Pennsylvanische Staats zeitung. (Harrisburg, Pa.) 1843-1887, September 20, 1866, Image 1

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    VkmisiMttnzcht MMs-Zeitung.
Jahrgang 1.
Die
PennsylvanischeTtaatS-Zeitung
loh. Georg Rippcr,
erscheint jeden Donnerstag, und kostet !>rZ.<U)
per Ihr, zahlbar innerhalb deslnbres, nd
jz.zu nach Lerfluß des latirgaiigo.
Einzelne Ercmplarc, S (5 cnt prr Eiicck.
als sechs Monaten angenommen! auch kann
Niemand das Blatt abbestelle, bis alle Rück
stände bezahlt sind.
Anzeigen werden zu den gewöhnlichen Prci
sen inserirt.
Office: in der „Patriot nd Nnion"
Druckerei, Dritten Straße, Harrisbarg, nnd
in der „Inlelligcnccr" Druckerei, am Ecnlic
Square, Lancaster.
Poesie.
Die gleichen Häuser.
O, in der Straße Haus an HauS
Sieht so wie das andere aus !
Für die Hiite steht in der Halle ein Stand
An der gemalten polirte Wand ;
Ein Sonnenstrahl fällt auf de Rand
Der langen Treppe, die auswärts steigt
Bis wo der einsame Speicher sich zeigt:
riin Knarren hier und ein Knistern dort
Durchbeb, wen du lauschest, den schweigsamen
ort;
Gleich Stunden schleichen Minuten fort,
So langsam, wie nebenan sie vergeb'.
Mußt wartend du in der Halle steh .
O, in der Straße HauS an HauS
Sieht eines so wie das andere aS!
Und die Welt schwankt traurig hin nd her!
Bom Tropfen Lust zum Thräncnmccr!
DaS freudige Licht wirft Schatten schwer
Auf den neuen Namen über dem T bor,
Auf das Antlitz, niemals gesehen zuvor.
Wer ist der den Abgrund mißt und kennt.
Wer ist'S, der die Meilcnzahl uns nennt.
Die den Frohen so weit vom Traurige trennt'!'
Wer ahnt, daß die Wand, so glatt nd gc '
leckt j
De Nachbauen Halle als Grabstein deckt'!'
Denn in der Straße HauS an Haus
Sieht eines so wie das andere astS,
Und ernste Töne erklinge bei Nacht,
Und Gestalten erscheinen in ernster Tracht,
Die das tapferste Herz erstarren macht:
Denn heute Verzweiflung und morgen Tod
In den stillen gewölbte Gemächer droht;
Dein Kind spielt auf der Treppe srob,
Ihm folgt ei Gespenst, das dem Grab entfloh,—
Und nur eine Wand dazwischen, oh!
Und der finstere Dämon grinst mit Lust
Auf den süßen Engel an deiner Baust.
O, in der Straße HauS a Haus
Sieht eines so wie das andere ans!
Mein Wagen hart: „Heut fakr' ich zu Wald,
Wo im Winde Wipfel an Wipfel wallt.
Wo an den Felsen des Echo prallt.
Wo aller meiner Gedanken Ziel
DeS Lichtes und des Schattens Spiel:"
jOdaß ich frohlockte und lachte, ich Tbor!
„Wo fährst du", rief ich, „den Nachbarn
hin?"
Drauf sprach der Kutscher mit traurigem
Sinn i
„Nach der langen Straße, wo Haus an Hans,
Wo eines sieht wie das andere aus;
Nach der Stadt die volkreich ohne Zahl;
Der Weg führt durch das Todesthal,
Die alten Hengste keuche vor Qual!
Ein neuer Name kommt über das Thor,
Am Platze, wo niemals er war zuvor,
Wo Ständchen bringen der Sturm und der
Wind,
Wo ohne Echo die Straßen sind,
Wo seine Spiele vergiß das Kind,
Wo, wenn du einst auch kommst, dort rubn'n,
Du fragen nicht wirst, was sie treiben und tbun-
Die stillen Nachbarn int nächsten Haus
Doch sieht es gerad wie die andern aus."
Feitleto.
DS Geheimniß lndianers.
scheu Arztes.
Es war an einem helle, sonnigen
Tage des Monats Juni, als der mach-
ttge Dampfer Saratoga, nachdem er sich
mühsam durch die rauschenden Strom
schnellen und die massiv gemauerte
Schleußt des St. Maricnflusses gear
beitet hatte, unter dem Donner der Böl
ler und der schmetternden Blechmusik ei
ner deutschen Musikbande in de östlichen ,
Zipfel des Oberen Sees einlief. Hohe,
grünliche Wellen, deren zerrissene Käm
me wie flüssiges Silber leuchtete, wälzte
die frische Brise dem stattlichen Schiffe
entgegen, dessen scharfer Bug wie ein
Rennpferd das Wasser theilte und den
glänzendenSchaum zu bcidcnScitcn weit
hinauswarf, während das heftigere Puf
fen und Keuchen der Maschine anzeigte,
daß die Feuerleute ihre Thätigkeit ver
doppelten. Die Zahl der Passagiere war
außerordentlich groß, denn die glänzen
den Berichte über die Ausgiebigkeit der
vielen neuentdeckten Kupferminen und
die großarttgenNaturschönhciten an den
ettgestreckten Küsten des Sees, hatten
dieses Jahr eine Menge Speculanten
nd Touristen aus allen Theilen der
Union angezogen, die begierig waren,
das nordische Eldorado kennen zu lernen,
oder sich überhaupt mit der Absicht tru
gen, dort Niederlassungen oder lucrativc
Bergwerke zu gründe. Diese Gesell
schaft in den mit dem höchsten Luxus
ausgestatteten weitläufigen Kajüten be
stand zum größten Theile aus Herren,
die och nie in dieser erst durch den rie
senhaften Bau des St. Marien-Canals
zugänglich gewordenen Gegend gewesen
waren nd sich daher ganz gegen die
sonst schweigsame Natur des Amerikaners
die grötzte Mühe gaben, mit denjenigen
> Gentlemen, welche schon längere Zeit an
den Usern des Oberen Sees gewohnt
hatten, Gespräche anzuknüpfen, um auS
sührlichc Mittheilungen über die Natur
und die Produkte des Landes zu erhal
ten. Namcntlich bildete der Ertrag der
kolossalen Kupfermine, welche sich von
Kcwccna - Point bis zum Ontonagon-
Flusse längs der südlichen Küsse hinzie
he, das Hauptgcspräch der Gesellschaft,
nnd ein Agent, der im Auftrage einer
großen östlichen Actiencompagnic dort
längere Zeit beschäftigt gewesen war,
konnte kaum Worte genug finden, um
alle die Fragen zu beantworten, mit
welchen er bestürmt wurde.
