Hecheln ist aber eine Arbe't, die mit Verstand verrichtet sein will und die nicht sehr fördert; da her hatte Martha den ganzen Winter vollauf zu thun und verdiente sich ein schönes Stück Geld dazu. Wenn sie nun so auf ihrer Hechelbank saß und die langen Flachslocken und Zöpfe durch die Stacheln zog, so über schlug sie ihren Verdienst und dachte: für das Geld kaufst du dir blinkende Zinn; für jenes Eisengeräthe und die und das, und für Bernhard'S Erbe baut ihr das Häuschen wieder auf, und das ist bis zum Herbst fix und fertig. Will er dann daß wir uns hcirathen zu Ostern, so könnten wir ja bei der Roths base zur Miethe wohnen. Nun richtete sie sich das neue Häuschen ein grade wie das alte gewesen war, in ihren Gedan ken nämlich, und rechnete, daß Bern hard's Bruder und die anderen Bauern ihr Berühren leisten würden. In Ge danken geht so etwa leicht, und Alles ist schnell fertig und in der besten Ord nung, aber was Alle dazwischen liegt uud in den Weg tritt, das wird nicht überlegt. Ans einen Sonntag im Advent saß der Hofbauer im Sorgstuhl und rauchte seine Pfeife, und der Bernhard saß am Tische und stützte den Kopf auf und dach te: Wie ist's doch so kurios mit den Wünschender Menkchen ! Jetzt sind die Alten todt und ich hätte endlich meine holdselige Martha Heirathen können, da kommt das Unglück mit dem Brande und ich kann nun mein Erbe und meinen er sparten Lohn an das Häuschen hängen! Er seufzte auf und der Hofbaucr hört's und denkt: Jetzt ist'S Zeit! Hör' 'mal, Bernhard, sagte er, dein Wohl ist mir anbefohlen und ich stehe an Vaters Statt. Darum muß ich ein mal vernünftig mit dir reden. Du hast Wagner'S Martha lieb und ihr seid ver lobt, wie ich höre, aber das ist'S eben, was mir Sorge macht. Nun ist das Häuschen abgebrannt und das arme Mädchen kriegt nichts, weil sie cS nicht in der Assekuranz hat. Darauf hattest du gerechnet, und es wäre auch gegan gen; aber nun steht'S anders. Das Mädchen hat nichts als sein bischen Gut lind die paar Siebensachen, die sie geret tet hat. Da wird'S hapern! Willst du das HäuSchcn bauen, so geht dein Gut drauf und du bist zu Anfang schon ein armes Bäuerchen. Eine Kuh mußt du borgen, und mit Schulden anfangen heißt mit Lumperei enden. Bedenkst du das ruhig, so ist's besser, du läßt ab von dem Mädchen. —Ich wußte dir eine bes sere Gelegenheit. Da ist die Wittwe Roth. Jung ist sie; frisch und rasch wie ein Hirsch. Kinder hat sie keine, und die fünfzehn Morgen Feld, das Hans mit dem Zubehör ist eine hübsche Sache. — Sie sieht dich gerne und du darfst nur ja sagen und zugreifen, so ist's richtig.— Da säßest du warm und würdest bei dei nem Fleiße und deiner Sparsamkeit, bei ihrer Thätigkeit und Ordnung bald und für immer ein behaltener Manu. Das überleg dir 'mal! Bernhard blieb in seiner Stellung und seufzte tief auf. Nach einer Weile sagte er; Ich seh'S wohl ein, aber ich kann nicht. Ich bab' mein Wort gegeben, llmstände verän dern die Sach', fiel ihm der Hofbauer in'S Wort. Du hast ja nicht ahnen kön nen, daß der Brand käme. Das Wort! —Stell' dem Mädchen einmal vernünf tig vor, und sie sieht'S selber klar ein, daß es so kommen muß. Besser lcdig und arm, als verheirathct und arm. Was soll'S geben, wen ihr ein Haus lein Kinder kriegt? Sollen sie betteln? Soll ich die Schande erleben, sollst du's ? Die Gebeine unserer Eltern würde sich im Grabe umdrehen! Daraufging er hinaus und ließ Bern hard