Pennsylvanische Staats zeitung. (Harrisburg, Pa.) 1843-1887, August 09, 1866, Image 1

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PmnZNlbMischr MMs-Zeitung.
Jahrssnüfl l.
Die
PrnitsijlllattischeZtaatS-^eitilNfl
Jot,. Georg Nipper,
erscheint jeden Donnerstag, mid toste:
Niemand das Bläll abbestellen, bis alle Rück
stände bezahlt sind.
Anzeige werde zu den gewöbninbcn Prei
Office: in der „Patriot nd Union"
Druckerei, Deinen Straße. Harrisbarg, nd
in der „Jnlciligeneer" Druckerei, am Ecnire
pk'i'lii'.
<55 ist eine Selmnd!
Reis,
Reick.
* sebn.
Was in kurzer Frist wird in Deutschland ge
Der Mann sah lächelnd den Finigling an
Und sprach im bedächtigen Tone sodann :
Kein Garibaldi, kein Frcischaarcnhcer,
Errettet Deutschland aus seiner Misere;
Denn zu Lande sind wir mäcktig und groß!
Uns fehlt eine eiserne Flotte blos.
ES schüttelt der Greis sein schneeweißes^
Erhebt sich vom Tisch und sprickt: Mi: Ver
laub! ,
Uns Deutschen fehlt keine Flotte im Meer,
Kein Garibaldi! .nein Freischaarenheer! j
ES fehlt uns leider seit uralte Zeit. i
Die liebe deutsche Einigkeit, ! l
Und traurig grüßend entfern er sich ! >
Recht hat er! murmeli verdrießlich der i
Mann, !
Der Jüngling wirft klirrend das Glas an die
Wand
Und ruft, „ES ist eine schmähliche -
Schund'!' ! l
>
Fe issi'l un.
Dir Moder a t o r e u. c
Erzählung aus Tcras. -
Von Friedrich G a.r si ück er. > >
/ Forltetzung.
JenkinS wehrte sich wie rasend, er biß >'
nnd trat um sich, aber der Uchcrmacht
war er nicht gewachsen, und wie er das!'
endlich fühlte, wurde er still und ließ Al-
lcs geduldig mit sich machen, was sie
wollten. Nur die Zähne biß er fest zu-
sammen, und die rollenden Auge traten
ihm fast uns den Höhlen. Die Bande -
wußte aber ihre Sache vortrefflich anzu
greifen. Die Arme wurden dem alten
Mann aufgeschnürt nd dann um den >
Stamm des niedrigen Baumes gelegt
und drüben wieder befestigt, so daß er
diesen umfassen mußte, wobei ihm nur
so viel Freiheit blieb, sich darum hiü zu !
bewegen. Das Jagdhcmd hatten sie ihm >
vorher von den Schultern gerissen, und !
Nclly selber stieß einen Angst- und>
Schmerzschrei aus, als der erste mit vol-!
ler Wuth und Bosheit geführte Schlag '
auf die Schulter des Unglücklichen nie-
dcrsiel, so daß schon im nächsten Augen !
blick das helle Blut sein Hemd färbte, j
JenkinS rührte und regte sich jedoch
nicht. Ein Indianer am Marterpfahl!
hätte die über ihn verhängte Dualen
nicht stoischer ertrage können, als der
alte Mann zwischen seinen Peinigern !'
stand. Schlag auf Schlag folgte, aber !
kein Laut kam über seine Lippen, nnd da-
durch allein vielleicht entging er dem '
Schwerste, denn scin Hcnker gerietst zu
letzt in so furchtbare Wuth und Aufre
gung, daß seine Streiche wobl rasch hin- u
ter einander und schwer auf den Rücken
des Opfers niederfielen, indeß deshalb
auch lange nicht so tief und gefährlich
einschnitten, als wenn er kaltblütig de ;
Hieb berechnet hätte. .
Da fiel plötzlich weit drüben im Wald z
ein Schuß, möglich, daß nur ein Jäger ,
dort zufällig nach einem Stuck Wild ge-
schössen, aber die Bande horchte über- z
rascht auf und selbst Netley hielt, über-
Haupt vollkommen außer Athem, mit ,
Schlagen ein. 5
„Jungens," sagte der Führer, „ich j
denke wir haben nS hier lange genug
mit dem alten Schuft herumgeärgert; -
die Zeit vergeht und wir müssen machen, >
daß wir nach Hause kommen. Packtauf, ,
was Jbr habt, und dann fort!" z
„Aber erst häng' in den alte Eujon
an den nächsten Baum," schrie Netley; ,
„so lange er lebt, geb' ich hier nicht vom :
Platz. Einen Strick her Einer von j
Euch eine Strick!"
„Wir können uns das bequemer ma-
chcn," lachte der Anführer boshaft.
Frau wird sich doch nach ihm ,
sehen.Schafft ihn ins Hvus, bind:t
ihn dort fest und dann sstckt die Bude
! an."
Ei wildes Jauchzen antwortete dem
teuflischen Borschlage, allein der Führer
hob warnend die Hand. Er fühlte sich
hier nicht mehr ganz sicher.
„Ruhe jetzt!" sagte er, „Ihr wißt am
Besten, wie nöthig es ist, daß wir och
hentc und morgen ungestört find, macht
rasch. Ins HauS mit dem Burschen
und fucbeit Beide gut, daß sie nicht
schreien und Hülse herbeirufen könne,
und dann Feuer in das Nest!"
Wie ein Bienenschwarm fuhren die
Buben untereinander. Ihr Hauptmann
hatte Recht, und wenn ihnen jetzt, wo sie
im Begriff standen, ihren Raub in Si
cherheit zu bringen, ein unberufenes Au
ge aus die Spur gekommen wäre, hatte
es ihren ganzen Plan noch ini Augenblick
des Gelingens vereiteln oder doch stören
könne. Bier von ihnen schnitten des
halb den Mißhandelten los, faßten ihn
und trugen ihn ins HanS. Der alte
Jcukins lag machtlos in ihren Armen.