„Ja, meine Herren," rief er aus,
„wenn wir so mit unserer Ausbeute fort
fahre, wie voriges Jahr, so brauchen
wir die Leute in Californien nicht zu be
neide. Wir münze aus unserem Kup
fer eben so viel Gold, wie diese aus ih
rem Onarz. Bedenken Sie, die Cliff
mine gab das letzte Mal dreißig Prozent
Dividende, nd die Preise des Metalls
steigen noch immer!"
„Der Ertrag muß wirklich ein außer
ordentlicher sein," fuhr ein anderer Herr
fort, „wenn solche Blöcke reinen Kupfers,
die drei- bis viertausend Psnnd wiegen
nnd wie ich sie in Pittsburg vor dem
Schmelzöfen habe liegen sehen, häufig
vorkommen."
„Dazu kommt noch," setzte der Agent
hinzu, „daß der Verbrauch dieses Me
talls durch die moderne Industrie enorm
zugenommen hat. Alle Compagnien ha
ben sich deshalb entschlossen, de Berg
bau auf wissenschaftlichere Weise betrei
be zu lassen, weil der oberflächliche Be
trieb nicht mehr genügt. Sie werden,
meine Herren, unten im Zwischendeck ei
ne Menge cornische Bergleute bemerkt
haben, welche wir zu diesem Zwecke aus
England verschrieben haben. Auch ha
ben wir das Bctriebsdirectvr einen deut
schen Gentleman engagirt, der früher
seine Studien anf der berühmte Bcrg
schule zn Freibcrg in Sachsen gemacht
hat und uns vom Professor Agassi; em
pfohlen worden ist. Sehen Sie den
Herrn, der dort anf der Galeric sitzt und
so emsig nach der Küste schaut. Das
ist er!"
Tic neugierigen Blicke der Amerikaner
richtete sich jetzt durch die offenstehende
Ceitcnthür der Kajüte aus den Fremden,
der nun ausgestanden war und ruhig
aus den langen Gangwcgc des Damp
fers auf- nnd abschritt, während er von
Zeit Z Zeit mit Hülfe eines kurzen
Fernrohrs die südliche Küste des Sees
musterte, an der sich hier die berühmte
Sandsteingcbilde, gewöhnlicy die piotu
reck roel genannt, in schroffen Formen
erheben nnd durch eine wunderbare
Zeichnung mit kolossalen rothen Strei
fen eine angenehme Abwechselung dem
Auge bereiten, welches durch die meilen
lange wcißschimmcrnde Düne gleich am
Eingänge des großen Wasserbeckens er
müdet ist. Der Deutsche schien dieses
geologische Räthsel mit dem größten In
teresse zu betrachten, zog eine Brieftasche
heraus nnd versuchte, ohne sich von dem
Schaukeln des Schiffes störe zu lasse,
eine flüchtige Zeichnung jener maleri
schen Felsen zu entwerfen, deren Ent
stehung die Naturknndigen zu den ge
wagtesten Hypothesen verführt hat.
„Ich bitte um Entschuldigung, wen
ich Sic störe, mein Herr," sagte hinzu
tretend einer der Passagiere, „ich habe
soeben von Mr. Tomkins, dem Agenten,
gehört, daß Sic ein Mineraloge aus dem
alten Lande sind nnd daß seine Com
pagnie sich von Ihrer Thätigkeit viel
verspricht. Da ich nun selbst ein wenig
in den Kupscrmincn speculircn möchte,
so erlaube ich mir, mich Ihnen vorzu
stellen. Mein Name ist Jones und ich
bin am Michigan-See zu Haus."
„Der meinige ist Werner," erwiderte
der Deutsche, indem er dem Amerikaner
seine Karte überreichte, „und es sollte
mich freuen, wenn ich Ihnen nützlich
sein könnte. Ich gehe nach Ontonagon.
Wo werden Sic aussteigen?"
„Ebendaselbst," entgegnete Mr. Jones,
, aber lassen Sie sich bei Ihrer Zeich
nung nicht stören. Ich hoffe, daß Sie
hier im fernen Nordwesten noch manche
Scenerie finden werden, die Ihren euro
päischen Augen interessant erscheint.—
Schauen Sie nur diesen mächtigen Süß
wasscr-Scc an, der fast ein eben so gro
ßes Becken zeigt, wie das baldischc Meer.
Hier ist Alles großartiger, als drüben.
Wenn Sie in Deutschland das Bischen
Kupfer mühsam durch Pochwerke und
künstliche chemische ScheidungSproccsse
gewinnen, so ragt es hier massenweise
fast in gediegenem Zustande aus der
jungfräulichen Erde hervor."
„Ja, ich habe wirklich Wunderdinge
davon erzählen hören," sagte Werner,
„und bin äußerst gespannt, die Mineral-
Ländcreien an Ort und Stelle kennen
zü lernen. Auch habe ich so meine Ver
muthungen, daß in dieser Trappforma
tion außer dein Kupfer noch andere Me
talle vorkommen müssen."