alleine. Er saß lange da und die Thränen fie len auf den Tisch, die er weinte, daß er sie mußte mit dem Wammsarmcl weg wische. Daun stand er auf und ging weg. Es währte mehrere Tage, bis der Hof bauer wieder ansetzte. Auch seine Frau nahm Theil und so bearbeiteten sie Bern hard so lange, bis er einwilligte. Nun ging der Hofbaucr zu der Wittwe Roth. Die zierte sich ein wenig, sprach von ih rem Seligen mit gebührender Liebe und einigen hcrvorgepreßtcn Thränen und gab ihr Jawort. Schon nach acht Ta gen war Handstreich und Verlobung. Der Hofbaucr betrieb alles so eifrig, daß schon am nächsten Sonntag das Paar von dem Pfarrer aufgekündigt wurde, dann weiter an den zwei folgenden und Dienstag darauf war Hochzeit. Martha hechelte in einem Dorfe, das vier Stunden entfernt lag und erfuhr nicht das Geringste. Eines Abends kam in dem Hanse, wo sie hechelte, eine große Gesellschaft zu sammen, wo die Leute sich über ihre Reise nach Amerika beriethe. Sie hörte die Lobpreisungen des Lebens in der neuen Welt mit großer Theilnahme, und doch bedauerte sie die, welche Heimath und Freundschaft verließen; aber die waren voll von ihrer Herrlichkeit. Da ver nahm sie denn auch, daß viele aus ihrem heimathlichen Dorfe mitzögen. Wie sie nun so redeten, kamen sie auch auf Neuigkeiten und Einer erzählte von Bernhard'S Hochzeit. Das ist eine Lü ge ! rief sie aus und sprang auf. Ei, ei, sagte der Erzähler, du bist fa fir mit deiner Lüge! Ich war ja selber auf der Hochzeit und der Hofbauer hat's nicht fehlen lassen. Er hat seinen Bruder da warm in'S Nest geseht! Da wurde Martha bleich wie der Tod, —dann wankte sie wie vom Schwin del ergriffen, und ehe Jemand sie errei chen konnte, stürzte sie ohnmächtig zu Boden. Allgemein war das Mitleid, als nun die Leute hörten, der Bernhard sei ihr Bräutigam gewesen. Sie trugen sie auf ein Bett und wuschen sie an, daß sie wie der zu sich kam, und die Hausfrau suchte sie mit recht lieben Worten zu trösten. Hatten die Leute geglaubt, Martha wür de sich wie eine völlig Trostlose gebcrdcn, so war die Rechnung falsch. Zwar weinte sie heftig, und eS ist nichts Klei nes, um sein LcbenSglück betrogen zu werden und sich in dem Menschen so traurig zu irren, dem man sein ganzes, volles Vertrauen geschenkt; allein bald wurde sie ruhig; aber diese Ruhe hatte etwas Beängstigendes; denn sie nahm an nichts Antheil. Verschlossen in sich that sie ihre Arbeit und redete Nichts, als was sie mußte. Alle Leute begeg neten ihr mit zuvorkommender Liebe; denn sie hegten alle so tiefes Mitleid mit ihr, die so hart getroffen war. Als wieder einmal die Auswanderer zusammen waren, trat sie festen Schrit te herein. Nun bin ich entschlossen, mit Euch zu ziehen, sagte sie mit voller Entschieden heit eines gereiften und durch klare Prü fung hindurchgegangenen Entschlusses. Du hast Recht, Martha! riefen die Auswanderer. In Amerika braucht man jugendliche Kräfte und belohnt sie mit schwerem Gelde. Auf die Gründe, warum sie auswan dere, ließ sich Martka nicht weiter ein. Sie fragte nur nach den Kosten der llc bcrfahrt; nach dem, was man mitneh men müsse, uud trug dann dem Manne, der die Geschäfte, die Abschlüsse mit de Agenten und alle diese Dinge besorgte, auf, auch für sie den Accord abzuschlie ßen. Sckon nach vierzehn Tagen hatte sie Alles in Hände und ging nun zu ihren Pathen zurück, um ihre Aeckcr ver steigern zu lassen. Ach, wie staunten