Die Anderen hatten im Nu die spärliche
Beute aufgegriffen und der Führer sel
ber löste Nelly Baum ab, an
scn man sie gebunden hatte, und brachte
sie zu einem der Pferde.
„D Massa, um Gottes willen," flehte
oaS arme Mädchen,„ich bin ja gewiß und
wahrhaftig keinem Menschen davon ge
ausezi."
„Dir geschieht Nichts, mein Schatz,"
sagte der Mann als einzige Antwort,
,wenn Du Dich nämlich ganz still und
cuhig verhältst und vernünftig bist; wirst
Lu aber im Geringsten laut, dann gnade
Oir Gott! —weiter brauch ich Dir Nichts
>u sagen—und nun komm."
Relley zitterte vor Angst und Entsetzen,
uleiii sie wagte keine Widerrede, denn sie
ühlte recht gut, in welche Hände sie ge
allcn war. Einen Willen hatte sie ja
iuch noch nie gekannt seit ihrer Geburt,
ind schweigend'nur mit stillen Thränen,
sie sie nicht zurückhalten konnte und um
sie sich der Bube wenig kümmerte, ge
horchte sie den Befehlen.
Die Bande, die sich fälschlich Regula
oren annte, war indessen im Hause
elbst jubelnd beschäftigt, den teuflischen l
Anschlag auszuführen. Tie beiden al
cn Leute waren bald gebunden, so daß '
ie sich selber nicht mehr helfen konnten. -
isinige rissen mittlerweile das trockene >
Noos aus den Betten und schichteten es
un den Kamin her auf, dürres Holz gab >
s ebenfalls genug, die Stühle unh der i
lisch wurden darüber gestürzt und, wie! '
ic mit Allem fertig waren, eine Hand voll
Noos in die och im Kamin glimmenden i l
kohlen geworfen. Dao flackerte lustig I >
uf und hatte im Nu die anderen brenn- j >
aren Stoffe gepackt, und als die Flam- j
>e hell und züngelnd emporloderte, l
prangen die Mörder nach ihren Pferden j
id schwangen sich in die Sättel. s
Einer von ihnen hatte auch den alten >
fuchs herbeigcbracht und an die Leine
leiionime. s
„Was willst Du denn mit dem alten s
kracke, Ned?" rief der Führer, der danc- >
en stand. „Die Bestie ist doch wahr- <
mftig nicht des Mitnchmcns werth." <
„Sollen wir sie zurücklassen?" i
„Bah," sagte der Bube, indem er sein z
?owiemesser aus der Scheide zog und es j
ei armen Thier zwischen die Rippen !
ließ, „laß die Leine los, den Aasgeiern j
aben wir doch mit unserem Feuer den -
spaß verdorben und sind ihnen einen i
Ersatz schuldig. Sic mögen sich daran !
nie Güte thun und nun fort. Wir! Z
aben schon zu lange gezögert."
Mit den Worten schwang er sich hin- i
er der Negerin auf's Pferd, und wenige >
Secunden später, während der dichte, c
chwarze Lualm aus der angezündeten ,
iüttc emporstieg, war der wilde Schwärm s
in Unterholz verschwunden, nur die ent- l
ctzlichcn Spuren seines Verbrechens in j
>em zerstörten Frieden dieses Platzes zn- i
ücklasscnd. - >
<
-5. Die Moderatoren.
Der Theil des Jenkins'schen Wohn
hauses, an dem der Kamin lag, fing schon
>n lichterloh zu brennen. Dichter Rauch
zuoll aus den überall offenen Ritzen der '
gisammcngelcgtcn Stämme und schon '
eckte die züngelnden Flamme hervor, als '
sine scheue dunkle Gestalt aus dem Ge
büsch kroch. Wie sie die Lichtung er
reichte, blieb sie stehen —es war Sip *
sah sich scheu um und rannte dann auf
das brennende Haus zu. '
Wäre der innere Raum geschlossen ge
wesen, so hätte der Rauch die darin Fest- f
gebundenen lange erstickt, cbc sie die
Flamme selbst nur erreichte. So aber
fand jener überall, wohin er drang, freien -
Durchzug, und da er nach oben preßte -
blieb auch, für jetzt wenigstens noch, der !
untere Raum, in dem die beiden alten
Leute gefesselt lagen, frei davon.
Sip, der Ncgerburschc, der jetzt zu ih- '
rer Rettung herbeieilte, sprang, unbe
sorgt um seine eigene Sicherheit, mitten
in den Rauch hinein, und ein Blick hier >
bestätigte das Entsetzlichste, das er nur '
gefürchtet haben konnte. Im Anfang i
hielt er auch Beide schon für todt, denn
der Rauch und vielleicht auch Angst und
Aufregung hatten sie betäubt, als er aber >
c den ersten Körper, seinen alten Herrn,
auffaßte, nm ihn hinauszutragen, nnd
i sand, daß er gebunden war, erwachte in
r ihm der Gedanke an die Möglichkeit ci
> ner Rettung. Im Nu hatte er die Ban
den mit dem Messer, das er im Gürtel
: trug, durchschnitten und den Bewußtlo
> sen auffassend, schleppte er ihn vor die
l Thür an die freie Luft und sprang dann
> zum zweiten Male hinein, seiner Herrin
! denselben Liebesdienst zu leisten.