„Sie meinen doch nicht Silber?" un
terbrach hier hastig der Amerikaner,
„könnten Sie Silbererz in ordentlichen
Stufen finde, dann wäre Ihr Glück
für immer geinacht!"
„Et nun," sagte Werner, „die alten
Handschristen aus der Zeit, wo der Va
ter Marquette und die andern Jesuiten
diese Gegenden bereisten, lassen keinen
Zweifel obwalten, daß das felsige Pla
teau, in welchem der Obere See gewisser
maßen mit seinem Becken eingesprengt ist,
an vielen Stellen silberhaltigen Ouarz
aufweisen muß. Ich selbst habe zu Oue
bek und Montreal in den Klosterbiblio
theken vergilbte Manuscripte gefunden,
in welchen die alte Reisenden, freilich
mit ihrer gewöhnlichen Uebertreibung,
erzählen, daß auf den Inseln des Sees
früher ein Volksstamm gelebt habe, des
sen Geräthschaftcn ohne Ausnahme mit
dein schwersten Silber geschmückt gewe
sen wären."
Mr. Jones war dei diesen Worten
Werner'S ganz Auge und Ohr und hätte
die Unterhaltung noch gern fortgesetzt,
wenn nicht der Dampfer in Sicht der be
rühmten Felscapclle gekommen wäre,
welche hier durch die schaffende oder zer
störende Hand der Natur mitten in die
Felsenwände eingesprengt ist. Dieses
wunderbare Schauspiel zog den größten
Theil der Passagiere auf die Galerie hin
aus, nm den prachtvollen Anblick sich
nicht entgehen zu lasse, den diese ohne
Mitwirkurg von Menschenhänden ge
schaffene Basilica mit ihren bunden,
gleichsam gemalten Pfeilern und roma
nischen Schwibbogen dem staunenden
Auge darbietet. Duinpf schlug die Bran
dung an die über dreihundert Fuß hohe
marmorirte Mauer der Küste, nnd eine
grüne Woge nach der andern wälzte sich
mit schanmbcdecktem Kamme durch das
hohe Portal der Felsenkirche, wo die zwi
schen den starren Säulen zusammenge
preßten Gewässer, durcheinander wir
belnd, ein Geräusch hervorbrachten, das
mit dem Echo der weiten Wölbung ver
mischt dem Donner des Niagara nicht
nachstand.
Der Capitain, der bis dahin aus Ge
fälligkeit für seine Passagiere, um ihnen
die mehr als romantische Scenerie zu
zeigen, längs der Küste gefahren war,
ließ nun den Dampfer mehr der Mitte
des Sceö zu steuern, und bald glaubten
die Reisenden, daß sie sich auf offenem
Meere befanden, denn die Küste schwand
aus Sicht, und der große Dampfer von
mehr als zweitausend Tonnen Gehalt
begann zu schlingern und z rollen, daß
die Meisten es vorzogen, itzre Mahlzei
ten im Stiche zu lassen und ihre Betten
auszusuchen. Werner hatte eine kräf
tige Natur und überwand die tückischen
Angriffe der Seekrankheit leicht dadurch,
daß er sich fortwährend auf Deck hielt,
wo er dein Spiel der Wellen nnd Wol
ken zuschaute und die reine Luft einath
mete, die diesem Klima eigen ist. Mr.
Jones und alle anderen Herren, mit wel
chen er an Bord Bekanntschaft gemacht,
waren gegen Abend unsichtbar geworden,
und die Gesellschaft im Schenkziminer,
wo einige professionelle Spieler, wie diese
leider auf allen Dampfbovten der Nnion
zn finden sind, ihr wüstes Handwerk trei
ben und zechten, zog ihn nicht an. So
blieb ihin denn nach dem eingenommenen
Thee Nichts weiter übrig, als gedanken
voll auf der Galerie zu sitzen und den
tief indigoblauen Himmel anzustaunen,
auf dem die wohlbekannten Sternbilder
in einer unendlichen Klarheit glänzten,
wie er sie in seiner Heimath ie geschaut
hatte. Vor seinem geistigen Auge schweb
ten die politischen Kämpfe, welche ihn
aus dem Vaterland vertrieben hatten,
die Gesichter seiner Lieben, als sie Ab
schied von dem Flüchtling nahmen, und
die Anstrengungen seines unterdrückten
Volkes, wie es um nationale Selbst
ständigkeit rang. Alles das tauchte in
seiner Erinnerung auf. Der atlantische
Ocean war ihm wie ein weißes Blatt
im Buche seines Lebens erschienen; es
handelte sich jetzt für ihn darum, eine
neue Existenz zu erkämpfen, um später
hin eine Vereinigung mit den Seinen
möglich zu machen. Freilich hatte er
vor vielen andern Emigranten das vor
aus, daß seine in Amerika so gesuchten
Fachkenntnisse ihm schon eine sichere Stel
lung verschafft hatten, in der er wenig
stens frei von Nahrungssorgen zu sein
glaubte; indessen ließ sein deutsches Ge
müth nicht zu, daß er sich unter diesen
scharfmarkirten anglo sächsischen Cha
rakteren wohl fühlte. So fürchtete er,
stets als ein Fremdling isolirt und ein
sam zu stehen, namentlich in diesem
Theile des Landes, wo die Erscheinung
eines gebildeten Deutschen eine Selten
heit war.