ihre Pathen, als sie ihren Entschluß hörten. Ach Kind, sagte der Pathe, thu's icht. Was will ein Mädchen in dem fremden, unbekannten Lande uachen, wo es sich bier schon in übler Lage befindet, wenn es keinen Schützer bat. Hier findest du gewiß och eine gute Parthic. Seid stille mit der „Parthie," sagte Martha; ich werde nie Heirathen. Hier kann ich mein HäuSchcn nie aufbauen uud bleibe in meiner Armuth bis an mein Ende. Dort erwerbe ich mir so viel, daß mein Alter doch sorgenlos wird; und ist eö das, so komme ich wieder uud sterbe hier, wenn nicht der Herr es ander mit mir vor hat. Was soll ich hier ? Vater und Mutt/r sind todt; mein Häuschen ist abgebrannt. Okne Halt, ohne Obdach — betrogen— verlassen; —ein laß mich ziehe. Dort wird Alles neu uud die Bürde weicht von meiner Seele, die sie hier stets preßt. Muß du dort dienen, warum willst du's nicht hier? fragte die Gothe. Du kannst dir auch hier für dein Alter spa ren, wen auch nicht soviel, wie dort, und da brauchst du doch nicht zu schei den vom Lande der Heimath. Es ist wahr, sagte Martha daraus; aber hier erinnert mich Alles an Bern hard's Treulosigkeit. Dort gedenke ich seiner nicht niebr. Ach Kind, sprach der Pathe, seinen Gedanken kann man nicht entgehe und die Erinnerung nicht bannen. Wenn auch; entgegnete sie. Es ist nun Alles fest. Seid so gut nnd geht morgen hinüber in unser Dorf und woh net mit mir der Versteigerung bei. Da war's aus. Wen Martha sich einmal entschlossen hatte, so änderte auch nichts niebr ihren Entschluß um. Wirklich ging andern Tages der Pathe mit ihr in ihr Dorf, wo der Notar schon war, als sie ankam. Ach, wie kamen da Nachbarn und gute Freunde, und baten: Bleib' doch! Wie nahten sich ihr da Bursche und warben um ihre Liebe, die sie schon lange geliebt hatten. Martha war bis in das Junerste ihres Herzens bewegt; aber sie ließ eS nicht merken. Sic scherzte mit den Burschen und mit den Alten. Ihre Güter wurden sehr theuer. Sie erlöste an vierzchnhundert Gulden, ver handelte gegen acht Prozent das Stige rnngsprvtokoll und erhielt baares Geld und war nun bald Reise fir und fertig. —Weder der Hofbauer noch Bernhard ließen sich scheu; aber als sie an Bern hard's Haus vorüber ging, da stand er oben hinter dem Laden, und seine Iran, meinte er, sei über Feld, uud Niemand gcwa krte die Thränen, die er weinte in tiefer Reue und herbem Weh; denn er kannte nun schon seine Frau genug, um zu wissen, daß sein Himmel nicht auf Erden sei. Er verbarg sich vor Martha und sie ging stolz und ruhig vorüber.— Freilich, als sie Abends allein war, da hätte auch Jemand fragen können: Wo von ist denn dein Kopfkissen so naß? Das waren heiße Thräne, geweint ih rein Glücke, das dahin war. (Schluß folgt.) Mord-Gewehre. Lurch den siebenwöchcntlichc Krieg in Deutschland hat der sogenannte „Fortschritt der Civilisation" i Europa einen mächtigen Im puls erhalten. Das Hauptmerkmal dieses Fortschritts besteht bekanntlich in der Vervoll kommnung derjenigen chirurgischen Jnstrumcn te, vermittelst welcher sich von Zeit zu Zeit die Völker ihr überflüssige Blut abzapfen. Die preußische Zündnadel Hat'S allen Potenaten Europas angethan und icht ihnen allein, son dern auch den freien Schweizer. Ein förmli ches Wettrennen nach den vollkommenste Mordgewehren hat begonnen. Alle Welt schreit ach HinterladungSgewehren, denn merk- Umstand, daß sie von hinten geladen werden, zurückzuführen, statt