Und Nellv, war ancb sie hier festgebun
den ? Vergebens suchte er in dem bren
nenden Gebäude nach ihL, aber er wußte
auch daß die scbicckten Menschen einen
armen Nigger, der so viel hundert Dol
lars werth war, nicht nutzlos umbrach
ten. Was sie damals gedroht, hatten
sie heute ausgeführt und Nelly war für
immer für sie verloren.
Doch nickt mit nutzlosen Klagen ver
lor er seine Zeit. Tie beiden im HauS
stehenden Eimer mit Wasser goß er in die
Glutb, daß ihn der Oualm fast zu er
sticken drohte, sprang dann zum Bach und
holte mehr, riß die brennende Scheite
herauf, warf sie in's Freie und dämpfte
endlich das Feuer, das noch nicht Zeit
gehabt hatte, zu den trockenen Schindeln
emporzulecken. Daun eilte er zu den
Befreiten zurück und jubelte laut auf,
als er dem offenen, aus ihn gerichteten
Blick seines Herrn begegnete.
„Sip," sagte dieser leise, „braver
Bursch!"
„Armer, armer Herr!" rief der Neger
und die Thränen liefe ihm an den
schwarzen Backen nieder, „o die grausa
men, schlechten BuckarS, die bösen weißen
Männer! —lndianer hätte mehr Mit
leiden mit armen Frau gehabt."
„Laß sein, Sip," sagte JcnlinS, der
eine andere Meinung von den Roth
häuten hatte, „Indianer machen's auch
nickt besser; aber gib mir Dein Messer,
so, das ist recht, daß ich erst die Stricke
hier von den Armen bekomme nnd —wie
baden sie meiner armen Alten mitge
spielt ! Hast Du Wasser?"
„Hier, Massa, ganzen Einlcr voll."
„Haß D u das Feuer im Haus gel öscht ?"
„Alles aus, Massa, hat nur ein Bis
chen gekohlt."
Der Alte wandte hierauf seine ganze
Aufmerksamkeit seiner Frau zu, die er im
Arme hielt und der er Stirn und Schläfe
wusch, bis sie die Augen wieder ausschlug
und jetzt ein lindernder Thränenstrom,
als sie den Gatte frei nd gerettet sah,
ihrem fast zu Tod geängstigten Herzen
Luft niackte und es erleichterte.
Ter alte lenkins dielt sich jedoch nicht
lange mit Worten auf. Sobald er nur
die Frau dem Leben wiedergegeben hatte
und sah, daß er sie nicht weiter zu besor
gen brauchte, denn ihre kräftige Natur
sollte wohl bald jede Schwäche besiege,
stand er auf und ging in sein Haus, um
selber dort nachzusehen, wie weit die Ver
wüstungen sich erstreckt hatte.
Seine Büchse, sein Messer, er suchte
sie vergebens, aber auch nicht lange.
Nur einen flüchtigen Blick warf er da
nach umher, dann trat er in die linke
Ecke, wo noch ein altes Messer in einer
Spalte stak, schob cS sich in den Gürtel
nnd schritt wieder hinaus vor das Haus,
zu dem kleinen Dogwood, der ihn bei
seiner Sckmach gehalten. Nicht einen '
Blick warf er dort umher, sein Herz war
jeder Sentimentalität fremd, nur den "
Hut nahm er auf, der ihm herabgefallen,
und wände sich dann zu seinem alten
Fuchs, der langgestreckt und verendet vor
dem Hause lag.
„Armer Alter!" sagte er, indem er
ihm den Zaum abnahm und sich umhing,
dabei aber auch noch die daran geschlun
gene Leine um seinen Gürtel befestigte. ,
„Du warst ihnen wobl zum Stehlen zu "
schlecht und aus bloßem Mutbwillen ha- '
bcn sie dich umgebracht. Aber laß nur '
sein, mein Alter, ich gleiche deine Rech
nung mit aus, sei nicht ängstlich, wir "
werden quitt werden, ehe vierundzwanzig
Stunden vergehen, oder ich liege so
kalt nnd starr wie du da," setzte er leise
mit zusammengebissenen Zähnen hinzu.
„Du willst doch nicht schon wieder fort,
John ?" bat die Frau, als sie ihn so ge-
rüstet sah „soll mich die Angst hier ver-
zehren ?"
„Glaubst Du, daß ich eine Nacht in
diesem Walde ohne Büchse sein möchte ?" ,
entgegnete ihr der Gatte; „nein, hab'
keine Sorge, beute kehre die Schurken
nicht hierher zurück, den sie glaben ihre
Arbeit hier gethan, und daß Du sie mor-
gen nicht mehr zu fürchten brauchst, da- ,
für, Alte, laß mich sorgen."
„Und zu Fuß, mit Deinem arme,
zerschlagenen Rücken willst Dn fort? ;
Wenn Du nun im Walde krank und
schwach wirst?" ,
„Sorge Dich nicht um mich. Da ich ,
das ertragen habe, ficht mich auch nichts ,
Anderes mehr an." ,
„Und wohin willst D ?" z
„Nach Brownsville. Die Nachbarn
sind hcnte Abend alle dort versammelt, j
und noch in der Nacht kehren wir hierher ,
zurück und bringen Dir ein Bett mit."
„Noch in der Nacht hierher?" ,
„Erschrick nicht, wenn Du uns kom- I
men hörst. Es sind Freunde und mor-
Lancaster, Pa. , Donnerstag, August S, R8v.
, gen. will's Gott, befreien wir diese Ge
-0 gend von jenen Schuften."
1 „Und sind die nicht lange geflüchtet?
' und unsere arme, arme Nelly!"
„Laß gut sein, Alte. Leb wohl!"
l sagte Jenkins. „Sip, paß' mir gut auf,
- mein Bursch, dann darfst Du auch mor
! gen früh mitgehen nnd Nelly suchen hcl
i scn," und mit den Worten wandte er stch
l ab, um in de Wald hineiuzugehe, blieb
aber schon ach den ersten Schritten wie
der stehen. Hatte er Etwas vergessen?