Seinen Gedanken überlassen, saß denn
Werner spät in die Nacht hinein, bis
die Sterne hinter grauem Gewölk ver
schwanden und ein steifer Nordwestwind
einsetzte, der den bis dahin ziemlich ruhi
gen See in Aufruhr brachte. Der
Dampfer befand sich nach Mitternacht
auf der Höhe der Manitoninsel, nicht
weit von Eagle-Harbor, in einer Gegend,
wo durch die eigenthümliche Bildung der
Halbinsel, welche hier von der Südküste
Lancaster, Pa., Donnerstag, September 2, R 8.
fast achtzig Meilen weit in das Wasser-
Becken hineinragt, entgegengesetzte Luft
strömungen eintreten und est, selbst lit
ten im Sommer, heftige Stürme verur
sachen. Schon die Indianer fürchteten
diese Stelle des SecS und nannten diese
Insel deshalb Geisterinsel, weil sie glaub
ten, daß die heftige Windstöße, welche
hier dem unvorsichtigen Schiffer so ge
fährlich werden, durch die Tücke böser
Dämonen verursacht würden.
Als Werner, von diesem plötzlichen
Aufruhr der Elemente überrasch, vorn
auf die Galerie getreten war und sich
bei dem Stampfen des Schiffes an ei
nem der Pfeiler hielt, welche dasHurri
canedeck unterstützen, huschte eine Gestalt
aus der noch erleuchten Kajüte hervor
und crgrtff ihn am Arme. Erstaunt sah
sich der Deutsche nm und erkannte bei
dem Lichtschein, welcher durch die geöff
nete Thüre des Salons fiel, seinen neuen
Reisegefährten, Mr. Jones.
„Machen Sie geschwind, daß Sie her
einkommen !" rief ihm dieser mit einer
Stimme zu, welche das Heulen des Win
des übertönte, „Sie kennen die Stürme
auf diesen Seen noch nicht. Setzen Sic
nicht, die Galerie kann jeden Augenblick
über Bord gehen! sie ist ja nur ange
baut, und jede starke Welle vermag sie
abzureißen. Komme Sic hübsch her
ein ; der Rumpf des Dampfers ist fest
genug, da sind Sic sicher."
Bestürzt schaute Werner durch die
Nacht in das wilde Wogcngetösc nnd
bemerkte zu seinem nicht geringen Er
staunen, daß man ihn ganz allein anf
der zerbrechlichen Galerie gelassen hatte,
ohne ihn auf die Gefahr aufmerksam zu
machen. Vielleicht hatten die Schiffs
leute bei dem ausbrechenden Wetter zu
viel zu thun gehabt, um an ihn zu den
ken, oder sie huldigten dem amerikani
sche Grundsatze, daß Jedermann für sich
selbst sorgen müsse. Ein paar Dankcs
worte stammcllnd, folgte er Mr. Jones
in die Kajüte, wo man vor dem Anprall
der Wellen sicher war.
Eine Viertelstunde später erreichte der
Sturm seine größte Höhe, und die Offi
ziere des Dampfers hatten alle mögliche
Mühe, diesen dem Winde gerade in die
Zähne zu steuern, obgleich das lange
Fahrzeug dem Helme vortrefflich ge
horchte. Trotz der corrcctcn Führung
stifteten die scharfe, kurzen Wellen des
Sees, die denen der Ostsee gleiche, an
den Anßenwcrken des Dampfers vielen
Schade, wenn sie auch dem eigentliche
Rumpf Nichts anhaben konnten. Sic
zertrümmerten die Radkasten und bra
chen auch denjenigen Theil der Star
bordgalcric ab, wo Werner noch vor knr
zcr Zeit gestanden hatte. Dieser mußte
deshalb auch die freundschaftliche Für
sorge Mr. Jones' dankbar anerkennen,
als er bei Tagesanbruch die Verwüstun
gen betrachtete, welche der Sturm wäh
rend der Nacht angerichtet hatte.
Schnell wie das Wetter aufgezogen
war, ebenso schnell ließ es nach, und als
die Sonne aufging, hatte die Saratoga
nur noch mit der heftigen Strömung zu
kämpfen, welche ihr bei Kewcena Point
cntgcgenrollte. Die Passagiere krochen
aus ihren Cabinen hervor, wen sie nicht
seekrank waren, und die Stewards setz
ten ein substantielles Frühstück auf, bei
dessen Genuß die Leiden der Nacht bald
vergessen wurden. Gegen Mittag kam
auch die deutsche Musikbande wieder zum
Vorschein, die während der Nacht im Zwi
schendeck eben kein comfortablcs Ouar
ticr bezogen hatte und ziemlich übermäch
tig aussah; aber als die braven Leute
die frische Seeluft wieder in vollen Zü
gen einsogen nnd die hellen Sonn.'N
strahlen über das grüne, bewegte Wasser
Hinspiele sahen, faßten sie wieder Muth
und bliesen „Heil Columbia" mit einer
solchen Präcision und solchem Feuer, daß
selbst die Seekranken in ihren Kojen mit
einstimmten. So ging der Rest des Ta
ges ganz angenehm hin, und gegen Abend
kam Eagle Harbor in Sicht, die erste
kleine Stadt, an welcher die für die Mi
ncralgcgcnd bestimmter Dampfer anle
gen.