auf die Entzündung der Pnlverladung unmittelbar hinter der Kugel. Erfinder, die jahrzehntelang mit ihre neucon struirten Schießprügeln wie der ewige Jude umhergelaufen und an den Thoren aller Kriegs langen auf einmal zu hohen Ehren, werden in die höhere, höchsten und allerhöchste Kreise eingeladen und mit ausgesuchtester Höflichkeit behandelt. Die neuen „Systeme" schießen wie die Pilze aus der Erde empor. Da ist das Linder'sche „System" in Oestreich, daS Chasse lonp'sche in Frankreich, da Spencer'sche und Remington'schc in Italien und weiß der Him mel was sonst für „Systeme". Wenn nur un sere anstelligen InnkeeS sich ein wenig mehr des Studiums fremder Sprachen befleißigten, so daß sie, mit ihrer ganzen Suada und Zudring lichkeit bewaffnet, den alten zopfigen KriegSmi nistcrn und geheimen Kriegsräthen zu Leibe ae hen könnten: sie würden eine goldene Ernte machen können. (Aus Gerhard'S Kalender für (867.) Vergestt die deutsche Sprache icht. Wer seit längerer Zeit hier lebt und zwölf oder fünfzehn Jabee zurückblicken kann, der kann sich eines freudigen Gefühl nicht erweh re, wenn er das Damals mit dem Jetzt ver gleicht und sieht, welcher Segen die deutsche Ein wanderung für dieses Land gewesen ist, und wie deutsche Wissenschaft, deutsche Literatur und Kunst, und deutsche Sitte,—ich will nur daran erinnern, wie sehr sich unserdeutscherWrihnachtS baum schon bei den Amerikanern eingebürgert hat, sich während des letzten DecenniumS hier Bahn gebrochen haben. Dasselbe ist auch mit dem deutschen Schulunterricht der Fall ; denn, während man vor fünfzehn Jahren doch kaum irgendwo in den Vereinigten Staaten eine deutsche Schule finden konnte, bestehen dieselben jetzt in fast allen größeren Städten und in ein zcliit Oerter haben die deutschen Einwohner es auch schon dahin gebracht, daß in den amerika nischen öffentlichen Schulen Deutsch gelehrt wird. Aber dennoch ist geradederdeutsche Schulunter richt dasjenige Feld, welches noch keineswegs ge nügend cultivirt worden ist, denn in den meisten mittlere ud kleineren Orten fehlt derselbe noch. Als ich im vorige Jahre meinen „Weihnachts baum für die lieben deutschen Kinder in Ameri ka" erscheinen ließ, hatte ich specielle Gelegen heit, mich hierüber zu unterrichten, denn von un zähligen Orten, die verhältnißmäßig viel deut >che Bewohner haben, wurde mir geschrieben: „wie gerne möchten wir das hübsche Buch un sern Kindern in die Hand geben, aber—sie lesen nicht deutsch, denn wir haben hier keine deutsche Schule, sondern die Kinder besuchen die offen, lichen Schulen, in denen nur englisch gelehrt und gesprochen wird ?" Und warum ist es so ? Man hört so viel über Unterdrückung des deutschen Elementes durch die gebornen Ame rikaner klagen. Warum nicht da wirksamste Mittel gegen solche Unterdrückung de deutschen Elementes in Anwendung bringen ? nämlich die Förderung deutscher Sprache und damit zugleich deutscher Sitte ; denn die Spracht eines Vol kes ist der Träger seiner Sitte, und wo irgend in der Welt eine eingewanderte Nationalität ih re Spracht aufgiebt, da darf sie sicher sein, dann auch ihre Sitte und ihren Charakter in denen des Volks, unter dem sie lebt, untergeben zu se hen. Nun wird mir Mancher entgegnen: „ja, wir möchten ja gerne unsere schöne Muttersprache und unsere deutsche Sitte in unsern Kindern fortleben sehen, aber wir sind in unserm Ort zu wenig Deutsche," oder man