Seine Büchse fehlte ihm. Die Zähne
aufeinanderbeißend, sehte er seinen Weg
fort.
Hatten die Schufte aber etwa auch sein
Pony gefunden und es mißhandelt
und vollkommen hülslos im Wald zu
rückgelassen ? Nein, Gott sei Dank, das
wenigstens war ihrer Raubgier entgan
gen. Er fand es noch auf seinem alte
Wcidcgrund, ging zu ihm, legte ihm den
Zügel an, stieg langsam, mit Hülse eines
umgebrochenen Baumstammes, auf den
Rücken des Thieres und sprengte dann,
was das Pony laufen konnte, durch den
Wald.
In Brownsville hatten sich inzwischen
die Squatter verabrcdctcrmaßen wieder
eingefunden, um sich heute ihre bis dahin
gemachten Entdeckungen mitzuthelien und
weitere Schritte zu berathen. Sckvn war
es ziemlich spät geworden, und Jenkins
fohlte noch immer und von den klebrigen
hatte Niemand etwas Erhebliches erfah
ren, nichts wenigstens, was auf eine di
rekte Spur der Verbrecher führen konnte.
Auch Ashlev war mitgekommen. Er sah
noch bleich und erschöpft aus, mit blut
unterlaufenen Augen und finster zusam
mengezogenen Brauen. Er allein nackte
auch einen Vorschlag zum Handeln.
Als ihn die Bande überfiel, hatten sie
zusammen von Joncsboro gesprochen -
dorthin, oder wenigstens der Ricktung
zu, führten auch die meisten Fährten und
der Backwoodsman schwor in wilden
Grimm, daß er, venu er nur einen der
Buben dort anträfe, das ganze Nest in
Brand stecken und von der Erde vertil
gen volle.
Dagegen stimmten aber die Übrigen,
so lange sie nicht wenigstens einen feste
ren Halt für ihren Verdacht hatten, als
nur die ungefähre Richtung der Fährten.
Mau wußte nicht einmal ganz genau, ob
es die ämlichcn Pferde seien, die sie dort
gespürt, und Jäger oder Landsucher
dnrchkreuztcn ja nach allen Richtungen
den Wald. Von den Männern aber,
die Ashlcy damals überfielen, hatte die
ser nickt einen Einzigen gekannt oder sich
erinnert, ihn früher in der „Range" ge
sehen zu haben. Nctley war ebenfalls
nicht dabei gewesen, das wußte er gewiß,
auch der Mann mit dein abgeschnittenen
Ohre nicht. Ashlcy fand das übrigens
ganz natürlich.
„Sie hätten mich sonst nicht dürfen
leben lassen," sehte er nit fest zusam
mengcknirschten Zähnen hinzu, „wenn
ich auch nnr einen der Schufte erkannt
hätte; denn daß ich dem nicht wieder
von der Fährte gegangen wäre, so lang
ick nock athmete, das durften sie etwa
wissen."
„lungcnS," sagte Billins, der schwei
gend und nachdenkend auf seine Büchse
gelehnt dagestanden hatte, „ich will Euch
einmal etwas sagen. Jenkins war einer
der Eifrigsten von uns Allen und Feuer
und Flamme für die Sache, und daß er
jeht nicht da ist, gefällt mir nicht. Dem
haben sie schon einen ersten Besuch abge
stattet und einen zweiten angedroht;
vcnn der Teufel am Ende sei Spiel
haben sollte —"
Klapyernde Hufschläge unterbrachen
ihn, und als sich Alle rasch und neugie
rig dorthin wandten, sprengte der alte
Jenkins, auf vollständig triefendem Pfer
de, das Gesicht todtcnblcich, die Haare
wirr um die Stirn flatternd, das Hemd
zerscht von Dornen und mit Blut be
deckt, inittcn zwischen die erschreckt zur
Seite eilende Schaar hinein, erst hier
sein wildgehchteS Thier einzügelnd.
„Jenkins!" schrieen die BackwoodS
men svie aus einem Munde, „um Got
teswillen, Mensch, wie seht Ihr aus, wo
kommt Ihr her?"
Der Alte antwortete ihnen nicht. Er
sah sich stier im Kreis um und wäre jeht
von seinein Pferde heruntergefallen, wenn
sich nicht zehn, zwölf Arme zu gleicher
Zeit ausgereckt hätte, ihn zu unter
stühcn. Sie ließen ihn saust auf die
Erde nieder; aber der Alte war keine
Natur, die sich leicht von einer Schwach
heit besiegen ließ. Nur mit dem Auf
hören der scharfen Bewegung des Rittes,
die seine Nerven in Thätigkeit gehalten,
war es ihm schwarz und schwimmend vor
den Augen geworden. Jetzt schon, noch
ehe er den Boden vollständig erreicht und
während ein paar der Leute nach Wasser
und Whisky sprangen, gewann er seine
Besinnung wieder.
„Es ist gut, Kinder, ich danke Euch, 'S
ist schon vorbei, ich bin ein Bischen stark
geritten und mein Rücken schmerzte."
„Aber was ist mit Euch geschehen?"
rief Ashley, „Ihr seid ja mit Blut be
deckt ?"
„Gepeitscht," knirschte der Alte zwi-
schen den zusammengebissenen Zähnen
hindurch.
„Gepeitscht, Ihr?" schrieen Alle wild
durcheinander, „von wem?"
„Von den Regulatoren," lachte der
Alte höhnisch vor sich hin. „Aber erst
einen Becher Whisky, lungcns, ich fange
schon wieder an eine ganze Menge ver
dammter Sterne und Regenbogen zn
sehen, auch einen Bissen zu essen möckt'
ick, seit heute Morgen bin ich noch nüch
tern."