Die Saratoga lud hier aus und ein,
setzte einige Passagiere ab und dampfte
nach einem Aufenthalt von ein paar
Stunden nach Ontonagon weiter, wo sie
ohne Unfall am nächsten Morgen an
kam.— Gedankenvoll stand Werner auf
dein Sturindcck des Schiffes nnd betrach
tete mit prüfenden Augen die Gegend,
welche nun für einige Jahre sein Aufent
halt werden sollte. Er inußte sich selbst
gestehen, daß seine Erwartungen über
troffen wurden, denn überall begegnete
seinen Blicken eine wundervolle Mischung
von Wald- und Felsparticn, die sich über
dem immer bewegten Spiegel des Sees
terrassenförmig erhoben, bis sie sich in
weiter Ferne an einen weitgcstreckte,
zackigen GebirgSkainm lehnten. Das
Städtchen selbst bot dieselben Erschei
nungen, wie alle neu angelegten ameri
kanischen Orte in ihrer Kindheit: hüb
sche und breitausgcmessene Strassen, sich
rechtwinkelig durchschneidend, freundliche
Backstcinhäuser, untermischt mit noch
rohen Blockhäusern, und einige primitive
Kirchen, deren verschiedener Baustyl den
Beweis lieferte, daß das landesübliche
Sectenwesen auch schon bis hierher vor
gedrungen war. In Begleitung von
Mr. Tomkins, dem Agenten, überschritt
Werner die LandungSbrückc nd begab
sich ach dem Bureau der Minnesota-
Compagnie, vor welchem ein paar hun
dert Fässer voll Kupfererz aufgeschichtet
lagen, fertig zur Verschiffung. Dort
wurde der neue Betriebsdirektor von ei
nigen Beamten gastfreundlich aufgenom
men und die Bestimmung getroffen, daß
derselbe sich in einigen Tagen nach einem
neuangekauftc Minendistrict begeben
sollte, um für dessen zukünftige Ausbeu
tung die nöthigen Vorarbeiten zu ma
chen.
Gegen Abend, als Werner am Ufer
des Flusses, der sich bei Ontonagon in
den See ergießt, lustwandelte und das
verfallene Jndiancrdorf, welches am Ab-
Hange des Hügels der Stadt gegenüber
liegt, mit ncngicrigen Augen betrachtete,
begegnete ihm wie zufällig Mr. Jones,
der sich außerordentlich zu freue schien,
noch einmal mit seinem Reisegefährten
von der Saratvga zusammenzutreffen,
und sein Bedauern ausdrückte, ihm nicht
weiter dienen zu können, da er morgen
schon mit dem nächsten Dampfer sich wei
ter nach dem Wcstendc des Sees bcgc
den wolle.
„Ich werde Ihne nie vergessen," sag
te der Deutsche, „daß Sie mich bei je
nein Sturme vor großem Unglück be
wahrt haben, denn, in der That, ich muß
gestchen, ich hatte keine Ahnung davon,
daß ich damals mich an einer so gefähr
lichen Stelle des Schiffes befand."
„Ei, Sie haben nichts zu danken,"
versetzte Jones, „ich that nichts, als mei
ne Schuldigkeit. Ich sah, daß Sie wie
alle Ausländer die Gefahren, welche hier
mit dem Reisen ve> knüpft sind, noch nicht
kannten, und ich kann die Schiffsofsi
ziere nicht genug tadeln, daß man Sie
bei dem Ausbruch des Wetters nicht
hincinzngctzen hieß. Lassen wir das bei
Seite.' Aber ich möchte Sie, als Frem
den, noch auf andere Dinge aufmerksam
machen, wenn Sie es mir nicht übel deu
ten. Sie sind hier von der Minnesota-
Compagnic cngagirt, um durch Ihre
höhere Fachkunde einen größeren Ertrag
aus den Minen zu erzielen, den die Her
ren bei ihrer oberflächlichen Kunde des
Bergbaues bis dahin nicht gewinnen
konnten. Man wird nun Ihre Kennt
nisse und Talente so gut wie möglich
ausbeuten, und wenn Sie dann alle
Einrichtungen getroffen haben werden,
wenn zweckmäßigere Schachte und Stol
len hergestellt sind, kurz nnd gut, wenn
man Ihne Ihre Kunst und Wissenschast
abgelauscht hat und Ihre Dienste nicht
mehr nothwendig braucht, dann wird
man Sic wegwerfen wie eine ausge
quetschte Citrone und an Ihre Stelle ei
ncn Aankee einstellen, der den Herren
mehr zu Willen ist und die fremden Ar
beiter besser beschwindeln kann."
„Was Sie mir da sagen," entgegnete
Werner, „klingt allerdings sehr beunru
higend für mich, indessen bin ich nicht
so grün, wie sich die Herren vorstellen,
und was dasßergfach anbetrifft, so wird
so ein oberflächlich gebildeter Mensch erst
noch lange lernen müssen, che er in mei
ne Functionen treten kann."
„Glauben Sie das nicht," versetzte
Jones, „die Amerikaner sind ungemei
praktisch und wißbegierig, wenn es sich
darum handelt, Geld zu verdienen, und
dem Ausländer gönnen meine Landslcntc
vollends nichts. Nun hören Sie meine
Worte. Ich habe gesprächsweise an Bord
der Saratvga gehört, wenigstens gab
Mr. Tomkins es nicht undeutlich zu ver
stehen, daß Ihre Compagnie jetzt haupt
sächlich darauf speculirt, Silbererz aus
zufindc, und daß man Sie gerade zu
diesem Zwecke als praktischer Bergmann
engagirt hat. Vor einigen Monaten
hat ein irischer Arbeiter irgendwo in der
Gegend eine gewaltige Stufe des edel
Metalls gefunden und ohne Hülfe An
derer gelöst. Sie soll wenigstens fünf
zehnhundert Dollars werth gewesen sei.
Das Merkwürdigste bei der Geschichte ist
aber, daß der Mann, nachdem er sich
positiv geweigert hatte, den Ott seines
glücklichen Fundes anzugeben, spurlos
aus der Gegend verschwunden ist, so daß
man hin und wieder von einer schwarzen
That gcmukelt hat. Möglich, daß ihn
die OdschibbewaS, die sich hier noch im
mer am südlichen User des Sees herum
trieben, in der Wildniß erschlagen ha
ben, wenn sich der Narr so weit von den
Ansiedlungen weg wagte."
„Ich dachte," sagte Wencr, „die hiesi
gen Indianer wären friedlicher Natur
und ohchin genug zu beklagen, daß die
fortschreitende Civilisation sie aus der
Heimath ihrer Väter verdrängt."