wird mir entgeg nen : „es fehlt uns an einem deutschen Lehrer." Aber beide Einwände sind nicht stichhaltig. Was den ersten betrifft, so erinnere ich nur an Au gust Herrman Franke, den Stifter des Hölli schen Waisenhauses, der bekanntlich mit zwan zig Groschen den Grund zu jener großartigen Stiftung legte, in der nun bereit Tausende ih re Bildung erhalten haben, und die im Laufe der Zeit eine große Anzahl gelehrter, wackerer und bedeutender Männer erzogen hat; und was das zweite Bedenken betrifft, so ist diesem Mangel auch leicht abzuhelfen, denn jede Woche führt deutsche Lehrer oder solche Leute, welche sich zu Lehrern qualifieircn, an unsere Gestade, die aber, weil sie meistens nicht als Lehrer eine An stellung finden, sich anderen Beschäftigungen zu wenden. Ich glaube deshalb eine Pflicht zu erfüllen wen ich, da meine Kalender eine größere Ver breitung haben als irgend eine andere deutsche in den Ver. Staaten erscheinende Publikation, den diesjährigen Jahrgang benutze, die Aus breitung des deutschen Unterricht hiermit anzu regen. Noch dringender, als ich die Gründung besonderer deutscher Schulen befürworte, möchte ich aber empfehlen darauf hinzuarbeiten, daß in den amerikanischen öffentlichen Schulen neben den englichen Lehrern auch ein deutscher ange gestellt werde, damit der Unterricht Heils in eng lischer und Heils in deutscher Sprache ertheilt werde kann. ES würde dann solche Vertre tung des deutschen Unterrichts den großen Vor zug habe, daß derselbe ebensowohl den ameri kanischen als den deutschen Kindern zu gut kä me, indem letztere nicht blos ihre Muttersprache und Sitte erhallen würden und zugleich die eng lische Sprache erlernten, sondern gleichzeitig auch die amerikanischen Kinder deutsch reden lernten und damit deutscher Anschauung und deutscher Sitte nähergebracht und gewonnen würden. Geschieht dies, so wird die künftige Generation von Feindlichkeit oder Abneigung zwischen den englisch und den deutsch redenden Bewohnern dieses Lande nicht mehr wissen und e wird dann Alles, was uns Deutschen an den Ameri kanern jetzt noch so sehr zuwider ist, nämlich der PuritaniömuS mit seiner Unduldsamkeit, seiner Schrinheiligkeit, seinen SonntagSgesetzen und f. w., u. s. w. verschwunden und ergessen, und unser Kindern und dem Lande überhaupt eine glücklichere Zukunft bereitet sein. Was ich hier vorschlage, ist leicht zu erreichen, wenn sich in allen Orten, wo e noch an deut schem Unterricht fehlt, deutsche Schul- der Un terrichts- Vereine bilden, oder irgend ein an derer schon bestehender deutscher Verein die Sache in die Hand nimmt. Es bedarf wahr lich allenthalben nur der Anregung dazu, und sollte sich nicht in jedem Ort, wo deutsche ga- Milieu leben, ein Deutscher finden, der die Zni tiative dazu ergreift ? er würde sich dadurch ei Verdienst um Mit- und Nachwelt erwerben. Wo es irgend an einem deutschen Lehrer fehlt, da bin ich (selbflverständlich unenlgeldlichl gern bereit, die Besorgung eine solchen zu vermit tcln.—Bei den Tausenden deutscher Einwanderer, die hier landen, und bei den häufigen Appli kationen deutscher Einwanderer wegen Beschäf tigung, die an mich gelangen, wird sich mir stets Gelegenheit bieten, passende Individuen nachzu weisen. Dagegen würde ich e dankbar er kennen, wenn man mir Berichte über derart!