„Die Regulatoren !" Wie ein wilder
Aufschrei ging indessen der Ruf durch die
Versammlung nnd die tollste nur denk
baren Flüche und Verwünschungen bra
che von den Lippen der Männer bei dem
Namen. Was sie aber bald rasend
machte, war, daß sie keinen Halt von den
Feinden wnßten, die nur wie ein Gespenst
hier und da zu einem Verbrechen auf
tauch c, um gleich darauf spurlos im
Walde verschwinden.
JenkinS ließ sie toben; er trank von
dem ihm gebrachten Whisky, der ihm
neue Kräfte zu geben schien oder doch we
liigsteilS mit wohlthätigerAufrcguiig auf
ihn einwirkte, und verschlang gierig die
ihm gebrachten Speise, beantwortete
aber in der Zeit keine der an ihn gerich
teten Fragen und winkte nur immer ab
wehrend mit der Hand, ihn in Nutze zu
lassen. Endlich war er fertig.
„Gebt mir eine wollene Decke, Einer
von Euch, mich fängt an zu frösteln, und
die Hunde haben mir Alles mitgenom
men."
Das Verlangte war alsbald gebracht;
er wickelte sich hinein und während er
auf einem alten Baumstumpf saß und
Alle, selbst die Frauen jetzt umherdräng
ten, um seine Erzählung mit anzuhören,
stattete er ihnen mit kurzen einfachen
Worten einen Bericht über das Gesche
hene ab. Er"verschwieg Nichts, seytc
aber auch Nichts hinzu, und die That
sachen waren schon an sich entsetzlich ge
nug, um die Hörer zu grenzenloser Wuth
anzutreiben. Allein wobin ? Jetzt theilte
er ihnen die Entdeckung mit, die er am
nämlichen Morgen gemacht, kurz, aber
mit so scharfen klaren Worten, daß ein
Zweifel an dem Thalbestand nicht mehr
möglich blieb.
Und das was er erzählte, so weit es
das eigentliche Terrain betraf, ergänzte
Ashley, der selber, als er hierher zog, jene
Schilfstrcckc durchwandert hatte, weil er
früher einmal beabsichtigte eine Holzsta
tion für die schon damals beginnende
Dampsschiffsahrt auf den. Red River an
zulegen. Er kannte den Grund nnd Bo
den dort genau, auch jene Slew, die eine
Strecke vorher, ehe sie in den Red .River
einmündete, links ausbog und dann in
ein Gewirr von eingebrochenem Holz
hineinströmte, so daß von dieser aus keine
direkte Verbindung mit dem Strome sel
ber möglich war. Aber ein Platz z ei
nem Versteck war dort allerdings, nnd er
selber hatte in jenen Tagen ein großes
Rindendach dort aufgebaut und ein paar
Nächte darunter gelagert. Die Idee ei
ner Ansiedlung an jener Stelle gab er
aber doch zuletzt wieder auf, denn die
MvöquitoS waren zu arg und die Damp
fer blieben aus, da sich das unten im
Red River befindliche sogenannte Rast
(zusammengeschwemmte Baumstämme,
die sick da angcwaschen) wieder verstopfte
und eine lange Zeit keine Boote passiren
ließ.
Hatten also die Verbrecher jenen Platz
wirklich zu ihrem Versteck gewählt, so
schwur Ashley Stein und Bein, daß sie
nirgend anderswo sitzen könnte, als un
ter seinem eigenen alten Rindcndache,
und saßen sie dort, so waren sie auch ge
fangen, wenn man ihnen nur den Weg
nach dem Strom abschneiden konnte.
Dazu gab es indeß ein Mittel. Vor al
len Dingen mußten sie sich Joe'ö Canocö
versichern und diese mit einem Theeil
ihrer Leute bemannen. Die Anderen
stürmten dann den Platz, und so war eö
in der That möglich das Naubnest, das
ihnen Allen hier Verderben drohte, aus
zuheben und zu zerstören.
Border machte jetzt den Vorschlag,
morgen am Tag alle die aufzubieten, die
sie erreichen könnte, nnd übermorgen
nachher einen gemeinsamen Angriff aus
zuführen.
„Uebermorgen?" schrie JenkinS, „und
glaubt Ihr daß übermorgen auch noch
ein Mann von jenen Schuften da drinnen
sitzt, noch ein Haar von unseren Pferden
zurückgeblieben ist? Nein, bei Gott nicht;
die Frechheit, mit der sie den Überfall bei
mir, der ich in ihrer nächsten Nähe wohne,
ausgeführt und die Sorglosigkeit selber,
mit der sie mich nnd meine arme Alte auf
grausame Art um's Lebe bringen woll
ten, zeigt deutlich, daß ihnen Nichts mehr
daran liegt, wie viel Lärm in dieser Ge
gend über eine solche That geschlagen
wird. Nein, die sind zum Abfallen reif,
und nicht übermorgen oder selbst nur
morgen, noch diese Nacht, och diesen
Abend, jetzt, in dieser Stunde müssen wir
aufbrechen, wenn wir sie überhaupt er
wischen wollen."
„Alle Teufel," sagte Border lachend,
„das heiße allerdings Schlag aus Schlag,
aber ich glaube, lenkins hat Recht, und
das würde denn auch in Zukunft diesen
Herrn Regulatoren die Ueberzeugung
beibringen, daß sie nicht lange ungestraft
ihr Wesen treiben dürften."
„Regulatoren!" schrie Ashlep, „und
sollen wir dulden, daß diese Canaillen
den ehrlichen Namen von Regulatoren,
vor dem sie selber aus den Staaten her
über flüchteten, aniweihen? Bei Gott,
von jetzt an kann ihn kein rechtlicher
Mann, solchen Schurken gegenüber, mehr
in Texas führen."