„Da sind sie im Irrthum," erwiderte
Jones, „es ist verrätherisches Gesindel,
welches jede Gelegenheit ablauert, um
einen Weißen kalt zu machen. Einige
von den alten Sagamores kennen durch
Tradition noch dic MctaUschätze des Lan
des und wisse genau, wo das Silber
liegt, aber sie behalten das Geheimniß
für sich, weil sie fürchten, daß die Kunde
davon unzählige Ansiedler herbeiziehen
würde, denen in kürzester Frist Grund
und Boden anheimfiele."
„Aber mit welchem Rechte ?" unter
brach Werner.
„So kann nur ein Deutscher fragen,"
antwortete JaneS. „In unsern Augen
sind die rothen Diebe nur so eine Art
zweibeinige Ungeziefers, das jed r or
dertlichc Weiße mit Fug nnd Recht ver
tilgen kann. Die Kirche lehrt ja, daß
die Brut von Kam abstammt und des
halb, zum unstätcn Wanderleben ver
dammt, keinen bleibenden Besitz eignen
kann."
„Da sind unsere Begriffe von dem
Christenthum! anders," riefWerner aus.
„Mag sein, daß die Europäer ver
schieden denken," sagte Jones, „wir wol
len darüber nicht streiten; aber, in auf
das frübcr Gesagte zurückzukommen, will
ich Sie noch einmal darauf aufmerksam
mache, daß Sie, wenn es Ihnen gelin
gen sollte, eine Silbcrminc zu entdecken,
die Sache zunächst für sich behalten, um
ruhig überleben zu köne, wie Sie den
besten Ruhen daraus ziehen mögen;
den wen die Compagnie oder andere
Leute dahinter kämen, so würde man
Ihnen den Besihtitel abzuschwindeln
oder Sie auf irgend eine Weise mit ei
ner .Kleinigkeit abzufinden suchen, falls
Sie Ihr CigcntbnmSrecht nicht vollstän
dig vor dem Gesehe gewahrt haben.
„Ei nun," sagte Werner, „so weit sind
wir noch nicht. Sollte mich wirklich das
Glück begünstigen, so werde ich mein
Recht schon zu bekaupcn suchen, ttebri
gens, Mr. Jones, bin ich Ihne sehr
dankbar für Ihre Mittheilungen, da Sie
mich als Ausländer nicht mit nativisti
schen Gesinnungen betrachten, sondern
im Gegentheil mit Freundschaft über
häufen, indem Sie mir Aufschlüsse über
die hiesigen Zustände gegeben haben,
welche von großem Ruhen für mich sein
werden."
„Ich werde vielleicht längere Zeit am
Oberen See bleiben," sagte Jones, „und
wahrscheinlich öfter in diese Gegend kom
me, dann werde ich, wenn Sic nichts
dagegen haben, Sie in Ihrer Wildniß
besuche nnd scken, ob Ihnen das Glück
günstig gewesen ist. In Ontonagon
kann ich ja immer erfahren, wo Sie sich
augenblicklich aufhalten. Ist Ihnen das
recht?"
„Nichts wird mich mehr erfreuen, als
ein solcher Besuch," erwiderte Werner.
„Kehren wir indeß zur Stadt zurück, da
die Sonne im Sinken begriffen ist und
wir den Weg verlieren möchten. Dort
können wir bei einer Flasche Wein das
Gespräch sortsehen und ans baldiges
Wiedersehen anstoßen."
tFortslhunq folgt.)
MilistsM.
Tie Buttrrbrod-Brigade.
(Zweites Kapitel.)
Als sich die Blüthe der Butlcrbrod-Brigade,
von welcher wir schon unsere Lesern eine kurze
Beschreibung mitgetheilt haben, entfaltete, kam
daraus die radikalen DiS-UnionS-Partei, auch
die Partei der wahnsinnigen Häringe genannt,
zum Vorschein. Jedes Mitglied der Butterbrod
Brigade wurde im Laufe der Zeit ein radicaler
bindern sich bestrebte.
Wie es dieradicaleßutterbrod-Brigade durch
das ganze Land hindurch im Großen getrieben
lungrn dieser Brigade in jedem einzelnen Staate
in jedem Countv, in jedem Township und in
jeder Stadt der Union getrieben. Ucberall ha
ben sie gierig die Butter des Volks wcggeleckt,
wo immer sie zu kriegen war und wo Niemand
und ruhte und rastete nicht eher, als bis sie
dieselbe zwischen ihre Fangzä'hnen hatten.
Wir haben unsern geehrten Leser in einem
Artikel unserer lchten Nummer schon kurz da
rauf hingewiesen, wie diese Butterbrvd-Brigade
de lchten Krieg für sich nd für die Ihrigenz
einem ganz besonders profitablen Geschäft ge
dieses Krieges gingen sie ein bis auf den lehtcn
Mann, den lchten Dollar und den lchten Bluts
tropfen. Dabei meinten sie aber wohlverstanden
und stand mit den letzteren jederzeit in dem
innigsten Zusammenhang. Wenn sie daher
von dem leptc Mann, dem letzten Dollar und
Man aus dein Volke und letzten Dollar, sowie
den letzten Blutstropfen des Volks. Ihnen und
ich der Union sollte das Volk dieses
Opfer bringen. Sie aber blieben während des
füllen und zu dereichern.
Das war in der That ein ganz famoses But
tcrbrod und schmeckte bedeutend besser als der
Speck und die Crackers, mit denen unsere Sol
daten im Felde vorlicb nehmen mußten. So ein
Aemtchcn als Profoß-Marschall, Stcuer-Eom
missär, Assessor, Eollector, RegicrungSverwal
tcr, Ver. Staaten Gesandter u. s. w., u. s. w.
das war ein herrlicher Wirkungskreis für un
sere radicalen Patrioten und
Sie wußten, es war doch kein leerer
Schall,
Der Mensch konnt' S brauche im
Leben,
Denn es trug gar viel ein und in
jedem Fall
War „Das Nehmen" stets sel'-
ger, als Geben.