- ge Bestrebungen, so wie über schon bestehende deutsche Schulen und die Thätigkeit deutscher Lehrer in amerikanischen Schulen zugehen lassen wollte; ich würde dadurch in den Stand gesetzt werden, im nächsten Jahrgang meiner Aalender einen interessanten Bericht über diesen für die ganze deutsche Bevölkerung de Landes so äu ßerst wichtigen Gegenstand zu liefern. griedr. Gerhard. Eine geschichtliche Erinnerung. Es war zu Anfang de August im Jahre (867, als ein unübersehbare Menschenmenge zu New Jork an den Ufern de Hudson stand, ungefähr in derjenigen Gegend, welche heutzu tage gultonstreet heißt. Diese Menge betrach tete ein Schiff seltsamer Gestalt, ohne Masten und Segel, mit einem Schlot und zwei Rädern Nro. 18. echt und link an der auswendigen Seite von Back und Steuerbord. Sin Pennsylvanischer Bürger. Namen Robert Fulton, war nach mehreren mißglückten Versuchen in Europa nach Amerika zurückgekehrt, um eine, wie er sich aus drückte, die Welt revolutionkende Erfindung in Scene zu setzen. Dieselbe plätscherte eben vor den Augen der New Jorker Bürgerschaft auf dem Spiegel des Hudson; sie spie Dampf und Wasser au und sollte einzig mit diesem Hülfs mitteln die Fahrt nach Albany von New Jork wagen, Vernünftige und Unvernünftige schüt telten den Kopf: „Welch' in Schwindel!— Dieser Kerl hat auch noch die Frechheit, zehn Dolllar Fahrgeld zu erlangen! Ganz Schwindel ist eS eigentlich nicht sondern so ein Mittelding zwischen Traum und Wirklichkeit.— Keine Katze wird mitfahren !—Was macht er denn jetzt, der tolle Kerl? Weiß Gott, er stößt von der Brücke ab, welche Schifft und festes Land verbindet.—Er ist eiu Narr!— Ein Narr, ein Narr!" in solchen und äbulichen Tonarten erging sich die Menge und segnete sich und ih ren gesunden Menschenverstand. Ein einziger Passagier war aufs Schiff ge kommen; die Geschichte nennt leider seinen Namen nicht. „Hr. Fulton, ich fahre mit nach Alban, hier meine zehn Dollars." „Was ! Sie setzen Vertrauen in mein Unternehmen?" „Vollkommen:" „Dank.tausend Dank!" Fulton drückte leidenschaftlich die Hand des Unbekannten und sagte mit einem süßsauren Lächeln: „Das ist das erste Geld, welches ich für eine zehnjäh rige Arbeit einnehme." Inzwischen wurde die Menge ungeduldig. Nach der Gewohnheit aller Mengen wollt sie ihr Kommen mindestens durch ein Schauspiel belohnt sehen; sie murrte, grunzte und pfiff, und machte Miene, Erfinder und Er findung mit Steinen zu bewerfen. Da stieg aus dem Kamin de Schiffes eine mächtige Rauchsäule, stolz beschriebe einen weiten Kreis, die Räder auf beiden Seiten regten sich und peitschten zürnend die Wasserfläche und gleich einem Pfeil flog die hölzerne Masse hin, strom aufwärts, trotz Wind und Wellen. Der „Eler mont," so hieß da Schiff, legte den Weg von New Jork nach Albany in 36, die Heimfahrt in 36 Stunden zurück. Beim Hin und Herweg, welche eiuschließlich desAufenthaltes keine drei Tage währten, hatten Tausende von Uferbewohnern der seltsamen Ma schine mit Schrecken entgegen und nachgesehen; die Segelschiffe hielten still beim Anblickder lan gen Rauchsäule und beim Vernehmen de Rä derklappernS; alle Matrosen flohen ins Zwischen deck und die Beherzteren, welche oben blieben, murmelten ein Gebet vor dem dämonischen Un gethüm. Vierzehn Tage später verrichtete der „Elermonl" den regelmäßigen Postdienst zwi schen New Jork und Alban, und dieselbe Menge betrachtete gleichgiltig als etwa Alltägliche den früheren „Schwindel" und nachherigen „Gottseibeiuns." Heutigen Tages