„Dann nehmen wir einen anderen,"
sagte lenkins, „Moderatoren''
wollen wir uns nennen und von jetzt ab
einen festen Bund gründen und regelmä
ßige Versammlungen halte, und seid
versichert, wenn wir heute damit begin
nen, jene Buben in ihrer noch geträum
ten Sicherheit zu fassen und zu vernich
ten, so wird der Name der Moderatoren
für derlei Gesindel ein eben solcher Schre
cken in Tcras werde, wie eS der der Re
gulatoren für sie in Arkansas war."
„Gut, lenkins!" rief Ashley, „dann
nehmt Ihr auch die Führung unseres
neuen Bundes, und ich will Euch treu
zur Seite stehen. Ich glaube, wir sind
dabei ohnedies die Aeltesten unter allen
Nachbarn und babcn Beide ein Hühn
chen mitdicsen Herren zu pflücken. Wenn
wollen wir foit?",
„Jetzt gleich," sagte der alte Mann
von seinem Sitz aufspringend, „jede Mi
nute, die wir versäumen, kann uns den
Fang aus den Zähnen reißen."
„Aber Sic doch nicht mit den Wun
den !" warf MrS. Vorder ein, denn alle
Frauen der kleinen Ansiedlung hatten
sich um den alten Mann geschaart, „eher
lasse ich Sie nicht fort, Mr. lenkins, bis
ich Sie nicht verbunden habe."
„Ach was, Madame," entgegnite der
zähe Alte, „so lange halte ich schon aus,
bis wir die Hunde gezüchtigt haben, und
nackher ist's immer Zeit genug, an die
alten Knochen zu drnken."
„Und wenn Euck unterwegs doch eine
Schwäche ankommt," rief Vorder, „so
haben wir den Führer verloren, denn von
zwei Seiten müssen wir angreifen und
Ashley kann nur auf einer sein."
Der Alte wollte sich noch weigern,
wurde aber überstimmt, und wahrlich es
that Noth, daß nach seinen Wunden ge
sehen wurde, och dazu da man gar nicht
wußte, welchen Anstrengungen man wie
der entgegenging. Auch nur der zähe
Körper, die eiserne Constitution eines
BackwoodSman hätte solche Mißhand
lung unerschüttert ertragen können, und
erst als sie ihm das mit geronnenem Blut
bedeckte und schon fest auf den Rücken
geklebte Hemd mit warmem Wasser ab
lösten und dann den ganzen Rücken mit
Branntwein wuschen, wurde er todten
bleich und lag ein paar Minuten bewußt
los. Doch auch diese Schwäche über
wand der Alte. Er kam bald wieder zu
sich, leerte einen halben Becher heiß ge
machten Whisky auf einen Zug, ließ sich
dann seine Wunden bepflastern und or
dentlich verbinden, borgte sich frische
Wäsche und verlangte, als der Verband
noch nicht einmal fertig angelegt war,
schon nach einer Büchse und Kngcltasche,
um nich' zu viel Zeit zu versäume.
Die Kugeltasche konnte er sich aber
nicht einmal umhängen, weil ihn der
Riemen drückte; er gürtete sich dieselbe
um die Hüfte und gab jetzt keine Ruh,
bis er die Männer zum Aufbruch gerü
stet sah.
Betten für seine Frau, da ihm die Re
gulatoren ja Alles mitgenommen, hatte
ihm MrS. Border indessen schon zusam
mengeschnürt, weiches Moos hing über
all genug an den Bäumen, das konnte
sein Sip in einer halben Stunde genü
gend sammeln, und eben sank die Sonne
hinter den dichten Wipfeln der Bäume,
als die wilde Schaar der „Moderatoren',
zu ihrem Rachezug ausritt, der das Land
von seiner Geißel befreien sollte.
Kein Mann blieb in Brownsville zu
rück. Selbst seine Neger hatte Border
bewaffnet, und als lenkins die kleine
Schaar überblickte, zählte er einund
zwanzig wehrhafte Männer und wußte,
daß ste jetzt einer doppelten Zahl der
Schurken überlegen wären. Doch mit
so Vielen hatten sie es nicht einmal zu
thun. Bei der Plünderung seines Hau
ses waren nur neun gewesen und man
durfte annehmen, daß sich die größteZahl
der Verbrecher dabei bctheiligt hatte.
Jedenfalls wußten sie das gute Recht
auf ihrer Seite und brannten vor Be
gierde mit dem Feind zusammenzutreffen.
Die Richtung nahmen Alle zunächst
nach lenkins' Haus, das sie überhaupt
passiren mußten, nnd von dort aus sollte
dann der gcmeinsamc Angriff so geord
net werden, daß sie sich mit der Morgen
dämmerung aus ihre bestimmten und
verschiedenen Posten befanden, um von
dort aus gemeinschaftlich und mit einem
Mal den Schlag zu führen. So nur
war es möglich, daß die Verbrecher nicht
vorher Warnung der ihnen drohenden
Gefahr erhielten und sich der Strafe
durch die Flucht entzogen.
Es wurde etwa Mitternacht, ehe sie
JenkinS' Haus erreichten, und leise Flü
che und Verwünschungen murmelten die
Männer in den Bart, als sie hier das
Unheil sahe, das jene Buben angerich
tet; nur lenkins selber warder Ruhigste
von Allen und schien alles Erlittene in
dem einen Gefühl bald befriedigter Ra
che zu vergessen. Sein Rücken schinerzte
ihn furchtbar, aber kein Laut der Klage
kam über seine Lippen und er ordnete
Alles an und dachte an Alles.