Und genommen (andere Leute sagen: „ge
stohlen") wurde, was sich nehmen ließ, denn die
langen Taschen solcher Mensche sind gewöhnlich
ihre einzigen Laster.
Bei den alten Spartanern wurde bekanntlich
nichts gestohlen, aber die hatten auch keine Ta
schen in ihren Kleidern.
Die Herren von derßutterbrod-Brigadc aber
hatte leider nicht allein Taschen, sondern sie hat
ten auch stets einen ganz abscheulich starken
Appetit und wollten gar nicht satt werden. Wir
halten in den letzte fünf Jahren öfter Gelegen
heit diesen erstaunlich gesunden Appetit der ge
fräßigcn Herren Butterbrod Brigadiers, dir sich
in Zoll Angelegenheiten, Baumwollcnsockula
tionen, Nalionalbankschwindeleien, Bountp-
Freedmans-Geschichten u. dglm., kundgab, in
den Spalte unseres Blattes zu bewundern und
wir können unsern Leser versichern, daß nS oft
ganz schwül zu Muthe ward bei diesem grauen
haften Heißhunger, den die radicalen Wölfe
überall im Lande in der größten Gemüths
ruhe entwickelten.
Wenn diesen Leuten der Brodkorb nicht höher
gehängt worden wäre, sie hätten in ihrem uncr
schöpflichr Patriotismus wahrlich am Ende noch
Land und Leute bei lebendigem Leibe verschlun
gen und wären dann wahrscheinlich immer noch
nicht satt geworden. Dabei hätten sie dem
Volke immer noch vorgeschwätzt, daß sie Alles
zum Besten des Vaterlandes thun und ihre
Säckel nur um der Union willen füllte.
ES war daher die allerhöchste Zeit, daß dem
zerstöre dieser Blutige! ein Damm entge
gengesetzt wurde. Schon zur Zeit des Präsiden
ten Lincoln hätte dies geschehen solle nnd es
wäre manches Unheil verhindert worden. Lin
meistcn seinen ursprünglichen guten Humor und
machte ihn zuletzt gegen die Besten dieser Bestien
mißtrauisch. So sagte er einmal: „Indem ich
eilte, dahin zu kommen, daß man sagen kann,
sieben Achtel desselben geben sich Mühe die Art
und Weise zu entdecken, wie sie anf Kosten
des letzten Achtels leben können." Dasselbe
konnic bald darauf auch Präsident Johnson von
werde.
Endlich kam aber die Zeit, in welcher das
Volk selbstdieSachc in Hand nahm. Dies geschah
nämlich durch die neuestenßewegungen der atio-
und die Helden erfüllten sofort die Luft, mit ih
rem Januner-undZetcrgcschrei: Dießutter
brodewaren in Gefahr ! Die Herrlich,
keit der Brigade drohte zu Ende zu gehen. Die
Todtcnsen se der Zeit hing sich jetzt an alle ihre
Empfindungen an und das; „Ihr seidgewe
se n"war für das Gefühl jener Mcnlchen un
gefähr dasselbe, was das : „Ich habegehabt"
für die Tasche eines zurückgekommenen Barons
ist. Sie sahen schon im Geiste ihre „zukünftige
Vergangenheit" or sich, sie verzogen die Ange
zucrst der Erguß ihres Ingrimms. Auf ihn
schimpfen diese Butterbrod-Männer jetzt, daß es
eine Ar hat, weil er thut, was seit Jefferson'S
Zeiten noch jeder Präsident gethan hat, weil er
nämlich solche Beamte einsetzt, welche ihn in
seiner WiedcrhersteilungS-Politik unterstützen.
Und doch machten dieselben Radikale z. B. in
der jetzten Sitzung der Missouri-Gcsetzgedung
ein Gesetz, in welchem sie dem Volk von Missouri
das Recht nahmen, seine eigenen Beamten zu
den, 8(X1 früher durch das Volk besetzte Aemter
im Staate mit seinen eigenen Parteifreunden
zu besetzen.
So inconsequct sind diese Radikalen. Aber
brodefürsieinGe fahr sind. Deßhalb
fange sie an zu husten, daß sie or Aerger und
Grimni die Auszehrung kriegen könnten, und
der Teufel im Weihwasser.
erscheine anzugreife und die Besatzung zu über
rumpeln. Ihre Angriffe sind so übereilt und
die Mittel welche sie in Anwendung bringen, so
widersprechend, daß sie selbst den Beweis liefern
daß ihre Bemühungen nicht durch Vernunft
und Einsicht, sondern bloß durch ihre Leidenschaf
ten geleitet werden.
N.J. Tribune, der Hohepriester der Radikalen
hat sich bisher bemüht, zu zeigen, daß der Abfall
von der Butterbrod-Partei so unbedeutend sei
daß die Wahl nicht dadurch beeinflußt erden
könne. Nach der Abhaltung der Philadelphier
Convention hat sie sich plötzlich an die Demokra
ten gewendet und sucht denselben den Beweis zu
liefern, daß sie durch diese neue Bewegung von
den Jonson-Republikanern aufgefressen werden
würden. Die Tribuneist in großer Vcrwir
rung und hat sich eines lächerlichenWiderspruchS
schuldig gemach. Wenn es so wenige John
son Republikaner gibt, wie sie versichert, so ist
es schwer zu begreifen wie diese Wenigen die
vielen Demokraten auffressen könne, rS sei denn
daß es wahre Löwen wären. Nach dieser An
sicht würde den Demokraten bloß die Wahl ge
lassen sein, ob sie von den Löwen oder den Ra
dikalen der Butterbrod-Partei aufgefressen wer
den sollen. Wenn diese Frage wirtlich zu ent-
Rro. RS.
scheiden wäre, so würden wir den Demokraten
das Sprichwort an'S Herz legen : „Es ist besser
von de Löwen auffgefresse zu werde, als von
den Schweinen".