durchlaufen von den Nußschalen kleiner Flüsse an bis zum Meereskoloß „Geart Tastern"—achtzehntausend Dampfer die Gewässer unseres Planeten und neben ihnen lagern ungezählte Meilen Eisen bahnen, ihre jüngeren Geschwister. Man kann wohl noch da und dort Schienen aufbrechen und Schiffe in den Grund bohren, allein da „welt umwälzende" Wert FultonS lebt fort wie die ihm zu Grunde liegende Idee, der vorwärts strebende Menschengeist, welcher belächelt, verspottet und verfolgt und manches Mal schier lahm gelegt, doch immer wieder seine Bahn sich bricht und nach erhältnißmäßig kurzer Frist Begriffe und Formen als etwa ganz Natürliches und Selbst verständliches erscheinen läßt, was früher niederer und hoher Menge in Frevel schien. Der Schwindler Löwenthal. Dem Washingtoner „Star" entnehme wir folgende Geschichtchen über einen leider in deutschen Kreisen sehr wohlbekannten Schwind ler: Eine New-Orleanser Depesche vom Freitag brachte Einzelnheiten über einen großartigen Schwindel, welcher von I. Löwenthal, einem hiesigen Ansprüche Agenten, an der Regierung verübt wurde, und elcher sich auf PSKK,KKK l.kkk.kkk belaufen soll- Bis jetzt ist es den Geheimpolizisten noch nicht gelungen, ihn ein zufangen, obwohl in jeder größeren Stadt in den Ver. Staaten auf ihn gefahndet wird. Wir können übrigens sagen, daß der obige Betrag, um welchen angeblich die Regierung von diesem Humbugger betrogen worden sein soll, dedeu tend übertrieben ist. Löwenthal ist in dieser Stadt wohl bekannt, er elablirte sich im Herbst (BKZ als Ansprüche- Agent und seine Reputation, besonders unter den Ausländern, war gerade nicht die beste. Wenn wir nicht irren, so ist er ein geborener Preuße und war früher ein Professor der heb räischen Sprache, bekehrte sich aber aus Liebe zu einer Dame zum Christenthum und war ein Mitglied der hiesigen Trinity EpiSeopalkirche.. Im ersten Jahr des Krieges war er dem 2S. N. I. Volontär Regimen, Sol. Steinwchr, al Quartiermeister attachirt und wurde später, al man diese Regiment einer Brigade unter Fremont'S Corps in Westvirginien zutheilte, Quartiermeister der betreffenden Brigade. Nachdem er diesen Posten eine Zeitlang ver waltet, wurde er wegen Betrugs verhaftet, pro zessirt, schuldig befunden und vcrurtheilt, uneh renhaft aus dem Command ausgetrommelt zu erden. In Folge dessen wurden ihm in Front der ganzen Brigade bei Middletown, Virginien, die Schulterstreifen abgerissen. Ein Trommler und ein Pfeifer bildeten die Engel, die den ge fallen Adam aus seinem Paradies trieben und ihm den „Schelmenmarsch" spielten. Vor einigen Wochen besuchte er das Wa schingtoner Schützenfest, kaum bemerkten ihn aber die Deutschen im Park, al sie die Musik ersuchten, den "Schelmenmarsch" zu spielen, worauf er sofort höchst indignirt den Platz er ließ. Einige Tage später verließ er Washing ton und wandte sich nach dem Westen; man sagt, daß er zu jener Zeit Zahlmeister - Checks im Bewag von 82KK,KKK mit sich führte. Löwenthal ersuchte während seines Prozesses in Va., einige Mitglieder des Kriegsgerichtes zu bestechen, idem er ihnen Ci garren schickte, welche in Greenbacks eingewi ckelt waren. Er heirathete vor einem Jahre eine der For rest Schwestern, welche damals in Canterbury Vorstellung gaben, Di Jankeeblätter machen einen großen Specktakei über diesen deutschen Shodd, und doch hat er nicht mehr gethan als Hundert der Neuengland Shoddys heute noch thun.