Netley war der, der ihn gepeitscht, er
hatte ihn gut genug gekannt; dessen
Haus mußte also, da es außerhalb des
Schilfbruchs lag, vor allen andere
durchsucht werden. Ashley aber über
nahm das, denn von jener Slew aus
führte ein Weg oder Pfad in den Bruch
hinein, den er allein kannte und auf dem
es auch nur möglich war in das Dickicht
zu dringen. Wurde der beseht, so konn
ten die Verbrecher nach dieser Richtung
nimmermehr entfliehen.
BillinS überkam die Führnng des Ca
noeS und E Mann mit, um sich dort noch
durch Joe und seine Neger zu verstärke.
Der alte Schwarze bei Joe sylltc, wenn
nöthig, als Lootse dienen, um die Mün
dung jener Slew zu besehe, welche sein
Herr damals zur Ansiedlung wählen
wollte. Hatten die Verbrecher wirklich
CanoeS, so konnten sie nur von da aus
ihre Flucht versuche), und dann mochten
die Büchsen der Verfolger unter ihnen
aufräumen.
JenkinS selber übernahm die Führung
des kleinen Trupps, der von dort aus,
wo er den Pfad entdeckt, also von Osten
her, während Ashley die westliche Seite
besetzt hielt, vordringen sollte.
BillinS hatte den weitesten Weg und
die meisten Vorbereitungen nöthig, sollte
deshalb etwa um zwei UhrMvrgenS auf
brechen, Ashley ihm etwa eine Stunde
später folgen und JenkinS dann, ziemlich
mit diesem zu gleicher Zeit zu der Slew
hinüberschneiden und an dieser hinauf
bis zu dem Fußweg vordringen. lenkins
und Ashley geriethen dadurch allerdings
atwa anderthalb Meilen auseinander,
aber wenn sie geräuschlos und vorsichtig
ihren Weg verfolgten, durfte sie hoffen
sich wenigstens so weit einander zu näh
ern, daß sie gegenseitig das Knallen der
Gewehre hären und dadurch den genauen
Platz des Kampfes bestimmen konnten.
Keinesfalls blieb ihnen etwas Anderes
übrig, als diesem klar und einfach vor
gelegten Plane zu folgen, nd sie durf
ten unter solchen Maßnahmen bestimmt
darauf rechnen, wenigstens einen Theil
der Gauner in ihre Gewalt zu bekommen.
Daß sich die anderen dann nicht wieder
in diesem Theil von Tcras blicken ließe,
blieb außer Zweifel.
(Fortsetzung folgt.)
Milijches.
(Correspondenz aus Ohio.)
Dir Politik als Gegenstand der Volks
bildung.
De Staates Grundform.
3.
Um den geistigen Bau des Staates zu rcali
siren, bedarf cS der äußern Formen der Or
gaue. Die ganze äußere Eiurichiung eines
Staates soll sich dem innern Lebe nd Erlen
nen anschließen z das innern Lebe aber hat die
ewige Wahrheit das Göttliche zum Gruude
von der Familie dem Eckstein des Staates
durch das GrmeindSlrben bis zur Gesammtheit
im Großen soll nur Ein Gedanke das Ganze
beleben: derjenige allseitiger Beglück
ung, denn er ist auch die höchste göttliche Ab
sich. Dieses kann geschehen und geschieht, so
bald das vom Schöpfer Urgegebene treuinnig
festgehalten, thatkräftig gepflegt und geübt wird.
Die Familie ist die natürlichste und erste
menschliche Bereinigung zur Realisirung der
Seinöztyccke. Durch Bande des BlutS und
der Liebe gefesselt, sind Sicherung und Pflege
licheS Bedürfniß. Es ist aber falsch, die Fami
lie mit ihren Verhältnissen auf die Staatsform
und diese jener so nachbilden zu wollen, daß
Einem oder Mehrcrn das Elternrecht absolut
zustehe. (Monarchie, Aristokratie), denn der
ischt StaätSform gegeben, welche in ihrer
Reinheit angewendet, mit Nothwendigkeit zur
Demokratie führt. Die Demokratie ist somit
diejenige Staatsform, die der MenschheitS
schcnwiirde die umfassendste Geltung läßt, die
Entwickelung und Selbstständigkeit der Einzel
nen am wenigsten beschränkt und folglich unter
allen Verhältnissen die absolut richtige
bleibt.
Die Volksherrschaft ist entweder eine abso
lute, wo das Volk alles dasjenige, was die
Gesammtheit betrifft, direkt selbst besorgt;
oder sie ist eine repräsentative Demo
kratie, wo das Volk die staatliche Geschäfts
führung freigewählten Stellvertretern über
trägt, die als solche ihrem Auftraggeber, dem
Volke für ihre Handlungen verantwortlich sind.
Die letztere Form ist uustreitig die zweckmäßi
gcrc, weil die StaatSgeschäfte stetige Aufmerk
samkeit erfordern, das Volk aber nicht alle Au
genblicke mit denselben behelligt werden kann
und eS doch in der freien, selbstständigen Wahl
seiner Repräsentanten Garantie für gehörige
Besorgung des Gemeinwohls hat.
Von der Grundform abweichende
StaatSformen.
Eine Modifikation der Demokratie, jedoch in
negativer Richtung, ist die Aristokratie.
In derselben haben einzelne Geschlechter oder
Parteien, vermöge materieller oder geistiger
Ueberlegenheit, sich das Herrschaftsrecht über
v Rro. 7.
die Gesammtheit errungen. Ein solche StaatS
forin kann ihr Volk nie glücklich machen; sie ist
ihrem Wesen nach ein armselig Zwitterding,
hat Verletzung des göttliche Rechtes zur Vasts
und kann stch daher nur durch List und Gewalt
und durch Vernichtung der VolkSthümlichkeit
halten.