Die Phil. Presse, das Organ der „todten
Ente", greift zu dem rntgegcngesctztc Mittel
und versichert heilig Nd theurr, daß die Demo
kraten die Johnson-Republikaner mit Haut und
Haaren auffressen werden. Da die zwei ein
flußreichsten radikale Zeitungen in den Ver.
Staaten eine so widersprechende Ansicht über
das „Auffressen" hegen, so gebe wir ihnen den
Rath die Sache unicr einander auSznfechtc.
Die Demokraten und die Johnson-Republika
ner werden schon mit einander fertig werde
und zwar ganz gemüthlich, zumal die „Äussres
screi" in der Phil. Convention so blutlos nd
so gegenseitig befriedigend abgelaufen ist.
Was aber so aus der großen Bnttcrbrod-
Brigade werden, wenn das Volk die Union
wirderhcrstcllcn und die Constitution wieder
in ihr gutes altes Recht einsetzen wird ?
Von der Constitution können diese Buttcrbrod
hcldcn freilich nicht leben. Das wäre ein zu
magerer Fraß für diese aulck Ko Patrioten,
und daher machen sie dem Volke jetzt alle mög
lichen Flausen vor, um die Wicdcrstcllung der
Union z verhindern.
Das Volk kennt seine Pappenheimer!
Einige Brocken,
welche beweisen, was eigentlich die Absicht der
Radikalen ist: Geteilt Smith hat kürzlich ei
Schreiben veröffentlicht, worin er mit bemcrkcns
wcrthcr Offenheit seine Meinung bekennt, daß
ei anderer Bürgerkrieg nothwendig sei und vor
was Reckt nd Billigkeit verlangen— sie muß
ockmals fühlen, was es heißt diese hohen Gü
ter der Menschheit zu vcrläugne Eine andere
sind Ursache, daß alle die großen Opfer, Gut
ud Blut umsonst verschwendet sind. Die Na
tion muß nochmals ein Leben voll Sorge und
Amendement ratisicirt haben. In derselben
Versammlung sagte Senator Trumbull: „Das
Negerstimmrecht ist das Wesen nnd die Essenz
des Constitutions-AmcndementS." Der Gou
dasselbc tragische Ende nehmen als die Rebellion
unter Icffrrson Davis. Ein Million Säbel
werden aus der Scheide fliegen, eine Million
Der Röchest „Democrat" ruft blutdürstig
nach wildem Gemetzel:
„Wenn die Opposition och länger auf ihrem
Widerstand beharrt, dann ist es an der Zeit, daß
die schwächere zu Grunde gehe.
te/'
Ncw-OrleanS, die demsclbeu vorangegangene
Versammlungen und die in diesen gehaltene
revolutionäre Reden, und endlich die Auffas
sung dieses Aufruhrs von Seite der negcrradi-
Prcssc, ihre Denunciationen und Drohungen
gegen den Präsidenten, die gesetzliche Behörden
in New Orleans und die dortige weiße Bevölker
ung in Beziehung, und vergißt dabei nicht, wel
che Anstrengungen diese disunionistische Faction
macht, den General Grant zu sich hinübcrzuzieh
eu und sich die Hülfe der Armee und der entlas
senen Soldaten zu sichern, so wird es dem Kurz
sichtigsten klar, daß diese Factio auf eine zwei
ten Bürgerkrieg hinzielt.
Sittliche Verdorbenheit des letzte
radikalen Rumpf-CongrrsscS.
Der Waschington Eorrespondent des New-
Jorker „Watchman", eines religiösen Blattes,
zog in einer seiner jüngsten Correspondenzcn an
das genannte Blatt den Schleier von der mor
alischen Zäulniß des Lebens in der Hauptstadt
des Landes, die unten der radikalen Fuchtel siebt,
weg und gab folgendes Bild davon zum Be
sten :
„Im Wasckingtoncr Leben herrschten wäh
rend der letzten Congreßsitzung Ausschweifung
und Trunkenheit vor. Mitglieder des Eongrcs
ses brauchten die Nachmittags u. Abendstunden
in BillardsalonS und Kneipen und die Nächle in
llbelberüchtigten Häuser zu. Wenigstens fünf
siebente! der republikanischen Congreßmitalicd
haben während ihrer Anwesenheit in Wasching
ton ein solches liederliches Lebe geführt. Wäh
rend die demokratischen Mitglieder an dem
Wohle des Landes arbeiteten,schwelgte die Mehr
heit des radikalen Eongresscs in sinnlichen Ge
nüssen, nm sich „gute Stunden" zu machen.
Seit der AbolitionsmuS das Scepter führt, ist
Waschington zur sündhaftesten Stadt auf dem
amerikanischen Continentc gemacht worden.—
Kneipen und TrinksalonS, Spiel-und Freuden
häuser und Absteigequartiere aller Art umgaben
rinqS das Eapitol, als wäre es eine Rcitcrbudc.
Verworfene weiße Frauenzimmer und „Niggcr
ladics" lungerte auf den GaUrriec des Hau
ses herum und warfen ihren Vcrehrcrcn Kuß-
Händchen zu, zu Ehren „Gottes und der Moral
ität" dieser Heimgegangenen radikale Volks
vertreter."
So schreibt einreligiösc S—nicht ein geg
nerischcs politisches Blatt. Welche Zustände!
—Sind das wirklich die Repräsentanten des
Volks?— Solle sie cS bleiben?
* Die grau von John E. Breckinridge
in Canada wohnhaft, hat ihren Gatten, mit
Zwillingen beschenkt.