Weit besser und sicherer fahrt die consti
tutionelle Monarchie, eine durch demo
kratische Elemente bedingte und an ein natio
nale Grundgesetz gebundene Asttinherrschaft.
In einer solche theilt der Monarch die legis
lative, richterliche und erecutive Gewalt mit
VolkSdeputirten (England, Frankreich u. s. w.)
entgegen der n in schränkten Monarchie,
wo der Alleinherr die höchste Staatsgewalt
allein ausübt. Tic Monarchie in negativ höch
ster Potenz artet aus in Despotismus und
Tyrannei, die darin bestehen, daß der Machtha
der seinen persönlichen Willen ohuc Motivirung
der Gesammtheit als höchstes Gesetz hinstellt.
Der Despot überschreitet nach Willkühr die von
der Natur gesetzte Schranken der Staatsge
walt und behauptet durch Wort und That, der
Staat sei für ihn, und nicht er für jenen da.
Einer solchen Staatsmann ist immer die
Revolution nit ihre Schrecken lauernd zur
Seite und rächt sich nicht selten durch Nieder
trctung aller Pflicht u. Ordnung-durch Gesetz
losigkcit und Anarchie. Eine Monarchie hat
einzig in strengen Zusammenhalten der Kräfte,
schneller Ausführung gefaßter Pläne c., einige
staatliche Vortheile, indessen ist sie prinziell chon
dadurch gerichtet, daß sie unsrcr innigster Ueber
zeugung ach —in dem Maße an Ansehen
verliert als die Volksbildung an Umfang und
Gründlichkeit zunimmt. Ueberhaupt muß sich
die Monarchie zu allen Zeiten auf materielle
Gewalt stützen, statt auf die geläuterte Vernunft
und den auf Ueberzeugung gegründete Ge
meinsinn der Unterthanen. Dazu hängt sie
von der Persönlichkeit des Machthabers z viel
ab, als daß nicht mindestens ein Schwanken in
der naturaerechtcn Entwicklung des Gemeinwe
sens zu befürchten wäre. Der knechtische Un
terlhanensin, der die Bürger einer Monarchie
verfallen, trägt mit Nothwendigkeit sich auch auf
ihr Gottverhältuiß über. Blinder Glaube und
Gehorsam lassen Gott nur als (launige) Allge
walt ansehen, und verkennen das Prinzip un
endlichster Liebe, das wir behaupten es
sich nur in edler Gleichachtung und
scheu i seiner Herrlichkeit und Schöne ent
falten kann. Während dort die StaatSzwrcke
dem urgegebencn göttlichen ScinSzweck vorge
setzt worden, und alles sich um eine sündige
Crcatur, de Monarchen, dreht, entwickelt sich
hier freie Selbstständigkeit und christcnwürdigc
Tugend, in der Beglückung Aller.
. (Fortsetzung folgt.)
(Für die Pcnnsvlvauischc StaatSzeitung.)
Wahrheit aner Vergangenheit.
Das folgende Gedicht, das inchr Wahrheit
als Poesie enthält, vurdc während des Bürger
kriegeS dem „Westboten" in Columbus zur
Aufnahme in seine Spalten zugesandt; es ist >
eine Antwort auf ein Lincoln-Gedicht, das dem
Verfasser von einem deutschen Republikaner
(seinem Schwager) zugesandt wurde. Dasselbe
enthält zu viel Wahrheit aus der Vergangenheit
als daß es nicht auch für die Gegenwart wie
gesungen ach der Melodie:
(O wie hat man uS doch angeführt.)
O, ihr Neger-Bummler, die ihr seid,
g
Weil ihr so schreckliche Dinge habt angestellt;
Ihr habt gebracht das Land in ein Revolution
Nnd seid die Schuld, weil zertrümmert die
Weil ihr thatet die Union-Bande brechen.
O, wie bat der auf so schlechten Grund gebaut.
Der euch einmal etwas hat zugetraut;
Die freie Arbeit, die ihr vor der Wahl habt ver
sprochen,
Habe die arme Leute schon stark gerochen.
Statt frei, ist keine mehr im ganzen Land,
O, wie ist euer Versprechen geworden zur
Habt ihr dem ganzen Land den Credit gcnom-
Das Geld ist nichts mehr im Reich,
Ach, hole euch der Kukuk gleich.
' Land,
Tie Lincoln versprach zu vertheilen im Union-
Band,
Ueber welche ihr so viel geschrieen und gebellt,
Hat sich auch als Humbug herausgestellt,
DaS Steckenpferd, daö ihr bei der Wahl habt
gebraucht,
Hat zu gutem Glück bald ausgehaucht.
Die Trommel schlägt zum Rückzug an,
Verlaßt den Humbug wer noch kann.
NNH.
spielte vor einigen Tage auf der Columbus
und Äeveland Eisenbahn. Als sich der nach
Columbus fahrende Erpreßzug Cardington
näherte, entdeckte der Ingenieur ein kleines
Kind, das auf der Bahn spielte. Sosort gab
er den Befehl, den Zug zu hemmen und erwar
tete ängstlich das Resultat. Die Eltern und
Nachbar eilten zur Stelle, uin deu Kleinen
zureiten, der sich der Gefahr gänzlich unbe
wußt war und mit erstaunten Auge dem Her
ankommen des ZugeS entgegensah. Die Mut -
ter, die allen anderen voraus, den Kleinen fast
mit ihren Arme erreichen konnte, siel im ent
scheidenden Momente in Ohnmacht und stürzte
in eine Graben. In diesem Augenblicke
berührte das Rad der Locomotive den Kleine
und schob ihn von der Bahn und der Zug hielt
an. Das Kind war gerettet und wurde von
dem überglücklichen Vater im Triumpf zur
Mutter getragen, die sich rasch erholte und ihrer
Freunde freien Lauf ließ,-W, Bote.